246 Sitzung vom 25
Darin steht nichts loeiter, als daß die Erwerbslosen
Bäder erhalten sollen. Ich kann also konstatieren, daß
Sie, meine Herren von bat bürgerlichen Parteien, die
Notwendigkeit nicht anerkennen wollen, den Arbeitslosen
Bäder, auch nur in der engen Forin, der wir unsere
Zustimmung gegeben haben, nämlich Reinigungsbäder,
zuzubilligen. Herr Faltz, ich nehme Sie auch hier vor
der Öffentlichkeit beim Wort. Sie haben im Ausschuß
ausgeführt, daß eine Reihe von Unternehmern sich
bereit erklärt hätte, die Arbeiter, die bei ihnen beschäftigt
gewesen sind, die Badeeinrichtungen ihres Betriebes in
Anspruch nehmen zu lassen. Sie werden so freundlich
sein — Sie haben sich ja wieder zum Wort gemeldet —
und hier verkünden, welche von den Unternehmern bereit
sind, die Arbeiter wieder in den Betrieb zurückkehren
zu lassen, damit sie wenigstens imstande sind, sich dort
im Betriebe zu baden. Im Ausschuß haben Sie mit
diesem Argument Reklame gemacht, also bitte schön,
erscheinen Sie hier und erklären Sie, welche Ihrer
Freunde bereit sind, dieses Zugeständnis zu machen.
Ich bin überzeugt, Sie werden keinen nennen können,
und wenn Sie einen nennen, dann wird er im ent
scheidenden Moment bestimmt zurückzucken. Die Tat
sache können wir wohl ohne weiteres feststellen.
Wir haben Wannenbäder genau so gut verlangt
wie auch Brausebäder. Aber aus Grund der Ausfüh
rungen des Vertreters der Gesundheitsdeputation haben
wir uns nach langen und reiflichen Ueberlegungen
bereit erklärt, um den Erwerbslosen wenigstens etwas
zukommen zu lassen, uns auf den Begriff „Reinigungs
bäder" zu beschränken. Warum haben wir uns dagegen
gesträubt? Wir haben geglaubt und stehen auch jetzt
noch auf dem Standpunkt, daß es an einzelnen Tagen
eine Zeitspanne gibt, an denen es möglich ist, auch
Erwerbslose in die Schwimmbäder hineinzulassen, daß
sie auch dort die Schwimmbäder benutzen können. Des
wegen haben wir uns gegen den engen Begriff „Reini-
gungsbäder" gesträubt, weil wir herausgehört haben,
daß Sie damit sich bloß auf Brausebäder versteifen
wollen.
Wenn nun ausgeführt wird: die Erwerbslosen wer
den die Bäder doch nicht in dem Maße in Anspruch
nehmen, so mag es einzelne Personen geben, die dieses
Reinlichkeitsbedürfnis nicht haben. Aber die Erfahrun
gen der vergangenen Jahre, die wir unter der glor
reichen schwarz-weiß-roten Fahne gesammelt haben,
haben uns zur Genüge bewiesen, daß z. B. die
jenigen, die aus den Kreisen der Bourgeoisie kamen,
viel dreckiger waren als diejenigen, die sich aus Ar
beiterkreisen rekrutierten.
(Bei den Komm.: Sehr wahr!)
Meine Damen und Herren, ich will auf diese
Zustände nicht eingehen, aber ich habe selbst im Sani
tätsdienst die Erfahrung machen müssen, daß mau in
den bürgerlichen Kreisen es mit der Sauberkeit wirklich
nicht so ernst nimmt, wie in denen des Proletariats.'
Wenn Sie hier sagen: die Arbeiter baden sich am
Abend nicht mehr, Herr Dr. Faltz, dann empfehlen
wir Ihnen und Ihren Freunden, auch einmal täglich
12 Stunden zu schuften. Wenn Sic dann nach Hause
kommen, wollen wir sehen, wie weit Ihre persönliche
Initiative noch reicht. Wenn mein Freund Peschke
gegen Ihre Ausführungen im Ausschuß polemisiert hat
in bezug auf Ihre Aeußerung auf die Wüste Sinai,
so ist cs nicht deswegen geschehen, weil Sie auf Grund
Ihrer Sachkenntnis uns zu belehren bereit waren, nein,
Herr Dr. Faltz, sondern deswegen, weil Sie glaubten,
uns mit Tagebucherzählungen dort etwas aufschwätzen
zu können. Mit Ihrer Sachkenntnis, die von einem
der bürgerlichen Fraktionsredner zum Ausdruck gebracht
wurde, war es bestimmt auch in den AusschußberaUmgen
nicht allzuweit her. Wenn Ihre Sachkenntnis soweit
zureichen würde, dann könnten Sie sich nicht gegen
die Gewährung von Bädern schlechthin sträuben. Gegen
'. Februar 1926.
den Begriff „nach Möglichkeit" wenden wir uns des
wegen, weil jeder Beamter dann den Erwerbs
losen die Karten zum Freibad einfach verweigern
kann. Und, meine Damen imd Herren, in der
Berliner Verwaltung gibt es unzählige von jenen
Geistern, denen die Stadtverordnetenmehrheit alles an
dere als angenehm ist und die da, wo sie nicht stehlen
können, einfach sich aus Sabotage verlegen.
Meine Damen und Herren, aus diesen Tatsachen
heraus sind wir gezwungen, den Ausschußbeschluß un
bedingt als Mindestmaß aufrecht zu erhalten. Ich glaube
wohl, es ist überflüssig, an Sie zu appellieren, Herr Dr.
Faltz, wir wissen, Ihr Gehirn hat in der Wüste Sinai
dermaßen gelitten, daß man von Verstand bei Ihnen
nicht mehr sprechen kann.
Vorst. Haß: Wegen der letzten Aeußerung ntse ich ‘
Sie zur Ordnung. Das Wort hat Herr Dr. Faltz.
Stadtv. Dr. Faltz (V.): Meine Damen und Herren!
Herr Roth hätte gut daran getan, wenn er sich mal
überlegt hätte, was mau an den Anfang setzen darf und
ob man das, was man an den Anfang setzt, nachher
mit Schluß umgekehrt darbieten darf. Er hat nämlich
zu Anfang gesagt: die bürgerlichen Herren haben ja doch
anerkannt, daß die Bäder notwendig sind. Sie haben
das alle gehört. Zum Schlüsse aber macht danu Herr
Roth, wenn ihm die Feststellung auch noch so unange
nehm ist, die Bemerkung, wir hätten uns schlechthin
gesträubt, irgendwelche Bäder zu gewähren.
Was ist denn nun eigentlich richtig daran? Richtig
ist wohl offenbar nur, daß Sie die Luft erschüttern
wollen und wieder mal eine Rede zum Fenster hinaus
halten. So liegen doch die Dinge.
Wenn Sie mich hier festnageln wollen damit, daß
ich Ihnen gesagt hätte: es sind Firmenbesitzer und Ge
sellschaften bereit, Brausebäder, die sie bisher ihren An
gestellten zur Verfügung gestellt haben, ihnen auch weiter
nach der Entlassung zu gewähren, so ist das nicht etwa
bloß eine leere Redensart gewesen. Ich habe daran die
Worte geknüpft, daß sie durchaus bereit sind, sich im
Rahmen dieser Verhandlungen daran zu beteiligen, in
welchem Umfange das möglich ist,
(Bei den Komm.: Namen nennen!)
Die Namen die Sie hören wollen, können Ihnen doch
erst in dem Moment genannt werden, wo wir wissen,
wie Sie sich denn überhaupt in bezug auf diese Gestirnt-
läge stellen werden.
(Zurufe bei den Kommunisten.)
Sie können doch keinen Blankowechsel verlängert, sondern
wir werden uns zu überlegen haben, was auf dem
Boden gegenseitigen Ueber einlotn nwits zu geschehen hat.
So liegen die Dinge, so handelt man allgemein int Leben.
Meine Damen und Herren! Herr Roth sagt auch
hier wieder: Wanneubäder werden gefordert. Wenn
eine derartige Forderung, wie sie hier aufgestellt wird,
überhaupt genehmigt werden kann, daun kann es sich
selbstverständlich immer nur um das handeln, was
unbedingt notwendig ist. Wenn man Brausebäder hat,
die doch auch warm zu nehmen sind, wenn man einen
Seifenraum hat, in dem man sich so ausgiebig abwaschen
kann, wie es in den städtischen Badeanstalten möglich
ist, so ist hierüber hinaus das Wannenbad nicht als
unbedingt erforderlich anzusehen. Und deswegen können
wir, da man mit den Mitteln in der jetzigen Zeit nicht
herumwerfen kann, Wannenbäder nicht gewähren und
als notwendig anerkennen,
(Zurufe bei den Kommunisten.)
sondern wir verstehen unter Reinigungsbädern — damit
wir das hier ausdrücklich feststellen — keine Wannen
bäder, sondern Brausebäder.
Meine Damen und Herren, nicht scharf genug kann
man aber nach meiner Auffassung diese ganz unerhörten