Sitzung ant 16. Dezember 1926. 1127
frage, ist das nicht eine Entstellung der Tatsache, eine
Irreführung der Stadtverordnetenversammlung?
(Sehr richtig!)
Eine solche Karte dürfte inan uns nicht vorlegen. Es
ist so, das; Herr Bernau dieses Gut mit 20 ha für sich
behalten soll. Was sind die Konsequenzen? Die Konse
quenzen sind, das; nicht Berlin der Gutsherr dieses Gutes
ivird, sondern das; Herr Beruan als der Besitzer des Guts-
Hofes der weitere Gutsherr sein wird, der dann darüber
zn bestimmen hat, was ans dem ganzen Gebiet gemacht
werben soll.
(Sehr richtig!)
Meine Damen und Herren, als ich das nach all dem, was
wir schon über diese — ich will keinen harten Ausdruck
gebrauchen — Transaktion mit den gegenseitigen Geld
geschäften erfahren haben, 'horte, war mir allerdings die
Galle doch etwas übergelaufen. Ich sagte mir: jetzt
können wir nicht mehr mit, das geht über das zulässige
Mas; hinaus, in dieser Weise au der Aase herumgeführt
zu werden; das samt man sich und darf man sich nicht
gefallen lassen.
(Sehr richtig!)
Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich der Meinung,
wir müssen mal radikal Schluß machen, indem wir nein
jagen. Was daraus folgt, wird ja vielleicht für die
Stadt nicht sehr angenehm sein. Herr Hitler droht damit,
das; er 'das ganze Gebiet, das ihm ja gehört. Par
zellieren will. Er hat auch 3Vs Millionen Mark von der
Stadt zur Verfügung. Damit kann er 1 Vs" Jahre ar
beiten. Immerhin, es wird nichts so heiß gegessen, wie
es gekocht wird, und zwischen der Drohung, und der Aus
führung liegen doch noch einige Schwierigkeiten, die
auch Herr Hiller nicht unterschätzen wird. So einfach
ist die Sache auch nicht zu machen.
Wenn ich mir überlege, welche ungeheuren Gewinne
in diesen 12 Millionen, die wir zahlen sollen, versteckt
sind, wenn ich die Hindernisse sehe, nicht bloß hier bei
dem Gutshof, sondern auch noch bei dem Jagd-
schloß Drei linden, das wir ja auch nicht be
kommen, das mit 10 ha dem Prinzen bleiben soll, dann
sage ich mir, hier Haben wir eine untaugliche Vor
lage, die wir nicht mit unserm guten Wanten decken
dürfen. Wir werden deshalb, wie wir uns nach reiflicher
Ucberlegung entschlossen haben, die Vorlage ableh
nen, was uns allerdings nicht hindern wird, nachher,
wenn sie mit Hilfe der Linken angenommen werden sollte,
trotz alledem dann selbstverständlich für die Kautelett
zu stimmen, die Sie ja hineinbringen wollen. Ich möchte
nur empfehlen, mit zu ermöglichen, daß gar kein Zweifel
besteht, wie die Meinung des Hauses ist, daß wir
hinter den Satz: „Die Versammlung stimmt dem An
kauf der Herrschaft Düppel und der Kolonie Dreilinden
grundsätzlich zu." . hinzufügen: „unter den nach
folge n d e n B e d i n g u u g e u:..." Nämlich vor Ab
schluß soll erst der gesamte Finanzierungsplau der Ge
sellschaft vorgelegt werden und der Gutshof Düppel und
das übrige Terrain sollen erst vorher erworben
werden. Weitn wir das machen, dann sichern wir uns
wenigstens einigermaßen. Aber, meine Damen und
Herren, ich halte es wirklich für das richtigste und auch
bei der Lage der Stadtverordnetenversammlung und ihrer
Würde für das beste, wenn sie eine solche unvollkommene,
ich möchte sagen, ungehörige Vorlage gar nicht erst, auch
nicht für bedingungsweise annehmen, sondern sie dem
Magistrat zurückgeben. Er wird immer »och Zeit haben,
uns etwas Besseres bieten zu könne», jedenfalls, wir
wollen uns damit nicht belasten.
(Lebhafter Beifall bei den Demokraten.)
Stadtv. Schwenk (K.): Bei der Beratung 'der Vor
lage muß man zweierlei streng auseinanderhalten. Erst
einmal die Frage, ob der Erwerb dieses Grundbesitzes
ftir die Stadt notwendig und vorteilhaft ist, und zweitens
die Begleiterscheinungen, die mit dem Ankauf und der
Vorlage verbunden sind.
Wenn man zunächst einmal ganz objektiv prüft, ob
der Erwerb dieses Grundbesitzes für die Stadt Berlin
notwendig ist, so glaube ich, wird man ohne weiteres
zn einem Ja kommen müssen. Man braucht sich nur die
Entwicklung der angrenzenden Ortsteile verkehrstechnisch
und kommnnalpolitisch vor Augen zu halten, und mau
wird sofort erkennen, daß im gegenwärtigen Stadium
dieser Teil, der da in das Stadtgebiet hineinragt, ein
schweres Hindernis ist und daß es daher nur zu be
grüßen wäre, wenn -dieser Teil verschwindet. Weitn
man ferner in Betracht zieht, daß zwei Drittel des Ge
bietes Waldbestand ist und daß uns gesagt bezw. zuge
sichert worden ist, daß dieser Wald als Dauerwald er
halten bleiben soll, so ist das ein weiterer Grund, der für
den Erwerb spricht. Würden wir den Erwerb dieses
Grundbesitzes nicht vollziehen, dann würde sich wahr
scheinlich nach verhältnismäßig ganz kurzer Zeit heraus
stellen, daß das ein sehr schwerer Fehler gewesen ist,
ein sehr schwerer Fehler, den die Stadtgemeinde dann
versuchen müßte, gut zu machen, indem sie zn einem
späteren Zeitpunkt kauft.
Nun ist uns aber mit genügender Deutlichkeit, glaube
ich, klar gemacht worden, daß der jetzige Inhaber, Herr
Hiller, genötigt sein Ivird, um aus allen seinen Ver
pflichtungen herauszukommen, denjenigen Teil des
Grundbesitzes, der bebaunngsfähig ist, zu veräußern, d. H.
der privaten Grundstücksspekulation zu überantworten.
Sobald nun dieser Fall eintritt und Berlin jetzt nicht
zugreifen würde, dann würde sich später für die Stadt
die Schwierigkeit ergeben, daß sie für einzelne Grundstücke,
die Berlin aus verkehrstechnischen oder sonstigen Gründen
unbedingt haben muß, von der Privatspekulation wahr
scheinlich einen viel, viel höheren Preis aufgezwungen
bekommen wird, als er heute für den gesamten Kom
plex entrichtet werden muß. Daher, glaube ich, sind die
Gründe, die für einen Ankauf dieses Gebiets sprechen,
durchaus durchschlagender Natur.
Es kommt hinzu, was uns im Ausschuß ja auch
bereits gesagt worden ist, daß man bestimmte Austausch
flächen gewinnen möchte; um die Hasenheide von den
Schießständen der Schupo und der Reichswehr frei
zn bekommen. Man will da draußen Gelände im Aus
tausch dagegen anbieten. Ferner möchte mau aus dem
Park Schöuholz die Schützengilde, die dort auch sehr
störend und lästig wirkt, heraus haben und ihr zum Aus
tausch da draußen Gelände anbieten. Es ist auch ans die
Spüthsche Banmschule hingewiesen worden, die jetzt in
bauplanmäßiger Hinsicht ein schweres Hindernis zwischen
Neukölln und Treptow darstellt. Man möchte die dort
wegbekommen, wenn man an anderer Stelle ein ent
sprechendes Gebiet zur Verfügung hat. Alle diese Ge
sichtspunkte zusammengenommen sprechen nach unserer
Ueberzeugung dafür, daß die Stadt Berlin dieses Gelände
kaufen muß. Wir würden dadurch in Berlin selbst sehr-
wertvolle Volksparks gewinnen und sonstige Vorteile
haben können.
Nun ist über den Preis gesprochen worden, der mit
145 M pro Quadratmeter jetzt angestellt ist. Vergleicht
man andere Grundstücke, die die Stadt Berlin in den
letzten Jahren erworben hat und wo die Sachlage ähnlich
gelagert war, wie es hier bei dem Gutsbezirk Düppel der
Fall ist, dann findet man, daß der Kaufpreis niedriger
ist, als . er bei den bisherigen Geschäften von der Stadt
Berlin gezahlt worden ist. Eine oder zwei Ausnahmen
mögen vorhanden sein. Aus diesem Grunde ist also,
zunächst mal die Sache rein kaufmännisch betrachtet, auch
dagegen nichts einzuwenden.
Anders liegt natürlich die Frage, ob es zweckmäßig
war, den Herrn Hiller als Mittelsmann mit den Ver
handlungen zn beauftragen. Das war ein schwerer Fehler,
das stellt sich jetzt immer mehr und immer deutlicher
heraus. Ein sehr schwerer Fehler ist es auch, daß die
Stadt Berlin Herrn Hiller esst in die Lage gesetzt hat.