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Volume Sitzung 40, 20.12.1927

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1927 (Public Domain)

Sitzung am 20. Dezember 1927. 989 
hat, aber daran haben nicht wir die Schuld. Es 
hat keinen Zweck, hier die Verhältnisse auf den 
Kops zu stellen. Sie wissen ganz genau: der Ma 
gistrat hat schnell gearbeitet und mit größter Eile 
seine Besoldungsordnung vorgelegt. Inzwischen fiel 
die Entscheidung int Reichstag und Landtag. Wenn 
Herr Kollege Raddatz speziell Anstoß genommen hat 
an den ' Bestimmungen der preußischen Besol- 
dungsordnung, so müßte ihm doch bekannt sein, 
daß Preußen abhängig war von der Besoldungs 
reform des Reiches, weil eben der Finanzausgleich 
die Länder und Gemeinden an das Reich und damit 
an den Reichstag gekettet hat. 
(Zurufe bei den Kommunisten.) 
Meine Damen und Herren! Ich erkenne auch 
gerne an, daß der Ausschuß mit außerordentlicher 
Sorgfalt, Eile und Gründlichkeit gearbeitet hat. 
(Zuruf: Sie waren doch gar nicht dabei!) 
(Glocke.) 
Ich bin so oft dabei gewesen, mein Herr, daß ich 
über die Vorgänge im Ausschuß ganz genau unter 
richtet bin. 
(Zuruf der Stadtv. Fr. Rosenthal.) 
Wenn es bans der Energie des Vorsitzenden und 
aller seiner Mitglieder gelungen ist, in so verhält 
nismäßig kurzer Zeit die Besoldnngsordnung durch» 
zuberaten, dann, glaube ich, hat das Haus, hat die 
Beamtenschaft und auch der Magistrat alle Ursache, 
dieser Arbeit des Ausschusses Dank zu wissen. 
(Lachen und Zurufe bei den Kommunisten.) 
(Stadtv. Sellheim: Die Beamten denken darüber 
anders!) 
Trotzdem gebe ich zu, daß der Ausschuß in seiner 
Arbeit, wie auch wir in unsern Entschließungen 
sehr stark gehemmt sind nicht nur durch das preu 
ßische Gesetz, nicht nur durch die §§ 40—43 der neuen 
Reichsbesoldungsordnung, sondern vor allen Dingen 
auch durch die Rücksichtnahme auf den künftigen 
Finanzausgleich. Aber abgesehen von diesen 
Schwierigkeiten und abgesehen von den Aenderun 
gen, die zwischen der ersten und zweiten Lesung, 
weil die Verabschiedung im Reiche und in Preußen 
erfolgt war, zwangsläufig vorgenommen werden 
mußten — und nur wer nicht sehen will, kann sich 
dieser Tatsache gegenüber verschließen —, muß man 
doch zugeben, daß für eine große Reihe städtischer 
Beamten glücklicherweise Gehaltssätze herausgekommen 
sind, die zum Teil sogar über die des Reiches und 
über die preußischen hinausgehen. 
(Rechts: Wir haben es auch dazu!) 
Wir haben die bestimmte Hoffnung, daß die Auf 
sichtsbehörde bezüglich der Bestätigung und der Ge 
nehmigung dieser Bestimmungen uns keine Schwie 
rigkeiten bereiten wird. Ich gründe diese Hoffnung 
darauf, daß das Reich und Preußen den in Berlin 
stationierten und arbeitenden Beamten der Zentral 
behörden ja in Form einer Ministerialzulage ganz 
erhebliche Zuwendungen leistet. 
(Stadtv. Dr. Caspari: Ich habe noch keine be- 
• kommen!) 
— Sie sind ja auch kein Ministerialbeamter. — 
(Dauernde Zurufe bei den Kommunisten.) 
— Meine Damen und Herren! Wenn Sie fertig 
sind, kann ich weitersprechen. Nehmen Sie doch Rück 
sicht auf meinen kranken Hals! — 
(Zurufe.) 
Meine Damen und Herren! Trotzdem gebe ich 
gerne zu, 
(Glocke.) 
daß 'die Besoldungsordnuug, so wie sie vorliegt, nicht 
restlose Befriedigung erweckt. Ich gebe ferner zu, 
daß man auch nicht allen Wünschen persönlicher 
Art wie den Wünschen großer Beamtengruppen ge 
recht werden konnte. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Aber zustimmen 
werden Sie!) 
— Das ist ganz selbstverständlich. Schon aus der 
Tatsache, daß Sie ablehnen, müßte sich für uns die 
Notwendigkeit ergeben, daß wir Grund haben, zu 
zustimmen. — 
Meine Damen und Herren! Diese Vorlage 
ist ein Kompromiß zwischen d em, was der 
Magistrat fordert und dem, was die 
Stadtverordnetenversammlung in einer 
Mehrheit, die gerade tragfähig undgroß 
genug ist, glaubt leisten und bieten zu 
können. Dieser Kompromiß ist aufgebaut auf dem 
Grundsätze, den einer der hervorragendsten Ver 
treter des Hauptbeamtenrats in dem Ausschuß zum 
Ausdruck gebracht hat, indem er seine Rede damit 
begann: „Wir" — also: wir Beamte, die 
er in ihrer Gesamtheit vertrat — „geben 
gerne zu, daß der Magistrat sich bemüht 
hat, den Wünschen aller Beamten gerecht 
z u werden." Das war ein klassisches Wort, — 
(Bei den Kommunisten: Klassisches? — Lärm.) 
Jawohl, das war ehrlich und ist nicht oft aus dem 
Munde von Organisationsvertretern vernommen 
worden. Wenn es nachher durch eine Zwischenbe 
merkung des Vertreters einer anderen Organisation 
um ein geringes abgeschwächt wurde, so bleibt doch 
die Tatsache bestehen, daß es der ehrliche Ausdruck 
eines ehrlichen Vertreters seiner Kollegen war. Des 
wegen glauben wir, daß wir mit der Magistratsvor 
lage und mit den Verbesserungen, die der Ausschuß 
hineingearbeitet hat, auf dem rechten Wege sind. 
(Bei den Kommunisten: Ziemlich weit rechts 
sind Sie gegangen!) 
Nun zu den Ausführungen des Herrn Kollegen 
Faust, der Anstoß genommen hat an der Forderung 
der Gehälter der Magistrats- und Bezirksamtsmit 
glieder. 
(Rechts: Aha! — Jetzt kommt's!) 
Ja es kommt. Zunächst stelle ich einmal fest, daß 
der Herr Kollege Faust itn Namen seiner Freunde 
mit uns geht bezüglich der Bezirksamtsstadt 
räte, der stellvertretenden Bürgermeister und 
der Bürgermeister. Ich stelle ferner fest, daß der 
Antrag, den die Herren von der Deutschnationalen 
Fraktion anfänglich im Ausschuß gestellt hatten, für 
die Bürgermeister ein höheres Gehalt vorsah. Wenn 
Sie diese höheren Sätze multiplizieren mit den 20 
Bürgermeistern, bann werden Sie unendlich viel 
mehr herausbekommen, als wir mit unseren An 
tragen geben wollen. 
(Gelächter bei den Deutschnationalen und Kom 
munisten.) 
Ueberdies zurückzugehen auf den Grundsatz der Spar 
samkeit lag für Sie angesichts der Haltung Ihrer 
Vertreter im Ausschuß gar keine Veranlassung vor. 
Nun aber weiter! Der Herr Kollege Raddatz — 
(Dauernde Zurufe bei den Kommunisten.) 
(Glocke.) 
— Ach Gott, Sie können doch nicht glauben, daß ich 
das für Ernst nehme und darauf antwortete. — 
Der Herr Kollege Raddatz hat schon den Herren 
von der , Deutschnationalen Partei unangenehme 
Schmeicheleien gesagt und auf gut deutsch ihnen er 
klärt, daß ihre Haltung nicht von sachlichen Gesichts-
	        
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