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Volume Sitzung 34., 8. Oktober 1925

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1925 (Public Domain)

680 Sitzung ant 8. 
Haltsetats alle notwendigen Dinge zur Sprache bringen 
und dafür sorgen, das; die erforderlichen Mittel zur 
Verfügung gestellt werden, daß wir aber nicht im letzten 
Moment Vorlagen, die uns allen am Herzen liegen, 
von einer Partei ans so betonen, als wenn sie allein 
die Interessen der Stadt Berlin zu vertreten hätte. 
(Rechts: Sehr richtig und Beifall.) 
Stadtv. von Ehnern: Meine sehr verehrten Damen 
und Herren! Wenn dem schönen Beispiel, bas uns 
die Demokratische Partei hier gegeben hat, alle folge» 
wollten, dann werden wir recht lustige letzte Sitzungen 
in dieser sterbenden Stadtderordnete»Versammlung er 
leben. 1 ' 
Selbstverständlich werden meine Freunde dem An 
trage der Demokratischen Partei zustimmen. Warum 
sollten wir denn auch nicht? Damit übernimmt man 
ja gar keine Verantwortung und macht sich beliebt. 
Man fordert den Magistrat ans, eine Vorlage ;u machen 
und überläßt es dann dein Magistrat, zu untersuchen, 
wo die Mittel zur Deckung herkommen sollen. Kommt 
dann der Magistrat schließlich auf den Gedanken, die 
Hundesteuer zu erhöhen oder sonst i'gend etwas vorzu 
schlagen, tvas wir alle ihm abgelehnt haben, dann wird 
man auch dagegen stimmen, aber das kommt ja dann erst 
nach den Wahlen. Da kann man dann machen, tvas 
man will, denn man ist vier Fahre sicher. Meine 
Damen und Herren, warum wollen wir denn nicht ein 
mal den Antrag stellen, für 4 Millionen neue Kranken 
häuser zu baue». Wir gehen einer sehr gefährlichen 
und sehr bedenklichen Not entgegen. Wir wissen nicht, 
wie wir diese Katastrophe, die uns droht, abwenden 
sollen. Es ist die beste Gelegenheit, jetzt einen solchen 
Antrag zu stellen, der Magistrat soll eine Vorlage 
machen. Wir brauchen uns dann über die Deckung 
gar nicht ,zn unterhalten, das mögen die tun, 
die da auf den Listen stehen und die gewählt werde». 
Meine Damen und Herren! Die ganze Sache ist 
um so seltsamer, als wir doch diesen Etat mit einer in 
diesem Hanse seltenen Einmütigkeit angenommen haben. 
(Rechts: Sehr richtig! Sehr wahr!) 
(Zuruf: Kompromiß!) 
Wir haben gewiß alle mit unserm innersten Empfinden 
einen Kompromiß schließen müssen, als wir uns ent 
schlossen, im Interesse ber Steuerzahler nicht mehr 
Ausgaben in den Etat einzusetzen. Da haben wir alle, 
jeder ans seinem Gebiete, die Herren, die bei uns die 
Schulen vertreten, genau so. lote die, die in andern 
Parteien die Schulen vertreten, manchen Wunsch zurück 
stellen müssen. Und jetzt, was liegt denn vor? Wir 
erfahren, daß der Herr Stadtschulrat, ohne eigentlich 
die Genehmigung zu haben, 800 000 M ausgegeben hat. 
(Zuruf: Außerhalb des Etats!) 
Außerhalb des Etats. Damit, glaub' ich, hat dieser 
Stadtschulrat soviel an Berantwo-tnng übernommen, wie 
vielleicht nicht so leicht ein jeder in dieser Stelle an 
Verantwortung zu übernehmen bereit sein wird. Wir 
wollen ihm und idem Magistrat Indemnität dafür 
erteilen, wir wollen es genehmigen, weil die Ausgaben 
dringend waren. Aber, meine Damen und Herren, 
jetzt den Magistrat aufzufordern, noch weit darüber 
hinauszugehen, das ist doch eine Praxis, die einigermaßen 
merkwürdig anmutet und die nur duirch eine-gewisfe 
Wahlpshchose ihre Erklärung findet. 
(Stadtv. Dr Kirchner: Sehr richtig!) 
Meine Damen und Herren, diese Wablvsvchose ist 
mir da bei der Demokratischen Partei sehr erklärlich, 
(Rechts: Sehr richtig!) 
denn wer ans dem Gebiete des inneren Schulwesens, 
nämlich der geistigen Leistung unserer Schulen der Zu 
kunft, unserer christlichen Volksschulen der Zukunft, der 
Kindererziehung und der Entwicklung unseres Schul 
wesens derartig versagt hat, wie die Demokratische Partei, 
(Sehr richtig! bei der V. P.) 
der hat allerdings allen Grund, seinen künftigen Wäh 
lern oder Nichtwählern ein kleines Feuerwerk bei dem 
äußeren Schulwesen vorzumachen. 
(Rechts: Sehr richtig!) 
Oktober 1925. 
Nein, meine Damen und Herren, wenn Sie die 
Turnhallen abhobeln lassen, daß die Kinder da ans 
Strümpfen herumlaufen können — nota bene, wir haben 
es früher nicht gedurft, auf Strümpfen durch die Turn 
halle zu laufen , wenn Sie die Turnhallen abhobeln 
lassen und neue Bohlen legen, so werden Sie damit 
das nicht wieder gutmachen, was Sie damit gesündigt 
haben, als Sie damals bei der Abstimmung des Schul 
rats so versagten. Das schreibe ich Ihnen ins Stamm 
buch. 
(Lachen. — Zurufe. — Lärm.) 
Das erzählen Sie Ihren Wählern und sagen Sie ihnen: 
anstelle dessen haben wir ihnen aber heute eine Vor 
lage gebracht, es soll 1 Million mehr ausgegeben werden 
für glatte Bohlen in den Turnhallen und für Renovation 
und Ausstattung der Schulklassen. Ich glaube, die christ 
liche Elternschaft wird ans derartige kleine Wahlmanöver 
nicht hineinfallen, sondern Ihnen die Quittung geben, 
die Sie verdienen. 
(Lebhafte Zustimmung rechts. — Bravorufe.) 
Stadtv. Dr. Hildebrandt: Meine Damen und 
Herren! Die Aufregung auf der rechten Seite ver 
stehe ich gar nicht. 
(Stadtv. Dr. Wehl: Aber Herr Hildebrandt, seien 
Sie doch nicht so naiv!) 
(Lärm. — Glocke.) 
(Vorsteher Haß: Ich bitte doch die Herren, ihre 
Plätze einzunehmen!) 
Zunächst möchte ich folgendes einmal feststellen: 
lInt Stadthaushaltsausschuß habe ich bereits — 
ich glaube, der Herr Stadtschulrat ist ja wohl h er — . . . 
(Stadtv. Urich: Wo ist er beim ? Er hat keine Zeit 
dafür!) 
der Vertreter des Herrn Stadtschulrats. >— ^ 
(Zuruf des Stadtv. Dr. Wehl.) 
Ich berufe mich auf Herrn Benecke, daß ich bereits 
im Stadthanshaltsausschuß, als von Neuwahlen noch 
keine Rede war, ebensowenig vom Stadtschulrat und 
all den schönen Dingen, die uns die Herren Kollegen 
Dr. Kirchner und von Ehnern erzählt haben, darauf 
aufmerksam gemacht habe, daß der Zustand unserer 
Schulen ein derartiger ist. daß es unmöglich sei, in 
dieser Weise weiter zu wirtschaften. 
(Zuruf rechts: Da brauchen Sie nicht erst zu 
kommen und es uns erzählen!) 
Im übrigen haben nicht w i r das schöne Beispiel ge 
geben, von dem vorhin erzählt wurde und bei dem 
uns vorgeworfen wurde, wir betreiben Wahlmache, 
(Zurufe.) 
sondern der Magistrat hat uns ja selber diese Vorlage 
über die 800 000 M gemacht. Nun, meine Damen 
und Herren, wo 800 000 M so leicht zu beschaffen 
waren, da muß der Magistrat auch die übrigen not 
wendigen Mittel hernehmen. 
(Lachen rechts. Zurufe.) 
Was nun die Abstimmung über den Stadtschulrat 
betrifft, so war mein Material bereits, wie sich hier 
wahrscheinlich mich das Büro entsinnen wird, vor vier 
zehn Tagen, in Wahrheit aber bereits vor acht Wochen 
fertig. Ich habe allerdings die unangenehme Gewohnheit, 
wenn ich Dinge hier vertreten will, diese Ding' bis ins 
Einzelne vorzubereiten, ohne jede Rücksicht auf kom 
inende Wahlen. 
(Rechts: Hört, hört! Zuruf: Unschuldsvoller Eng"!!) 
lIch werde nun dauernd gefragt, woher wir die 
Summe nehmen. 
(Zurufe links.) 
Meine Damen und Herren! Wenn wir hier irgend 
eine Vorlage bekommen, beispielsweise über ein anzu 
schaffendes Druckrohr, daun hört man so nebenbei, die 
5 Millionen, die dafür notwendig sind, sind bereits da. 
Nun, ich habe Ihnen hier im iganzen vorgerechnet 
1725 000 M. Es kommt ja ans eine Kleinigkeit bei 
großen Geistern, wie bei Ihnen, Herr Kollege Kirchner, 
gar nicht an. 
(Zurufe rechts. — Lachen.) 
Also, Herr Kollege von Ehnern, ich habe in dem 
Antrage keine Summe genannt, sondern es handelt 
sich hier nur um die unbedingt notwendigen Mittel. 
(Zuruf des Stadtv. von Ehnern.)
	        
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