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Volume Sitzung 14., 31. März 1925

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1925 (Public Domain)

294 Sitzung am 31 
jetzt unzureichenden Finanzierung der Bauvorhaben 
noch Restfinanzierungskosten übrig bleiben, die die 
einzelnen Bauherren dann van den Mietern zu er 
langen suchten. 
Ich stehe nicht an, meine Damen und Herren, zu 
erklären, daß dem Magistrat sowohl wie auch mir als 
Dezernenten, diese Vorgänge oder diese Entwickelung 
im höchsten Grade unbequem gekommen sind und daß 
in dem Augenblicke, wo sich die Dinge nach der Rich 
tung hin in größerem Maße entwickelten, wir uns 
mit aller Energie daran gemacht haben, zu prüfen, 
wie wir dieser Entwickelung entgegenarbeiten können. 
Ich denke, wir werden in dem Plane, von dem ich 
sprach, der Stadtverordnetenversammlung binnen 
kurzem entsprechende Vorschläge machen können. 
Nun ein Wort noch zu dem, was der besondere 
Gegenstand des Antrages ist: 
Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner 
ist im Irrtum, wertn er sagt, der Magistrat wird nicht 
in der Lage sein, jetzt zu erklären, ob die Neubauten, 
die er im Auge hat, nämlich die in der Friedrich 
straße 129, aus öffentlichen Mitteln bezuschußt worden 
sind. Ich bin durchaus dazu in der Lage. 
Diese Bauten sind mit der Hauszinssteuerhypo 
thek versehen worden. Ich darf hinzufügen, daß auch 
dieses Bauvorhaben, bevor es in Angriff genommen 
worden ist, Gegenstand eingehender Prüfung im 
Städtebauantt war und daß ich persönlich auch mit der 
Sache befaßt worden bin. Auf dem Grundstück find, 
bevor der Bau in Angriff genommen worden ist, ein 
gehende Prüfungen vorgenommen worden, in wel 
cher Weise dieses Bauvorhaben aufgezogen werden 
kann. Es war zunächst im Projekt geplant, eine sehr 
starke Bebauung dieses an sich sehr schönen Hinter- 
Geländes vorzunehmen und durch unseren Eifer ist 
es möglich gewesen, das zu verhindern, sodaß ein großer 
Teil — ich glaube sagen zu müssen, der größte Teil — 
dieses schönen Parkes trotz der Bebauung mit Woh 
nungen erhalten bleibt. 
Nun liegt die Sache aber so, meine Damen und 
Herren, und in diesem Punkte hat der Herr Vorredner 
recht: Wir sind von uns aus nicht in der Lage, irgend 
wie Einfluß zu nehmen auf die Art der Vermietung 
der Wohnungen, die mittels Hauszinssteuerhypothek 
hergestellt sind. Unser Einfluß ist durchaus beschränkt, 
und zwar erstreckt er sich nur darauf, daß wir einmal 
Einfluß nehmen aus die Baugestaltung, daß wir Ein 
fluß nehmen können auf die Art der Wohnungen und 
schließlich letzten Endes nach Fertigstellung der Bauten 
noch Einfluß nehmen können auf die Mietsbildung. 
All das, was möglich gewesen ist, ist bei diesem Bau 
vorhaben mit allem Nachdruck ausgeübt worden. Als 
dieses Bauvorhaben fertig war und als uns bekannt 
wurde, daß die Erbauer dieser Häuser ihre Mietsfest 
setzung vorgenommen hatten, und als wir hörten, 
welche Mietspreise in Aussicht genommen waren, da 
ist von uns sofort eingegriffen worden, und wir haben 
eine nicht unwesentliche Herabdrückung der Mieten 
erreichen können, und zwar nicht etwa deshalb, weil 
bei der beabsichtigten Mietszinsbildung nur die Fi-' 
itanzierung und die Betriebführung der Häuser in 
Rechnung gestellt worden war, sondern auch andere 
Nebengesichtspunkte, die zwar vom Standpunkte die 
ser Bauherren aus verständlich waren, die aber von 
unserem Gesichtspunkte aus keineswegs mit in Rech 
nung gestellt werden durften. Deshalb haben wir 
diese Nebengesichtspunke, die Auswirkung dieser Ne 
bengesichtspunkte bei der Mietzinsbildung durchaus 
beseitigt, sodaß also eine wesentliche Herabsetzung der 
Miete erreicht werden konnte. 
Nun zu der Frage, wie es möglich war, daß das 
Bezirksamt Mitte fünf solcher Wohnungen im Ge- 
meindeblatt annoncieren konnte, und zwar zu den Be 
dingungen, die dort zum Ausdruck gekommen find: 
Meine Damen und Herren! Die Dinge liegen so, 
daß, wie ich feststellen konnte aus den Akten, die ich 
mir habe herüberreichen lassen, als das Bauvorhaben 
in Angriff genommen worden ist, der Bezirk Mitte 
oder vielmehr besser gesagt, das Bezirkswohnungsamt 
Mitte glaubte, für sich noch einiges bei der Geschichte, 
sagen wir mal, herausquetschen zu können. Der da 
mals für das Bezirkswohnungsamt Mitte verant- 
März 1925. 
wörtliche Dezernent hat höchst persönlich die Verhand 
lungen mit der Baufirma geführt und hat, wie aus 
einem Aktenvermerk, der von seiner Hand stammt, 
hervorgeht, dann stolz niedergeschrieben, daß es ihm 
gelungen fei, obwohl irgendwelche Anrechte der Stadt 
an diesem Bauvorhaben nach dieser Richtung hin nicht 
vorlagen, der Baufirma fünf solcher Wohnungen zu 
entreißen, um sie durch das Bezirkswohnungsamt 
zur Vermietung zu bringen. So ist es dann ge 
kommen, daß das Bezirkswohnungsamt diese Woh 
nungen, die ihm zur Verfügung gestellt worden waren 
von diesem Bauvorhaben, im Gemeindeblatt öffent 
lich ausgeschrieben hat. Ich gebe zu, daß das nicht 
übermäßig geschickt war. Man hätte es auch anders 
machen können. Das ändert aber an der Tatsache 
nichts, Herr Dörr. Ich gebe Ihnen vollkommen zu, 
daß der Weg, der hier eingeschlagen worden ist, ein 
etwas ungewöhnlicher ist. Aber Herr Dörr — und 
nun möchte ich damit die Geschichte abschließen —, 
wenn Sie darüber hätten Auskunft haben wollen, 
warum die Geschichte so gemacht worden ist und nicht 
anders, dann hätten Sie das viel bequemer haben 
können, als hier an den Magistrat, mit dem Wust von 
Vorwürfen dem Magistrat gegenüber, diese Frage zu 
richten. Denn der Dezernent im Bezirkswohnungs 
amt Berlin-Mitte ist damals Ihr Parteifreund, der 
Stadtrat Bösel, gewesen. Von der Hand des Herrn 
Stadtrats Bösel steht hier in den Akten der Vermerk, 
er habe diesen Bauherren die fünf Wohnungen abge 
rungen und stelle sie nunmehr natürlich, wie er das 
nicht anders könne, zu den Bedingungen, die er mit 
ihnen ausgehandelt habe, zur Verfügung. 
Meine Damen und Herren! Wenn das von der 
Seite geschieht, dann weiß ich nicht, wieso wir nun die 
Räuber und Mörder sein sollen, die schuld daran sind, 
daß solche Verhältnisse vorherrschen. Aber Sie 
können daraus sehen, meine Damen und Herren, daß 
die Dinge wirklich so liegen, wie ich sie dargestellt habe 
und daß weder der Magistrat noch irgendein Berliner 
Wohnungsamt an diesen Verhältnissen schuld ist. 
(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Sondern ein 
Kommunist!) 
Selbst ein Stadtrat Bösel war nicht in der Lage, 
die Sache besser zu machen, wie sollte ich das können. 
Vorsi.Stellv. Anton Schmidt: Weitere Wortmel 
dungen liegen nicht vor. Das Schlußwort hat bet 
Herr Kollege Dörr. 
Stabst). Dörr: Meine Damen und Herren! Ich 
freue mich , daß sich der sozialdemokratische Stadtrcu, 
Herr Wutzky, auf das Vorgehen eines Kommunisten 
beruft. Ich würde mich freuen, wenn das bei anderen 
Gelegenheiten von sozialdemokratischer Seite auch ge 
schehen würde. 
(Stadtrat Wutzky: Ich denke gar nicht daran!) 
Wenn Sie etwa meinen Vorschlägen folgen wollten, 
die ich Ihnen betreffs der Wohnungsvergebung ge 
macht habe und wenn Sie etwa unsere sonstigen Vor 
schläge für die allgemeine Verwaltung in Berlin be 
herzigen wollten, wäre uns das außerordentlich mehr 
erwünscht, als wenn Sie sich auf einen, einzelnen Be 
amten der Sadt Berlin, der Kommunist ist, lerufen. 
Ich stelle einmal fest, daß zu den Sachen, die ich 
hier vorgetragen habe, der Herr Stadtrat Wutzky zu 
gegeben hat, daß diese Wohnungen errichtet worden 
sind nicht aus privaten Mitteln, sondern auch aus 
Mitteln, die dem Hauszinssteuerfonds entnommen 
worden sind. Bei der Vergebung solcher Mittel sollte 
doch vor allen Dingen darauf gesehen werden, daß 
auch für die Allerärmsten und für die am allerschlech 
testen Wohnenden Wohnungen erstellt werden. Das 
ist in diesem Falle zweifellos nicht geschehen. 
Der Herr Stadtrat Wutzky gibt zu, daß aus dem 
Einkommen der Hauszinssteuer die Mittel für diese 
Wohnungen genommen wurden, und nun ergibt sich 
folgendes Bild: 
Die Leute in der Waisenstraße, von der ich vor 
hin sprach, die Leute in der Mulackstraße, die Leute 
am Krögel und sonst alle diejenigen, die in menschen 
unwürdigen Wohnungen hausen, die bezahlen diese 
Hauszinssteuer, damit reiche Leute Wohnungen de-
	        
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