146 Sitzung ant 4.
Wir kommen nun zu Punkt 10 der Tagesord
nung:
II. Beratung der Vorlage, betr. Ankauf eines etwa
160 ha großen Teiles der Jungfernheide und In
angriffnahme von Notstandsarbeiten auf diesem
Gelände — Drucks. 93 —.
Als Berichterstatter hat Herr Stabtb. Fedler das
Wort.
Berichterstatter Stadtv. Fedler (DN.): Meine
Damen und Herren! Diese Vorlage bezweckt den An
kauf eines 160 ha großen Teiles der Jungfernheide, der
nach Osten zu gelegen ist und an die Transbaalstraße
angrenzt. Die Vorlage hat mis schon einmal ant 5. Fe
bruar b. Js. beschäftigt. Allerdings erscheint sie jetzt in
einem anderen Gewände. Während wir damals für die
160 ha pro Quadratmeter 1 M zahlen sollten und für
den Baumbestand ein Aufgeld von 10 ^ pro Quadrat
meter bewaldeter Fläche, sollen wir jetzt.zwar auch mir
einen Grundpreis bort 1 M pro Quadratmeter zahlen,
für den bewaldeten Teil aber 1,50 Jl, also 50 ^ Auf
geld für diesen Teil. Wir hätten zu zahlen gehabt nach
der allen Vorlage vom 5. Februar 1926 1 650000 Jl,
nach der Vorlage, die uns heute vorliegt, haben wir
für dasselbe Gewnde 2 025 000 Jl zu zahlen.
Die Verzinsung des Restkaufgeldes, das damals 1,2
Millionen betrug und jetzt rund 1,6 Millionen beträgt, ist
auch geändert. Während wir im vorigen Jahre nur eine
6prozentige Verzinsung zu leisten hatten und das Rest
kaufgeld in 10 Jahresraten ä Vio des Restkaufgeldes zu
leisten war, haben wir jetzt den Reichsbankdiskont als
Verzinsung zu tragen und einen festen Jahressatz von
250 000 Jl abzuzahlen. Wir haben jetzt in 6Ha Jahren
das Restkaufgeld zurückzuzahlen, welches wir nach der
vorjährigen Vorlage erst in 10 Jahren zu zahlen gehabt
hätten. Die städtische Kasse wird also jetzt schlechter be
handelt wie im vorigen Jahre. Unseren vorjährigen Be
schlüssen ist, wie Sie alle wissen, von der Gegenpartei
nicht beigetreten worden. Wir müssen also ivohl oder
übel der diesjährigen Vorlage zustimmen, wettn wir über
haupt den Ankauf beschließen wollen.
Meine Damen und Herren! Die Vorlage zerfallt eigent
lich in zwei Teile, in einen rein technisch-kaufmännischen
und in einen rein Kämmerei-finanziellen Teil. Ueber den
technisch-kaufmännischen Teil waren wir uns eigentlich
klar, oaß der Preis mit 1 Jl und 1,50 Jl zwar nicht
billig ist, aber man ihn tragen kann. Der Kämmerei
finanzielle Teil liegt etwas anders, denn da fehlt noch die
Zustimmung bzw. die Erklärung des Herrn Kämmerers
und des Magistrats, woher die Anzahlung von 400000
Mark genommen werden soll, um den Ankauf zu tätige».
Schmackhaft wurde uns die Vorlage dadurch gemacht,
daß man sie zusammenkoppelte mit einer Vorlage betr.
Rotstandsarbeiten. Es wurde im Ausschuß auch be
mängelt, daß man Notstandsarbeiten mit dieser Vorlage
znsammenkoppelt. Von dritter Seite im Ausschuß wurde
erwähnt, man könne das Geld auch für andere Zwecke,
für A. E. G.-Bauten oder andere Bauten verwenden und
so eine ähnlich große Zahl Erwerbsloser oder Arbeits
loser beschäftigen. Trotzdem hat der Ausschuß itt seiner
Mehrheit beschlossen, den Ankauf zu tätigen und auch
die Inangriffnahme der Arbeiten, für die ein vorläufig
bereitzustellendes Kapital von 150 000 Jl verlangt wird,
zu billigen, falls allerdings der Herr Kämmerer so
liebenswürdig wäre, eine Erklärung abzugeben, aus
welchem Fonds er die 400 000 Jl zu nehmen gedenkt, die
er als Anzahlung für diesen Ankauf der Jungferttheide
braucht.
Es wäre auch vielleicht wichtig zu hören, wie die
weitere Bezahlung auf die 6y 2 Jahre von je 250 000 M
im Etat sich auswirken wird. Es wurde einerseits nicht
verkannt, daß für die Erwerbslosen etwas getan werden
müsse, andererseits wurde aber bei der angestrengten
Februar 1926.
Finanzlage der Stadt für notwendig gehalten, über
diese Angelegenheit völlige Klarheit zu schaffen.
Stadtkömmcrer Dr. Karding: Meine Damen und
Herren! Es handelt sich hier um die Finanzierung eines
Ankaufs, die sich aus einen längeren Zeitraum er
strecken würde. Die ersten Zahlungen, nicht nur die
400 000 M, die sofort fällig wären, sondern auch darüber
hinaus, denkt der Magistrat aus dem Berrechnnngswege
zu leisten. Es schweben Verhandlungen mit dem Preußi
schen Fiskus wegen der Auseinandersetzung über den Ge
meinschaftsbetrieb, den wir bei dem Kalkwerk Rüders
dorf haben, und wir hoffen, in den nächsten Tagen zu
einer Verständigung zu kommen, die es uns ohne
Schwierigkeiten möglich machen würde, diese erste
Zahlung durch Verrechnung zit erledigen. Die weiteren
Zahlungen würden dann in den folgenden Rechnungs
jahren erfolgen müssen, entweder aus dem Grunder
werbsstock, wenn er bis dahin kräftiger geworden ist als
er es zurzeit ist, nötigenfalls aus Anleihen, die wir in
den nächsten Jahren dafür würden aufnehmen müssen.
Stadtv. Dethleffsen (DN.): Meine Damen und
Herren! Meine politischen Freunde sind zu ihrem Be
dauern nicht in der Lage, der Vorlage zuzustimmen.
(Hört, hört!)
Es sind, wie ja der Herr Berichterstatter bereits her
vorgehoben hat, zwei verschiedene Vorschläge in der
Vorlage des Magistrats enthalten. Der erste ist der,
die Juttgfernheide zu Erwerben. Nun wollen wir nicht
verkennen, daß die Bedingungen, die in dem vorgelegten
Vertrage gestellt sind, nicht ungünstig sind, daß auch
der Kaufpreis nicht zu hoch ist. Wir wollen auch nicht
verkennen, daß an sich der Erwerb dieses großen Grund
stückskomplexes durch die Stadt Berlin recht wünschens
wert wäre. Aber, meine Damen und Herren, wir
können auch in diesem Falle unter keinen Umständen von
dem Grundsatz abgehen, den wir immer festgehalten
haben: wir können diese große Ausgäbe unmöglich be
willigen, ohne daß >vir die Deckung dafür sichergestellt
haben. Und, meine Damen und Herren, eine Sicher
stellung der Deckung ist nicht erfolgt. Der Herr Käm
merer hat uns, was die erste Zahlung von 400 000 M
anbetrifft, darauf verwiesen, daß er hoffe, demnächst durch
den Verkauf unserer Anteile an dem Rüdersdorfer Kalk
werk die dazu erforderlichen Mittel zu erhalten. Ich
frage nun: Weiß denn der Herr Kämmerer, ob die Stadt
verordnetenversammlung mit dem Verkaufe dieser An
teile einverstanden sein wird? Wir kennen die Be
dingungen, unter denen der Verkauf stattfinden soll, über
haupt noch nicht. Es ist verschiedentlich gesagt worden,
daß der Erlös 800 000 .M> betragen soll. Die Hälfte da
von soll dann zur Deckung der 400 000 M verwendet
werden. Wir haben aber von einem, wie ich annehmen
möchte, darüber orientierten Mitgliede des Ausschusses
heute gehört, daß die Stadt Berlin int vorigen Jahre
100 000 Jl als Ertrag aus den Rüdersdorfer Kalk
werken bezogen habe. Wenn ich das nebeneinanderstelle,
auf der einen Seite einen Ertrag ans unserem Anteil an
den Werken in Höhe von 100 000 Jl in einem Jahre,
und aus der anderen Seite einen Kaufpreis von 800 000
Mark, dann ist das jedenfalls ein Geschäft, das nicht
derartig verlockend ist, daß ich ohne weiteres und ohne
die Details zu kennen, seinem Abschluß zustimmen
könnte.
Wir haben deshalb eine Deckung, wie wir sie
haben müssen, für diese Vorlage noch nicht beschafft.
Das gilt auch für die künftigen Jahre. Der Herr
Kämmerer hat davon gesprochen, daß er versuchen wolle,
aus Anleihen die erforderlichen Mittel zu beschaffen
Dagegen ist an sich nichts einzuwenden. Die Ausgabe
gehört gewiß ins Extraordinarium und sollte deswegen
aus Anleihemitteln bestritten werden; aber wer gibt uns