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pflege nicht nur kommunistische Arbeiter, sondern auch
sozialdemokratische Arbeiter, politisch Indifferente und
Unorganisierte vorhanden sind. Man hat sogar feststellen
können, daß im Kartellverband für Sport- und Körper
pflege auch sozialdemokratische Stadtverordnete als Mit
glieder vertreten sind, die sich ganz entschieden dagegen
verwahren würden, wenn nach der Meinung des Herrn.
.Kollegen Zobel und nach der Meinung der bürgerlichen
Vertreter die Mittel, die die Stadt Berlin dem Kartell
verband für Sport- und Körperpflege zur Verfügung
stellen soll, für politische und kommunistische Propaganda
benutzt werden würden und nicht lediglich als Werbesonds
für die Arbeitersportbewegung.
Herr Kollege Zobel hat schon recht, wenn er sagt,
dieser Antrag entspränge einmal der Tatsache, daß wäh
rend der bürgerlichen Turn- und Sportwoche die bür
gerlichen Sportorganisationen int besonderen durch den
jVerwaltnngsapparat der Stadt Berlin in ihrer Werbe
tätigkeit ganz besonders gefördert worden sind. Leider
war es mir nicht vergönnt, als über die Frage der
'Berliner Turn- und Sportwoche verhandelt wurde, hier
anwesend fein zu können. Ich möchte nun, nachdem das
Stenogramm vorliegt, ans folgende Dinge hinweisen:
Ich nehme Bezug ans die Erklärung des Herrn
Oberbürgermeisters, in der zum Ausdruck kam, daß an
der Verweigerung der Spiel- und Sportplätze gegenüber
den Arbeitersportorganisationelt während der bürgerlichen
Sportwoche nicht die Verwaltung der Stadt Berlin:
schuld wäre, sondern die Dezernenten der einzelnen Be
zirke, und zwar nach der Meinung des Herrn Oberbürger
meisters die Dezernenten in Lichtenberg und in Neu
kölln. Und tvelche Dezernenten sind das? Das sind die
Dezernenten, die der Sozialdemokratischen Partei an
gehören, die nämlich den Arbeitersportlerit während der
Berliner Turn- und Sportwoche diese Plätze sperrten.
(Bei den Kommunisten: Hört, hört!)
Sv steht die Sache nach den Ausführungen des Herrn
Oberbürgermeisters. Wir werden, da ein Widerspruch Hott
seiten der Sozialdemokratischen Fraktion bei dieser Frage
nicht erhoben worden ist, die Bezirkskartelle anweisen,
durch geeignete Anfragen in den Bezirksversammlungen
festzustellen, ob diese Ausführungen des .Herrn Ober
bürgermeisters stimmen oder ob das Stadtamt für Leibes-
Übungen dahinter steht. Das scheint so. Denn darüber
hinaus, meine Damen und Herren, haben wir festge
stellt, dem auch im Ausschuß nicht widersprochen wurde,
daß im Stadtamt für Leibesübungen während der Dienst
zeit für die bürgerliche Turn- und Sportwoche berge
weise Diplome ausgeschrieben worden sind.
(Zurufe.)
— Jawohl, das wiederhole ich. — Ich habe mit aller
Deutlichkeit darauf hingewiesen, daß das während der
Dienststuuden gemacht worden ist. Aber man hatte dafür
die Entschuldigung, daß die während der Dienstzeit ver
loren gegangenen Stunden des Abends durch Ueber-
stunden nachgeholt worden sind. Das ist etwas, was wir
nicht kontrollieren können, denn >oir sind nicht dagewesen,
also müssen wir es glauben. Aber wir stellen fest, daß
der ganze Apparat der Stadt Berlin hier dieser Turn-
ttttd Sportwoche zur Verfügung gestanden hat, ans der
andern Seite sind bett Arbeiter-Turn- und Sportorgani
sationen auch mit Hilfe der Dezernenten in den Be
zirken oder mit Hilfe des Stadtamts für Leibesübungen
für 2, 3 Tage die Sportplätze zur Ausübung ihres
Sports entzogen worden. Eine Bevorzugung der bürger
lichen Turn- und Sportbelvegung ist nicht nur aus Anlaß
der bürgerlichen Turn- und Sportwoche erfolgt, sondern
darüber hinaus ist auch eine Bevorzugung besonders
in den letzten Jahren eingetreten, wv die Arbeitermehr
heit hier in diesem Hause vorhanden ist. Fast allenthalben
ist die bürgerliche Sportbewegung insbesondere vom Ma
gistrat bevorzugt worden. Das sind Dinge, die Ihnen
allen bekannt sind. Welcher Arbeiter-Turn- und Sport
verein in Berlin hat in diesem Jahre auf städtischem
November 1926.
Grund und Boden oder auch auf von Berlin gepachtetem
Grund und Boden und mit Hilfe städtischer Mittel irgend
einen Sportplatz zur Verfügung gestellt bekommen? Wir
stellen drei Tatsachen fest. Da ist erstens der Vierein für
Leibesübungen Eharlottenburg, zweitens der Tennisklnb
Grün-Gelb, wo Sie zum größten Teil selbst bei der Ein
weihung teilgenommen haben, dann der Sportklub Ehar-
lottenburg. Diese bürgerlichen Sportorganisationen haben
auf Boden der Stadt Berlin, der entweder gepachtet
worden ist oder der Stadt Berlin gehört, mit städtischen
Mitteln Sportplätze hergestellt bekommen. Was haben
die Arbeitersportler bekommen?
Ich stelle ferner die Tatsache fest, daß die
Stadt Berlin dem Reichsausschüß für Leibesübungen für
das Sportforum, nicht direkt, sondern indirekt, Mittel
zur Verfügung gestellt-hat. Einmal, als es nicht über
die Stelle des Stadtamts für Leibesübungen ging, hat
man die Geschichte über die Tiefbaudeputatkon: gemacht,
indem man für das Sportforum eine besondere Straße
auf Kosten der Stadt Berlin hat herstellen lassen. Ich
stelle die Frage: Was hat man für die Arbeiter-Turn- und
Sportbewegung wählend dieser Zeit übrig gehabt? Nichts
hat man übrig gehabt.
(Zuruf des Stadtv. Dx. Caspar!.)
Ich komme noch daraus, Herr Kollege Caspari, der Sie
ja bekanntlich so mit der Neutralität Ihrer Sportbewe
gung in der letzten. 'Sitzung losgezogen sind und beson
ders sich Herr Kollege Zobel einen Kronzeugen, den
„Vorwärts" herausgegriffen hat. Ich habe den Kron
zeugen auch heute hier. Es ist nicht mein sondern Ihr
Kronzeuge. Vielleicht sagen Sie nach der neutralen
Zeitung der bürgerlichen Turit- und Sportbewegung
hier zu dem Kronzeugen ein anderes Wort.
Ich stelle fest, daß mit.Hilfe von städtischen Geldern
der Reichsausschuß für Leibesübungen, nämlich die zu
sammengefaßten Organisationen der bürgerlichen Sport
bewegung, ganz besonders bedacht worden ist, während die
Arbeiter-Turn- und Sportbewegung zum größten Teil
mit ihren Anträgen eine Ablehnung erfuhr, und zwar
wurden die Anträge mit .Hilfe der Sozialdemokraten
abgelehnt.
(Hört, hört!)
Eine der wichtigsten Aufgaben ist es' im letzten Aus
schuß gewesen, daß, nachdem alle Argumentationen nicht
mehr zogen, Herr Kollege Zobel wohl 10 Exemplare des
„Vorwärts" herausnahm, um damit den Sozialdemo
kraten die „Rote Fahne" recht gruselig zu machen. Sehr
typisch ivar ja der Aussprnch, als ein .Herr von der bür
gerlichen Seite fragte: „Ja, meine Herren, lvas wollen
Sie denn? Sind Sie Republikaner, dann müßten Sie
zur schwarz-rot-goldenen Fahne stehen. Aber bei Ihnen
scheint die Geschichte so zn sein. Wenn Sie durchaus
sich hinter die Arbeitersportler verschanzen wollen, dann
haben Sie bloß noch Ihre „Rote Fahne" hinten im
Rockschoß zn stecken." Sehr typisch war dieser Aussprnch,
mit welchen Mitteln man versuchte, die Arbeitermehrheit,
die Sozialdemokraten, zu bewegen, nicht diesem Antrag
der Arbeiterspvrtbewegung zuzustimmen. Dazu einige
Argumente von dem Kronzeugen, den Sie, Herr Kollege
Zobel, in diesem Ausschuß angewandt haben. Derselbe
Kronzeuge, den Sie im Ausschuß gegenüber der Sozial
demokratie auszuspielen versuchten, schreibt in der
Nummer 459 vom 29. Oktober 1925, kurz vor der Stadt
verordnetenwahl nach einem Artikel in der „Roten
Fahne", der sich mit dem Stadtamt für Leibesübungen
beschäftigte, in seinem Schlnßabsatz folgendes: „Die
Arbeitersportler, denen die Fähigkeit noch erhalten ge
blieben ist, politisch selbständig denken zu können, werden
daraus die notwendige Lehre ziehen und durch die Wahl
von Sozialdemokraten dafür sorgen helfen, daß die
Arbeitersportsache im Rathaus die ihr gebührende Beach
tung findet."
Meine Herren Sozialdemokraten, ist das die „ge
bührende Beachtung" gewesen, die der Arbeitersport