Sitzung am 30. März 1926.
390
Keine Wortmeldungen. Kein Widerspruch. Die
Vorlage ist angenommen.
Punkt 19 der Tagesordnung:
I. und II. Beratung der Vorlage, betr. Aufnahme
einer Anleihe in Höhe von 50 Millionen Reichs
mark — Drucks. 303 —.
(Stadtv. Dr. Caspari: Haushaltsausschuß!)
Der Aeltestenausschnß hat sich dahur geeinigt, daß
die Sache ohne Haushaltsberatnng erledigt werden soll.
Zunächst hat das Wort Herr Stadtv. Liidicke.
Stadtv. Lüdiüe (DN.): Meine Damen und Herren!
Alt sich halten meine Freunde den Standpunkt, wie
er in der Magistratsoorlage dargelegt wird, nämlich
die außerordentlichen Ausgaben ans das Extraordinarium
zu bringen, durchaus für richtig. Wir sind aber nicht
in der Lage, der Vorlage in der jetzigen Form zuzu
stimmen. Zweifellos würde die Vorlage in dem Hans-
haltsausschnß eine Form erlangen können, die mich
meinen Freunden die Zustimmung möglich macht. Aber
nach den Erklärungen, die seitens des Herrn Kämmerers
gegeben worden sind, erscheint es uns sehr fraglich, ob
die Sache den Aufschub einer Ausschußberatung verträgt.
Wir verkennen keinen Augenblick, daß, wenn die An
leihe jetzt aufgelegt wird, der Zeitpunkt zweifellos ein
günstigerer sein wird als wenn die Auflage der An
leihe erst einen oder einige Monate später stattfindet.
Es wird aber hier in dieser Vorlage ein Programm
festgelegt,
(Stadtv. Gabel: Das hat ja mit der Anleihe nichts
zu tun!)
(Zuruf rechts: Warum nicht?)
mit dem wir uns nicht einverstanden erklären können.
So ist unter anderem aufgeführt ein Betrag von 1,8
Millionen Mark für das Verwaltungsgebäude des Be
zirksamts Wedding. Es ist uns sehr zweifelhaft, ob
dieses Bezirksamtsgebände überhaupt errichtet werden
wird. Denn von einer maßgeblichen Stelle aus wird
geplant, das ganze Altberlin wieder zu einem Bezirk
zusammenzulegen. Sollte das geschehen, dann weiß man
nicht, wozu das Bezirksamt Wedding überhaupt ein Ver
waltungsgebäude erhalten soll.
Dann kommt auch ferner noch in Betracht, daß ver
schiedene Posten, die unserer Ansicht nach ans das Or-
dinarium gebracht werden müßten, hier auch in dieser
Aufstellung mit drin sind. So ist für Straßenbanten
ent Betrag von 1341 000 RM ausgeführt. Wir meinen,
daß dieser Betrag in das Ordinarinm hineingehört.
. Dann ist hier weiter ein Posten für die Straßen
durchbrüche eingesetzt, insbesondere der Ankauf des
Prinz-Albrecht-Parks und des Hauses Alexanderstr. 44.
Es sind das Ausgaben, deren Bewilligung meine Freunde
abgelehnt haben. Wir können es wirklich nicht ver
antworten, daß wir für diese Posten die Mittel be
willigen. Dann mag der Magistrat sehen, daß dieselbe
Mehrheit, die ihm diese Gelder bewilligt hat, auch diese
Beträge bewilligt.
Meine Damen und Herren! Bei dieser Sachlage ist
es meinen Freunden nicht möglich, der Vorlage zuzn
stimmen. Wir stellen aber auch nicht den Antrag ans
Ueberweisung an einen Ausschuß. Sollte dieser Antrag
von einer anderen Partei gestellt werden, werden wir
einer Ansschußberntung zustimmen, in der Hoffnung, das;
alsdann etwas herauskommt, dem wir die Zustimmung
geben können. Aber, wie gesagt, nach den Darlegungen
des Herrn Stadtkämmerers will es uns sehr zweifelhaft
erscheinen, ob die Sache überhaupt eine» solchen Ans
schab verträgt.
Stadtkämmerer Dr. Karding: Meine Damen und
Herren! Die Vorlage hat den Hanshaltsausschuß in
seiner letzten Sitzung beschäftigt und hat dort Zustim
mung gefunden. Ich bin nicht der Meinung, daß diese
Zustimmung alle Einzelheiten deckt, welche bei der Ver
wertung der Anleihe hier vorgeschlagen find. Wir
haben als Verwertungszwecke diejenigen Dinge genommen,
die teils im Haushalt. 1925, teils im Haushalt 1920
vorgesehen waren, können aber dadurch weder vor
greifen der endgültigen Festsetzung des Haushalts 1.920
noch den endgültigen Beschlüssen/die bezüglich der ein
zelnen Projekte etwa noch erforderlich sind. Diese Be
schlüsse werden also int 1 einzelnen hier noch von den
städtischen Körperschaften zu treffen sein.
Was den Durchbrach in der Albrechtstraße anlangt,
liegt '(allerdings ein Beschluß der Stadtverordneten
versammlung vor, diesen Betrag auf Extraordinarium
zu nehmen. Hier 'würde also ein neuer Beschluß vom
Magistrat nicht veranlaßt werden können.
Stadtv. Dr. Caspari (V.): Meine Damen und
Herren! Ich verstehe danach die Vorlage so, daß der
Magistrat lediglich die Genehmigung haben will, eine
Inlandsanleihe aufzunehmen bis zum Betrage von 50
Millionen Mark, daß dagegen alles, was sonst in der
Vorlage steht, unerheblich ist,
(Rechts: Sehr richtig!)
daß wir darüber nach keiner Richtung hin Beschluß
fassen.
Wenn die>e meine Ausfassung richtig ist, bestehen
keine Bedenken, der Vorlage zuzustimmen. Denn wenn
der Magistrat dieses Geld bekommen kann, dann können
wir das nur begrüßen, da zweifellos eine Menge unauf
schiebbarer Ausgaben vorliegen, die wir zweckmäßig ans
Anleihemittel nehmen und gar nicht ans laufenden
Mitteln bezahlen können. Es hat deshalb auch keinen
Zweck, sich hier noch einmal darüber zu unterhalten.
Für den Prinz-Albrecht-Park soll meines Wissens das
Geld ans einer früheren Anleihe, die setzt verkauft wird,
genommen werden. Der Prinz sollte Anleihe bekom
men, wenn ich damals den Beschluß richtig verstanden
habe, 'was bei dem damaligen Durcheinander sehr
schwierig war.
(Zuruf bei den Kommunisten: Jetzt kriegt er gar
nichts mehr!)
Ob er am Ende aller Enden etwas kriegt oder nicht,
das steht dahin. Aber jedenfalls wollen wir doch erst
einmal bezahlen. Das ist der merkwürdige Beschluß,
den Sie gefaßt haben, daß wir zwar bezahlen, aber nicht
wissen, an wen, statt das Geld erst einmal ruhig zu
behalten. Wir brauchen uns auch nicht zu unterhalten
über die Rathäuser in Zehlendorf und am Wedding
und die Straßendurchbrüche, die geplant sind. Gefor
dert wirb bloß die Bewilligung der 50 Millionen anleihe.
Wenn wir die bekommen können, sind lvir dafür zu
haben.
Stadtkämmerer Dr. Karding: Meine Damen und
Herren! Ich kann nicht die sämtlichen Angaben der
Uebersicht über den Anleihebedarf als unerheblich be
zeichnen. Sie sind natürlich erheblich. Sie greifen aber
nicht vor der endgültigen,Stellungnahme der städtischen
Körperschaften. Bei einzelnen dieser Ausgaben liegen
solche endgültigen Beschlüsse schon vor, da würde eine
Wiederholung nicht nötig sein. Sie fehlen aber noch
überall bei den Beträgen, die im Haushalt 1926 vor
gesehen sind, namentlich auch bezüglich der Rathäuser,
bei denen wir ja nur die ersten Raten im Haushalt 1925
eingesetzt haben, vorbehaltlich der Genehmigung der end
gültigen Projekte. Ich glaube deswegen, daß gerade
alle die Fälle, für die hier Bedenken geäußert sind,
nochmals der Stadtverordnetenversammlung unterbreitet
werden müssen.
Stadtv. Merten (D.): Meine Damen und Herren!
Rach den Ausführungen des Herrn Kämmerers haben wir
keine Bedenken mehr, der Vorlage zuzustimmen. Wir