Sitzung am 11.
des Herrn Kämmerers natürlich mit der gebührenden
Aufmerksamkeit gefolgt, hat aber trotzdem beschlossen,
und zwar mit sehr großer Mehrheit, Nr. 1 des vor
liegenden Antrages anzunehmen und die 2,9 Millionen,
die vorhanden sein müssen, sofort für Schulneubauten
freizugeben.
Der Herr Kämmerer hat darauf hingewiesen, daß
für die Erwerbslosenfürsorge sehr große Beträge aus
geworfen werden müßten. Mit Recht aber wurde darauf
hingewiesen, daß die in den Etat 1925 für Schulbauten
eingesetzten Mittel nicht ohne weiteres für andere Zwecke
ausgegeben werden dürften. Meine Damen und Herren,
Ivcittt gebaut wird, was vom Standpunkt der Schulen
aus eine absolute Notwendigkeit ist, so wird auch da
durch gleichzeitig die Erwerbslosigkeit ganz erheblich
eingeschränkt.
(Zustimmung bei den Kommunisten.)
Das Baugewerbe ist, wie alle Sachverständigen be
haupten, das Schlüsselgewerbe für eine Reihe anderer
Gewerbe. Wenn hier nun die Stadt sofort einsetzt, —-
die Witterung ist jetzt darnach — wenn gleich gebaut
werden kann, dann wird die Erwerbslosigkeit gerade
auf dem Gebiete der Facharbeiter ganz erheblich ver
mindert werden.
Den Ausführungen der Antragsteller wurde eigent
lich auf der ganzen Linie beigepflichtet, mit Ausnahme
der Teutschnativualen. Die Sozialdemokraten sowohl
als auch die Demokraten haben in ausführlichen Reden
diese von mir bereits gehaltenen Ausführungen illu
striert und betont, daß es eine Kulturpflicht ersten
Ranges für Berlin ist, jetzt endlich diese großen Ver
nachlässigungen wieder gutzumachen.
Mit großer Mehrheit wurde der erste Teil des
Antrages auch angenommen. Stadtrat Beuecke machte
dann die Mitteilung, daß leider die Vorbereitungen für
den Etat 1926 noch nicht vollkommen abgeschlossen
worden seien, und infolgedessen haben die Antragsteller
den zweiten Teil des Antrages zurückgezogen.
Ich möchte also im Namen der großen Mehrheit
des Ausschusses die Stadtverordnetenversammlung
bitten, den ersten Teil des vorliegenden Antrages anzu
nehmen, wodurch der Magistrat veranlaßt wird, die
für 1925 eingestellten aber gesperrten Mittel zur so
fortigen Inangriffnahme von Schulbauten freizugeben.
Stadtkämmerer Dr. Karding: Meine Damen und
Herren! Ich darf auch hier klarstellen, daß der Käm
merer keine Mittel sperren kann. Soweit gehen seine
Befugnisse in Berlin nicht.
(Zuruf bei den Kommunisten: Nicht sperren, aber
streichen!)
Die Maßnahme, gegen die sich der Antrag richtet,
ist eine Maßnahme des Magistrats, für die der Magistrat
im ganzen die Verantwortung trägt und zu tragen
bereit ist.
Ich darf hier klarstellen, daß eine Sperrung
von Ausgaben nicht gleichbedeutend i st mit
ein'er Streichung. Zn einer Streichung ist der
Magistrat nicht ohne weiteres befugt. Er würde sie
auch nicht vorgenommen haben, ohne mit der Stadt
verordnetenversammlung erneut in Fühlung zu treten.
Etwas anderes ist aber die Entscheidung über den
Zeitpunkt, zu dem eine Ausgabe geleistet werden kann.
Der Magistrat ist schließlich die Stelle, die dafür ver
antwortlich ist, daß die Hanshaltswirtschaft ordnungs
mäßig durchgeführt und aufrecht erhalten wird, und er
muß deswegen auch von der Möglichkeit Gebrauch
machen, Ausgaben hinauszuschieben, wenn er es. im
Augenblick nicht für möglich hält, sie zu leisten. Das wurde
im Herbst vorigen Jahres notwendig. Ich habe dem
Haushaltsansschuß sowohl als auch der Finanzdeputation
wiederholt eingehende zahlenmäßige Darlegungen über
die Entwicklung unserer Haushaltswirtschaft gegeben.
Ich habe für jeden der Monate seit Beginn des Hans-
Februar 1926. 181
Haltsjahres bis einschließlich Dezember den Gesamtbetrag
der Einnahmen und Ausgaben gezeigt. Die Damen und
Herren haben daraus ersehen, daß etwa von Ende des
Sommers v. Js. ab, zusammenfallend mit der Neu
regelung, die der Finanzausgleich mit Reich, Ländern
und Gemeinden ab 1. Oktober 1925 erfuhr, die Ent
wickelung unserer Haushaltswirtschaft erheblich un
günstiger wurde als man vorher erwar
ten konüte, und daß wir Monat für Monat m i t
steigenden Fehlbeträgen abschlössen.
Da wir im Herbst offensichtlich am Anfang einer solchen
Entwickelung standen, die Zeichen für die Wirtschafts
krise sich von Woche zu Woche verstärkten, so mußte der
Magistrat damit rechnen, daß die Not für die Stadt
von Monat zu Monat größer werden würde, und er
mußte sich darauf einrichten, daß er in den Winter-
monaten mindestens gewappnet blieb für die Mehr
anforderungen, die die Wohlfahrtspflege erfahrungsge-
mäß in den Wintermonaten bringt und die in diesem
Jahre ja besonders scharf geltend gemacht werden
mußten. Es ist deswegen im Oktober v. Js. vom
Magistrat beschlossen worden, bei denjenigen einmaligen
Allsgaben des Etats, bei d e n e n d ie Arbeite»
überhaupt noch nicht begonnen hatten,
vorläufig die Inangriffnahme abzustoppen. Das war
gerade bei den Hochbauten damals um so weniger be
denklich, als man im allgemeinen Hochbauten nicht int
Oktober, November oder Dezember des Jahres beginnt,
sondern im Frühjahr, und man erwarten konnte, daß
sich die Situation bis zum Frühjahr geklärt haben
würde. Dieser Beschluß des Magistrats hat sich nicht
nur auf die Schulbauten erstreckt. Der Magistrat hat
vollkommen Verständnis dafür, daß es sich bei den
Schulneubauten um notwendige Kulturaufgaben han
delt, und er hat nicht die Absicht, diese Aufgaben hinter
andere zurückzustellen. Der Beschluß bezog sich auf a l l e
einmaligen größeren Ausgaben, die noch nicht begonnen
waren, und es wurden durch ihn insgesamt Unter
nehmen betroffen in einem Etatswerte von etwa 8 bis
9 Millionen Mark.
Ich habe mir erlaubt, im Haushaltsansschuß aus
zuführen, daß, wenn die städtischen Körperschaften es
heute für erforderlich halten, diesen Aufschiebungsbc-
schluß umzustoßen, sie dann doch wohl verpflichtet sein
würden, zu prüfen, welches die übrigen mit 5 Mil
lionen vorgesehenen Aufgaben waren, die von dem Be
schluß des Magistrats mit betroffen werden. Es können
sich darunter doch Ausgaben befinden, die für n o ch
dringlicher erachtet werden als der Neubau dieser
Schulen.
Der Haushaltsansschuß ist hierauf nicht einge
gangen und hat es abgelehnt, nähere Mitteilungen über
die sonst gesperrten Bauvorhaben entgegenzunehmen.
Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege
Goß hat darauf hingewiesen, daß es sich bei diesen
Arbeiten auch um solche handle, die besonders geeignet
seien, der Erwerbslosigkeit entgegenzuwirken. Das ist
natürlich richtig. Aber es ist nicht ganz so richtig, wie
cs scheint. Bei den Schulbauten wird die Ausgabe für
Material gegenüber der Ausgabe für Löhne so stark
in den Vordergrund gerückt, daß erfahrungsgemäß die
Mittel, die von der Negierung für Notstandsaktionen
zur Verfügung gestellt werden, für Hochbauten ver
weigert werden. Es ist also nicht möglich, wie es im
Haushaltsansschuß angeregt worden war, einen Teil der
Mittel auf dem Wege über Notstandsbeihilfen der Re
gierung zu gewinnen. Mit demselben Betrage läßt sich
bei Tiefbauarbeiten, namentlich bei reinen Erdarbeiten
eine weit größere Zahl von Erwerbslosen beschäftigen,
als bei diesen Hochbauten, lind deswegen habe ich auch
im Haushaltsausschuß mir auszuführen erlaubt, das;
derselbe Betrag, angewendet bei den Arbeiten etwa der
j A.E.G.-Schnellbahn, bei den Rehbergen oder bei sonsti-
i gen Unternehmungen, die hier für die Notstandsaktion