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Volume Sitzung 43, 16. Dezember 1926

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1926 (Public Domain)

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Sitzung mit 16. Dezember 1926. 
Ich brauche, um ein einziges Beispiel herauszugreifen, 
mir darauf hinzuweisen, daß in der Frage der Bieh- 
hofgrundstücke der zuständige Ausschuß und die zu 
ständige Deputation auch heute noch tonf eine Auf 
klärung warten, daß kein einziges Mitglied dieser Depu 
tation etwas davon geahnt hat, daß so wesentliche Grund 
stücke, wie die Ecken und ländere, die für die Verwertung 
von ausschlaggebender Bedeutung lockten, aus dem 
Projekt ohne weiteres herausgelassen sein sollten. 
Auch die Vorgeschichte des Ankaufes von Düppel 
Dreilinden, meine Damen und Herren, ist eine ein 
zige Kette von Unklarheiten und Selt 
s« in leiten, ich glaube, bis in (die jetzige Stunde 
hinein gewesen. 
Herr Hilter hat . . . Hier stocke ich schon, denn 
das ist die erste Seltsamkeit und Unklarheit, daß der 
Name des Herrn Hitler in der Vorlage des Magistrats 
nicht zu finden gewesen ist. Meine Dame» und Herren, 
wenn es sich nur eine lumpige Baumaske handelt, wird 
der Name des Eigentümers traditiousmäßig in der Vor 
lage genannt. Bei diesem Rieseuvbjekt abev haben wir 
erst nachher erfahren, mit welchen Grundstücks- 
„Besitzer" es si ch hier6 ei iiber ha up t 
handelt! 
Herr Hitler hat im Mai den Besitz der Prinzen sich 
Krim Kauf anstellen lassen. Der letzte Termin der Be 
zahlung war der 1. Juli. Anfang! Juui hat das zu 
ständige Dezernat dem Magistrat empfohlen, den be 
treffenden' Kredit dem Herrn Hitler zu geben. Am 
15. Juni 1925 ist der Kredit ausgezahlt worden. 
(Hört, hört!) 
Meine Damen und Herren! Das Geschäft, das Herr 
Hitler damals machte, und das Geschäft, das Herr Hitler 
heute nach Annahme der Vorlage macht, i st u n r e r - 
möglich! Worden mit den Geldern, die dir 
Stadt, die Allgemeinheit bezahlt hat. 
Dje Stadt — nein, der Magistrat hat bezahlt, damit 
der Herr Hitler in der Lage war, dieses Grundstück 
zrr kaufen in einer Situation, wp die Stadt es unter 
Umständen selbst hätte erwerben können, auch wenn wir 
damals in den Finauzkämpfeu zwischen Reich, Staat und 
Gemeinde uns einige Reserve hätten auferlegen müssen. 
Wir sind der Ueberzeugung, daß der Magistrat i 
allein auf Vorschlag seines Grundstücksdezerueuteu ! 
ohne Z n st i m m u ir g der Stadtverordneten 
Versammlung eine solch weitgehende Transaktion 
niemals ausführen durfte. Derselbe Magistrat, der 
damals . gerade auf Grund des eben beschlossenen Ab 
baues nach den Wünschen der (bürgerliche n, u n d 
kommunistischen Seite dieses Hauses umgestaltet 
worben war, trügt g a n z' gewi ß die Verant 
wortn ng für das, was geschehen ist, nach außen 
hin. Mer, meine Damen und Herren, es gibt neben 
dieser Verantwortung nach außen auch eine Verantwortung 
nach inne n. Und für den Fall, daß der Magistrat 
s o informiert gewesen sein sollte, wie der Haushalts 
ausschuß und die Stadtverordnetenversammlung vom 
Grundstücksdezernat aus informiert worden sind, möchte 
ich allerdings einen großen Teil der Verantwort ing für 
das, was geschehen ist, auch hier dem Grundstücks' 
dezernat zuweise». Verantwortlich nach außen hin 
ist der Magistrat, aber er kann! sich aus seine veraut 
wörtlichen Ratgeber in dieser Angelegenheit, glaube ich, 
(ober ich möchte sagen, fürchte ich!) berufen, genau so, 
wie bei dem, was im (Januar d. Js. geschehen ist 
und von dem in den Verhandlungen des Haushalts 
ausschusses gar nicht die Rede gewesen ist. Im Januar 
hatte der Magistrat die Möglichkeit, den ganzen Besitz, 
den wir heute in der Vorlage angestellt bekommen 
haben, für 1 1 / 2 Millionen billiger als heute 
zu kaufen. 
(Rechts: Hört, hört!) 
Soviel mir bekannt ist, hat bas Grundstücksdezernat 
damals das Angebot empfohlen, und die maßgeben 
den Stellen im Magistrat haben es. abgelehnt, 
im Januar d. Js. auf bas verhältnismäßig günstige 
Angebot einzugehen. 
Meine Damen und Herren! Ich muß noch einmal 
zurückgreife». Nachdem das skandalöse Darlehnsgcschäft 
des Herrn Hiller bezlv. der Prinzen öffentlich bekannt 
geworden war, erfolgte eine Ausfrage (der Deutschen 
Volkspartei, wie es den» mit diesem Darlehu, mit 
diesem Kredit stehe. Die v f f i'z i e l l e M u s k u »f t, 
die uns seitens des Grundstücksdezerneuten und seitens 
des Magistrats damals gegeben wurde, ging dahin, daß 
dieser Kredit „jederzeit rückzahlbar" sei und daß eine 
„angemessene Verzinsung sichergestellt" sei. Nunmehr, 
ziemlich ein Jahr später, erfahren wir, daß „jeder 
zeit rückzahlbar" im Sinne des Dezernats und des 
Magistrats bedeutet, daß Herr Hiller eine Karenz 
zeit von 1 ’/s Jahren für die Rückzahlung hat. 
Nunmehr sehen wir, daß „angemessene Verzin 
s n ii g" bedeutet 2 % unter b c in jeweilig e n 
R ei ch sb a u kbi s k o ir t! 
(Hört, hört!) 
Meine Damen und Herren! Von alle dem hat 
die S t a d t v e r o r d n e t e n v e r s a m m l u » g k e i » e 
A h n n n g g e h a b t. 
(Hört, hört!) 
Von alledem ist die Stadtverordnetenversammlung nicht 
i informiert worden. Tie Stadtverordnetenversamm 
lung hat auch keine Ahnung davon gehabt, daß die 
8 l / 2 Millionen städtischer Kredit erst hinter 5 Millionen 
eingetragen worden sind auf das gesamte Grundstück. 
In dem Augenblick, in dem das Gruudstücksdezeruat 
und der Magistrat ihre Hand dazu boten, die städtische 
Forderung hinter einem freien Locus von, 5 Millionen 
eintragen zu lassen, in dem Augenblick war in der Tat 
das gesamte Grundstück bereits gekauft, hat es 
der Magistrat gekauft, ohne, überhaupt die 
Stadtverordnetenversammlung bau a ch z u 
fragen! 
(Hört, hört!) 
Der Herr Dezernent hat die Stadtverordneten 
versammlung und hat den Haushaltsausschuß über, die 
Darlehusbediuguugeir bis in die letzten Augenblicke hinein 
1 tu u »klaren gelasseit. 
(Stadtv. Czeminski: Unerhört!) 
Ich betone ausdrücklich: Im Unterausschuß ist mit 
geteilt worden, daß das Darlehn gegeben sei zu 2 ll /o 
unter dem damalige u Reichsbaukdiskout. Erst im 
Haushaltsausschuß auf spezielle Anfrage ist (zugegeben 
worden, daß es gegeben worden ist zrr 2 % unter dem 
jeweiligen Neichsbaukdiskont, und ich glaube, daß 
zwischen dem „damaligen" und dem „jeweiligen" doch 
wohl ein ganz kleiner Unterschied ist! 
Wenn wir das Grundstück jetzt kaufen, ist das ge 
gebene Darlehn unverzinslich. Und nun komme 
ich auf etwas anderes, was auch bisher mit keinem 
Worte seitens der Verwaltung erwähnt worden ist: Die 
2 Millionen, die wir Herrn.Hiller gegeben haben, hat 
Herr Hiller weiter dem Prinzen als Darlehn gegeben. 
(Hört, hört!) 
Wir geben die 2 Millionen zinslos, und Herr Hiller 
hat sich von dem Prinzen ,8 % Verzinsung aus- 
tif bringe»! 
(Hört, hört!) 
Das ist neben dem Geschäft, das Herr Hiller sonst 
noch macht, ein glatter, netter V e r d r e n st von 
240000 Jl für diese anderthalb Jahre, die hinter uns 
liegen. 
Meine Damen und Herren! Daß der Gutshof 
Düppel mit feinen 20 ha Eigen t um des Herrn 
Bernau sein soll, wenn wir kaufen, das steht mit 
keinem einzigen Wort in der Vorlage 
und ist mit keine nt einzigen W orte bis
	        
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