680 Sitzung ant 8.
Haltsetats alle notwendigen Dinge zur Sprache bringen
und dafür sorgen, das; die erforderlichen Mittel zur
Verfügung gestellt werden, daß wir aber nicht im letzten
Moment Vorlagen, die uns allen am Herzen liegen,
von einer Partei ans so betonen, als wenn sie allein
die Interessen der Stadt Berlin zu vertreten hätte.
(Rechts: Sehr richtig und Beifall.)
Stadtv. von Ehnern: Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Wenn dem schönen Beispiel, bas uns
die Demokratische Partei hier gegeben hat, alle folge»
wollten, dann werden wir recht lustige letzte Sitzungen
in dieser sterbenden Stadtderordnete»Versammlung er
leben. 1 '
Selbstverständlich werden meine Freunde dem An
trage der Demokratischen Partei zustimmen. Warum
sollten wir denn auch nicht? Damit übernimmt man
ja gar keine Verantwortung und macht sich beliebt.
Man fordert den Magistrat ans, eine Vorlage ;u machen
und überläßt es dann dein Magistrat, zu untersuchen,
wo die Mittel zur Deckung herkommen sollen. Kommt
dann der Magistrat schließlich auf den Gedanken, die
Hundesteuer zu erhöhen oder sonst i'gend etwas vorzu
schlagen, tvas wir alle ihm abgelehnt haben, dann wird
man auch dagegen stimmen, aber das kommt ja dann erst
nach den Wahlen. Da kann man dann machen, tvas
man will, denn man ist vier Fahre sicher. Meine
Damen und Herren, warum wollen wir denn nicht ein
mal den Antrag stellen, für 4 Millionen neue Kranken
häuser zu baue». Wir gehen einer sehr gefährlichen
und sehr bedenklichen Not entgegen. Wir wissen nicht,
wie wir diese Katastrophe, die uns droht, abwenden
sollen. Es ist die beste Gelegenheit, jetzt einen solchen
Antrag zu stellen, der Magistrat soll eine Vorlage
machen. Wir brauchen uns dann über die Deckung
gar nicht ,zn unterhalten, das mögen die tun,
die da auf den Listen stehen und die gewählt werde».
Meine Damen und Herren! Die ganze Sache ist
um so seltsamer, als wir doch diesen Etat mit einer in
diesem Hanse seltenen Einmütigkeit angenommen haben.
(Rechts: Sehr richtig! Sehr wahr!)
(Zuruf: Kompromiß!)
Wir haben gewiß alle mit unserm innersten Empfinden
einen Kompromiß schließen müssen, als wir uns ent
schlossen, im Interesse ber Steuerzahler nicht mehr
Ausgaben in den Etat einzusetzen. Da haben wir alle,
jeder ans seinem Gebiete, die Herren, die bei uns die
Schulen vertreten, genau so. lote die, die in andern
Parteien die Schulen vertreten, manchen Wunsch zurück
stellen müssen. Und jetzt, was liegt denn vor? Wir
erfahren, daß der Herr Stadtschulrat, ohne eigentlich
die Genehmigung zu haben, 800 000 M ausgegeben hat.
(Zuruf: Außerhalb des Etats!)
Außerhalb des Etats. Damit, glaub' ich, hat dieser
Stadtschulrat soviel an Berantwo-tnng übernommen, wie
vielleicht nicht so leicht ein jeder in dieser Stelle an
Verantwortung zu übernehmen bereit sein wird. Wir
wollen ihm und idem Magistrat Indemnität dafür
erteilen, wir wollen es genehmigen, weil die Ausgaben
dringend waren. Aber, meine Damen und Herren,
jetzt den Magistrat aufzufordern, noch weit darüber
hinauszugehen, das ist doch eine Praxis, die einigermaßen
merkwürdig anmutet und die nur duirch eine-gewisfe
Wahlpshchose ihre Erklärung findet.
(Stadtv. Dr Kirchner: Sehr richtig!)
Meine Damen und Herren, diese Wablvsvchose ist
mir da bei der Demokratischen Partei sehr erklärlich,
(Rechts: Sehr richtig!)
denn wer ans dem Gebiete des inneren Schulwesens,
nämlich der geistigen Leistung unserer Schulen der Zu
kunft, unserer christlichen Volksschulen der Zukunft, der
Kindererziehung und der Entwicklung unseres Schul
wesens derartig versagt hat, wie die Demokratische Partei,
(Sehr richtig! bei der V. P.)
der hat allerdings allen Grund, seinen künftigen Wäh
lern oder Nichtwählern ein kleines Feuerwerk bei dem
äußeren Schulwesen vorzumachen.
(Rechts: Sehr richtig!)
Oktober 1925.
Nein, meine Damen und Herren, wenn Sie die
Turnhallen abhobeln lassen, daß die Kinder da ans
Strümpfen herumlaufen können — nota bene, wir haben
es früher nicht gedurft, auf Strümpfen durch die Turn
halle zu laufen , wenn Sie die Turnhallen abhobeln
lassen und neue Bohlen legen, so werden Sie damit
das nicht wieder gutmachen, was Sie damit gesündigt
haben, als Sie damals bei der Abstimmung des Schul
rats so versagten. Das schreibe ich Ihnen ins Stamm
buch.
(Lachen. — Zurufe. — Lärm.)
Das erzählen Sie Ihren Wählern und sagen Sie ihnen:
anstelle dessen haben wir ihnen aber heute eine Vor
lage gebracht, es soll 1 Million mehr ausgegeben werden
für glatte Bohlen in den Turnhallen und für Renovation
und Ausstattung der Schulklassen. Ich glaube, die christ
liche Elternschaft wird ans derartige kleine Wahlmanöver
nicht hineinfallen, sondern Ihnen die Quittung geben,
die Sie verdienen.
(Lebhafte Zustimmung rechts. — Bravorufe.)
Stadtv. Dr. Hildebrandt: Meine Damen und
Herren! Die Aufregung auf der rechten Seite ver
stehe ich gar nicht.
(Stadtv. Dr. Wehl: Aber Herr Hildebrandt, seien
Sie doch nicht so naiv!)
(Lärm. — Glocke.)
(Vorsteher Haß: Ich bitte doch die Herren, ihre
Plätze einzunehmen!)
Zunächst möchte ich folgendes einmal feststellen:
lInt Stadthaushaltsausschuß habe ich bereits —
ich glaube, der Herr Stadtschulrat ist ja wohl h er — . . .
(Stadtv. Urich: Wo ist er beim ? Er hat keine Zeit
dafür!)
der Vertreter des Herrn Stadtschulrats. >— ^
(Zuruf des Stadtv. Dr. Wehl.)
Ich berufe mich auf Herrn Benecke, daß ich bereits
im Stadthanshaltsausschuß, als von Neuwahlen noch
keine Rede war, ebensowenig vom Stadtschulrat und
all den schönen Dingen, die uns die Herren Kollegen
Dr. Kirchner und von Ehnern erzählt haben, darauf
aufmerksam gemacht habe, daß der Zustand unserer
Schulen ein derartiger ist. daß es unmöglich sei, in
dieser Weise weiter zu wirtschaften.
(Zuruf rechts: Da brauchen Sie nicht erst zu
kommen und es uns erzählen!)
Im übrigen haben nicht w i r das schöne Beispiel ge
geben, von dem vorhin erzählt wurde und bei dem
uns vorgeworfen wurde, wir betreiben Wahlmache,
(Zurufe.)
sondern der Magistrat hat uns ja selber diese Vorlage
über die 800 000 M gemacht. Nun, meine Damen
und Herren, wo 800 000 M so leicht zu beschaffen
waren, da muß der Magistrat auch die übrigen not
wendigen Mittel hernehmen.
(Lachen rechts. Zurufe.)
Was nun die Abstimmung über den Stadtschulrat
betrifft, so war mein Material bereits, wie sich hier
wahrscheinlich mich das Büro entsinnen wird, vor vier
zehn Tagen, in Wahrheit aber bereits vor acht Wochen
fertig. Ich habe allerdings die unangenehme Gewohnheit,
wenn ich Dinge hier vertreten will, diese Ding' bis ins
Einzelne vorzubereiten, ohne jede Rücksicht auf kom
inende Wahlen.
(Rechts: Hört, hört! Zuruf: Unschuldsvoller Eng"!!)
lIch werde nun dauernd gefragt, woher wir die
Summe nehmen.
(Zurufe links.)
Meine Damen und Herren! Wenn wir hier irgend
eine Vorlage bekommen, beispielsweise über ein anzu
schaffendes Druckrohr, daun hört man so nebenbei, die
5 Millionen, die dafür notwendig sind, sind bereits da.
Nun, ich habe Ihnen hier im iganzen vorgerechnet
1725 000 M. Es kommt ja ans eine Kleinigkeit bei
großen Geistern, wie bei Ihnen, Herr Kollege Kirchner,
gar nicht an.
(Zurufe rechts. — Lachen.)
Also, Herr Kollege von Ehnern, ich habe in dem
Antrage keine Summe genannt, sondern es handelt
sich hier nur um die unbedingt notwendigen Mittel.
(Zuruf des Stadtv. von Ehnern.)