Sitzung am 7.
Schliff, an die Politur, an Maßnahmen der Verfeine
rung durch Gravierung, durch Polsterung, ich erinnere
an sehr notwendige Reparaturen durch Defekte an Ma
schinen, an Kesseln und dergl. Es gibt solche Arbeiten,
die man nicht generell zu denjenigen zählen kann, für
die man Ueberstuuden mit einem Strich beseitigen kann.
(Zuruf bei den Kommunisten: Die können aber
ant anderen Tage abgebummelt werden!)
Ich glaube nicht, daß wir diese Forderung in irgend»
einem deutschen Parlament durchsehen werben. Wir sind
aber der Meinung, daß Ueberarbeiten nur in Ausnahme-
fallen vorgenommen werben dürfen und beantragen, daß
man dem Reichstag unverzüglich einen Gesetzentwurf
vorlegt, der als tägliche Höchstarbeitsleistung den Acht
stundentag festsetzt und Ueberarbeiten mir in Ausnahme-
fällen vorsieht.
Die übrigen Teile des Abschnittes 7 des Vorschlages
des Ausschusses, soweit sie c) und d) angehen, sind für
uns nicht annehmbar. Arbeitsintensität und Rationali
sierungsmaßnahmen sind nun einmal erforderlich, um
dem Auslande gegenüber konkurrenzfähig zu bleiben.
Daher nehme ich die Möglichkeit neuer Arbeitsbeschaffung,
während umgekehrt nicht eine Verbilligung — und wir
wollen doch eine Verbilligung unserer Verhältnisse her
beiführen —, sondern eine Verteuerung eintritt, die
letzten Endes der Arbeitnehmer mit zu tragen hat und alle
modernen Entwicklungen — wir sind doch daran, in der
Industrie neue moderne Einrichtungen zu schaffen —
werden dadurch illusorisch oder unterbunden.
Selbstverständlich werden wir jederzeit für den Schutz
der Arbeitnehmer eintreten, der gewährleistet ist durch das
Betriebsrätegesetz, an dessen Zustandekommen wir ja in
der Nationalversammlung in Weimar — ich darf an die
erfolgreiche Mitarbeit meines Freundes, des Abgeord
neten Schneider, erinnern — regen Anteil genommen
haben.
(Sehr richtig!)
Die unter Ziffer 7 aufgestellten Forderungen er
scheinen mir daher angetan, daß sich die Gewerkschaften
mehr daran setzen, diese Forderungen durchzusetzen, we
niger scheint mir das Aufgabe der Stadtverordnetenver
sammlung zu sein.
Ich darf also sagen, für die Ziffern 1 bis 6 geben
wir voll und ganz unsere Zustimmung und bitten, die
Abänderungsauträge, die wir zu Ziffer 7 gestellt haben,
anzunehmen im Interesse der Arbeitnehmer, wobei wir
den dringendsten Wunsch haben, daß die Arbeitslosenver
sicherung bald Gesetz wird, damit in Zukunft nicht mehr
von Unterstützungen, sondern von wohlerworbenen Rech
ten gesprochen werden kann.
{Bravo!)
(Stadtv. Roth: Die von der Willkür der Beamten
abhängig sind!)
Stadtv. Maderholz (S.): Meine Damen und Herren!
Auch ich bin der Meinung, daß das Kapitel „ErwerbL--
losennot" eines der dringlichsten ist und daß wir dieses
Kapitel nicht als geeignetes Agitationsobjekt benutzen
können.
(Stadtv. Roth: Das ist ja furchtbar!)
(Zuruf des Stadtv. Urich.)
Wir Sozialdemokraten haben durchaus Verständnis
für die Not der Erwerbslosen,
(Zuruf bei den Kommunisten: Seit wann denn?)
(Stadtv. Urich: Da warst Du noch nicht geboren,
da hast Du noch keine Ahnung gehabt von irgend
etwas!)
aus dein ganz einfachen Grunde, weil viele von uns diese
Not am eigenen Leibe kennen gelernt haben. Wir wissen
sehr wohl, daß es nicht nur materielle Not ist, die die
Erwerbslosen drückt, sondern daß dieses Problem viel
tiefer geht, daß es ein seelisches, ein soziales Problem
Oktober 1926 . 843
ist, das mit dazu beiträgt, daß manches Verbrechen
geschieht, welches nicht geschehen würde, hätten wir nicht
diese bittere Not, und unsere heutige Gesellschaftsordnung
ist diesen Opfern ihrer Ordnung vieles, vieles schuldig
geblieben. Wir sind überzeugt, daß alles, was geschehen
kann, diese Not zu mildern, durch die Gemeinde zu ge
schehen hat.
Wir fordern deshalb, genau so wie es der Er
werbslosenausschuß getan hat, daß der Magistrat Mittel
bereitstellt, welche die Fortführung der Notstandsaktion
möglich machen trotz der schlimmen Situation in finan
zieller Hinsicht, in der sich die Gemeinde befindet und die
wir ja soeben von unserm Herrn Kämmerer geschildert
bekommen haben.
(Sehr richtig!)
Ferner unterstützen wir die Forderung des Aus
schusses, welche den Magistrat ersucht, weiter Notstands
arbeiten baldmöglichst in Angriff zu nehmen. Wir ver
langen weiter, genau wie der Ausschuß, daß der Ma
gistrat bei Staat und Reich vorstellig wird, um auch
dort den Druck der Gemeinden auszuüben, der not
wendig ist, damit in bezug auf die Arbeitsbeschaffung
mehr geschieht als bisher geschehen ist. Es genügt nicht,
daß ein großes Arbeitsbeschaffungsprogramm ausgear
beitet wird. Dieses Programm muß auch schleunigst
in die Tat umgesetzt werden, und in dieser Beziehung
vermissen wir die notwendige Eile bei der Reichsregierung.
Die vornehmste Pflicht, meinen wir, ist die Arbeitsbe
schaffung. Denn mit der Beschaffung der Arbeit wird
den Erwerbslosen auch der größte Gefallen getan werden.
Sodann muß die vorhandene Arbeit gestreckt wer
den. Auch in dieser Beziehung sind wir durchaus mit
dem Ausschuß der Meinung, es genügt durchaus nicht,
dieses Problem dadurch zu lösen, daß wir uns lediglich
darauf versteifen, daß ätt dem Achtstundentag festgehalten
wird, oder daß er wieder zurückerobert und gesetzlich
wiederum verankert wird, sondern wir meinen, daß das
Problem der Erwerbslosigkeit nur gelöst werden kann,
wenn tatsächlich eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit
eintreten wird. Wir sind fest überzeugt, daß diese Forde
rung in die Tat umgesetzt werden muß, weil wir sonst
dauernd ein Riesenheer von Erwerbslosen haben werden,
welches unter Umständen eine kolossale Gefahr für den
kulturellen Fortschritt, ganz besonders großer Gemein
den, sein wird. Schon aus diesem Grunde wird der Ma
gistrat verpflichtet sein, dieser Forderung mit allem
Nachdruck nachzugehen. Ganz besonders die großen Städte
sind daran interessiert. Denn was es bedeutet, hat uns
wiederum vor nicht allzulanger Zeit unser Herr Käm
merer geschildert. Die Not der Städte basiert eben darauf,
daß wir augenblicklich in solch unerquicklichen Verhält
nissen leben.
Die weitere Forderung, bei Betriebsstillegungen die
Mitwirkung der Gewerkschaften, der Betriebsräte zu er
zielen, unterstützen wir ebenfalls. In der letzten Zeit
hat sich ganz besonders bemerkbar gemacht, daß bei Be
triebsstillegungen durchaus nicht nach wirtschaftspoliti
schen Gesichtspunkten gehandelt wird. Ich erinnere au
die verschiedenen Stillegungen von Kohlenzechen. Es hat
sich gezeigt, daß die Empörung der Bevölkerung in jenen
Gebieten immerhin bewirkt hat, daß sich die Reichsregie
rung etwas energischer mit den Dingen befaßt, als sie
sich bisher damit befaßt hat.
(Zurufe zwischen den Stadtv. Urich und Roth!)
Ich betone, daß wir vollinhaltlich diese Forderung unter
stützen.
(Zurufe des Stadtv. Roth.)
(Lärm.)
Wir unterstützen die Forderung auf Ausdehnung der
Unterstützung für die ganze Dauer der Erwerbslosigkeit.
Wir wollen die Pflichtarbeit abgeschafft wissen. Dies