426 Sitzung aut 13. April 1926,
Steuern, lote der Hausziussteuer oder ähnlichen, er
heben dürfte.
Meine 'Damen-und Herren! Die ungeheure Steuer
last von 310 Millionen Mark, die heute die Stadt Berlin
ausbringen soll, bewegt uns dazu, das; wir uns in
diesem Augenblick nicht ohne weiteres bereit erklären
könne», irgendwelchen Steuererhöhungen unsere Zustim
mung zu geben, die die breite Maste noch stärker als
jetzt belasten würden. Wir befurchten das insbesondere
von der Grundvermögenssteuer, die ja doch letzten Endes,
da sie, soweit sie Wer einen Satz von 100 pCt.
hinausgeht, ans die gesamte Mieterschaft umgelegt wer
den könnte, zweifellos zu einer solchen Belastung führen
würde. Wir glauben das weiterhin von der Gewerbe
steuer, die wir im vergangenen Jahre mit sehr großer
Mühe und Not mit 75 pCt. heruntergedrückt haben.
Wir wissen das aber sicher von etwaigen Tariferhöhungen,
und wir können uns deshalb nicht zu der Einnahme eines
Standpunktes Bewegen lassen, der hier besonders von
dem Herrn Kollegen Schwarz bezüglich einer Erhöhung
aller Tarife bei den städtischen Werken zum Ausdruck
gebracht worden ist.
Wenn dann fernerhin auch heute Abend in diesem
Zusammenhange von der Weinsteuer gesprochen worden
ist, so möchte ich namens meiner Freunde hier folgendes
betonen: Wir sind der Meinung, daß unter gewissen
Voraussetzungen die Weinsteuer durchaus aufgehoben
werden könnte. Wir sehen diese Voraussetzungen dann als
gegeben an, wenn entweder das Reich uns den Ertrag,
den wir heute durch die Weinsteuer bekommen würden,
in Höhe von 2,2 Millionen Mark überweisen würde,
oder aber, wenn sich herausstellen sollte, daß die Ver
waltungskosten für die Weinsteuer, nachdem die Stadt
die Einziehung vorzunehmen hat, etwa so hoch sein
würden, daß sich ein wirklicher Ueberschuß nicht Mehr
ergibt, oder drittens, wenn sich im Hause eine Mehrheit
fände, die bei der Etatsberatung einen Abstrich in Höhe
dieser 2,2 Millionen Mark vornähme, so daß aus der
andern Seite nicht etwa Steuererhöhungen aus andern
Gebieten erforderlich wären. Unter diesen Voraus
setzungen wären wir also durchaus bereit, der Ab
schaffung der Weinsteuer zuzustimmen. Solange diese
Voraussetzungen aber nicht geschaffen sind, können wir
uns nicht dazu verstehen, unsere Zustimmung zu geben.
Wir erblicken nun auch — in dieser Beziehung
gehen wir mit einer Reihe von Rednern dieses Hauses
am heutigen Abend einig — nicht einen sehr großeil
Vorteil darin, daß die Stadt heute von der Aufnahme
einer Anleihe zur nächsten schreitet. Meine Damen und
Herren! Im diesjährigen Etat müssen wir schon einen
Zins- und Anleihedienst von rund 16 Millionen fest
stellen, und wenn dann davon gesprochen wird, daß
dazu auch für das laufende Jahr zunächst einmal 81
Millionen weitere Anleihen kommen sollen, dann ist
das letzten Endes für längere Zeit eine Belastung mit
Zins- und Tilgungsdienst, die doch schließlich der'Bür
gerschaft sehr große Opfer auferlegt, zumal es sich ja
doch auch um Anleihemittel handelt, die nicht nur wer
benden Zwecken dienen sollen, sondern zum großen Teil
für Ausgaben, die eben nicht werbenden Zwecken dienen.
Wenn wir dann hören, wofür diese Anleihen ver
wendet werden sollen, dann müssen wir doch sagen,
daß gewiß in der heutigen Zeit Verkehrsverbesserungen
aller Art notwendig sind, daß sie 'zum Teil vielleicht
sogar dringend notwendig sind. Aber auf der andern
Seite müssen wir dieser dringenden Notwendigkeit immer
wieder von neuem die noch dringendere Notwendig
keit des Baues von neuen Wohnungen gegen
überstellen. Und deshalb können wir uns nicht dazu
verstehen, in so weitgehendem Maße Mittet gerade für
Verkehrsbauten zu bewilligen, solange nicht aus der
andern Seite auch eine Behebung der Wohnungsnot
tn mindestens eben so großem Maße gewährleistet ist.
Im diesjährigen Etat werden allein 20 Millionen
für die Fortsetzung der Nord-Süd-Bahn verlangt, wei
terhin 50 Millionen für die AEG.-Schuellbahn und
schließlich 40 Millionen Mark für Straßendurchbrüche.
Es kommt dann zu guterletzt noch der Erwerb der
Hochbahn hinzu, der doch — mag die Uebernahme der
Hochbahn in einer Weise geregelt werden, wie sie will —
schließlich auch immerhin eine sehr starke Belastung der
Gesamtbevölkerung von Berlin bedeutet.
Gewiß, meine Damen und Herren, sind wir durchaus
Anhänger von kommunalisierten Betrieben, zumal daun,
wenn es sich um Monopolbetriebe handelt. Aber wir
sehen nicht ein — wenigstens ein Teil von uns —-
weshalb gerade in der jetzigen Zeit ein gut geleitetes
Privatunternehmen aus 'die Stadt übergehen soll, in
einer solchen Zeit der Finanznot, wo zweifellos die Stadl
ihre Gelder für dringendere Zwecke braucht, als ein
solches gut geleitetes Privatunternehmen zu erwerben,
wobei ja dann noch hinzukommt, daß schließlich die
Verkehrsgemeinschaft, die wir ja alle erstreben und über
die ja schon seit einer ganzen Reihe von Jahren immer
wieder in unserm Kreise gesprochen worden ist, auch
in anderer Weise erreicht werden kann. Das besagt
ja insbesondere auch die Denkschrift, die vor zwei Jahren
aus unsere Anregung, durch den Aufsichtsrat der Straßen
bahn herausgegeben worden ist.
Es ist über dann — daraus hat insbesondere der
Herr Kollege Schwarz heute Abend schon hingewiesen —.
doch bei der ganzen Verkehrspolitik und bei einer Reihe
von andern Ausgaben das eine Moment zu berücksich
tigen, das; von seiten des Magistrats immer damit
operiert wird, das; wir heute von den Werken große
Ueberschüsse hätten, die wir für diese Verkehrs
und andere Zwecke verwenden könnten. Beispielsweise
sollen allein für dieses und für das nächste Jahr die
Straßenbahn 20 und die Elektrizitätswerke 5 Millionen
geben.
Aber, meine 'Damen und Herren, aus der andern
Seite muß mail doch berücksichtigen, daß, wenn wir
diese Ueberschüsse falls sie überhaupt in dem Um
fange vorhanden sind — ganz allgemein von den Werken
an die Kämmereikasse abführen lassen würden, wir dann
nicht Steuererhöhnn gen in dem Umfange — also zur Zeit
in einem Umfange von 38 Millionen Mark ■— brauchen,
wie sie der Magistrat jetzt von uns verlangt. Und
darf und muß man nicht billigerweise an diesen Ueber-
schössen der Werke überhaupt zweifeln, wenn man auf
der einen Seite sieht, das; zwar in dem Etat 8,6 Millionen
Ueberschüsse der Elektrizitätswerke enthalten sind, das;
weiterhin gesagt wird, für die AEG.-Schnellbahn sollten
5 Millionen gegeben werden, das sütdJ3,6 Millionen,
daß aber tn demselben Augenblick, wo der Magistrat
uns von diesen Ueberschüssen Kenntnis gibt, uns eilte
Vorlage zur Kenntnis zugeht, wonach] bÄe Elektrizitäts
werke ein amerikanisches Darlehn in Höhe von 12 Mil
lionen Mark ausgenommen haben?
Ja, meine Damen uno Herren, wenn man aus der
einen Seite 12 Millionen Mark Darlehn aufnimmt
— mag es zu Zwecken sein wie es will — dann kann
man doch nicht aus der andern Seite von Ueberschüsieu
sprechen, wenn beinahe dieselbe Summe an die Stadt
abgeführt wird. Dann haben eben die Werke diese Summe
notwendig gebraucht. Sie sind quasi als Ueberschüsse
abgeführt worden, aber weil sie eben von den Werken
notwendig gebraucht wurden, haben die Werke sofort
wieder, und dazu vom Auslande, sich neues Geld holen
müssen.
Wir halten eine solche Anleihepolitik und eine solche
Werksüberschußpolitik nicht für richtig und glauben, daß
wir in der Zukunft sehr viel mehr daraus werden achten
müssen, das; überschüssige Beträge der Werke, soweit
sie nicht innerhalb der Werke zu deren Ausbau ver
wendet werden können, an die Stadt abgeführt werden
müssen, damit daun die Stadtverordnetenversammlung
ihrerseits die Möglichkeit hat, einen Ueberblick über die