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Volume Sitzung 40, 20.12.1927

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1927 (Public Domain)

Sitzung am 20. 
lief) die Sperrverordnung für die Stadtverwaltungen 
erlassen hat, sagt in ihrer Begründung zur Be- 
soldungsordnüng, das; maßgebend für die Be 
messung der Leistungen und ihre Entlohnung sein 
müßte in erster Linie die Teuerung, soweit 
es die Finanzen zulassen, zweitens der 
Wert der Leistung und — nun kommt der 
Kernpunkt der Geschichte — schließlich 
auch die Bezahlung gleich wertiger 
Tätigkeit in der In d ust r i e in Betracht zu 
ziehen sei. 
(Bei den Kommunisten: Hört, hört!) 
Es werden hier also ganz offen die Zusammen 
hänge zwischen der miserablen Bezahlung unserer 
Beamten und der Privatindustrie aufgezeigt. Die Auf 
traggeber und Machthaber aber im heutigen Deutsch 
land, die Schwerindustriellen, verlangen, daß die 
Beamten in ihren unteren Gruppen niedrigere 
Hungerlöhne bekommen genau wie ihre Arbeiter, und 
sie wehren sich auch mit allen Mitteln dagegen, daß 
der Finanzausgleich zugunsten der Gemeinden, 
namentlich Berlins, abgeändert wird. Die Indu 
strielle» verlangen das Geld für ihren 
Säckel, sie verlangen das Geld zur 
Aufrechterhaltung ihrer Machtbefug 
nisse, z u m Ausbau der Polizei und 
Justiz. Sie haben keine Mittel übrig 
für den hungernden' Beamten, keine 
Mittel für die hungernden Arbeiter. 
Sie haben die Beschlüsse der Regierungen diktiert, 
und sie werden sie ihnen weiter diktieren, trotzdem 
feststeht und es durch alle Presseorgane gegangen ist, 
vom „Börsenkurier" angefangen, daß unsere Indu 
strie heute schon dazu übergegangen ist, Eigen 
kapital in Milliardenhöhe zu bilden. Es sind dies 
die Profitüberschüsse, die aus den Knochen der 
Erwerbstätigen herausgeholt sind, die die Kapi- 
listen in ihre Tasche stecken und für die sie keine 
weitere Verwendung haben als ihren eigenen Luxus 
zu befriedigen. Wenn Sie diese Dinge jetzt 
mitmachen, wenn Sie den Aufträgen der 
Industriellen folgen, dann können Sie 
nicht behaupten, daß sie e r n st 1 i ch g e - 
wi 11 t sind, den unteren Beamten zu 
helfen. Wir haben beantragt, die Vergütungs 
sätze für die Beamten mit dem Betrage von 2000 
bis 3000 M> beginnen zu lassen und darauf auf 
bauend die nächsthöheren Gruppen zu bezahlen. Sie 
werden auch dann noch unter dem bleiben, was 
notwendig ist. Aber Sie werden den Beamten min 
destens solche Aufbesserung geben, daß die unteren 
Gruppen einigermaßen das Existeuzminimum haben, 
daß sie in der Lage sind, einigermaßen ihr Leben 
fristen zu können. 
Ich möchte noch ganz kurz darauf hinweisen, 
daß wir einen besonderen Antrag eingebracht haben, 
der die Feuerwehr betrifft. Nach unserer Auffassung 
ist die Feuerwehr zu schlecht weggekommen; dies 
kann noch geändert werden durch Gewährung einer 
Gefahrenzulage. Die Eigenart des Berufes der 
Feuerwehr bringt es mit' sich, daß sie nicht schlechter 
behandelt werden darf wie gleichartige Beamten 
gruppen, mit denen sie früher zusammen eingruppiert 
waren und unter die man sie heute herunter 
gruppiert hat. 
Ich möchte weiter bemerken, daß es durchaus 
ungerechtfertigt ist, hier im Gruppenplan Gruppen 
auseinanderzureisten, die bisher zusammen waren 
und zusammengehört haben: Kanzleibeamte, Tri 
chinenschauer, Feuerwehr, Verwaltungsassistenten 
usw. Man hat sie zum Teil ganz erbärmlich ein 
gruppiert. Man hat auch ganze Gruppen ausein 
andergerissen, z. B. die Verwaltungsassistenten in 
zwei Besoldungsgruppen eingereiht usw., so daß es 
Dezember 1927. 999 
uns unmöglich ist, diesen Besoldungsplan so zu ver 
abschieden. Wir ersuchen Sie, unsere Anträge an 
zunehmen. Sie tun damit den Beamten einen Dienst. 
Ich möchte dann noch auf einige Ausführungen 
des Herrn Kollegen. Merten eingehen, der mir vor 
geworfen hat, ich hätte eine Fälschung begangen, 
wenn ich behauptete, daß die Laufbahn der mittleren 
Beamten bei der Gruppe IIIC aufhörte. Herr Kollege 
Merten begründete seine Behauptung damit, daß er 
sagte, mindestens 25 v. H. der Beamten der mitt 
leren Laufbahn hätten die Möglichkeit, in die höheren 
Gruppen aufzurücken. Ich habe ausdrücklich gesagt, 
daß ich diese paar als Konzessionsschulzen bezeichne. 
Heute stehen nämlich die Endgruppen der mittleren 
Beamten, die Stadtamtmänner, in derselben Gruppe 
wie die Akademiker in ihrer Eingangsgruppe, und 
diesen Zustand verlangen wir wieder herbeigeführt. 
Nur dadurch ist eine richtige Verzahnung gewähr 
leistet, und wenn Sie diesen Zustand beseitigen 
wollen durch einige Leute — und mögen es 50 v. H. 
sein, die Sie in die nächsthöhere Gruppe bringen —, 
dann sind das eben Konzessionsschulzen. Damit ist 
der richtigen Verzahnung nicht Genüge getan, und ich 
verwahre mich ganz entschieden gegen den Vorwurf 
der Fälschung. 
Vorst. Haß: Die Beratung über den Gruppen 
plan ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. 
Ich würde Ihnen nun vorschlagen, bei der 
Gruppe IA anzufangen und zu den einzelnen 
Gruppen die Anträge zur Abstimmung zu bringen, 
die gestellt sind. Zunächst möchte ich aber die Unter 
stützungsfrage für die namentlichen Abstimmungen 
stellen, und zwar soll nach dem Antrage Raddatz 
und Gen. über die Anträge Nr. 2, 9 und 10 der 
Kommunistischen Fraktion namentlich abgestimmt 
werden. Der Antrag bedarf der Unterstützung durch 
15 Mitglieder. — 
Die Unterstützung reicht aus. 
Dann haben die Herren Lüdicke und Partei 
freunde den Antrag auf namentliche Abstimmung 
gestellt über die Einzelgehälter Gruppe 1 und 2. 
Der Antrag bedarf auch der Unterstützung durch 
15 Mitglieder. 
Diese Unterstützung reicht auch aus. Es werden 
also die namentlichen Abstimmungen dann erfolgen. 
(Stadtv. Dr. Caspar! — zur Gesch.-Ordg. —: 
Ich wäre dankbar, wenn nicht mit I A sondern 
mit VIII angefangen würde.) 
— Dann muß ich das umstellen. — 
(Stadtv. Dr. Caspari: Wenn es Schwierigkeiten 
macht, ziehe ich meinen Antrag zurück!) 
— Ich habe alles nach Gruppe IA numeriert. — 
Wir kommen also zur Gruppe I A. Da ist der 
Antrag Merten u. Parteifr., Schwarz u. Parteifr., 
Lange it. Parteifr. und Czeminski u. Parteifr. ge 
stellt, der lautet: 
„Der Direktor des Zentralwohnungsamtes, der 
Direktor der Straßenreinigung und Müll- 
beseitigung und der Markthallendirektor werden 
mach Einzelgehalt 5 eingestuft." 
Wer für diesen Antrag ist, bitte ich, eine Hand 
zu erheben. 
(Geschieht.) 
Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist an- 
j genommen. 
Ueber die Beschlüsse des Ausschusses zu dem 
! Gruppenplan lasse ich nachher insgesamt abstimmen.
	        
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