Path:
Volume Sitzung 8, 10.03.1927

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1927 (Public Domain)

174 Sitzung ant 10. März 1927. 
Es tut mir sehr leid, es sind keine 15 Hände hoch 
gehoben worden. 
Wir kommen zu Prmkt 4 der Tagesordnung: 
Anfrage der Stabtb. Schwarz und Parteifreunde, 
betr. die Belästigung der Umgebung durch Qual 
men und Nutzen der Schornsteine der Neuanlagcn 
des Elektrizitätswerks Charlottenburg — Druck 
sache 128 —. 
Zur Begründung der Anfrage hat das Wort Frau 
Stabtb. Klockow. 
Stadtb. Frau Klockow (V.): Die Bewohner des 
Viertels in der Nähe des Elektrizitätswerkes haben seit 
Monaten schwer unter der Rauchplage zu leiden, und 
zwar ist das ein Rauch, der so biele Rntzteile enthält, 
daß es tatsächlich nicht möglich ist, die Fenster zu öffnen, 
wenn dieser Qualm sich entwickelt. Es ist uns allerdings 
versprochen worden, das; durch technische Aenderungen 
die Plage beseitigt werden würde. Man hat also aner 
kannt, daß die Plage da ist. Vorläufig muß man aber 
feststellen, daß eine Besserung bisher nicht zu merken ist. 
Wir würden deshalb dem Magistrat außerordent 
lich Verbunden sein, wenn er dieser „Plage", im wahr 
sten Sinne des Wortes, Aufmerksamkeit schenkte und 
dafür sorgte, daß besonders jetzt beim Herannahen der 
besseren Jahreszeit, in der man die Fenster gern öffnet, 
um etwas frische Luft zu haben, nicht dieser Rauch zu 
den Fenstern hereindringt. 
Vorst. Hatz: Zur Beantwortung der Anfrage hat 
Herr Stadtrat Schlichting das Wort. 
Stadtrat Schlichting: Meine Damen und Herren! 
Die Anfrage wegen der Verqualmung der umliegenden 
Straßen des Elektrizitätswerkes Charlvttenburg ist 
durchaus berechtigt. 
Wir haben bei der Vergebung von Kesseln auch die 
Firma Deutsche Babpock u. Wilcox Ges. berücksichtigt. 
Wir glaubten, diese Firma ebenfalls berücksichtigen zu 
müssen, weil auch sie nach ganz modernen Grundlagen 
ihr Kesselsystem ausgebaut hat. Wir haben sonst keine 
Klagen über die Firma gehabt. Jetzt stellte sich aller 
dings heraus, das; bei dem Anstecken der Kessel eine 
derartige Rauchentwicklung kaut, wie wir sie nicht er 
wartet haben. Wir haben von der Firma mündlich und 
schriftlich verlangt, und sie sogar telegraphisch benach 
richtigt, daß hier Abhilfe geschafft werden soll. Die 
Firma hat sich bemüht und verschiedentlich versucht, die 
Brücken der Kessel anders ztt legen, um so der Rauch 
entwicklung vorzubeugen. Das hat — ich betone das — 
nur zum Teil geholfen. Wir haben ferner eine Besse 
rung dadurch zu erzielen versucht, das; wir oben in die 
Decke des Kesselhauses Glasfenster eingesetzt haben, 
damit die Heizer beobachten konnten, ob der Schornstein 
qualmte oder nicht und sie somit ihre Feuerung danach 
einrichten konnten. Auch das hat nichts genützt, bis end 
lich versucht wurde, durch neue Brücken, die höher lagen, 
der Qualmerei abzuhelfen. Einwandfrei ist das auch 
noch nicht. 
Wir haben den Gewerberat Sauer in C harlotten - 
bürg aufgefordert, von rein unparteiischer Seite uns 
ein Gutachten auszufertigen, ob die Firma an dieser 
Rauchentwicklung schuld ist oder nicht. Ich will Ihnen 
das Gutachten verlesen. Es heißt: 
„Im Kraftwerk Charlottenburg wurde mir der 
Babpockkessel 15 vorgeführt, -der nach Angabe der Be 
triebsleitung eine neue verlängerte Hängedecke er 
halten hat. Ich muß feststellen, das; bei diesem Kessel 
zur Zeit der Besichtigung die Rauchentwicklung ge 
genüber den noch nicht mit neuen Decken ausge 
rüsteten, wesentlich geringer ist, und bei der gegen 
wärtig verfeuerten Kohle, die verbrennungstechnisch 
nahezu rauchfrei feuert, tritt keine wesentliche Ver 
stärkung der Rauchentwicklung ein. Im Gegenteil 
ist nach meiner Ansicht eine Beschwerde über zu starke 
Rauchentwicklung nicht gerechtfertigt, da technisch 
eine noch stärkere Herabsetzung der Rauchentwicklung 
kaum durchführbar sein dürfte." 
Herr Gewerberat Sauer hat sich in seinem Gut 
achten außerordentlich vorsichtig ausgedrückt. Er be 
tont: wenn keine wesentliche Verstärkung der Rauch« 
entwicklung eintritt, ist dagegen nichts zn sagen. Aber 
soweit wir beobachten konnten, ist das leider nicht der 
Fall gewesen, und ich muß von dieser Stelle aus sagen, 
das; wir von den einzelnen Firmen verlangen müssen, 
wenn sie einen Auftrag von'uns bekommen, das; dessen 
Ausführung technisch durchaus einwandfrei sein muß. 
Wer in Zukunft Aufträge für die Stadt nicht so aus 
führt oder ausführen kann, wie wir es verlangen, der 
kann nicht wieder darauf rechnen, von uns Aufträge zu 
erhalten. Das muß hier von dieser Stelle aus einmal 
mit aller Schärfe ausgesprochen werden, damit die Fir 
men in Zukunft sich danach richten können. Wir werden 
nicht unterlassen, erneut die Firmen auf diesen Miß 
stand hinzuweisen und mit aller Energie darauf hinzu 
wirken, daß endlich Abhilfe geschafft wird.. 
Vorst. Hatz: Eine Besprechung der Anfrage ist nicht 
beantragt. Dann ist Punkt 4 der Tagesordnung damit 
erledigt. 
Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung: 
Fortsetzung der H. Beratung des Antrages der 
Stadtb. Dr. Saltzgeber u. Parteifr., betr. die Her 
stellung einer Verbindungsstratze boit der Franzö 
sischen Stratze durch die Ministergärten nach der 
Lennestratze — Drucks. 886 u. 130 —. 
Es sind noch zwei Redner eingezeichnet. 
Ich mache noch einmal darauf aufmerksam, das; 
ttrtch den Beschlüssen des Aeltestenausfchusses 15 Mi 
nuten Redezeit gilt und für Herrn Weinitschke die Hälfte, 
also 7 Vi Minuten. 
Das Wort hat Herr Kollege Schwenk. 
Stadtb. Schwenk (K.): Kein Mensch kann tut Ernst 
bestreiten, das; die Verkehrsverhältnisse, wie wir sie ant 
Potsdamer Platz, in der Lennöstraße, in der Friedrich- 
Ebert-Straße und in der Voßstraße haben, dringend 
einer Abhilfe bedürfen, und wenn man die Stromlinie 
des Verkehrs in de«DtadtPlan hineinprojiziert, so er 
gibt sich als die natürliche Lösung der Durchbruch durch 
die Ministergärten in der Richtung der Jägerstraße bzw. 
der Französischen Straße. Daran kann ernsthaft nicht 
gerüttelt werden, und es sind in der Tat auch ernsthafte, 
sachliche Gründe gegen diesen Plan nicht vorgebracht 
worden. Man hat vielmehr den Eindruck gewinnen 
müssen, als ob bei den Gegnern des Projektes ganz 
andere Gesichtspunkte maßgebend waren, als diejenigen, 
die sie hier anführen. Und da muß ich sagen, das; es 
leider nicht das erste Mal wäre, das; der Marotte einer 
Frau wegen wichtige Aufgaben nicht gelöst werden, oder 
aber eine Lösung gefunden wurde, die außerordentlich 
kostspielig ist. Und so scheint es auch hier zu sein. Es 
scheint, als ob hier auf die Wünsche der Frau Außen 
minister Stresemann Rücksicht genommen werden sollte, 
die durchaus unbegründet sind und die wir in der aller- 
schärfsten Weise bekämpfen. 
Wir sind der Meinung, das; den Verkehrsverhält- 
uissett unbedingt Rechnung getragen werden muß. Was 
man an Verwänden dafür vorbringt, das; die harmo 
nische Gliederung in der Baureihe itt der Wilhelmstraße 
durchbrochen würde und was dergleichen Dinge mehr 
sind, das sind doch nur lächerliche Einwände. Es wäre 
ja geradezu grotesk, behaupten zn wollen, daß es nu 
feren Architekten nicht möglich wäre, auch für diesen 
Straßendnrchbruch durch die Ministergärten eine ein-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.