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Sitzung am 16. Dezember 1926.
Sie will aber Sicherungen schaffen gegen eine
unwillkommene Ausnutzung dieses Gebietes. Sie will
Sicherungen dagegen schaffe», daß so unliebsame Bor
gänge, wie sie bis zur Einbringung dieser Vorlage vor
gekommen sind, nicht auch bei ihrer Ausführung sich
»och erötgnen, und darum haben mir heute morgen im
Haushaltsausschuß unsere Anträge gestellt, daß die
Fi.u a u ziern u g wie die G e se l lsch a f t s b i I -
d ii ii fl vorher der S t a d t V e r v r d n e t e n V e r-
fammlUitg zur Beschlußfassung, nicht etwa nur zur
Kenntnisnahme, vorzulegen sind. Und" wir wolle»
ganze Arbeit machen, wir wolle» die Gefahr be
fettigen, daß auf städtische Kosten im den Nestgebieten
von Schloß Dreilinden und Gutshof Düppel Terrain
spekulativ» getrieben werden kann. Wir wollen also
sowohl Dreilinden als auch das Gut Düppel selbst zu
gleich mit erworben sehen, und zwar ohne Spekulations-
gewinue für Herrn Hitler, zu demselben Hektarprers,
zu dem das übrige Gelände uns angeboten worden ist.
Ich fasse zusammen, meine Damen und Herren:
W i r wollten, wir k ö unten nci n sagen, um
dadurch Geschehenes ungeschehen zu machen.
Das können wir nicht. D a r u in sage n wir ja, weil
wir es einer kommenden Generation er
s p a r e u m ö ch t e n, ihrerseits s a g e n z u m ü s s e n:
Wir wollten, wir könnten Ungeschehen e s ge
schehen machen!
(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Vorst.-Stellv. Degner: Bevor ich dem nächsten
Redner das Wort gebe, mochte ich zur Kenntnis brin
gen, daß die Deutschnationale Fraktion namentliche Ab
stimmung über die zur Beratung stehende Vorlage be
antragt hat.
Ter Antrag ist hinreichend unterstützt. Es wird also
namentlich abgestimmt werden.
Das Wort hat Herr Dr. Michaelis.
Stadtv. Dr. Michaelis (D.): Meine Damen und
Herren! Herr Kollege Lohmann wird sich nicht wun
dern, wenn ich meinen Eindruck über seine Rede dahin
zusammenfasse, daß er erst eine sehr scharfe Fans ave
geblasen und dann mit einer recht merkwürdigen Cha
in a d c geschlossen hat.
(Links: Oho !)
Erst hat er hier Gründe gegen den Ankauf von Düppel
vorgebracht,
(Zuruf links: Nein, nein!)
(Stadtv. Flatau: Gegen die Schiebergeschäfte!)
um schließlich zu dem Ergebnis zu komme», daß mir es
trotzdem ankaufen müssen.
Nun, meine Damen und Herren, ich gebe ohne
weiteres zu, daß uns der Magistrat ich will gar nicht
auf den einzelnen eingehen, denn schließlich ist ja der
Magistrat solidarisch für seine Beschlüsse haftbar
wirklich vor eine Zwangslage gestellt hat, oder doch
versucht hat, uns vor eilte Zwangslage zu stellen. Ich
bin in keinem Augenblick darüber im Zweifel, daß die
4,6 Millionen, die im vorigen Jahre Herrn Hitler gezahlt '
worden sind, in Wirklichkeit ja schon den reellen Ankauf
Düppels durch die Stadl mit Vermittlung des Herrn
Hiller bedeutet haben. Wir sind tatsächlich vor ein
Fait accompli gestellt worden. Aber ich bin der Mei
itting, daß zu einer Entscheidung iit der Stadt nicht bloß
der Magistrat, sondern auch die Stadtverordnetenver
sammlung gehört und haft eilte völlige Festlegung irgend
welcher Geschäfte erst möglich ist, wen» beide städtischen
Körperschaften zustimme». Auch bin ich weiter der Mei
nung, daß die Stadtverordnetenversammlung endlich ein
mal damit aufhören muß, sich immer wieder in eine
s olche Z iv a n g s l ä g e h i it e i n d r ä u g e n z u
lassen,
(Zuruf bei den Demokraten: Sehr wahr!)
mit dann schließlich ja und amen zu sagen, während es
ihr in der innersten Seele widerstrebt.
Meine Damen und Herren! Was in den Jahren
1924 und 1925 in finanzieller Beziehung vom Magistrat
ohne Wissen der Stadtverordnetenversammlung geschehen
ist, das erfahren wir ja alles leider nur tropfenweise
allmählich. Ich darf nur daran erinnern, daß erst
jetzt wieder herausgekommen ist, daß im Jahre 1924,
als die Inflation zu Ende mar und die Stadt im Gelde
schwamm, weil die Stenern viel zu hoch waren, a u
den Kreis Jüterbog 1,8 Millionen M a r k
als T a r l e h n g e g e b e n w v r d e n s i n d,
(Hört, hört!)
ohne daß wir das geringste davon erfahren haben, und
daß sich jetzt herausgestellt hat, daß über, eine Summe
von 420000 .-// noch nicht einmal eine Quittung vor
handen ist.
(Hört, hört! Stadtv. Merten: Ohne Vorlage!)
Ohne Vorlage, ohne alles.
In diese Reihe der versteckten Geldgeschäfte gehört
auch Düppel. Ich weiß ja nicht, weshalb der Magistrat
damals nicht mit offenen Karten gespielt hat. ES ge
schah vielleicht, weil eine Auseinandersetzung mit dem
Reich stattfand und weil man nicht sagen wollte, wieviel
Geld man hatte. Das war ein V ertagungs m a n ö
per, das sich in keiner Weise hätte verteidigen lassen.
Aber soviel steht jedenfalls fest, wir können uns
nicht immer wieder aus solcher angeblichen Zwangslage
heraus in eine Nachgiebigkeit hineinmanöverieren lassen,
die uns nicht dem innersten Gedanken nach entspricht,
und wir müssen, wie das junge Mädchen, das ans der
Straße spazieren geht, den Mut finden, a u ch m a l
n ein z u a g e n.
(Heiterkeit.)
Meine Damen und Herren! Ich will Ihnen ganz
offen sagen, als diese Tüppelsache anfing, waren mir
eigentlich der Meinung, wir müßten die Sache machen,
das Geschäft muß, trotzdem der Kaufpreis hoch ist, doch
schließlich von uns vollzogen werden, ans den Gründen,
die ja hundertmal angeführt worden sind, ich meine,
weil wir diese 2 000 Morgen Land brauchen, weil wir
Siedlnngsgelände bekommen, weil wir die Treilinden
kolonie ausschließen können und was dahin gehört, und
nicht zuletzt, weil diese Abrundnng der Berliner Grenze
zwischen Wannsee und Zehlendorf ein notwendiges Be
dürfnis für Groß-Berlin ist. Das sollte mich von den
jenigen eingesehen werden, die sonst durchaus nicht dafür
zu haben sind, daß das Weichbild Berlins weiter hinaus
geschoben wird. Wir stehen auch nicht auf diesem Stand
punkt. Wir haben gar nichts dagegen, daß irgendwelche
Enklaven gegen dieses Gebiet mit dem Kreis Teltow
ausgetauscht werden. Aber ich bin praktisch der Mei
nung, dieser Keil in die Berliner Grenze hinein müßte
beseitigt werden.
Diese und andere Gründe haben uns zunächst dazu
bewogen, der Vorlage des Magistrats günstig gegenüber
zustehen. Aber ich muß sagen, so lange ich an solchen
Haushaltsausschußbcratungen und an anderen Beratungen
in Ausschüssen teilgenommen habe, bin ich noch nie so ent
täuscht worden, wie diesmal. Meine Damen und Herren,
tropfenweise, aber mit einer Ausdauer, die einer besseren
Konsegnenz würdig gewesen wäre, mußten wir aus dem
Magistrat und seinem Vertreter herausholen, wie eigenl
lieh die Tinge lagen.
(Zuruf links: Die Zunge mußte gelöst werden!)
Und bis heute morgen haben wir tatsächlich nicht ge
wußt, daß diese Ecke nicht dazu gehört. Wenn Sie sich
das zweite Bild ansehen, (auf die aushängenden Pläne
verweisend), so werden Sie feststellen, daß die grüne
Linde nach oben in eine Ecke geht. Tort liegt das G u t
Düppel. Sie sehen ans dieser Karte nicht die mindeste
Andeutung davon, daß dieses Gut Düppel nicht mitgekaust
werden soll, daß es vielmehr im Privatbesitz des bis
herigen Pächters, Herrn Bernau bleiben soll. Ich