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Volume Sitzung 14, 25. März 1926

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1926 (Public Domain)

Sitzung am 25. März 1926. 351 
Wege» bet Finanzierung gesucht werben, unb zwar haben 
bie Vertreter der Hochbahn, in erster Linie bie der 
Dentschen Bank durch ihre Beauftragten zu verstehen 
gegeben, daß sie trotzdem bie Stabt in ihren Finanzie 
rungsbestrebungen unterstützen würde, aber andererseits 
ist mit Sicherheit anzunehmen, daß hinter die Bestre 
bungen nunmehr nicht die Energie gesetzt werden wird, 
als wenn die Dinge anders gelaufen wären. 
Wir glauben, namentlich soweit die gemischte De 
putation in Frage kommt, daß bei noch bevorstehenden 
Verhandlungen es eine Erschwerung bedeuten würde, 
wenn die Hochbahn immer noch der Meinung wäre, daß 
wir bei der Finanzierung des Baues der A. E. G.-Bahn 
unbedingt auf ihre Hilfe angewiesen wären, und um 
diesen Glauben ein für allemal zu zerstören und um 
vor allen Dingen auch dem Nachdruck zu geben, was 
wiederholt von unserer Seite hier in der Stadtverord 
netenversammlung ausgeführt worden ist, daß das An 
gebot der Stadt Berlin'als das letzte Angebot über 
haupt zu betrachten ist, schlägt Ihnen nunmehr die ge 
mischte ' Deputation und der Haushaltsausschuß, fol 
gende Finanzierung vor: 
Insgesamt dürften die Kosten für den Bau ans raub 
50 Millionen zu veranschlagen sein. Das Gesamtprojekt 
r>. war mit etwas über 72 Millionen, rund 73 Millionen 
* veranschlagt. Nachdem bestimmte Abstriche nach der Rich 
tung gemacht sind, daß die Bahn nicht, wie es ursprüng 
lich beabsichtigt war, bis zur äußersten Grenze gebaut 
werden soll, glaubt man mit 45 Millionen den Ban 
vollenden zu können. Aber es hat sich bei der Prüfung 
des Projektes herausgestellt, daß die Mehrheit der ge 
mischten Deputation und der Stadtverordnetenversamm 
lung der Meinung war, daß eine bequemere Umsteige» 
Möglichkeit wie geplant am Alexanderplatz geschaffen 
werben soll. Zwar ist die Strecke und der Bahnhof in 
der neuen Friedrichstraße bereits nahezu, wenn nicht 
überhaupt, fertiggestellt, aber in Berücksichtigung der 
Schwierigkeiten, die in späterer Zeit bei einem Um» 
steigeverkehr usw. entstehen würden, soll das Projekt 
eine Umgestaltung erfahren. Der Uinsteigebahnhof wirb 
dichter an den jetzigen Untergrnndbahnhof Alexander- 
platz herangebracht, so daß tatsächlich nur ein Tunnel 
von ungefähr 130 Meter entsteht. Dieser Umbau resp. 
Neubau verteuert jedoch das Projekt um rund 5 Milli 
onen Mark. Die gemischte Deputation glaubte aber 
immerhin, die .Verantwortung dafür übernehmen zu 
können, der Stadtverordnetenversammlung empfehlen 
zn sollen, diesem Plane beizutreten. Die Aufbringung 
Ej/ der Mittel soll sich wie folgt vollziehen: 
Es sollen 20 Millionen aus bett Ueberschüssen und 
Einnahmen der Berliner Straßenbahn zur Verfügung 
gestellt werden. Wenn man die verhältnismäßig günstige 
Lage der Berliner Straßenbahn ans dem Jahre 1924 
und, soweit sie bisher vorliegt, aus dem Jahre 
1925 in Rechnung stellt, glaubt die gemischte De 
putation und glaubt der Haushaltscütsschuß, daß es 
möglich sein würde, in den anderthalb Jahren der Ban 
zeit 20 Millionen für den Bau abstoßen zu können. 
Wenn man der Vereinheitlichung unseres Verkehrs 
wesens das Wort redet, dann liegen die Dinge so, daß 
unzweifelhaft die Straßenbahn auch von ihrem Ge 
sichtspunkte aus eilt sehr starkes Interesse an dem Ban 
der Untergrundbahn hat, und darum glaubt der Ausschuß 
und glaubt die gemischte Deputation, daß es durchaus 
billig erscheint, wenn die Straßenbahn zu den Kosten' 
herangezogen wird. Gleichfalls trifft das für die Elek 
trizitätswerke zu, die litiit 5 Millionen Mark zutu Ban 
beisteuern sollen. 7 Millionen Mark sollen aus dem Er 
lös der kürzlich in größerem Umfange veräußerten 
Goldanleihe vom Jahre 1924 entnommen werden. Dann 
hat die Stadtverordnetenversammlung weiter beschlossen 
die ly» Millionen Mark, die bet der Reichsgetreidestelle 
als Anteil gezeichnet sind, zu kündigen und sie zum Ban 
der A. E. G.-Schnellbahn zu verwenden. Der noch ver 
bleibende Rest von 1 (U/s. Millionen soll aus Darlehen 
und Vorschüssen der produktiven Erwerbslvsenfürsorge be 
stritten werkten. Die Frage ist soweit geklärt, daß die 
maßgebenden Instanzen bestimmte.Zusage gegeben haben 
nach der Richtung hin, daß, wenn die Finanzierung ge 
sichert erscheint und unsere Beihilfe gesichert erscheint, 
das Geld ans Vorschüssen bez'w. Darlehen gegeben werben 
könnte. Erst schien es betn Ausschuß noch zweifelhaft, 
ob diese Zusage als definitiv betrachtet werden könne, 
es sind aber in der Sitzung des HaushaltsanK- 
schusses alle Bedenken nach dieser Richtung hin zerstreut 
worden. Der Haushaltsausschuß schlägt Ihnen vor, der 
Dringllchkeitsvorlage des Magistrats Ihre Zustimmung 
zn geben. 
Vorst. Haß: In der Beratung hat das Wort Herr 
Kollege Schwenk. 
Stadtv. Schwenk (K.): Die Vorlage zur Finanzierung 
der Schnellbahn Gesundbrunnen—Neukölln hat, wie aus 
den Ausführungen des Berichterstatters bereits hervor 
ging, eine eigenartige Vorgeschichte. «Diese Vorge 
schichte wirft ein bezeichnendes Licht auf die Groß-Ber- 
liner Verkeyrsverhältnisse. Daher ist es notwendig, daß 
wir bet dieser Gelegenheit einmal dazu ein paar - Worte 
sagen: 
Als in der Stadtverordnetenversammlung und tu der 
eingesetzten gemischten Deputation die Frage der Fi 
nanzierung der Schnellbahn erörtert wurde, war man 
zu der Ueberzeugung gekommen, daß es zweckmäßig sei, 
die Hochbahngesellschaft mit zur Finanzierung heran 
zuziehen, und zwar aus dem Grunde, um damit das 
ganz gewiß sehr erstrebenswerte Ziel der Vereinheit 
lichung des Berliner Verkehrswesens zn erreichen. 
Auch wir stehen auf dem Standpunkt, daß dieses Ziel 
so schnell wie möglich erreicht werden muß, und waren 
daher geneigt, bei den Verhandlungen, die dieses Ziel 
herbeiführen sollten, soweit wie möglich, soweit es sich 
mit unsrer grundsätzlichen Stellungnahme irgendwie 
vereinbaren ließ, entgegenzukommen. 
Die Stadt hat daraufhin der Verwaltung der Hoch 
bahn ein Angebot gemacht. Dabei ist die Stadt in der 
Tat bis zur äußersten Grenze besten gegangen, was man 
im Interesse der Stadt noch als erträglich bezeichnen, 
kann. Das Angebot- ist von unserem Standpunkte aus 
und unserer Ueberzeugung nach ein außerordentlich gün 
stiges. Trotzdem haben wir erleben müssen, daß die 
Verwaltung der Hochbahngesellschast dieses Angebot nicht 
akzeptiert hat, sondern sie hat Forderungen aufgestellt, 
die ganz erheblich über das Angebot der Stadt hinaus 
gehen. Unserer Ueberzeugung nach ist sie zu dieser 
Forderung in gar keiner Weise berechtigt, weil der 
innere Wert des gesamten Hochbahnunterilehmens 
diesen Forderungen in keiner Weise entspricht. Auch 
der Hinweis, daß die Hochbahngesellschaft im ver 
flossenen Geschäftsjahre 7 pCt. Dividende hat heraus- 
wirtschaften können, ist in keiner Weise stich 
haltig, um die außerordentlich hohen Forderungen 
der Hochbahtigesellschaft zu rechtfertigen. Wir wissen 
sehr wohl, daß diese 7 pCt. Dividende nur herausge- 
wirtschaftet werben konnten dadurch, daß man unbedingt 
notwendige Erneuerungsarbeiten an der Hochbahn unter 
lassen hat, daß ferner diese 7 pCt. Dividende nur heraus- 
gewirtschaftet werden konnten dadurch, daß man die Ar 
beiter und Angestellten der Hochbahn unter aller Kritik 
schlecht bezahlte. Nur auf diese Weise ist es möglich 
gelogen, 7 pCt. Dividende herauszuwirtschaften. Es er 
scheint uns ganz ausgeschlossen, daß ein solches Geschäfts- 
ergebnis künftig noch einmal erreicht werden kann, es 
sei denn, daß man den Hochbahnkörper in ganz unver 
antwortlicher Weise herunterwirtschaften will und daß 
man noch weinger für die Unterhaltung und Erneuerung 
des Bahnkörpers, des Wagenparks usw. tun will. Dann 
allerdings wäre es vielleicht möglich. Eins aber steht 
unter allen Umständen fest: die Hochbahn wird künftig 
hin niemals die Aussicht und die Möglichkeit haben,
	        
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