Sitzung am 2.. Dezember 1926. 1049
Die namentliche Abstimmung hat folgendes Resultat
ergeben: Es sind an Stimmzetteln eingekommen 178,
davon waren unbeschrieben, also ungültig, 2. Sonach
sind .176 gültige Stimmen abgegeben. Es haben mit
„Ja" gestimmt 68, mit „Nein" 108. Der Antrag Druck
sache 891 ist also mit 108 gegen 68 Stimmen ab
gelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Be
schluß des Ausschusses, den Sie unter Drucks. 962 vor
sich haben. Wer diesem Beschluß des Ausschusses zu
stimmen will, bitte ich, eine Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen nun zu Punkt 9 der Tagesordnung:
II. Beratung der Vorlage, betr. Vergebung der Ein
richtung und Bewachung von Autoparkplätzen aus
öffentlichem städtischen Straßcnlaud — Drucks. 527,
559 it. 876 —.
Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Bleeker-Kohl-
saat.
Berichterst. Stadtv. Bleeker-Kohlsaat (DN.): Meine
Damen und Herren! Der Ausschuß hat sich mit der
Frage noch einmal beschäftigt, nachdem uns die ursprüng
liche' Vorlage von der Stadtverordnetenversammlung zu
rückgereicht worden ist. Der Ausschuß empfiehlt der Ver
sammlung folgende Beschlußfassung:
„Die Versammlung ist mit der Einrichtung pon
öffentlichen Autvparkplätzen auf städtischem Straßen
land und dem Abschluß eines Vertrages unter den der
Vorlage vom 1. November 1926 beigefügten „allge
meinen Bedingungen" mit der Maßgabe einverstanden,
daß unter Nr. IV, 3, Abs: 3, dieser Bedingungen
statt der „50 Pfg." gesetzt wird „30 Pfg."."
Stadtv. Hesse (K.): Der Herr Berichterstatter hat
leider vergessen mitzuteilen, daß eine Minderheit im
Ausschuß vorhanden war, die zu diesen Beratungen einen
wesentlich andern Standpunkt eingenommen hat. Es
handelt sich hier darum, daß eine Privatgesell
schaft, und.zwar die Deutsche Wachgesellschaft in Berlin,
nach dem vorhandenen Bedürfnis ehre gewisse Anzahl von!
Autoparkplätzcn einrichten und auch verwalten soll. Sie
soll sie auch finanziell ausnützen.
Die Stadt Berlin hat vor ungefähr einem Viertel
jahr schon einen ähnlichen Vertrag abzuschließen versucht.
Damals bot man der Stadt 20% vom Bruttoverdienst.
Heute hat sich anscheinend diese Deutsche Wachgesellschaft
damit abgefunden und zahlt 42% des Reinverdienstes.
Wie sieht nun aber in Wirklichkeit der Vertrag
aus? Es lohnt sich doch, einige Stichproben aus dem
Vertrag der Oeffeutlichkeit mitzuteilen. Die Stadt Berlin
hat als solche in den letzten Jahren verschiedene Verträge
abgeschlossen. Ich brauche bloß zu erinnern an den Ver
trag bezüglich der Freihäfen in Berlin. Dabei hat sie
ein sehr schlechtes Geschäft gemacht.. Dieselbe Stadt
gemeinde will jetzt dazu übergehen, dieser privaten Ge
sellschaft auf 5 Jahre unbeschränkt das Recht auf Aus
nutzung der Autoparkplätze einräumen. Nicht nur vom
Standpunkt der Einnahme, sondern auch vom Stand
punkt der Ncrkehrspolitik, vom Standpunkt der verschie
denen Verkehrsfrageu ist dieses Vorgehen absolut unakzep
tabel. Warum will man auf 5 Jahre auf den Ver-
kehrsstraßcn in Berlin einer privaten Gesellschaft das
Recht der Einwirkung auf die Antoplätze übertragen?
Wir haben im Prinzip nichts dagegen, Daß Private Autos
auf den Straßen beaufsichtigt hinstellen und auch be
zahlen. Wir sind aber nicht dafür zu haben, daß dieser
Verdienst in die Tasche irgendeiner Privateinrichtuäg
fließt.
Es kommt noch hinzu, daß diese Deutsche Wach
gesellschaft besonders ihre Arbeiter und Angestellten mise
rabel bezahlt und sie nicht die städtischen Arbeitsnachweise
benutzt. Das sind Tatsachen, die im Ausschuß wiederholt
worden sind, so daß wir uns nicht für diese Einrichtung
entscheiden können.
Weiter kommt hinzu, daß diese Gesellschaft dazu über
gehen will, die Autoparkplätze so einzurichten, daß sie
dort Wachmannschaften einstellt, und daß man pro Stunde
30 Pfg., resp. 1 M für den Tag, oder 18 M monatlich
bezahlt. 'Die Stadt als solche bekommt 42%. Soweit
klingt die Vorlage ganz gut. Aber es wird nicht
gesagt, daß die Herstellung des. Straß e n -
l a n d e s für diese Ä u t o p a r k p l ä H e, das heute
im st ä d t i s ch e n Besitz i ft, aus dem Steuer -
sä ck e l der Stadt Berlin bezahlt wird. Diese
Unkosten, die die Stadt aufbringen muß, sind erheblich
größer als bei 42% vielleicht im Laufe von 5 Jähren
aufkommen.
Meine Freunde erklären deshalb, daß sie sich auf
keinen Fall damit einverstanden erklären können, daß
man diese private Gesellschaft bevorzugt. Sollte ein Be
dürfnis in Groß-Berlin als Großstadt vorhanden sein,
Autoparkplätze einzurichten, so haben .wir gar nichts da
gegen. Wir sind aber der Meinung, daß dann die Stadt
das selber übernehmen muß, daß die Stadt sich dadurch
eine neue Einnahmequelle verschaffen kann.
Mir wurde im Ausschuß von einigen Mitgliedern
entgegengehalten, das wäre unmöglich, das ganze Geschäft
wäre ein Risiko, es wäre noch gar nicht vorauszusehen, ob
diese Gesellschaft überhaupt floriert. Die Sache ist doch
auch von einer andern Seite zu beleuchten. Entweder
sind die Aktionäre Idioten, die in der Deutschen Wach-
gejellschaft sitzen, daß sie kein Geschäft machen können,.
oder sie haben keine Erfahrungen, Sie werden doch zu
geben müssen» daß die Deutsche Wachgesellschaft auf
diesem Gebiete ein Stück Erfahrung hat. Sic ver
waltet schon den Autoparkplatz auf dem Messegelände.
Das ist ein Platz, der sehr ertragreich sein muß. Daß
sie aus Liebe zur Stadt und ans Freude darüber, daß sie
als Gesellschaft etwas verliert, dem Vertrag mit der
Stadt zustimmt, das glauben Sie wohl selber nicht.
Wer zwingt denn auf der andern .Seite die Stadt,
vielleicht ein Risikogeschäft zu machen und zahlreiche Auto
parkplätze einzurichten? Niemand! Ebenso, wie die Ge
sellschaft ans Grund der Bedürftigkeit, auf Grund der
Zweckmäßigkeit nach und nach Autoparkplätze einrichtet,
kann die Stadt Berlin es auch machen.
Wenn auf der andern Seite ein Ausschuß in dieser
„verehrten" Versammlung eingesetzt wird, der sich damit
beschäftigen soll, alle Verträge, alle Abschlüsse, die mit
privaten Gesellschaften getätigt sind, einer Nachprüfung
zu unterziehen, dann können wir auf der andern Seite gar
nicht verstehen, daß wir hier in Bausch und Bogen auf
5 Jahre wiederum einer Privatgesellschaft _ eine dicke
Verdienstmöglichkeit überlassen wollen. Wir stellen des
wegen den Antrag, daß die Einrichtung von Autvpark
plätzen unter städtischer Regie geschehen soll. Sollte dieser
Antrag abgelehnt Iverden, haben wir Abänderungsauträge
zu der Vorlage. Diese Abänderungsanträge sind auch
behandelt worden. Es. handelt sich darum, daß wir im
Prinzip nicht für 5 Jahre zu haben sind, sondern, wenn
der Magistrat sich trotz alledem dazu finden sollte, daß man
die Zahl 5 in 3 Jahre ändern muß. Weiter: Hier in
diesen Bedingungen steht, daß die Deutsche Wachgesell
schaft verpflichtet wird, die Arbeiter aus den städtischen
Nachweisen anzufordern. Wir verlangen, daß man das
Wort „sämtliche" einschaltet. Warum? Weil die Praxis
und die Tatsachen erwiesen haben, daß diese Deutsche
Wachgesellschast natürlich nicht das Heer der Erwerbslosen
vermindert, indem sie die Berliner arbeitsuchende Be
völkerung berücksichtigt, sondern daß sie durch private
Empfehlung, ja sogar noch nach altem preußischen Garde-
maß und sonstigen Vorbedingungen die Leute einstellt.
Sie sucht sich natürlich dazu nicht die Leute aus, von
denen sie glaubt, daß sie in ihre Betriebe hineinriechen,
sondern sie zieht gute Freunde, Vettern und Nachbarn
heran, das ist ganz klar. Gegen diese Methode wenden