Sitzung am 29.
kommen haben, diese Schwierigkeiten sehr schnell be
seitigt werden.
(Hört, hört!)
Wir bedauern ganz außerordentlich, daß es im
Aufwertungsausschuß des Reichstages bisher nicht
möglich gewesen ist, trotzdem die Deuschnationale
Partei einen dahingehenden Antrag gestellt hat, die
Hemmnisse zu beseitigen, die bisher einem enermschen
Vorgehen auf diesem Gebiete entgegenstanden. Wir
haben ja leider die Erklärung des Ausschusses — wir
wissen, daß trotzdem vielleicht auch einzelne Persön
lichkeiten der Deuschnationalen Partei anders den
ken —, daß die wirtschaftlich potenten und maßgeben
den Kreise auf der rechten Seite ja gar nicht daran
denken, eine Aufwertung vorzunehmen. Wir haben
heute morgen in der Presse noch die Erklärung der
bei uns in Deutschland sozusagen maßgebenden Kreise;
des Reichslandbundes, des Reichsverbandes der In
dustrie und aller Spitzenverbünde der wirtschaftlichen
Organisation gesehen. Diese Herren denken doch gar
nicht im geringsten daran, irgendwelche Opfer zu
bringen oder von dem, was sie in der Inflationszeit
haben in ihre Taschen stecken können, irgendetwas i
herauszugeben.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion steht
nach wie vor auf dem Standpunkt, den mir bei der
ersten Beratung dieser Angelegenheit hier auch ver
treten haben. Wir werden unbedingt mit allen
Mitteln uns dagegen wehren, daß die Aufwertungs
aktion eine Aktion zu Gunsten von Aufwertungs
gewinnlern und von Börsenspekulanten wird. Da
gegen werden wir uns unter allen Umständen wehren.
Aber abgesehen davon werden wir mit allen
Mitteln dafür eintreten, daß namentlich unbedingt
den Sparern wieder ihr Recht wird, daß sie unbedingt
wieder zu dem kommen, was sie in der Inflations
zeit verloren haben.
Wir bitten deshalb, diesem unserem Antrage zu
zustimmen und mit dafür einzutreten, daß diese von
uns begonnene Aktion planmäßig weiter fortgeführt
werden kann.
Wir behalten uns, Herr von Eynern, bei der
Etatsberatung für das kommende Jahr 1925/26 wei
tere Maßnahmen vor und wir hoffen, daß wir dann
gemeinsam marschieren werden. Bor allen Dingen
hoffen wir, daß dann durch Ihre Regierung uns die
Situtation etwas erleichtert fein wird.
Sfabfo. von Eynern: Meine Damen und Herren!
Wir hatten die Hoffnung, daß wir jetzt über eine po
litische Aussprache hinwegkommen würden. Das wäre
auch bei der Lage unserer Geschäfte in der vorge
rückten Stunde besser. Ich möchte dazu beitragen, in
dem ich den geschäftsordnungsmäßigen Antrag stelle,
diese Vorlage samt den Anträgen, die gestellt sind
und die wir ja in ihrer Tragweite doch jetzt nicht
übersehen können, einem Ausschuß zu überweisen.
Dann können wir die politischen Reden, die an
scheinend gehalten werden sollten und die wir dann
natürlich auch gern halten möchten, nach der Aus
schußberatung halten. Das wäre dann vielleicht auch
richtiger, die Ansichten haben sich jbann vielleicht ge
ändert.
Sfabfo. Dr. Steiniger: Ich möchte zu den Worten
des Herrn Reuter nur sagen, daß ich seine Hoffnung
voll und ganz teile, daß unsere Regierung dem
nächst die Hindernisse beseitigt.
Sfabfo. Dörr: Zu dem Geschästsordnungsantrage
des Herrn von Eynern würde ich doch Bedenken
haben, die Sache einem Ausschuß zu überweisen.
Wir haben üble Erfahrungen mit langen Ausschuß
sitzungen gemacht und selten einen besonderen Erfolg
von diesen Ausschußsitzungen gesehen. Nachdem Herr
von Eynern seine politischen Bemerkungen hier vor
gebracht hat
(Stadtv. von Eynern: Gar nicht, was habe ich denn
gesagt?)
— Cs ist einiges von Ihnen gesagt worden, was S i e
. Januar 1925, 77
wahrscheinlich als stellvertretender Vorsteher -als nicht
zur Geschäftsordnung nicht hätten durchgehen lassen.
(Vorst.-Stellv. Dr. Caspar!: Es wird hier nicht zur
Geschäftsordnung gesprochen, Herr Dörr!)
— Herr Dr. Caspar!, ich denke gar nicht daran, die
Art Ihrer Geschäftsordnung zu kritisieren. —
Ich würde aber vorschlagen, daß dieser Antrag
des Herrn von Eynern abgelehnt wird.
Sfabfo. Keufet: Meine Damen und Herren! Ich
halte die Ueberweisung der Sache an den Etats
ausschuß durchaus nicht für notwendig. Die Sache
ist in ihrer Tragweite durchaus zu übersehen und für
jeden, der die Vorlage gelesen hat, ist es auch ungefähr
klar, um welche Objekte es sich handelt. Im übrigen
bin ich der Meinung, wenn wir Rathäuser für Zeh
lendorf, Tiergarten, Tempelhof und für andere Ge
genden, wo sie auch meiner Ueberzeugung nach voll
kommen überflüssig sind, bewilligen können mit Ihrer
Unterstützung, dann können mir auch diese Sache so
fort erledigen.
(Links: Bravo!)
Ich glaube, das ist absolut möglich. Ich würde des
halb bitten, die Sache nicht an den Etatsausschuß zu
überweisen, sondern sie samt den beiden Anträgen
heute zu erledigen.
Sfabffämmerer Dr. fiatbing: Meine Damen und
Herren! Wenn die in den Anträgen vorgesehene Er
weiterung der Aktion ohne Ausschußberatung an
genommen wird, so ist die Aktion bur*führbar,
weil die Mittel dafür nicht ausreichen. Wenn im
Ausschuß erneut über eine solche Erweiterung ge
sprochen werden wird, dann wird der Ausfluß auch
überlegen müssen, wie die Finanzierung weiterge
hender Maßnahmen möglich sein wird.
(Zuruf links: Dann bauen wir ein Rathaus weniger!)
Ich möchte doch anheimgeben, ob nicht in dem
gegenwärtigen Umfange mit den früher bewilligten
Mitteln die Aktion durchgeführt werden kann, was
sofort geschehen soll, und die Erweiterungsanträge
dazu verwendet werden können, weitere Vorlagen
vom Magistrat zu verlangen.
Sfabfo. von Eynern: Meine Damen und Herren!
Es hilft doch nun nichts, sogar der Herr Kämmerer
hat Bedenken, ob das Geld reicht. Da bleibt uns, da
wir doch die Aktion fördern wollen, vieleicht folgender
Ausweg:
Wir nehmen die Vorlage in dem alten Mindest
maße an — das wollen doch wohl alle — und die
Anträge überweisen wir dem Etatsausschuß. Dann
werden wir sehen, ob wir noch weiter gehen wollen.
(Zuruf: Gut!)
Docff.-Sfelfo. Dr. Eafpari: Damit ist die erste
Beratung geschlossen. Ich eröffne die zweite Beratung.
Das Wort hat der Herr Stadtv. Dörr.
Sfabfo. Dörr: Für alle die zur Debatte stehenden
Auswertungsfragen noch einen Hinweis: Man denkt
allzusehr, daß diejenigen, die geschädigt sind, nur
dadurch, daß sie Sparkassenbücher in der Hand hatten,
daß sie Besitzer von Hypotheken usw. waren, daß sie
Stadtanleihe oder Kriegsanleihe gezeichnet hatten, ge
schädigt sind. Zweifellos find doch aber in der Kriegs
zeit sowohl als auch in der darauf folgenden Infla
tionszeit auch diejenigen geschädigt worden, und zwar
schwerer geschädigt als die kleinen Sparer, die keines
wegs im Besitz irgendwelcher Mittel gewesen sind.
Wir werden die vorliegende Vorlage ablehnen,
weil wir diese Kreise, die Sie sich vorgenommen
haben, zu entschädigen, für viel zu klein halten. Wir
sind der Meinung, man soll in allererster Linie Er
werbslose, die in der Inflationszeit erwerbslos waren,
man soll vor allen Dingen diejenigen, die Kriegs
krüppel geworden sind, entschädigen. Das find alle
diejenigen, die unter der unheilvollen Politik des
ehemaligen Kaiserreichs und nachher der sozialdemo
kratisch-deutschvolksparteilichen Regierung gelitten