Sitzung am 10. September 1925.
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Aus Beschluß des Aeltestenausschusses ist die Aus
schreibung inzwischen erfolgt. Damit dürfte wohl die
Vorlage zur Kenntnis genommen werden. — Kein
Widerspruch.
Punkt 52:
Vorlage zur Kenntnisnahme, betr. Grundstückskauf
der Berliner Straßenbahn-Bctriebs-G. m. b. H. —
Drucks. 532 —.
Keine Wortmeldungen. Vorlage ist zur Kenntnis ge
nommen.
Punkt 53 wird zurückgestellt.
Bei den Punkten 54, 55 und 56:
Vorlagen zur Kenntnisnahme,
betr. die Bilanz der Berliner Stadt. Gaswerke
Akt.-Ges. für das Geschäftsjahr 1924 — Druck
sache 539 —,
betr. die Bilanz der Berliner Städt. Elektrizitäts
werke Akt.-Ges. für das Geschäftsjahr 1924 —
Drucks. 540 —,
betr. die Bilanz der Berliner Städt. Wasserwerke
Akt.-Ges. für das Geschäftsjahr 1924 — Druck
sache 541 —
sollen die Bilanzen dem Haushaltsausschuß überwiesen
werden auf Vorschlag der Deutschnationalen Fraktion.
Dagegen höre ich keinen Widerspruch. Dann sind
die Punkte 54, 55 und 56 dem Haushaltsausschuß über
wiesen.
Punkt 57:
Vorlage zur Kenntnisnahme, betr. Auseinander
setzung mit der Provinz Brandenburg und den
Kreisen Teltow, Niederbarnim und Osthavelland
— Drucks. 542 —.
Das Wort hat Herr Kollege Stolt.
Stadtv. Stolt: Die Vorlage Punkt 57, Drucks. 542,
bedarf einer eingehenden Behandlung. Aus diesem
Grunde beantragen wir die Ueberweisung an den Haus
haltsausschuß.
Vorst. Hatz: Herr Kollege Stolt hat beantragt,
Punkt 57, Vorlage zur Kenntnisnahme über die Aus
einandersetzung mit der Provinz Brandenburg dem
Haushaltsausschuß zu überweisen. — Kein Widerspruch.
Sv beschlossen.
Punkt 59:
Vorlage zur Kenntnisnahme, betr. endgültige Fassung
des Reichsbesteuerungsgesetzes — Drucks. 573 —.
Keine Wortmeldungen. Die Vorlage ist zur Kenntnis
gen vmm eu.
Wir kommen nun zurück zu Punkt 31:
I. und II. Beratung der Vorlage, betr. Tarif für die
Wiedereinziehung der Kosten für städtische Pflege
kinder von den unterhaltungspflichtigen Ange
hörigen — Drucks. 556 —.
Das Wort hat Frau Stadtv. Rosenthal.
Stadtv. Fr. Rosenthal: Dieser Vorlage 556, die
uns hier überreicht worden ist, die eine Erhöhung der
Psle'gesatze für die Kinder, die sich in städtischen Pflege-
anstalten befinden, verlangt, können meine Freunde auf
keinen Fall zustimmen.
Selbst wenn man zugeben muß, daß die Unter-
halts.kvsteu für die Kinder bedeutend höher geworden
sind als sie vordem waren — es geht das analog mit
der Feststellung, daß die ganze Lebenshaltung iii der
letzten Zeit immens gestiegen ist —, so muß man doch
feststellen, daß die breite Masse der arbeitenden Be
völkerung heute weit schwerer zu kämpfen hat als das
vor einiger Zeit noch der Fall war. Aus diesem Grunde
können wir es natürlich nicht verstehen, wie man eine
Erhöhung der wieder einzuziehenden Pflcgesätze gerade
bezüglich dieser Schichten vertreten will. Wir sind der
Meinung, daß sich der Magistrat von vornherein darüber
klar sein muß, daß nicht nur eine Erhöhung der wieder
einzuziehenden Sätze nicht durchgesührt werden darf,
sondern daß darüber hinaus für die kommenden Mo
nate überhaupt eine sehr große Fürsorge eingeleitet
werden muß für diejenigen Klassen, die der Teuerungs
welle nicht werden folgen können und die als Arbeits
lose auf das Straßenpflaster geworfen werden.
Ich weiß ganz genau, daß jetzt entgegnet werden
wird, die Pflegegelder Werder: nur eingetrieben von der:
Kreisen, die dazu imstande sind. Meine Freunde sind
der Meinung, daß diejenigen Kreise, aus denen die
Kiilder kommen, die in städtischen Waisenhäusern,
Pflegeanstalten usw. untergebracht sind, alle nicht im
stande sind, derartige Sätze zu zahlen. Wir glauben,
daß die Sätze, die heute üblich sind — 1,40 Jl und
1 M für den Tag — schon allerhand Belastung für
diese Kreise bedeuten.
Wir sind gegen eine Erhöhung und glauben, daß
der Magistrat Mittel und Wege finden wird, die Mehr
kosten auf andere Art aufzubringem Mau könnte sich
ja darüber unterhalten, hätte sich sehr gut beim Haushalt
darüber unterhalten können, wie mau in Berlin den
Besitz belasten kann, um auf dem Wohlfahrtsgebiet
nicht abzustreichen, sondern aufbessern zu können. Man
hat das nicht getan. Wir können heute nicht zustimmen,
daß man gerade die armen Schichten nun mit einer
erhöhten Zahlung fassen will.
Vorst.-Stellv. Anton Schmidt: Weitere Wortmel
dungen liegen nicht vor. Wir kämen zur Abstimmung.
Wer der Vorlage 31 zustimmen will, bitte ich, eine
Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Ich danke. Bitte um die Gegenprobe. ' ■ '
(Geschieht.)
Das erstere war die starke Mehrheit. Die Vorlage ist
somit angenommen.
Es ist folgende Aufrage an den Magistrat ein
gegangen:
„Was gedenkt der Magistrat zu tun, um die vom
Preußischen Staate geplanten Anbauten an: Ge
bäude der Staatsoper zu verhindern, die sowohl eine
Verschandelung des Baues selbst als auch des Opern
platzes bedeuten würden?
Dr. Saltzgeber und Parteifreunde."
Die Anfrage wird auf geschäftsordnungsmäßigem Wege
an der: Magistrat weitergeleitet.
Wir kämen nunmehr zu der Dringlichkeitsvorlage
der Kollegen Koch, Steiniger und Parteifreunde:
„Die Stadtverordnetenversammlung wolle be
schließen, den Magistrat zu ersuchen, daß er mit einem
zu diesem Zwecke einzusetzenden Ausschuß in Erwä
gungen darüber eintrete, was seitens der städtischen
Körperschaften geschehen kann, um die Lebensmittel
preise zu senken.
(Stadtv. Urich: Ausgerechnet die Deutsch
nationalen!)
(Zurufe.)
Das Wort zur Begründung hat Herr Kollege Koch. —
Ich bitte um Ruhe.
Stadtv. Koch: Meine Damen und Herren! Wir
haben bereits in: Aeltestenausschuß die Erklärung ab
gegeben, daß wir nur die Absicht haben, daß im Aus
schuß gearbeitet werden soll, daß gewisse Fragen ge
klärt werden sollen, die heute noch nicht geklärt werden
können. Es gehen die Angriffe von Partei zu Partei,
je näher der Wahlkampf kommt, hinüber und herüber.
Meine Freunde haben nicht die Absicht, hier Wahlreden
zu halten,
(Gelächter links; Zurufe.)
wie es vielleicht in der Absicht anderer Parteien
liegen mag.
Wir haben, wie gesagt, keine andere Absicht, als
daß in: Ausschuß zum Guten und Nutzen der Berliner
Bevölkerung praktische Arbeit geleistet wird.
(Stadtv. Neimann: Siehe Zollvorlage!)
Wir verzichten daher auf eine Begründung dieses
unseres Antrages heute und beantragen weiter nichts,
als den Ausschuß heute noch einzusetzen, damit möglichst
bald der Berliner Bevölkerung geholfen werden kann.
(Stadtv. Reimaun: Hätten Sie gegen die Zoll-
vorlage gestimmt, da wärs einfach!)
(Zurufe links, insbesondere des Stadtv. Urich.)