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Volume Sitzung 18., 30. April 1925

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1925 (Public Domain)

Sitzung am 30. April 1925. 359 
Stadtv. Dr. Steiniger: Meine Damen und Herren, 
nur zwei Worte: Herr Linke hat, wenn ich ihn recht 
verstanden habe, seinen Fall nur herangezogen, um 
darauf hinzuweisen, wie ungeheuer verschieden die heu 
tige Bewertung ist. Dazu hat er selbstverständlich nicht 
nur das Recht, sondern auch die Pflicht. 
Zweitens mache ich auf folgendes aufmerksam: 
Wenn es richtig wäre, was hier von einigen Seiten 
angedeutet wurde, daß die Preise der Grundstücke er 
heblich über denen der Jahre 1917 und 1918 stehen, 
dann bitte ich Sie, sich auf die Konsequenzen für die 
Besteuerung der Grundstücke in der Stadt Berlin ge 
faßt zu machen, die dann über Friedenshöhe stehen 
müssen. 
(Stadtv. Dr. Caspari: Sehr richtig!) 
Bisher hat jedermann, der etwas von den Dingen ver 
stand, gesagt: davon kann gar keine Rede sein! Bei den 
rein geschäftlichen Grundstücken kommen wir jetzt nach 
den Verkaufserlösen im Durchschnitt auf den Satz von 
50%, in der City kommen wir in einigen Fällen sogar 
auf über 100% des Friedenswertes. Wenn Sie aber 
den Satz, der hier wiederholt ausgesprochen worden ist, 
verallgemeinern wollen, dann müssen sich die Herren 
vom Grundbesitz aus Steuern gefaßt machen, die ihnen 
sehr unbequem sind. 
t 
Stadtrat Busch: Meine Damen und Herren! Ich 
muß diesen Ausführungen des Herr Dr. Steiniger 
widersprechen, und zwar an Hand der Feststellungen, 
die das städtische Vermessungsamt gemacht hat. Es be 
steht ein außerordentlicher Unterschied zwischen Grund 
stücken an einer Verkehrsstelle und zwischen Grundstücken 
in gewöhnlichen Wohnstraßen. In gewöhnlichen Wohn 
straßen, meine Damen und Herren, zahlen wir heute 
30 bis 50% des Friedenswertes. Ich will Ihnen aber 
vorlesen, was das Vermessungsamt gegenüber den Frie 
denspreisen für Grundstücke in der Geschäftslage fest 
gestellt hat: 
Behrenstraße 29, Friedenspreis 624 000 dH, jetzt ver 
kauft für 623 000 dH, also pari, 
Unter den Linden, Ecke Schadowstraße, Friedenspreis 
505 000 dH, jetzt verkauft für 535 000 dH, 
Zimmerstraße 35, Friedenspreis 630 000 dH, jetzt 
verkauft für 902 000 dH, also 150%, 
Dorotheenstraße 14, früher 900 000 dH, jetzt 1 Mill., 
Behrenstraße, 2,2 Millionen, jetzt 3 Millionen, 
Jägerstraße 1, Friedenspreis 250 000 dH, jetzt 
300 000 dH, 
Lindenstraße 240 000 dH, jetzt 268 000 dH. 
Sv geht das weiter, meine Damen und Herren. Also 
, für Grundstücke in erster Geschäftslage ist die Annahme, 
die sich jetzt für Wohngrundstücke herausgebildet hat, 
wonach man als Kaufpreis mit dem 3- bis 4fachen 
Mietswert, d. H. auf 30 bis 40% des Friedenswertes 
rechnet, irrig. Die Friedenswerte für erste Geschäfts 
häuser sind einfach überholt. Wir stehen bei solchen 
Geschäftshäusern heute schon auf pari und weit über 
pari. 
Vorst. Haß: Die erste Beratung ist geschlossen. 
Gegen die zweite Beratung des Punktes h) in Verbin 
dung mit der neuen Dringlichkeitsvorlage ist Wider 
spruch erhoben, worden. Dieser Antrag bedarf der Un 
terstützung von 15 Mitgliedern. — &tc Unterstützung 
reicht aus. Punkt h) wird also Heute nicht weiter ver 
handelt. 
Für die übrigen Punkte eröffne ich die zweite Be 
ratung. Keine Wortmeldung. Schließe sie. 
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Be 
schlußfassung des Ausschusses ist, bitte ich, eine Hand 
zu erheben. 
(Geschieht.) 
Der Ausschußbeschluß ist mit Mehrheit angenommen. 
Wir kommen nun zu Punkt 8 der Tagesordnung: 
II. Beratung der Vorlage, betr. 3. Nachtrag zur Ber- 
gnügungssteuerordnung — Drucks. 284 —. 
— Meine Damen und Herren, ich bitte doch um Ruhe. 
Es liegen dazu zwei Anträge vor, zunächst der An 
trag Müller-Franken und Kollegen: 
Für Lichtbildvorstellungen mit einem Beipro 
gramm für Lehrfilme von mindestens 200 m Länge 
ermäßigt sich die Steuer aus 12%%, 
und ein zweiter Antrag Dethleffsen, Lüdicke und Partei 
freunde, 
die Steuern für Pferderennen von 20 auf 15% her 
abzusetzen. 
Ich eröffne die zweite Beratung. Das Wort Hat der 
Herr Stadtv. Dethleffsen. 
uS' ; i i 
Stadtv. Dethleffsen: Meine Damen und Herren! 
Meine politischen Freunde bedauern, daß Sie unsern 
Antrag abgelehnt haben, den Entwurf der Vergnü- 
gungssteuervrdnung noch einmal im Steuerausschuß 
zu beraten. Es sind inzwischen an mich als den Vor 
sitzenden dieses Ausschusses einige Eingaben von Inter 
essenten eingegangen, z. B. von der Luna-Terrassen- 
Betriebsgesellschaft und von der Spitzenorganisation der 
deutschen Filmindustrie, in der die dringende Bitte aus 
gesprochen wird, ihnen doch Gelegenheit zu geben, ihre 
Interessen im Ausschuß zu vertreten. Das ist ja nun abge 
lehnt worden und es lohnt sich nicht, darauf noch weiter 
einzugehen, aber namens meiner Freunde habe ich den 
Antrag zu vertreten, den wir hier Hinsichtlich der Pferde 
rennen gestellt haben. Es ist uns in der Deputation 
zugestanden, daß die Vertreter der Landespferdezucht 
unter Befürwortung des Herrn Landwirtschaftsmini 
sters gebeten haben, ihren Interessen bei Bemessung 
der Lustbarkcitssteuer weitgehend Rechnung zu tragen. 
Es ist Ihnen ja allen auch bekannt, daß die Landespferde 
zucht nach dem Urteil aller sachverständigen Leute nicht 
in der Lage ist, ohne Rennen die Erfolge zu erzielen, 
die wir alle wünschen müssen. Int Interesse der All 
gemeinheit und nachdem der Herr Landwirtschaftsmini 
ster den von den Interessenten ausgesprochenen Wün 
schen beigetreten ist — wenn ich richtig orientiert bin, 
ist von ihm sogar an die Kommunalverwaltungen ein 
Rundschreiben erlassen, in dem er ihnen die Bitte der 
Vertreter der Landespferdezucht besonders ans Herz 
legt —, glauben wir, daß für uns die Verpflichtung 
besteht, dieser Bitte stattzugeben und den Wünschen und 
Interessen der Landespferdezucht Rechnung zu tragen. 
Es wird dagegen eingewendet werden, daß bei den 
Pferderennen durch das Betreiben des Totalisators in 
der gegenwärtigen Form sehr viel Geld verdient und um 
gesetzt wird und daß es ein Mißbrauch ist, den man nicht 
begünstigen sollte. Darin bin ich an sich mit Ihnen 
ganz einverstanden. Das kann uns aber nach meiner 
Ueberzeugung nicht abhalten, berechtigten Wünschen 
Rechnung zu tragen. Ich erinnere Sie daran, daß doch 
auch bei sonstigen Steuerfestsetzungen manchesmal Miß 
bräuche durch steuerliche Bevorzugung erleichtert wer 
den. Ich erinnere Sie an die Sprechtheater, die mit 
der Steuer von 10% bevorzugt sind, obwohl sie hohe 
künstlerische Interessen in Mehrheit nicht verfolgen. 
Das ist im Steuerausschuß, das ist in der Steuerdepu 
tation wiederholt fast widerspruchslos anerkannt wor 
den. Trotzdem aber habe ich nie gehört, daß ein Antrag 
gestellt oder auch nur ein ernstlicher Wunsch laut ge 
worden ist, daß mit Rücksicht auf diese Mißbräuche die 
Steuer bei diesen Unternehmen anders zu bemessen sei. 
Was dem einen recht ist, das muß auch dem andern 
billig sein. 
Ich bitte Sie daher namens meiner Freunde, un 
serm Antrage zuzustimmen. 
Vorst. Haß: Die zweite Beratung ist geschlossen. 
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte nun aber 
einen Augenblick um Ruhe, damit die Anträge ver 
standen werden. Zu der Vorlage über den Entwurf 
eines 3. Nachtrages zur Vergnügungssteuerordnung 
sind also zwei Abänderungsanträge gestellt. Der An 
trag der Herren Müller-Franken und Kollegen lautet: 
Für Lichtbildvorstellungen mit einem Beiprogramm 
für Lehrfilme von mindestens 200 m Länge ermäßigt 
sich die Steuer auf 12%%. 
Wer für diesen Antrag Müller-Franken ist, bitte ich, 
eine Hand zu erheben. 
(Geschieht.)
	        
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