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Volume Sitzung 43, 16. Dezember 1926

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1926 (Public Domain)

Sitzung am 16. Dezember 1926. 
1125 
heute v a r mittag jemals von seiten des 
Magistrats erwähnt w orden. 
(Zurtts links: Unerhört!) 
Heute vormittag haben wir erfahren, daß diese 
20 ha nicht mit einbegriffen worden sind! 
Wenn der veranttoortliche Dezernent des Magistrats 
eine solche Politik der Unklarheiten 'betreibt, 
so ist keine vertrauensvolle Zusammen 
arbeit mehr möglich, 
(Links: Sehr wahr!) 
so kaun meine F r a k t i o n g u d i e s e in Dezernen 
ten kein Vertrauen mehr hnBeit. 
(Zuruf links: Der Busch muß 'ausgerodet werden!) 
Noch ein anderes: Der 'Dezernent hat geglaubt, daß 
ein wesentliches Moment für die Mehrheit des Aus 
schusses und der Stadtverordnetenversammlung die Frage 
der Eingemeindung von DüpPel>Treilinden in Berlin sei. 
In der Haushaltsausschußsitzung des "7. Dezember, hat 
Herr Stadtrat Busch, der verantwortliche Dezerneut, er 
klärt, er wisse von dem 'Kämmerer des Kreises Teltow, 
Herrn Heiß, daß er in der Frage der Eingemeindung 
„mit sich reden lassen" werde. 
In der Unterausschußsitzung vom 11. Dezember hat 
Herr Stadtrat Busch dasselbe weiter behauptet, und hat 
gesagt, nach seiner Fühlungnahme sei die Eingemeindung 
„in höchstens einem Jahre" zu erreichen. 
In der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 
14. Dezember ist von seiten meiner Parteifreunde au 
Herrn Stadtrat Busch die ganz klar formulierte Frage 
gerichtet worden: Hat nicht Herr Heiß inzwischen diese 
seine angebliche Stellungnahme dementiert? Herr Stadt 
rat Busch hat das am 14. Dezember verneint. 
(Hört, hört!) 
Meine Damen und Herren! Vor mir liegt die Ab 
schrift eines Briefes: „Berlin, den 8. Dezember 1926. 
Kreiskämmerer des Kreises Teltow. Einschreiben! An 
Herrn Stadtrat Busch in Berlin E2, Rathaus, Zim 
mer 87 a. 
Sehr geehrter Herr Stadtrat! 
Dein Vernehmen nach haben Sie im, Düppel* 
Ausschuß der Stadt Berlin Ausführungen gemacht, 
die darin gipfeln, daß der 'Kreiskämmerer Heiß aus 
Aufrage erklärt habe, der Kreis Teltow würde über 
eine Ausgemeindung von Düppel mit sich reden lassen, 
wenn er eine entsprechende Abfindung mv Geld 
(2 Millionen) erhalten würde. Es liegt mir ferne, 
(mich in interne Angelegenheiten der Stadt Berlin ein* 
szutnischen. Um aber falschen Gerüchten vorzubeugen, 
möchte ich doch Ihnen gegenüber ausdrücklich fest 
stellen, daß derartige Aeußerungen meinerseits nicht 
gefallen sind. Ich habe bisher Herrn Direktor Hilter 
auf Bezügliche Anspielungen in Zeugengegeuwart 
direkt das Gegenteil seiner mir in den Mund gelegten | 
Aeußerung erklärt, b. H. daß über eine Eingemeindung 
von Düppel Usw. mit dem Kreise Teltow nicht zu 
reden sei. Diese Frage sei für den. Kreis völlig in 
diskutabel. 
Hochachtungsvoll 
gez. Heiß." 
Meine Damen und Herren! Nach diesem Briefe vom 
8. Dezember erklärt der Dezernent der städtischen Grnnd- 
stücksverwaltnng am 14. Dezember int Haushaltsaus 
schuß, daß ihm von einem Briese des Kämmerers Heiß 
nichts bekannt sei! 
(Psni 0 
Angesichts einer solchen Demeutierkunst, glaube ich, 
müßte selbst der Herr Reichswehrminister vor Neid er 
blassen. Aber, meine Damen und Herren, mit einem 
Dezernenten von einer solch katastrophalen 
Gedächtnisschwäche glaubt meine Fraktion n i ch t 
länger zusammenarbeiten zu können. Zn 
einem solchen Dezernenten glaubt sie kein V e r t r a n e it 
haben zu dürfen. i 
Leider ist ja diejenige Stelle, dev die Verteilung 
der Dezernate durch die Städteordnung übertragen ist, 
heute nicht vertreten. 
(Zuruf bei den Kommunisten: Er teilt Schönheits 
preise aus!) 
(Heiterkeit!) 
Aber ich habe im Auftrage meiner Fraktion offiziell 
zu erklären, daß wir eine weitere Vertre 
tung der G r u n d st ü cks a n k äu f e der Stadt 
durch den jetzigen Dezernenten a u f G r u n d 
dieser Vorkv m m n i s s e und Tatsachen s ch l e ch- 
terdings für unmöglich halten. 
(Zuruf links: Sehr wahr!) 
Wir erwarten, daß der Herr Vertreter des Ober 
bürgermeisters von dieser unserer Erklärung dem Herrn 
Oberbürgermeister Kenntnis geben wird. 
Tatsache ist, meine Damen und Herren, daß bei 
diesem Geschäft Zwischen gewinne von über 
2 l / 3 Millionen M gemacht worden sind, ich muß 
sagen unter Duldung des Magistrats/ nuter 
Duldung der städtischen Grundeigentums- 
ö er w n lt it ii g. Keine Dementierkunst hilft darüber hin 
weg, daß bei der Kolonie Dreilinden allein über 2 Mil 
lionen verdient worden sind. Gewiß, man kann nach 
weisen, daß bei dem Fideikommiß itrtb Allodbesitz nur 
rund 200000 ,16 herausgesprungen sind. Es ist ja 
schwer kontrollierbar. Aber daß bei der Kolonie Drei 
linden über 2 Millionen verdient worden sind, ist grund 
sätzlich nicht bestritten worden und kann auch nicht 
bestritten werden. Dazu kommen 240 000 Jb an un 
verdienten Zinsen, wie ich mir vorhin bereits erlaubt 
habe, Ihnen darzulegen. 
Tatsache ist weiter, daß der Kauf bereits voll 
zogen worden ist durch die Kredit gewähr n it g 
des Magistrats auf Vorschlag des Dezer - 
ii e it t e it der G r u n d e i g e n t u m s v e r w a l t n n g. 
Wenn es richtig wäre, Politik aus dem Gefühl 
heraus zu machen, dann gäbe es nur eine Antwort 
auf das alles, nämlich: die Vorlage abzulehnen. 
(Stadtv. Dr. Caspari: Sehr richtig!) 
Aber, Herr Kollege Caspari, wir können die 2«7, Mil 
lionen, die in diesen anderthalb Jahren verloren worden 
sind, nicht wieder gut machen, Sie nicht und wir nicht. 
Wir kommen tun die Tatsache nicht herum, daß wir 
heute oder morgen das Gelände brauche», daß wir 
den Wald brauchen für unsere Bevölkerung und daß 
wir das Bauterrain der privaten Terrainspekulation 
jetzt oder niemals entziehen werden. Wenn wir es 
jetzt nicht an uns bringe», dann haben wir im nächsten 
Jahre ein zerrissenes, parzelliertes Terrain, auf dem 
50 oder 100 große Privatvilleu längs der Ausfall 
straße aus Berlin gebaut sind. Dann allerdings 
i st de r A u g e n blick z it nt K a u f g n spät! 
Wir kaufe» das gesamte Terrain jetzt, wenn Sie 
wollen, absolut teuer, um 2>P Millionen zu teuer, 
nämlich mit die Zwischengewinne, die inzwischen gemacht 
worden sind. Aber wir kaufen es relativ billig, 
jedenfalls weit billiger, als wir es jemals wieder be 
kommen würden. Und wenn wir es jetzt ablehnen, iveil 
Zwischengewinne gemacht worden sind, meine Damen und 
Herren — das wissen Sie genau so wie wir —, dann 
werden wir später kaufen, nachdem immense neue 
Z to t s ch enge w i n it e gemacht worden sind. Und daß 
wir es einmal kaufen werden, das werden auch die 
Mittelparteien dieses Hauses nicht bestreite» wollen. 
Meine Damen und Herren! So liegen die Dinge, 
und in dieser Zwangslage entschließt sich meine 
Fraktion dazu, dem Ankauf z u z u st i m m e u, weil 
sie darin die einzige Möglichkeit gegeben sieht, um diesen 
Wald der Berliner Bevölkerung zu erhalten und um das 
große Gelände der privaten Terrainspeknlatio» zu 
entziehen.
	        
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