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Volume Sitzung 3, 21. Januar 1926

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1926 (Public Domain)

66 Sitzung am 21. 
glaube ich, daß man ihm die Bedeutung beilegen kann, 
luic er aufgefaßt wird. Ich glaube, wir können ohne 
Bedenken diesem Abänderungsantrage unsere Zu 
stimmung geben. 
Stadtv. Frau Frohn (Z.): Ich fasse diesen Antrag 
der Kommunisten eigentlich als einen neuen Antrag 
aus und kann ihn nicht als einen Zusatzantrag ansehen. 
Im Ausschuß haben wir uns nach den Erklärungen 
des Magistrats auf den Standpunkt gestellt: nur dann, 
wenn die Milch für nötig befunden wird, ist sie zu 
gewähren. 
(Zurufe bei den Kommunisten.) 
Verzeihen Sie, hier heißt es jetzt: Die ärztliche 
Untersuchung darf sich nur ans Gesundheitsschädigung 
erstrecken. Das ist eine gänzliche Umwandlung des 
Antrages, den wir vorgelegt haben. Denn etwas, was 
schädigend ist oder nichtschädigend, das braucht noch 
lange nicht unbedingt nötig zu sein, und wir haben uns 
gerade nach den Erklärungen des Magistrats gesagt, daß 
in sehr vielen Fällen die Milch nicht nötig ist. 
Stadtv. Frau Roscnthal (K.): Ich hätte mich wirk 
lich heute nicht zum Wort gemeldet, aber auf die An 
rempelungen der deutschnationalen Rednerin — ich will 
sie nicht als Unverschämtheiten bezeichnen — muß ich 
doch etwas antworten. 
Jedenfalls zeigt uns schon die Aeußerung der Vor 
rednerin, daß wir doch in einigen Dingen auseinander 
gehen, und zwar will ich das ganz klar hier aussprecheu. 
Dieser Antrag ist deshalb umgeändert worden, 
damit nicht die Zustände bei den Kindern der Erlverbs 
losen einreißen, die sonst in dem Obdachlosenasyl usw. 
vorherrschen, daß nur die Kinder Milch bekommen, 
denen sie der Arzt verordnet, und daß die Kinder nur 
daun die Milch bekommen, wenn ein ärztlicher Befund 
es verlangt. Wie natürlich die ärztliche Untersuchung 
aussieht bei einem von der Stadt angestellten Arzt, der 
die Fiuanzkalamität der Stadt täglich zit hären be 
kommt, das dürfte auch Ihnen bekannt sein. Wir sind 
ja nun der Auffassung, daß die Kinder der Erwerbs 
losen dasselbe Recht auf Milch haben wie die Kinder 
der besitzenden Klasse, und deswegen haben wir den 
Antrag gestellt, daß alle Kinder die Milch bekommen, 
nur die Kinder, die keine Milch bekommen dürfen, sollen 
andere Zusatzmittel erhalten. 
Stadtv. Hugo Sommer (D.): Meine Damen und 
Herren! Meine Freunde sind der Meinung, daß das 
an sich keine Fraktionsangelegenheit ist, sondern wir 
sind der Meinung, daß das alle Kreise dieses Hauses 
angeht, und wir Demokraten sind gewillt, uns nicht 
einzustellen auf irgendwelchen Standpunkt irgendeiner 
Richtung, sondern wir nehmen auch das Gute und 
Verbesserungswürdige von jeder Seite entgegen. 
(Stadtv. Koch: Sie sind ja auch in der Regierung 
drin!) 
Das entzieht sich Ihrer Beurteilung! Daß wir 
Demokraten ein großes Opfer bei Bildung der Re 
gierung gebracht haben, das gehört nicht hierher. 
(Lachen rechts.) 
Es mag Ihnen allerdings auf Ihrer Seite sehr 
unbequem sein, daß wir so opferfreudig waren. Aber 
wir sind ja nicht gewöhnt, Ihnen nachzufolgen, 
(Zuruf bei den Kommunisten: Aber uns!) 
sondern wir sind gewöhnt, unsern Weg zu gehen. 
Rach dieser Abschweifung, die ja gar nicht zur 
Sache gehört, darf ich sagen, daß meine Fraktion dem 
Antrage der Kommunisten zustimmen wird. 
(Bei den Kommunisten: Bravo!) 
Januar 1926. 
Vorst.-Stellv. Degncr: Die Rednerliste ist erschöpft. 
Wir kommen zur Abstimmung. Ich werde zunächst 
über den Zusatzantrag der Herren Otto Gäbet und 
Parteifreunde abstimmen lassen und daun über die 
AilsschußaNträge. 
Der Zusatzantrag lautet: 
Die ärztliche Untersuchung darf sich nur auf eventl. 
Gesuudheitsschädigung durch Milchverabfolgung er 
strecken. 
(Zurufe.) 
— Ich muß den Antrag so verlesen, wie er vorliegt. — 
In solchen Fällen sind anderweitige Zusatz 
nahrungsmittel zu gewähren. Richtlinien für diese 
Aktion sind unverzüglich der Gesnndheitsdepntatiou 
vorzulegen. Bis zur Beschaffung von Mitteln wer 
den die Kosten von dieser Notaktivn übernommen. 
Wer für diesen Zusatzantrag ist, bitte ich, eine 
Hand, zu erheben. 
(Geschieht.) 
Ich bitte um die Gegenprobe. 
(Geschieht.) 
Das erstere war die Mehrheit. Der Zusatzantrag 
ist angenommen. 
Wer nunmehr die vom Ausschuß empfohlenen An 
träge mit diesem Zusatzanträge annehmen will, den 
bitte ich, eine Hand zu erheben. 
(Geschieht.) 
Ich danke schön. Ich konstatiere, daß das die große 
Mehrheit war. Die Ausschußanträge sind mit dem Zu 
satzantrage angenommen. 
Wir kommen nunmehr zu Punkt 15 der Tages 
ordnung: 
I. und II. Beratung der Vorlage, betr. Festsetzung 
einer Altersgrenze für Anstellung von Volks- und 
Mittelschullehrkräften. — Drucks. 40 —. 
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich eröffne die 
zweite Beratung. Keine Wortmeldung. Kein Wider 
spruch. Die Vorlage ist angenommen. 
Punkt 16: 
I. und II. Beratung der Vorlage, betr. Errichtung 
von etwa 200 öffentlichen posteigenen Fernsprech 
häuschen und Abschluß eines Rahmenvertrages 
mit der Oberpostdirektion — Drucks. 41 — 
geht nach den Vereinbarungen im Aeltestenausschuß an 
einen besonderen Ausschuß. 
Punkt 17: 
I. und II. Beratung der Vorlage, betr. Umbau des 
Städtischen Opernhauses. — Drucks. 46 —. 
Meine Damen und Herren! Wenn kein Wider 
spruch erfolgt, werden wir den Punkt 17 zusammen 
verhandeln mit Punkt 18: 
I. und II. Beratung der Vorlage, betr. bauliche Unter- 
haltungs- und Betriebskosten des Städtischen 
Opernhauses. — Drucks. 47 —. 
Herr Kollege Koch hat das Wort. 
Stadtv. Koch (DN.): Meine Damen und Herren! 
Zunächst habe ich den Auftrag, namens meiner Freunde 
dem Magistrat das Bedauern auszusprechen, daß uns 
auch diese Vorlage, wie so viele Vorlagen schon in der 
alten Versammlung und jetzt auch wieder in der neuen, 
post fest um gemacht wird, daß wir vor die vollendete 
Tatsache gestellt werden und ja und amen zu dem sagen 
sollen, was der Magistrat uns vorlegt. 
(Zuruf links: Das sind Sie doch gewöhnt!) 
Meine Damen und Herren! Auch der Aufsichtsrat 
der Städtischen Oper hat verhältnismäßig spät erst von 
dem Ergebnis der Rechnung Kenntnis erhalten. Es 
wäre besser, wenn schon bei der Ausstellung des Kosten-
	        
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