Sitzung ant 26.
neuen schweren E r s ch ü t t e r n g e n nicht nur in
den Kommunen, sondern auch in den Landern und
im Reich führen muß
Noch ist es Zeit, das geschehene Unrecht wieder
gut zu machen. Wir glauben uns dabei nicht auf die
K. P. D. verlassen zu können, die ja nach ihrer letzten
Entwicklung nicht daran denken wird, hier zur Aer-
nunft und zu einer wirklich im Interesse der Arbeiter
schaft gelegenen Kulturpolitik zurückzukehren. Wir
glauben aber, daß doch andere Parteien um ihre Be
schlüsse einigermaßen bange geworden sein müßten.
Der Beschluß ist seinerzeit aus der Idee des B ü r -
g e r b l o ck s heraus geboren worden, an dem man.
ja damals hier im Rathause schmiedete. Inzwischen
haben wohl einige Parteien aus der politischen Ent
wicklung und aus der Entwicklung, die dieser Beschluß
selbst durchlaufen hat, einiges hinzugelernt, haben sie
gelernt, daß eine lediglich antisozialdemo
kratische Politik uns in Irrungen und Wir
rungen hineinführen muh, deren Ende nicht ab
zusehen ist.
Meine Damen und Herren! Sie werden es ver
stehen, wenn wir uns jetzt wie vorher mit allen Mit
teln gegen diese Politik wehren. Wir sind dazu ver
pflichtet durch die Verantwortung, die wir gegenüber
der Masse unserer Wähler tragen. Darum erlauben
wir uns, in dem zweiten Teil unseres Antrages an
Sie einen Appell zu richten, das geschehene Unrecht
wieder gut zu machen und dafür zu sorgen, daß durch
die Wiederwahl Paulsens zum Stadtschulrat der Be
weis erbracht wird, daß auch im Berliner Rathaus
Vernunft und Recht noch einen Kurswert haben.
(Bravo! bei den Sozialdemokrataen.)
Sfabfv. Dr. Steiniger: Meine Damen und Her
ren! Ich möchte mich kurz zu der Magistratsoorlage
äußern. Im Grunde genommen haben meine Freunde
und ich eigentlich nichtdasBedürfnis, der Vor
lage stattzugeben. Wir finden, es könnte eine Zeit
lang auch so gehen. Zwar haben meine Freunde
seinerzeit — im Gegensatz zu der Annahme des
Herrn Vorredners — Herrn Pausten mit abbauen
helfen aus persönlichen Gründen. Aber wenn man
jetzt schleunigst die Stelle besetzt, und es kommt dann
ein anderes politisches Element in die Stelle hinein,
so hat das einen gewissen gehässigen Charakter.
(Stadtv. Dr. Weyl: Immer dasselbe politische
Element.)
Ja, das Element können wir wohl wählen, aber
nicht die Person, die wir für untauglich erklärten.
Darüber wollen wir uns doch klar sein, Herr Dr.
Weyl.
Dann zweitens haben meine Freunde und ich
so ein bißchen das Gefühl, daß bei gewissen Vor
gängen in der letzten Zeit es sich wieder um so ein
gewisses Haustiergeschäft handelt, das ja recht
häufig zu sein scheint.
(Stadtv. Dr. Weyl: Kuhandel nenstt man das!)
Nun find wir in derartigen Handelsgeschäften wenig
bewandert.
(Lachen links?
(Zuruf links: Das war der beste Witz, den Sie
gemacht haben!)
(Zuruf: Als ehemaliger Kämmerer!)
Ich freue mich Ihrer Zustimmung. Ich lache gern
mit.
(Zuruf links: Sie hätten das Geschäft beim Ab
bau machen müssen!)
Verzeihen Sie, das wäre noch unsauberer gewesen!
(Heiterkeit.)
Also, wir machen so etwas nicht. Wir gönnen neidlos
anderen Fraktionen die größere Gewandtheit auf
diesem Gebiete, aber wir machen das nicht immer mit.
Deshalb gehen wir in diese ganze Verhandlung sehr
kühl und objektiv hinein.
(Zuruf links: Objektiv ist gut!)
Wir find also der Meinung, wir müßten es mit
den drei Fachmännern, die wir haben, durchaus eine
Zeit lang versuchen. Rein sachlich ist das durchaus
Februar 1925. 169
möglich. Jeder Fachmann wird mehr herausschlagen
können zum Wohle des Ganzen, als wenn die drei
Fachleute wieder zusammengefaßt werden in einer
Person, die dann das Material doch nicht einheitlich
beherrschen kann.
(Links: Sehr richtig!)
Ich alaube, insbesondere ein Gebiet, das uns allen
nahe liegt, nämlich das Fach- und Fortbildungsschul
wesen, kommt bei diesen Dingen ganz entschieden zu
kurz.
(Zuruf: Aber Herr Merten doch nicht!)
Aber ich bitte, nicht solche Anspielungen, bei denen
man rot werden müßte!
(Heiterkeit.)
Das könnte doch also sehr leicht zu kurz kommen, nicht
wahr? Wenn nun die drei vollkommen gleichberechtigt
nebeneinander sind, dann hätte ich eigentlich die Mei-
nuna, könnten sie mal zeigen, wer es besser kann. Es
kann jeder für feinen- Teil das Beste herausholen. Man
kann natürlich auch anderer Meinung fein,
das gebe ich gern tzu. Und wenn Sie
mit aller Gewalt an den Ausschuß herangehen
wollen, so werden mir uns das nicht versagen. Wir
werden uns aber sehr wohl unsere Stellungnahme vor
behalten. Wir werden den Beweis erwarten, daß
wirklich eine Neubesetzung für die Stadt und für das
ganze Schulwesen eine wesentliche Besserung verspricht.
Wenn das nicht der Fall ist, werden wir uns zu Han
delsgeschäften nicht gebrauchen lassen.
Ein Wort noch zu der anderen Ausführung des
Herrn Kollegen Lohmann: Ich verstehe, meine Damen
und Herren, und finde es menschlich ganz richtig, daß
Sie so für Herrn Pausten eintreten. Rechtlich läßt sich
das aber, glaube ich, sehr schwer machen. Und wenn
Sie Kritik an dem Herrn Oberpräsidenten üben, so
weste ich darauf hin: er ist nur eine Instanz des
Systems, das jetzt herrscht.
(Lachen. — Links: Oh!)
Sfabto. von Eynern: Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Zu der vorläge des Magistrats
ist eigentlich sehr wenig zu sagen. Ich höre eben, daß
der Antrag gestellt werden soll, sie einem Ausschuß
zu überweisen. Meine Freunde werden dem nicht
widersprechen. Wir werden ja dann im Ausschuß
hören, aus welchen Gründen der Magistrat eine Neu
besetzung der Stelle für erforderlich hält, und ich
kann in dieser Beziehung nur sagen, es scheint mir,
daß die Neubesetzung ja ohnehin nicht mit großer Be
schleunigung erfolgen kann, da die Praxis des Herrn
Oberpräsidenten dahin geht, vorläufig mit Rücksicht auf
die Entscheidungen des Ausschusses beim Kammer
gericht Neubesetzungen nicht zu bestätigen. Wenn
diese alten Abbauangelegenheiten auch schon vom Aus
schuß des Kammergerichts erledigt sind, so hat doch
die Partei des Herrn Dr. Lohmann sich bekanntlich
außerordentlich stark eingesetzt gegen den Abbau von
Wahlbeamten, nämlich ganz allgemein gegen den
Abbau von Wahlbeamten, nicht nur gegen
den Abbau der Person des Herrn Pausten.
Die Gründe hierfür find sehr selbstverständlich,
sie hatte eben Angst, daß gerade ihre Herren
davon betroffen werden könnten. Dement
sprechend hat die sozialdemokratische Fraktion im
Landtag einen Antrag gestellt über den sich ja der
Ausschuß im Landtage demnächst wird unterhalten
müssen. Es ist nun fraglich, welche Entscheidung der
Landtag fällt, und es ist durchaus verständlich, wenn
der Herr Oberpräfident sich sagt, da will ich nicht der
Gefahr ausgesetzt sein, daß nachher womöglich eine
Doppelbesetzung der Stelle vorliegt, wenn nämlich
nach einem neuen Rechtsverfahren diese Abbauange
legenheit wieder geändert oder die Entscheidungen
umgestoßen werden sollten.
Meine Damen und Herren! Sie sehen also die
Sache in einer Entwicklung, die gerade von der Partei
des Herrn Dr. Lohmann durchaus als korrekt und
angemessen bezeichnet werden könnte. Ich verstehe
also nicht recht, welche Veranlassung für Herrn Loh
mann vorlag, hier alle großen Register seines be
kannten agitatorischen Genies zu ziehen.