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Volume Sitzung 11, 24.03.1927

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1927 (Public Domain)

248 Sitzung am 24 
Berliner Straßenbahn (Aussch. Nr. 52) — 
Drucks. 60 —. 
Die von den Fraktionen vorgeschlagenen Mitglieder 
werden hiermit bestätigt. Ebenso die 
Wahl von 17 Mitgliedern für den Ausschuß der 
Volkshochschule Groß-Berlin — Drucks. 234 — 
(Punkt 3 d. Tag.-O.). 
Auch hier werden 17 Mitglieder vorgeschlagen, die hier 
mit bestätigt werden. 
Punkt 4 der Tagesordnung: 
Wahl eines 8. Stadtverordneten in den Aussichtsrat 
der Berliner Straßenbahn-Betriebs-G. m. b. H. — 
Drucks. 236 — 
soll auf Vorschlag des Aeltesteuausschnsses der Geschästs- 
ordnungskommission überwiesen werden zur Klärung 
des rechtlichen Zustandes. Kein Widerspruch dagegen. 
Die Punkte 5 und 6 werden heute abgesetzt. 
Wir kommen zu Punkt 7 der Tagesordnung: 
II. Beratung der Anträge der Stadtv. Czeminski u. 
Gen. 
a) betr. Umbenennung einer Straße in Hugo- 
Preuß-Straße — Drucks. 108 v. 26 —, 
b) betr. Umbenennung der mehrfach vorhandenen 
Namen von Straßen und Plätzen Berlins — 
Drucks. 139 v. 26 u. 190 —. 
Berichterstatter ist Herr Kollege Dr. Caspari. Ich bitte 
ihn, vorzutragen. 
Berichterst. Stadtv. Dr. Cafpari (V.): Meine 
Damen und Herren! Dem Ausschuß sind zwei An 
träge überwiesen worden, die an sich nicht übermäßig 
viel miteinander zu tun haben, nämlich die Benennung 
einer Straße nach dem verstorbenen Reichsminister 
Hugo Preuß und die Umbenennung der mehrfach in 
Berlin vorhandenen Namen von Straßen und Platzen. 
Die Versammlung hat geglaubt, daß, wenn die 
Straßen ausgewählt werden, die umzubenennen sind, 
gleichzeitig ein Vorschlag für die Hugo-Preuß-Straße 
gemacht werden soll. Dem ist der Ausschuß auch ge 
folgt. 
Er hat zunächst an Hand des Verzeichnisses der 
Straßen und Plätze Berlins, das vom Tiefbauamt her 
ausgegeben worden ist, die gesamten Straßen und 
Plätze durchgeprüft und diejenigen festzustellen versucht, 
bei denen eine Umbenennung geboten erscheint. 
Ich darf gleich vorausschicken, daß der Ausschuß 
zunächst den Versuch gemacht hat, zu unterscheiden 
zwischen solchen Straßen und Plätzen, bei denen die 
Umbenennung dringend ist, und zwischen solchen, bei 
denen sie weniger dringend ist. Je mehr die Verhand 
lungen fortschritten, um so mehr hat sich gezeigt, daß 
eine solche Unterscheidung tatsächlich nicht durchführbar 
ist, daß auch durchschlagende Gesichtspunkte dafür, was 
nun als dringlich anzusehen ist und was nicht, tatsäch 
lich nicht gefunden werden konnten. Es kam hinzu, daß 
die Zahl der Straßen und Plätze, deren Umbenennung 
von den Ausschußmitgliedern als dringend angesehen. 
wurde, so groß war, daß an eine wirklich schleunige 
Behandlung der Angelegenheit gar nicht zu denken war. 
Es ist von vornherein klar, wenn Sie sich das Ver 
zeichnis, das Ihnen mit der Drucksache 190 zugegangen 
ist, ansehen, daß es sich auch nur in beschränktem Maße 
nicht ausführen läßt, sondern cs kann in dieser 
Sache nur allmählich fortgeschritten werden. Es muß 
den Bezirksämtern überlassen bleiben, in welchen Fällen 
sie eine besonders schleunige Behandlung der Ange 
legenheit wünschen, welche Namen sie als erste zur Um* 
benennuug vorschlagen und wie sie weiter fortgehen 
wollen. 
Der Ausschuß hat geglaubt, dabei nur einige Richt 
linien geben zu sollen. Er schlägt deshalb vor, daß man 
mit denjenigen Straßen beginne, die sehr häufig vor- 
. März 1927. 
kommen, das sind z. B. die Berliner Straßen, die 
Bahnhofstraßen usw. Daun sollen diejenigen kommen, 
wo Straßen und Plätze mit gleichen Namen in ver 
schiedenen Stadtgegenden liegen, wie Bülowstraße, 
Bülowplatz, Kvppenstraße, Koppenplatz, Luisenstraße 
und Lnisenplatz usw. Die Fälle sind sehr leicht noch zu 
vermehren. Dabei hat sich tatsächlich herausgestellt, daß 
das Verkehrsbedürfnis es erfordert, daß man Stra 
ßen und Plätze mit gleichen Namen auch in 
derselben Gegend findet. Es kommen im Verkehr die 
größten Schwierigkeiten vor. Nicht nur Briese laufen 
verkehrt, sondern auch Personen suchen u. 11. die Plätze 
an ganz verkehrten Stellen. Sie fühlen sich dann ent 
täuscht, wenn sie da hinkommen. Dann schließlich sollen 
diejenigen Straßen und Plätze genommen werden, die 
mit ihrem Namen in einem Bezirk mehrfach vorkommen, 
weil doch damit zu rechnen ist, daß in längerer oder 
kürzerer Zeit auch die Oberpvstdirektion in Berlin das 
nun mal vorhandene Groß-Berlin nicht mehr igno 
rieren wird, sondern sich auch mit seinen Bezeichnungen 
langsam dem anpassen wird, was in der politischen Ge 
meinde nun mal geschehen ist. 
Wenn ich noch ganz kurz darauf eingehen darf, nach 
welchen Grundsätzen die Straßennamen bestehen gelassen 
sind, so mochte ich folgendes vorausschicken: Man ist 
davon ausgegangen, daß man nach Möglichkeit die 
Straßennamen bestehen lassen soll, die eine historische 
Bedeutung haben. Solche historischen Namen finden 
sich selbstverständlich in erster Linie in dem Kern des 
alten Berlin, dann in dem ebenso alten, vielleicht noch 
älteren Spandau und in der auch alten Stadt Cöpenick. 
Alle andern früheren Vororte, auch Charlottenburg, 
stehen an Alter demgegenüber erheblich zurück und 
mußten bei ihren Wünschen auf Straßennamen aus 
scheiden. 
Es ist eine eigentümliche Erscheinung, daß, je jünger 
die Vororte sind, sie um so weniger Phantasie bei der 
Wahl ihrer Straßennamen entwickelt haben. Wir haben 
einen Vorort Lichtenrade, der hat auch nicht einen Na 
men in seinen Straßen, der nicht in den umliegenden 
Vororten Tempelhof, Mariendorf — innerhalb des 
selben Bezirks — auch vorkommt. Es wird nichts 
helfen, der Bezirk Tempelhof wird daran gehen müssen, 
Lichtenrade von Grund aus umzubenennen, toemt dabei 
auch uns lieb gewordene Namen wie Wilhelmstraße, 
Friedrichplatz usw. den Weg alles Fleisches gehen 
müssen.. Es sind nur sehr wenige Vororte, z. B. 
Dahlem, wo Namen gewählt worden sind, die wirklich 
mit dem eine Verbindung haben, was da einmal früher 
gewesen ist, mit der Landschaft, in der sie entstanden 
sind. 
Wir haben dann weiter angeregt, daß da, wo 
historische Bezeichnungen bestanden haben, die im 
Laufe der Zeit weggefallen sind — das gilt besonders 
für die alten Dorfauen —, auf die alten historische» 
Bezeichnungen zurückgegangen wird. Z. B. hat man in 
Lichtenberg ja die unglaubliche Torheit gemacht, die 
alte Dorfaue in dem Augenblick in Mölleudorfstraße 
umzutaufen,' wo es Stadt wurde, weil man geglaubt 
hat, daß mit einer Großstadt die Erinnerung an das 
alte Dorf Lichtenberg sich nicht mehr wohl vertrage. 
Es erschien uns deshalb zweckmäßig, daß man ans die 
alten Namen zurückging und sie unterscheidet durch die 
Bezeichnungen Lichtenberger Dorfaue, Tempelhofer 
Dorfaue, Wilmersdorfer Dorfaue usw. Dann kommt 
man dem nahe, was wir erstreben, daß man im allge 
meinen die historischen Namen gibt, die einmal da 
waren. Dann mußte man sich danach richten, wo 
innerhalb einer Gemeinde in einem bestimmten Bezirk 
Namen gleicher Art verwendet worden sind. Man hat 
z. B. in dem alten Westend durchweg die Straßen mit 
Bäumen einer Gattung bepflanzt und danach die 
Straßen benannt: Ahornstraße, Lindenstraße usw. 
Selbstverständlich hat man die Namen an dieser Stelle
	        
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