156 Sitzung mit 4.
herabzusetzen, geht dieser Artikel in seiner Tendenz dar
auf hinaus, gerade die dem allgemeinen Berkehr der
minderbemittelten Bevölkerung dienenden Fahrzeuge
schwerer zu belasten, und das nennen Sie dann gerecht.
Dieser Tendenz können wir nicht folgen. Ge
rade, weil man aus diesem Artikel ersieht, ans
welchen Gründen Sie die Steuer ablehnen wollen,
werden wir uns doppelt vorsehen, Ihnen auf diesem
Wege zu folgen. Weiterhin sind noch einige Sätze in
diesem Artikel, die sehr drollig sind:
„Die Herren vom Magistrat würden gut getan haben,
sich ein Bild darüber zu machen, was heute an lom
bardierten oder sonstig entäußerten Automobilen
zwecklos herumsteht."
Soll der Magistrat etwa die lombardierten Auto
mobile einlösen für die Herren Besitzer? Das können
Sie doch schlechterdings nicht verlangen. Oder was
soll damit bezweckt werden?
Weiterhin zeigt sich auch in dem letzten Absatz
Ihres Artikels einmal ganz klar, worauf die Dinge
hinausgehen:
„Wenn dieser Betrag aber in den Etat eingestellt
werden muß, so sollte die Kommnssion sich nochmals
daran machen, eine weniger schädliche und gerechtere
Entschädigung auf der Basis der Straßenabnutzung
zu schaffen, als sie in dem jetzigen Entwurf vorliegt."
Sie haben hier andere Argumente benutzt, meine
Damen und Herren. Wenn Sie ehrlich genug wären,
das zu sagen, so brauchte ich Ihnen Ihre eigene Presse
stimme nicht vorzuhalten. Sie tun das nicht, also
muß ich, da ja doch hier in der Stadtverordnetenver
sammlung, glaube ich, nicht alle die „Vossische Zeitung"
lesen, doch noch einige Worte zu diesen Dingen sagen:
Für die Stadt Berlin feint es darauf an, neue
Mittel zu schaffen. Ich erinnere Sie daran, daß schon
vorher eine Vorlage verabschiedet worden ist, in der
10 Millionen bewilligt worden sind, um die Erwerbs
losen beschäftigen zu können. Und was haben wir ge
tan? Da hat man sich bereit gefunden, auch eine Er
höhung der Grundsteuer eintreten zu lassen. Meine
Damen und Herren, auch wir haben damals dafür
gestimmt. Meine Damen und Herren, die ärmsten Kreise
der Bevölkerung haben zu diesen Mitteln bereits er
heblich beigetragen. Es kam für den Magistrat und
für den Ausschuß, für meine Partei darauf an, unter
allen Umständen darauf an, jetzt Kreise heranzuziehen,
die steuerkräftiger sind als die allerärmsten. Oder wollen
Sie wieder eine Abwälzung der Grundsteuer beschließen,
oder wollen Sie die Arbeiten überhaupt liegen lassen?
Sagen Sie, was Sie wollen, es hat keinen Zweck, leere
Worte zumachen. Es kommt darauf an, die Lösung dieses
Problems zu finden. Sie reden, wie ungerecht und un
tragbar die Steuer ist, die nach Ihren eigenen Aus
führungen hauptsächlich die Besitzer von Privatauto
mobilen trifft.
Meine Damen und Herren! Ihre Parteifreunde
im Reichstage und Landtage, und auch in der Stadt
verordnetenversammlung, sind niemals so zimperlich
gewesen, wenn es sich darum gehandelt hat, Steuern
zu erheben, die von den nicht besitzenden Klassen zu
tragen sind.
(Bei den Kommunisten: Sehr richtig!)
Bei. jeder Erhöhung der Hauszinssteuer, bei jeder
Erhöhung der Mafsenbesteuerung sind Sie immer dabei
gewesen. Jetzt auf einmal, wo es um die armen Auto
mobilbesitzer geht, ist die Steuer untragbar, da wollen
Sie mit keinem Wort mehr daran denken, daß diese
Steuer überhaupt angenommen werden könnte. Ich
sagte schon, auf den Verteilungsschlüssel zu warten, das
hat für die Berliner Verwaltung wenig Zweck.
Nun noch einige Worte zu'den Aeußerungen, die
der erste Redner, Herr Kollege Küster, gemacht hat,
die auch recht drollig klangen:
Februar 1926.
Vielleicht überlegen Sie es sich einmal. Sie haben
erklärt, 95% der Mietspersonenwagen sind bereits aus
dem Verkehr gezogen, und nachher beschweren Sie sich,
daß immer neue Automobile in den Verkehr gebracht
werden. Sie haben sich direkt widersprochen.
(Widerspruch des Stadtv. Küster.)
Bitte schön, mein lieber Freund, wenn Sie nur
ein bißchen Volkswirtschaft studiert haben, wenn Sie
sich mit diesen Dingen nur einmal oberflächlich befaßt
haben, —
(Zuruf: Das kann man von Ihnen nicht verlangen!)
da müssen die Herren selbst abwinken. Ich kon
statiere, cs gehört nicht zu der Pflicht eines Stadt
verordneten auf der rechten Seite, daß sie irgend
welche Ahnung von volkswirtschaftlichen Dingen
haben. Sie wollen uns also hier wetßmachen,' es
werden immer neue Kraftdroschken eingestellt, es
werden immer neue Automobile eingestellt, und
das aus lauter Wollust, weil sie sich heute nicht
mehr bezahlt machen, weil sie sich nicht mehr rentieren.
Sie werden doch nicht die Gesetze Ihrer eigenen kapi
talistischen Wirtschaft leugnen wollen. Oder'wollen Sie
sie aus der Welt schaffen? Lieber Freund, wenn Sic
mit solchen Sachen kommen, wenn Sie so gegeneinan
der sprechen, dann sage ich einfach „Stuß!", weiter
nichts. Das hat gar keinen Zweck.
(Heiterkeit.)
(Zuruf rechts: Schluß?)
„Stuß" habe ich gesagt.
Weiter noch einige Worte: Es hat einer der Dis
kussionsredner gesagt, wir wären Vertreter der Er
werbslosen und müßten deshalb gegen die Vorlage
stimmen. Nun, meine Damen und Herren, ich habe
gerade weil ich Vertreter der Erwerbslosen bin, für
diese Vorlage gestimmt, die nach Ihrem eigenen Zeugnis
die Privatautomobilbesitzer stark belastet. Aber, wir
knüpfen an diese Zustimmung eine Bedingung.
Meine Damen und Herren, es sind nicht nur Personen
kraftwagen, über die wir bis jetzt gesprochen, in der
Steuer enthalten, sondern es werden auch Lastkraft
wagen zur Steuer herangezogen.
Meine Freunde stehen dieser Belastung der Last
kraftwagen äußerst skeptisch gegenüber.
(Zuruf rechts: Na, na!)
Sie reden von Personenwagen, wir reden von den
andern, von den Lastkraftwagen.
(Zuruf: Die belasten die Straßen am meisten!)
Bitte schön, deswegen werde ich Ihnen gleich meine
Anträge dazu stellen. Ich glaube nämlich, daß man die
schädlichen Wirkungen, die eine Besteuerung der Last
kraftwagen mit sich bringt, aus diesem Abgabenentwurf
entfernen kann, und zwar, meine Herren, durch einen
Antrag, den ich bereits im Ausschuß gestellt habe. Es
kommt natürlich darauf an, daß man jetzt nicht auf der
anderen Seite den Herren aus der Lebensmittelbranche,
den Herren Fleischern, Bäckern und dergl. mehr, die
Gelegenheit gibt, sich darauf zu berufen und zu sagen,
jetzt müssen wir unsere Preise wieder erhöhen. Nein,
meine Herren, derartige Dinge machen wir nicht mit.
Deshalb wollen wir diejenigen Fahrzeuge, die dazu be
stimmt sind, Lebensmittel oder Brennmaterialien zu
transportieren, von der Besteuerung ausschließen.
(Stadtv. Bamberg: Kleider, Anzüge!)
Anzüge werden meistens nicht auf Lastkraftwagen trans
portiert. Sie sind ja aus der Branche, Sie müssen das
ja wissen, wie die Dinger transportiert werden. Des
halb stellen meine Freunde jetzt den Antrag, den § 14
der Vorlage folgendermaßen umzugestalten:
„Lieferwagen, die ganz oder fast ausschließ
lich dem Transport von Brennmaterialien oder