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Volume Sitzung 40, 2. Dezember 1926

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1926 (Public Domain)

1048 Sitzung ant 2. 
lebhaft bebauest, daß man gerade hier beit Instanzen 
weg nicht gewahrt hat. 
(Stadtv. Merten: Sehr richtig!) 
Wir haben ferner bedauert, das; seinerzeit eine große 
Anzahl von Labeninhabern ihrer Existenz beraubt worden 
sind. Allerdings ist mir gesagt worden, daß in diesen 
Fällen, in denen damals die Laden für den Abbruch 
geräumt werden mußten, erhebliche Llbfindungen gezahlt 
worden sind. Das mag mildernd in die Wagschale 
fallen, aber immerhin ist die Tatsache bedauerlich. 
(Stadtv. Merten: Sehr wahr!) 
Eins muß ich allerdings hier noch ausdrücklich 
betonen; denn es darf doch eine Sache, nicht einseitig 
dargestellt werde». I» Wirklichkeit liegen die Dinge 
doch so, daß man auch mit den Berliner Warenhaus- 
firmen Verhandlungen über den Bauplatz geführt hat. 
Wir bedauern es, daß diese Verhandlungen negativ ver 
laufen sind. Karstadt gibt in der Tat für den Platz einen 
erheblichen Betrag mehr. Das ist bisher hier von keiner 
Seite ausgesprochen worden. Ich halte es aber für 
richtig, daß es hier zum Ausdruck kommt. 
Ferner haben wir ein weiteres bedauert: Die Be 
zirksämter Neukölln und Kreuzberg erheben jetzt gegen 
das Projekt mit Recht schärfsten Protest. Sie hätten 
aber doch bereits in früheren Jahren Gelegenheit gehabt, 
die Fluchtlinie festzusetzen. 
(Stadtv. Krille: Gegen das Projekt nicht, nur 
gegen die Fluchtlittiettfestsetzung!) 
Dann wäre unseres Erachtens die ganze Angelegen 
heit anders gelaufen. 
Was nun die bauliche Veränderung des Hermann- 
platzes selbst anlangt, so glauben wir allerdings, nach 
dem wir unsere Verkehrstechniker gehört haben, daß sie 
nach dem jetzt projektierten Plan als ausreichend zu 
betrachten sein wird. 
Vorst. Haß: Die Beratung ist geschlossen. Das 
Schlußwort hat Herr Kollege Fedler. 
Stadtv. Fedler (DN.) — (Schlußwort): Meine 
Damen und Herren! Die Einwürfe hin und her laste» 
sich zusammenfassen erstens in materielle und zweitens in 
solche offizieller Art. Materiell ist eigentlich gegen dieses 
Projekt nur ausgeführt worden, es sei eine Schande, daß 
dort ein Warenhaus hinkommt, man hätte dort ein 
anderes Haus hinstellen können. 
Meine Damen und Herren! Darüber, was Herr 
Kollege Raddatz gesagt hat von Volkshaus oder städti 
schen Gebäuden, 
(Zuruf: Kirche!) 
läßt sich streite». 
Offiziell ist bemängelt worden, daß die zuständigen 
Bezirksämter nicht gehört worden sind, und zwar die 
Bezirksämter Neukölln und Kreuzberg, und daß es rich 
tiger gewesen wäre, wenn bei diesem großen Projekt auch 
im Verkehrsinteresse eine andere Regelung des Platzes 
Berücksichtigung gefunden hätte. Von beit Sachverstän 
digen ist eindeutig und klar darauf hingewiesen worden, 
daß der Platz in einer Breite von 52 m für die nächsten 
‘20, 30 und 50 Jahre ausreichen wird. Es ist auch immer 
wieder betont worden, daß es immer noch bei dem Be 
zirksamt Neukölln und bei den städtischen Körperschaften 
liegt, die Platzbreite anders anzugeben. 
Gegen den Antrag Saltzgeber muß noch erwähnt 
werden, daß er annimmt, der Magistrat habe den Ver 
trag mit der Firma Karstadt abgeschlossen, während in 
Wirklichkeit die Nordsüdbahngesellschast ihn abgeschlossen 
hat, und für die Nordsüdbahn als Aktiengesellschaft 
treffen lediglich die Vorschriften mit den Einschränkungen 
zu, die der Magistrat für die städtischen Körperschaften 
hestimmt hat. Etwas anderes ist nicht möglich. 
Persönlich möchte ich nun noch Herrn Treffert von 
der Zentrumspartei mitteilen, daß ich bei den Verhand- 
Dezember 1926. 
lnngen vom Magistrat nicht zugegen war und daß ich 
von ihnen genau so überrascht worden bin wie Herr 
Treffert selbst. Daß er mich nicht zu einem Grundstücks- 
sachverständigeu ernannt hat, sondern nur zu einem 
Grundstückshändler, dafür bin ich ihm sehr dankbar. 
Denn ans diesem Gebiete ist er kein Sachverständiger. 
Vorst. Haß: Meine Damen und Herren! Ich 
bitte nun, Platz zu nehmen und aufzuhorchen, wie ich 
abstimmen lassen will. Ich bitte mit Ruhe. 
Wir haben zunächst eine namentliche Abstimmung 
vorzunehmen über den Dringlichkeitsantrag Drucksache 
891. Er lautet in seiner Beschlußfassung: 
„Der Magistrat wird ersucht, sofort in eine Re 
vision der Verträge einzutreten und die Ausführungen 
in der vorgesehenen Form zu inhibieren." 
Wer für diesen Antrag der Zentrnmsfraktion ist, 
hat mit „Ja" zu stimmen, wer dagegen ist, mit „Nein". 
Ich bitte die Herren Schriftführer, die Stimm 
zettel einzusammeln. 
(Geschieht.) 
Wer seinen Stimmzettel noch nicht abgegeben hat, 
bitte ich, das jetzt noch zu tun. Hat noch ein Mitglied 
des Hauses seinen Stimmzettel nicht abgegeben? Die Ab 
stimmung ist geschlossen. Ich bitte die Herren Schrift 
führer, das Resultat festzustellen. 
(Geschieht.) 
In der Zwischenzeit können wir vielleicht eine andere 
Sache erledigen. 
Herr Kollege Kunze wünscht das Wort zur Ge-' 
schaftsordnuug. Ich erteile es ihm. 
Stadtv. Kunze (VS.) (zur Geschäftsordnung): Meine 
Damen und Herren! Unter Punkt 28 der Tagesordnung 
finden Sie einen Antrag, der sich mit der Verflüssigung 
der Kohle beschäftigt. Da dieser Antrag von einer weit 
tragenden Bedeutung ist und mir Zweck hat, wenn er bald 
beraten wird, möchte ich bitten, ihn den übrigen Punkten 
vorweg zu nehmen. England hat bekanntlich schon die 
Lizenz zur Ausnutzung dieser Erfindung. 
(Stadtv. Fritz Lange überreicht dem Redner einen 
Krückstock mit den Worten: Herr Kunze, ist das 
Ihr Knüppel?) 
(Großes Gelächter links.) 
— Der hat Ihnen vielleicht gefehlt, verstehen Sie! 
(Wiederholtes Glockenzeichen.) 
(Vorst. Haß: Einen Augenblick! Wenn der Vorsteher 
klingelt, bitte ich den Redner, seine Rede zu unter 
brechen! Herr Kollege Lange, ich rufe Sie für diese 
Ungehörigkeit zur Ordnung!) 
— Ich möchte nur feststellen, daß Herr Kollege 
Lange auch von außerordentlicher Angst ergriffen war. — 
(Gelächter links.) 
Meine Damen und Herren! Ich wiederhole noch 
einmal: England hat die Lizenz bereits erworben und 
Italien steht im Begriff, sie zu erwerben oder wird sie 
baldigst erwerben. Wenn also überhaupt noch diese Er 
findung für die Allgemeinheit ausgewertet werden soll, 
wenn wir als größte Gemeinde des Reiches einen Druck 
auf die Regierung ausüben wollen, dann muß es bald 
geschehen. Sonst kommen wir zu spät. Darum bitte ich, 
diesen Punkt vor den anderen zu behandeln. 
Vorst. Haß: Ich bitte um Ruhe. — Also, meine 
Damen und Herren, Sie haben gehört, Herr Kollege 
Kunze stellt den Antrag, den Punkt 28 der Tagesordnung 
jetzt vorweg zu nehmen. 
Wer für die Annahme dieses Antrages ist, bitte 
ich, die Hand zu erheben. — 
(Geschieht.) 
Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
	        
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