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Volume Sitzung 20, 6. Mai 1926

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1926 (Public Domain)

Sitzung mit 
schwer zu erwidern. Ich samt hier mir sagen, daß die 
Sachkundigen der Banpolizei und unserer eigenen Ver 
waltung festgestellt haben, und zwar nicht erst nach dein 
Unfall, sondern vor dein Unfall, bei Beobachtung und 
Prüfung aller Maßnahmen, die durch die bauausführende 
Firma, die „Bannig", an dieser Stelle getroffen worden 
sind, daß die Vorkehrungen sachkundig und einwandfrei 
getroffen worden sind. 
(Zuruf bei den Koininnnisten: Das stimmt nicht!) 
Da kann man doch nicht nachher sagen, man hatte an 
dieser oder jener Stelle dieses oder jenes anders machen 
sollen. Es ist menschlich durchaus zu begreifen, daß 
solche Ansichten gehegt werden, weint ein so schwerer Un- 
glücksfall vorgekommen ist. Aber es ist dock sehr schwer, 
nachträglich festzustellen, daß, wenn man den Weg be- 
schritten hätte oder jenen Weg, dann der Unfall vermieden 
worden wäre. Es ist bei einzelnen dieser Vorschläge von 
Sachkundigen erklärt worden, daß, wenn man ihnen ge 
folgt wäre, die Gefahr noch viel größer geworden wäre, 
als bei dem Verfahren, das tatsächlich angewendet wor 
ben ist. 
Borst.-Stellv. Degner: Das Wort hat nunmehr Herr 
Stadtv. Klein. 
(Zuruf bei den Koininnnisten: Ach, das Aushänge 
schild, der wird es schon regeln!) 
Stadtv. Klein (D.N.): Meine Damen und Herren! 
Die Ausführungen meiner beiden Vorredner waren sehr 
interessant. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Du bist auch 
: interessant!) 
Herr Kollege Krause begann seine Ausführungen da 
mit, daß er sagte: Zu dem Bauunglück wollen wir nichts 
mehr sagen, d. H. auf gut Deutsch übersetzt: Die Fest 
stellungen, die durch den Unterausschuß gemacht Worben 
sind, haben keine Schuld nach irgendeiner Seite beweisen 
können. 
(Zuruf links: Doch, doch! Das hat er damit nicht 
sagen wollen!) 
(Stadtv. Roth: Es ist ja schrecklich mit dem Kerl!) 
Noch interessanter sind die Ausführungen des Herrn 
Kollegen Repschläger gewesen. Herr Kollege Repschläger 
behauptet nämlich, daß ein Arbeiter in 5 Tagen 143 
Stunden gearbeitet hat, d. h. also Herr Repschläger, daß 
er 283/5 Stunden am Tage gearbeitet hat. 
(Hört, hört!) 
(Zuruf links: 14 Tage! 5 Tage und 14 Tage ist ein 
Unterschieb!) 
Wie das möglich ist, das verstehe ich letzten Endes 
nicht. 
Nun aber zu dem Sächlichen: Es wurde behauptet, 
daß die Seile zur Aufbringung dieses Krans zu schwach 
gewesen sind. Wir haben bei der Feststellung, die ant 
Freitag vorgenommen wurde von den Betreffenden, 
die voit der Fraktion dazu bestimmt waren, gehört, daß 
dieser Kran, der ein Gewicht von 70 Tonnen hatte, 
an 0 Aufwindeseilen von je S A Zoll im Durchmesser 
gehangen habe. 
(Lärm und Zurufe bei den Kommunisten.) 
Wenn wir jetzt die schwächste Berechnung des Stahldrahtes 
nehmen von % Zoll, dann kann man sagen, daß die 
Bruchfestigkeit dieser 0 Seile eine Belastung von 340 
Tonnen, vertragen konnte. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Heringstonneu!) 
Nmt ist bei dem Aufwinden der Laufschiene die Lauf- 
schiene abgestürzt durch ein falsches Kommando, von dein 
nicht mehr festzustellen war, Woher es gekommen ist. 
(Zurufe von der Tribüne.) 
(Borst.-Stellv. Degner: Ich möchte die Tribnnenbe-- 
sucher darauf aufmerksam machen, daß sie hier unsere 
r. Mai 1920. 541 
Gäste sind und sich an der Debatte nicht beteiligen 
dürfen. Ich möchte aber auch die verehrten Damen 
und Herren der Versamlung bitten, mehr Ruhe 
zu bewahren!) 
(Rechts: Sehr richtig!) 
Wir haben die beteiligten Arbeiter danach gefragt, 
und es ist uns zur Antwort gegeben worden, daß das 
Kommando „Winden los!" gekommen ist, daß sie aber 
nicht sagen können, woher es gekommen ist. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Vom heilige» Geist!) 
Es ist möglich, daß das Kommando „Winden los" von der 
nebenan liegenden Baustelle gekommen sein kann. Also 
eine bestimmte Feststellung »ach dieser Richtung hin 
läßt sich nicht machen. Meine lieben Herren von der 
Kommunistischen Fraktion, 
(Stadtv. Roth: Lieben?) (Lachen bei den Komm.) 
wir haben vielleicht ein größeres Interesse daran, den 
Schuldigen festzustellen, als Sie. 
(Zuruf bei den Komuuisten: Ach nee!) 
(Stadtv. Roth: Rede weiter, daß Du fertig wirst!) 
Wir möchten aber in Zukunft darauf dringen, daß, 
wenn wieder solche gefahrvolle Arbeiten im Kraftwerk 
Rummelsburg vorgenommen werden, die Arbeiten in 
den nebenan liegenden Bauabteilungeu ruhen, und er 
suchen daher den Oberbürgermeister, in dieser Richtung 
zu wirken. Ich glaube, daß das zu einem großen Teile 
dazu beitragen wird, derartige Unglücksfälle in Zukunft 
zu vermeiden. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Sie sind auch eine 
Katastrophe und was für eine!) 
(Stadtv. Fabian: — zum Zurufer: Sie sind noch 
nicht einmal eine, Sie sind überhaupt eine Null!) 
(Vorst.-Stellv. Degner: Meine Damen und Herren! 
Ich habe die Auffassung, daß, ivenu die Zwiesprache 
von links nach rechts und umgekehrt unterbleibt, wir 
schneller zum Ziele kommen werden. Ich bitte Sie 
nunmehr, dem Herrn Redner zuzuhören!) 
Ich komme nun zu den Anträgen der Kommuni 
stischen Fraktion. Da heißt es unter Nr. 1, daß sofort 
Anweisung gegeben werden soll, daß nicht länger als 
8 Stunden gearbeitet wird. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Nicht mehr als 30 
Stunden an einem Tage!) 
Wir stellen uns zu diesem Antrage folgendermaßen: 
Der Metallarbeiterverband hat mit dem Verbände 
Berliner Metall-Industriellen einen Tarifvertrag ab 
geschlossen, nach dem die Arbeitszeit im Rahnientarip 
vertrage geregelt ist. Der Herr Oberbürgermeister' hat 
uns ferner die Zusicherung gegeben, daß er die beteiligten 
Baufirmen anweisen wird, daß der Achtstundenarbeits- 
tag im Grundprinzip durchzuhalten ist. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Dafür seid Ihr doch 
nicht!) 
(Stadtv. Roth: lJhr Vaterländischen schuftet ja 
15 Stunden!) 
— Herr Koll. Roth, Sie können doch keinen Menschen 
beleidigen, Sie können doch sagen, was sie wollen. In 
Zukunft gebe ich Ihnen gar keine Antwort mehr auf 
irgendeinen Zwischenruf. — 
Wir begrüßen es inj Namen unserer Fraktion, daß 
diese Anweisung gegeben ist. Wir stellen uns aber auch 
aus den Standpunkt, genau so wie ihn Kollege Urich int 
Ausschuß zum besten gegeben hat, daß, wenn einmal 
wirtschaftliche Notwendigkeiten vorliegen oder aber tech 
nische Erfordernisse es nicht zulassen, daß die Arbeit 
im Moment liegen bleibt, wenn die 8 Stunden 
vorüber sind, eine Ueberschreitung dieser Arbeitszeit zu 
lässig ist. Ich glaube, daß wir uns damit auch im 
Interesse der Arbeiter selbst bewegen. 
(Rechts: Sehr richtig!)
	        
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