128 Sitzung am 17.
tc hier Uont Kollegen Urich angeführt worden ist, statt«
inden darf. Ueberstunden, die unter allen Umständen
notwendig sind, wenn z. B. eine andere Kategorie nicht
weiter arbeiten kann, müssen natürlich auf der einen
Stelle einmal ohne weiteres gemacht werden. Aber
das darf nicht so ausgenutzt und so ausgedehnt werden,
wie das hier von dem Herrn Kollegen Urich gefeint
zeichnet ist.
Meine Damen und Herren! Bei der großen Zahl
der Erwerbslosen müsse» wir unter allen Umständen
von allen Arbeitgebern verlangen, daß sie sich auf den
Boden des Achtstundentages stellen, und ich betone hier
erneut, wie wir das schon des öfteren getan haben, daß
die Demokratische Fraktion. ans dem Boden des Acht
stundentages steht.
Meine Damen und Herren! In bezug ans den
Antrag des Ausschusses haben wir gar keine Bedenken
und Werden ihm ohne weiteres zustimmen. Nur bei
Absatz 4 wünschten meine Freunde, daß der Absatz 4
mit „Überstunden sind nur in den allerdringendsten
Fällen zuzulassen" abschließt. Unsere Bedenken sind
aber nicht so groß, daß wir etwa zur Ablehnung des
Ausschußantrages kämen. Wir werden also als Demo
kratische Fraktion dem Antrage des Ausschusses unsere
Zustimmung geben.
(Stadtv. Merten: Bravo!)
Stadtv. Treffert (Z.): Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Meine politischen Freunde stimmen dem
Ansschußantrage einmütig zu. Wenn wir im Ausschuß
den Antrag der Kommunisten abgelehnt haben und
auch heute den erneut gestellten Antrag ablehnen, so
geschieht das nicht aus den Erwägungen und Gründen,
die hier von deutschnationaler Seite angeführt worden
sind, sondern mehr aus den Gründen, die von den beiden
Vorrednern der Sozialdemokratie und der Demokraten
schon eingehend geschildert wurden.
Wenn heute Herr Kollege Guadt seinen Antrag noch
einmal wiederholt, dann verstehen wir das einfach deshalb
nicht, weil ihm im Ausschuß sowohl von den Stadt
verordneten als zum Teil auch sogar von den Ver
tretern der Gewerkschaften nachgewiesen worden ist, daß
die Annahme des Antrages gänzlich unmöglich ist.
Wenn wir noch einmal ganz kurz die Gründe
zusammenfassen, daun sind es diese: Zunächst ist in
vielen Betrieben die 45stündige Arbeitswoche deshalb
nicht möglich, weil in drei Schichten gearbeitet wird
und deshalb drei mal 8 Stunden gearbeitet werden
muß. Sonst müßte die Arbeitszeit noch unter 45 Stun
den herabgesetzt werden, damit man mit 4 Schichten
arbeiten kann. Denn bei 45 Stunden gibt es gewisse
Zwischenpausen, die unbedingt ergänzt werden müssen.
Zweitens ist darauf hingewiesen, daß die bestehen
den Tarifverträge vorhanden sind, die unbedingt ge
halten werden müssen, und daß mit Hilfe der Gewerk
schaften es versucht werden muß, im Wege der
Verhandlungen zu einer Einigung zu kommen.
Drittens ist darauf hingewiesen worden, daß ein
Neichsmanteltarif vorhanden ist, und daß wir an diesen
Reichsmanteltarif gebunden sind durch Vereinbarungen
mit dem Reichsarbeitgeberverband. Der Herr Kollege
Urich hat ja Einzelheiten geschildert, so daß ich auch
darauf nicht mehr einzugehen brauche.
Viertens ist schon darauf hingewiesen worden, daß
für Notstandsarbciten Bestimmungen erlassen worden
sind vom Reichsarbeitsministeriunh und daß die Stadt
verordnetenversammlung diese Bestimmungen nicht
aufheben kann. Der Antrag der Kommunisten läßt auch
keinerlei Bewegungsfreiheit zu. Wenn der Antrag in
der Form angenommen würde, wie er gestellt ist, dann
wären die Werke gebunden, und bas' ist bei solchen
Werken, wie wir sie vor uns haben, gänzlich unmöglich.
Die Kommunisten sagen z. B. in ihrem Antrage „strikte
Einhaltung der 45-Stündenwoche" und setzen noch hin
Februar 1927.
zu: „Jede Ueberarbeit für Beamte, Angestellte und
Arbeiter ist zu verbieten. Wie wollen Sie denn das
machen in einem Elektrizitätswerk, in einem Gaswerk,
bei der Straßenbahn, wenn sie sagen, jede Ueberarbeit
ist zu verbieten, d. H. es ist auch nicht einmal gestattet,
eine einzige Ueberstunde zu machen? So kann man die
Anträge nicht fassen, wenn man nicht das größte Unheil
in diesen Werken zum Schaden der gesamten Bevölke
rung anrichten will.
Sie sagen dann weiter in Ihrem zweiten Absatz:
„In alle n Betrieben — Sie nehmen also auch die
Werke nicht aus — darf die Arbeitszeit in keinem
Falle länger als 45 Stunden in der Woche betragen."
(Zuruf: Das wäre auch sehr gut!)
Selbstverständlich, ideal wäre das, und theoretisch mag
das ganz richtig sein, und ich stimme Ihnen zu: wenn
es zu erreichen wäre, daß wir in den Betrieben die
45-Stundenwoche nicht nur erreichen, sondern auch
strikte durchführen könnten, so wäre das ideal. Aber
ich meine, Ideale lassen sich nicht im Praktischen Wirt
schaftsleben durchführen, das müssen Sie auch als Ar
beiter einsehen, und das sehen auch wir als Gewerk
schaftsvertreter ein. Man kann ein Ideal anstreben
und diesem Ideal nachstreben, aber man kann deshalb
keine starre Formel wählen, sondern man muß unter
allen Umständen auch zu gewissen Zeiten, in gewissem
Umfange und in gewissen Betrieben auch Ausnahme
bestimmungen zulassen. Deshalb können wir dieser
Formel: „Jede Ueberarbeit ist zu verbieten; in keinem
Falle darf die Arbeitszeit länger als soundso viel be
tragen, in allen Betrieben ist das soundso durchzu
führen" auf keinen Fall zustimmen. Wenn Sie einmal
selbst mit sich zu Gericht sitzen würden und würden
sich alles eingehend überlegen vom wirtschaftlichen und
volkswirtschaftlichen, auch vom sozialen Standpunkte
aus, vom Standpunkte des Bürgers, der Bevölkerung
und auch vom Standpunkte der Industrie, die ja auch
nicht nur für sich zu sorgen hat, sondern die wieder
im Dienste der Allgemeinheit stehen soll, ich meine,
wenn Sie sich das in Ruhe einmal überlegten, würden
Sie selbst zu der Erkenntnis kommen, daß Ihre Anträge
reine Agitationsmanöver sind, die auf die Massen
wirken sollen, aber die niemals sich praktisch durchführen
lassen.
Deshalb lehnen wir also den Antrag der Kom
munisten ab.
Sie werden nicht bestreiten können, daß wir in den
Äusschußsitzungen uns bemüht haben, etwas zu er
reichen und einen Weg zu finden, der die Verhältnisse
bessern kann. Dieser Weg wird gezeigt in dem Antrage
der Sozialdemokratie in Verbindung mit unserm Zusatz-
antrage. Der Antrag der Sozialdemokratie sagt, daß
in städtischen Betrieben und Gesellschaften überall die
48-Stundenwoche eingeführt werden soll. Meine Damen
und Herren! Was das für einen Fortschritt bedeuten
würde, das sehen Sie ans den wenigen Angaben, daß
heute z. B. die Arbeitszeit noch beträgt bei der Hochbahn
8 Stunden, bei der Straßenbahn 9 Stunden und bei
der Aboag sogar 10 Stunden.
(Bei den Kommunisten: Unerhört!)
ür die Hanptwerkstatt der Straßenbahn gilt die 52
tnndenwoche.
Meine Damen und Herren! Wenn wir die Tatsache
zu verzeichnen haben, daß in den Betrieben noch die
52-Stundenwoche gilt und daß mau 9 und 10 Stunden
am Tage arbeitest würde es einen nnaeheuren Fort
schritt bedeuten, wenn wir diesem Antrage zur Durch
führung verhelfen könnten und wenn es erreicht würde,
daß die achtstündige Arbeitszeit überall eingeführt wird.
Es ist dann weiter gesagt, daß bei Tarifverträgen,
die eine längere Arbeitszeit als 48 Stunden die Woche
vorsehen, ans dem Wege der Verhandlungen mit den
zuständigen Organisationen versucht werden soll, eine
Einigung zu erzielen, und ich glaube, daß das möglich