814 Sitzung am 15.
Stabtb. Gabel (zur Geschäftsordnung): Meine
Damen und Herren! Ich verstehe den Herrn Kollegen
Merten nicht. Er verlangt, eine einfache klare Sache
einem Ausschuß zu überweisen. Ueber die Zuteilung
des Herrn Kollegen Qualitz ist bereits in der ersten
Versammlung, als wir zu dem Gegenstände Stellung
nahmen, meines Erachtens genügend diskutiert worden,
und ich glaube, die Angelegenheit kann sofort ohne
irgendeine Ausschußberatung erledigt werden. Aber,
Herr Kollege Merten, es wäre besser, wenn Sie doch
die Wahrheit gesagt hätten. — Entschuldigen Sie, ich
will damit nicht sagen, daß Sie gelogen haben, bei
Ihrer Stellung kommt etwas derartiges natürlich nicht
vor. Es wäre aber besser gewesen, Sie wären etwas
deutlicher geworden, warum Sie die Angelegenheit ver
schleppen wollen, nämlich aus demselben Grunde, aus
dem Herr Qualitz durch Sie nicht dem Bezirk Tier
garten zugewiesen wurde.
Nun zu der anderen Sache, die mir wichtiger er
scheint als die Zuweisung des Herrn Kollegen Qualitz
zum Bezirk Tiergarten. Der Herr Kollege Merten be
hauptet, es sollen heute nur Anträge beraten werden.
Ich habe nichts anderes verlangt. Ich habe nur ver
langt, daß die Form der Beratung, welche Anträge
zuerst beraten werden sollen, festgelegt wird.
Meine Damen und Herren! Wir dürfen nicht ver
gessen, daß die vorliegenden Anträge, die ich benannt
habe, zum großen Teil dringliche Anträge
waren, die nur wegen Ihrer besonderen Nächstenliebe
zurückgesetzt wurden, weil Sie Einspruch gegen die so
fortige Beratung eingelegt haben. Bon einer Durch
brechung der Verabredung kann nicht die Rede sein,
es würde hier absolut nichts geändert, sondern es soll
nur die Form festgelegt werden, welche Anträge zuerst
beraten werden sollen. Es wird ja niemand im Hause
sein, der bestreiten wird, daß gerade diese Anträge, die
unsere wirtschaftliche Not und die Erwerbslosen be
treffen, sehr wichtig und dringlich sind.
Stadtb. Goß (zur Geschäftsordnung): Nur einige
Worte, meine Damen und Herren, zu dem Antrage des
Herrn Kollege Merten. Ich beantrage, ihn abzulehnen.
Die Ueberweisnng des Herrn Kollegen Qualitz ist bereits
im Ausschuß verhandelt worden, und es wurde von
mehreren Parteien erklärt, sofern Herr Qualitz den
Nachweis erbringe, daß er im Bezirk Tiergarten wohne,
werde er von der Stadtverordnetenversammlung dorthin
überwiesen. Ich bitte also, die Ueberweisnng vorzu
nehmen, weil der Fall längst im Ausschuß erledigt ist.
Vorst.-Stellb. Meyer: Die Geschäftsordnungs
debatte ist geschlossen.
Von dem Herrn Stabtb. Gäbel ist beantragt wor
den, abweichend von den Beschlüssen des Aeltestenaus-
schusses vorzugehen und vorweg zu nehmen die Punkte
10, 43, 44, 50, 51 und 52. Diesem Antrage kann nur
stattgegeben werden, wenn eine Zweidrittelmehrheit
sich darauf vereinigt. Ich bitte diejenigen Mitglieder,
die für den Antrag stimmen, die Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen dann zu den Punkten 22 bis 25 der
Tagesordnung:
Punkt 22:
II. Beratung der Vorlage, betr. Gewährung von Vor
schüssen an die Beamten, Angestellten und Arbeiter
— Drucks. 701 it. 797a —.
Hierzu
II. Beratung des Antrages der Stadtb. Dethlcfssen
und Parteifreunde, betr. Richtlinien über Gewäh
rung bon Vorschüssen an Beamte und Angestellte
— Drucks. 743 u. 797 b —,
Punkt 23:
II. Beratung der Vorlage, betr. Vorschriften über
Dienstwohnungen der Beamten der Stadt Berlin
Drucks. 727 u. 798 —,
Punkt 24:
II. Beratung der Anträge
a) der Stadtb. Gäbel und Gen., betr. Gewährung
einer einmaligen Teuerungszulage bon 150 M
Dezember 1925.
an städtische Arbeiter, Tarifangestellte, Beamte,
Festangestellte, Wartegeld- und Ruhegeldemp
fänger sowie Pensionäre und Hinterbliebene —
Drucks. 741 it. 799 ;
b) der Stadtb. Rich. Kunze, Danicke, Jordan,
Kruczkowski, Pein und Hottnette, betr. Bereit
stellung bon Mitteln für eine einmalige Teue
rungszulage bon 50 JH an alle städtischen Ar
beiter, Angestellten und alle Beamten der Ge
haltsstufe i—6 — Drucks. 713 it. 799 —,
Punkt 25:
der Stadtb. Merten und Parteifreunde, Schwarz und
Parteifreunde, Dr. Saltzgebcr und Parteifreunde
und Müller-Franken u. Kollegen, betr. Vorberei
tungen für eine etwaige Erhöhung der Gehälter
bezw. Bezüge der städtischen Beamten, Angestellten
und Arbeiter — Drucks. 744 it. 800 —.
Das Wort als Berichterstatter hat Herr Stadtv.
Dr. Caspari.
Berichtcrst. Stadtb. Caspari: Meine Damen und
Herren! Unter Nr. 22 bis 25 finden Sie eilte Reihe
von Vorlagen und Anträgen, die sich mit den Beamten
beschäftigen und die im Ausschuß für die Beamten und
Angestellten vorberaten worden sind. Zum größten
Teile beschäftigen sie sich mit der augenblicklichen Not
lage der Beamtenschaft. Daraus fällt nur heraus der
Punkt 23, eine Vorlage zur Kenntnisnahme, betr. Vor
schriften über die Dienstwohnungen der Beamten der
Stadt Berlin. Ich darf diesen Punkt vorausnehmen.
Der Magistrat hatte im vorigen Jahre — nach
Benehmen mit dem Ausschuß der Stadtverordneten
versammlung — Richtlinien für die Dienstwohnungen
der Stadt Berlin herausgegeben. Die Stadtverordneten
versammlung war mit diesen Richtlinien einverstanden
und ebenso die Beamtenschaft in allen ihren Teilen. Es
hat sich aber bei der Durchführung herausgestellt, daß
eine Bestimmung zu Mißständen Anlaß gab. Das war
die Bestimmung, daß den Beamten ein Nachlaß auf
ihre Miete gewährt wird für die Nachteile, die das
Wohnen in der Dienstwohnung hat, bis zu Vx des
Mietpreises. Das ist von den Bezirksämtern ganz außer
ordentlich verschieden gehandhabt worden, so daß der
Nachlaß im Durchschnitt nur 19% betrug, was nicht
im Sinne des Magistrats und nicht im Sinne der Stadt
verordnetenversammlung lag. Der Magistrat ist deshalb
dazu übergegangen, diesen Abschlag auf 25% fest zu
beziffern. Im Ausschuß ist dagegen von zwei Seiten
Widerspruch erhoben worden. Die Mehrheit hielt aber
die Stellungnahme des Magistrats für richtig. Sie
glaubte nur, darüber hinausgehen und den Magistrat
bitten zu sollen, in ganz besonders gelagerten Fällen
zu genehmigen, daß bis zu einem Drittel des Miet
preises erlassen werden dürfte. Wie gesagt, soll das nur
für ganz besondere Ausnahmefälle gelten, insbesondere
für die Fälle, in denen Schulhausmeister in ganz alten
schlechten Schulen Kellerwohnungen bewohnen, für die
die auch nach den Richtlinien bemessene Miete allzuhoch
erscheinen würde. Der Ausschuß schlägt Ihnen danach
vor, ztt beschließen:
Die Versammlung hat von der Vorlage, betr.
die Vorschriften über die Dienstwohnungen der Be
amten der Stadt Berlin Kenntnis genommen und
ersucht dabei den Magistrat, dem § 2 Ziff. 2 der
Dienstwohnungsvorschriften folgenden Zusatz zu
geben:
Die bisher vorgesehene Ermäßigung bis zu %
des Friedenswertes bleibt in ganz besonders vom
Magistrat festzustellenden Fällen aufrecht erhalten.
Dadurch, daß der Magistrat zu entscheiden hat,
wird die Einheitlichkeit in ganz Berlin gewährleistet.
Der Ausschuß hat ferner noch dem Magistrat gegen
über zum Ausdruck gebracht, daß er es begrüßt, daß
der Magistrat eine Beschwerdestelle eingerichtet hat für
Dienstwohnungstnhaber, die dazu bestimmt ist, Miß
griffe der Bezirksämter zu beseitigen, die in einzelnen
Fällen vorgekommen sind.
Ich komme nun zu Nr. 22: Vorlage zur Kenntnis
nahme, betr. Gewährung von Vorschüssen an die Be
amten, Angestellten und 'Arbeiter. Diese Vorlage bezieht
sich ans einen Beschluß, den die Stadtverordnetenver
sammlung im vorigen Jahre gefaßt hatte und der den