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Volume Sitzung 10, 18.03.1927

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1927 (Public Domain)

verlangen müssen, wenn es auch eine Oper ifi. Das 
mögen an sich noch Kleinigkeiten sein, ans die es nicht 
ankommt, aber, meine Damen und Herren, die Vorgänge 
in der letzten Zeit, die ja schließlich auch zn einer An 
frage der Deutschen Volkspartei geführt haben, sind nach 
meinem Dafürhalten doch schon etwas ernsterer Natur. 
Wir hören, daß wir demnächst eine Vorlage bekommen 
sollen, wonach eine Arbeitsgemeinschaft zwischen der 
Staatsoper und der Städtischen Oper geschlossen werden 
soll, daß wir diese Vorlage aber nicht etwa zur Be 
schlußfassung, sondern lediglich zur Kenntnisnahme er 
halten sollen. Ja, meine Damen und Herren, wenn man 
die Bühnenverhältnisse einigermaßen kennt, bann muß 
man sich doch fragen, ob man wirklich glaubt, daß man 
mit einer solchen Arbeitsgemeinschaft zwischen zwei Unter 
nehmungen, die man durchaus als Konknrrenzuuterueh- 
iitungen bezeichnen muß, etwas erreichen kann. Ich muß 
doch starke Bedenken dagegen geltend machen, ob gerade 
bei den wichtigsten Fragen, etwa bei der Frage des 
Engagements von Mitgliedern, bei der Frage des Neu 
erwerbs irgendwelcher Opern dann, wenn eure Arbeits 
gemeinschaft besteht, ein wirklicher Ausgleich stattfinden 
kann und ob es weiter möglich ist, eine Oper, die in 
dem Maße künstlerisch ist und sich auf einen so glän 
zenden künstlerischen Standpunkt hinaufgearbeitet hat, wie 
die Städtische Oper, in Zukunft noch auf dieser Höhe 
erhalten werden kann. 
Worauf es mir bei diesen Ausführungen vor allen 
Dingen ankommt, ist das: Man sollte der Stadtver 
ordnetenversammlung nicht immer wieder zumuten, daß 
sie in solchen wichtigen Fragen einfach vor eine vollendete 
Tatsache gestellt wird, daß ihr hier z. B. einfach durch 
eine Vorlage zur Kenntnisnahme mitgeteilt loird, wir 
hätten nunmehr eine Arbeitsgemeinschaft zwischen der 
Städtischen und der Staatsoper, sondern man sollte die 
Stadtverordnetenversammlung vorher fragen. Diese Art der 
Geschäftsführung durch den Magistrat, die sich ja hier nicht 
mir bei einer einzelnen Gesellschaft, sondern auch bei 
anderen Gesellschaften immer mehr und mehr heraus- 
gebildet hat, führt uns gerade dazu, daß wir unserer 
seits immer stärker die Forderung erheben werden, daß 
man die Selbständigkeit der Gesellschaften nach Möglich 
keit einschränkt und in Zukunft der Stadtverordnetenver 
sammlung wieder die Mitwirkung auf den einzelnen Ge 
bieten gibt, auf die sie Anspruch hat. Es ist eine Un 
möglichkeit, daß die Stadtverordnetenversammlung in 
allen diesen wichtigen Dingen immer mehr und mehr 
zur Komparserie wird und daß sie schließlich das Wich 
tigste aus der „B. Z." oder aus sonst irgendeiner Zeitung 
erfährt 
Neben diesen Fragen sind es unseres Erachtens auch 
noch andere Gebiete, auf denen der Magistrat eine recht 
unglückliche Hand gezeigt hat. Ich erinnere Sie an die 
Frage des Fremdenverkehrsbüros. 
Meine Damen und Herren! Wir haben vor gar nicht 
zu langer Zeit unter sehr großen Schwierigkeiten das 
Fremdenverkehrsbüro für Berlin eingerichtet. Wir haben 
nicht nur im Jnlande, sondern auch im Auslande, so vor 
allem in Amerika, eine sehr starke Propaganda dafür 
getrieben. Wir haben damals das Hans, in dem sich 
heute das Fremdenverkehrsbüro befindet und das für das 
Berkehrsbüro und Verkehrsamt eingerichtet worden ist, 
unter großen Kosten gepachtet. Wir hätten damals das 
Hans 'für verhältnismäßig wenig Geld kaufen können. 
Das Geld stand noch dazu seitens der Straßenbahn zur 
Verfügung. Der Magistrat hat den Kauf abgelehnt, hat 
aber zu derselben Zeit, als er den Kauf ablehnte, zu 
einem sehr hohen Pachtzins das Haus gepachtet und hat 
außerdem dem Eigentümer des Hauses damals gegen 
unsern Widerspruch eine Hypothek von 000 000 ge 
geben. Es liegt ja ein ganz ähnlicher Fall vor bei der 
vorhin von dem Herrn Kollegen Merten vorgetragenen 
Darlehnshingabe an den Kreis Jüterbog-Luckenwalde, 
ein Fall, über den wir uns übrigens schon sehr eingehend 
in der Finanzdeputalion unterhalten haben. 
Meine Damen und Herren! Diese Maßnahmen! 
zeigen doch, daß oft der Magistrat nicht weiß, was 
er will. Wir richten ein solches Büro ein, geben eine 
ganze Menge Gelder hin. Den» das Haus ist ja zwar 
zum Teil vom Eigentümer erbaut worden, wir haben 
aber die Nebenkosten alle bestritten, die gesamte Einrich 
tung des Ladens mit 10 000 M. Für die übrige Ein 
richtung haben wir, glaube ich, 35 000 .M gegeben usw. 
Wir babeu das Hans nicht gekauft, trotzdem wir es 
billig kaufen konnten, sondern haben es gepachtet und 
haben, wie gesagt, zu derselben Zeit eine Hypothek von 
500000 M gegeben. Nachdem nun diese Dinge, gegen die 
man sich an und für sich schon wenden muß, geschehen 
sind, wird uns eines Tages eine neue Vorlage gemacht, 
nach der das ganze Fremdenverkehrsbüro wieder aufge 
hoben werden soll. 
(Stadtv. Dr. Dove: Das ist das einzige Vernünftige 
dabei!) 
— Das mag au sich , richtig sein, Herr Kollege Dove, 
dann hätte, aber diese Vernunft schon vorherrschen müssen 
in dem Augenblick, als man es eingerichtet hat, und 
dagegen wende ich mich. — 
Wir erfahren nun also, daß das Büro aufgehoben 
wird, daß man die ganze Verwaltung dem Messeamt 
übergeben will, daß man dafür auch wieder eine Sander- 
vorlage. in Höhe von etwa 80000 Ai oder wieviel 
einbringen, also mehr Geld verlangen will als vorher 
beansprucht wurde. Da wundert inan sich noch, wenn 
mau dem Magistrat vorwirft, daß er tatsächlich oft nicht 
weiß, was er will und daß ganz unnötige Kosten 
entstehen. 
Wir hoffen also, daß man im Magistrat doch in 
Zukunft zu einer etwas eindeutigeren Stellungnahme 
kommt und daß man, ehe man neue Vorlage» Macht, 
sich überlegt, ob man neue Einrichtungen auch für die 
Zukunft behalten will oder nicht, daß man aber, wenn 
man einmal solche Einrichtungen geschaffen hat, sie nicht 
innerhalb der nächsten 6 oder 7 Monate wieder ab 
schafft. 
Für sehr bedauerlich halten wir das Anwachsen der 
allgemeinen Verwaltungskosten, die ja in allen Verwal 
tungszweigen gestiegen sind. Ich weise nur darauf hin, 
daß allein beim Kaufmanns- und Gewerbegericht die 
Verwaltnngskosten eine Mehrausgabe von 200 000 M 
gegenüber dem vorigen Jahre ausmachen, also bei einer 
Dienststelle, die ja doch demnächst, wenn das neue Arbeits 
gerichtsgesetz in Kraft tritt, überhaupt aufstiegen soll. 
Es sind daun weiterhin eine ganze Anzahl von An 
trägen zur Abänderung der Besoldungsordnung gestellt 
worden, auf die ich in diesem Zusammenhange nicht 
weiter eingehen will. Ich darf hier namens meiner 
Freunde aber das eine erklären, daß. wir bei diesen 
Fragen auch eine gewisse Einschränkung für notwendig 
halten, eine Einschränkung, die natürlich bedingt sein 
wird durch die allgemeinen Ergebnisse, die der Etat 
zeitigt. Wir möchten nur von vornherein betonen, daß 
wir bei allen diesen Fragen für einen gerechten Ausgleich 
zwischen den einzelnen Gruppen eintreten werden und 
daß wir insbesondere fordern werden, daß bei den Be 
förderungen die Beamten der Bezirke mit den Beamten 
der zentralen Stelle» entsprechend ihrem Dienstalter bei 
gleicher Tüchtigkeit gleichgestellt werden. Wir glauben 
nicht, daß es angeht, daß man immer sehr junge Beamte 
der Zentrale vorzieht und alte verdiente Beamte der 
Bezirke zurückstehen läßt. 
In diesem Zusammenhange darf ich noch einen 
Wunsch unserer Fraktion zum Ausdruck bringen: Es ist 
mehrfach hier schon bei den verschiedensten Gelegenheiten 
die Forderung erhoben worden, daß auch die Berliner 
Lehrerschaft in die allgemeine Beamtenkrankenkasse mit 
einbezogen wird. Die Stadtverordnetenversammlung 
hatte, seinerzeit — ich glaube einstimmig — sich dieser
	        
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