Path:
Volume Sitzung 8., 26. Februar 1925

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1925 (Public Domain)

Sitzung am 26. 
Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung: 
Anfrage der Stadtv. Dörr u. Gen. betr. Verlegung 
von hospikalien in andere Anstalten. (Drucks. 165). 
Zur Begründung hat Herr Stadtv. Rintorf das 
Wort. 
Stadtv. Rintorf: Meine Damen und Herren! 
Wiederholt haben sich die Hospitanten an die Presse 
gewandt. Nach den Veröffentlichungen muß man 
sagen, daß unter diesen Hospitaliten, hauptsächlich bei 
denen in Buch, eine außerordentliche Beunruhigung 
deswegen herrscht, weil die alten Leute von der 
Stätte, an der sie so lange zugebracht haben, an der 
sie sich unter den Verhältnissen einigermaßen wohl ge 
fühlt haben, in die Prooinzanstalten verlegt werden. 
Die fortwährende Beunruhigung dieser alten' Leute 
hat dazu geführt, daß Erschütterungen in ihrer Ge 
sundheit stattgefunden haben. Es wird sogar be 
hauptet, daß 2 Todesfälle vorgekommen sind. 
Meine Damen und Herren! Man kann es ver 
stehen, daß die Leute, die kurz vor dem Abschluß 
ihres Lebens stehen, sich nach Ruhe sehnen. 
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie per 
sönlich fragen, ob es Ihnen angenehm wäre, wenn 
Sie in diesem späten Alter von einer Stätte zur andern 
gejagt werden. — Darum haben wir hauptsächlich 
diese Anfrage gestellt, die dahin geht: Was gedenkt 
der Magistrat zu tun, um diesen Uebelständen abzu 
helfen. 
Man muß sich ferner vergegenwärtigen, daß, 
wenn diese Leute nach den Landesanstalten kommen, 
in die unangenehme Situation gesetzt werden, daß 
wegen der Entfernungen ihnen nicht die Möglichkeit 
gegeben ist, ihre Angehörigen zu sehen. Auch die An 
gehörigen sind nicht in der Lage, ihre Eltern, Bater, 
Mutter, oder wen sie sonst dort haben, wegen des 
hohen Fahrgeldes zu besuchen. 
Deshalb, meine Damen und Herren, ist es not- 
i wendig, daß hier seitens des Magistrats eine Antwort 
gegeben wird, die nicht nur uns als Stadtverordnete 
befriedigt, sondern auch die alten Leute beruhigt, die 
derartig ausfällt, daß eben mit der Zeit dieser Zustand 
geändert wird. 
Meine Damen und Herren, wie gradezu blöd 
sinnig, möchte man behaupten, diese Verschickung ge- 
handhabt wird, ergibt folgendes: 
Die Leute werden zunächst in der Fröbelstraße ge 
sammelt, halten sich dann vielleicht einige Zeit im 
Hospital Buch auf und werden vom Hospital Buch 
nach Wuhlgarten verlegt Eine vernünftige Ver 
waltung müßte es verstehen, diese Verschickung, wie sie 
hier geschehen ist, unmöglich zu machen. 
Wir erwarten, wie gesagt, daß die Antwort des 
Magistratsvertreters befriedigend ausfällt. 
Vorst. haß: Zur Beantwortung der Anfrage 
Herr Bürgermeister. 
Bürgermeister Scholh: Meine Damen und 
Herren! Es ist richtig, daß Verschickungen von Hospi 
taliten sowohl in die Provinz, als auch Verlegungen 
innerhalb der hiesigen Anstalten vorgenommen wer 
den mußten. Aber diese Verlegungen und Verschif 
fungen sind nicht so ganz blödsinnig, wie es der Herr 
Vorredner bezeichnet hat, sondern sie entsprechen 
vollständig der Vernunft. Man muß berücksichtigen, 
daß wir im ganzen einen Bestand von 6 300 Siechen 
haben, daß wir aber nur 5 200 Betten in Berlin selbst 
haben. Infolge davon müssen wir, da wir außerdem 
immer als Reserve 300 Betten haben müssen, 1400 
Veiten anderweitig, in der Provinz belegen, deshalb 
müssen die Betreffenden in die Provinz verlegt wer 
den. Nach dem Schiedsspruch mit der Provinz infolge 
des Gesetzes Groß-Berlin stehen uns allein in der 
Provinz 5200 Betten zu, davon find 3800 für Geistes 
kranke vorgesehen und die 1400 sind den Hospitaliten 
vorbehalten. 
Zunächst müssen also Betten in der Provinz mal 
belegt werden. Dagegen hat, glaube ich, der Herr An 
tragsteller sich auch nicht so sehr gewendet, wie gegen 
die Verlegungen, die wir innerhalb der hiesigen An- 
Februar 1925. 157 
stalten vorgenommen haben. Er führt einen Fall an, 
in dem ein alter Mann oder eine alte Frau zunächst 
hier in ein Hospital Fröbelstraße oder Pallisadenstraße 
gekommen ist und von dortaus nach Wuhlgarten. Das 
hat seinen Grund darin, daß sehr häufig die alten 
Leute schon so schwach sind, daß sie eben gar nicht mehr 
transportfähig sind. Zur Schonung dieser alten Leute 
nehmen wir dann den Transport nach Wuhlgarten 
nicht sofort vor, sondern wir nehmen sie dann zunächst 
in das erste nächstgelegene Hospital, um ihre Kräfte 
auf diese Weise zu schonen. Wenn sie sich dann erholt 
haben, kommt es manchmal vor, das Verlegungen 
vorgenommen werden müssen, weil eben diese Plätze 
innerhalb der Stadt freigemacht werden müssen. 
Sie wissen, daß wir 3 Hospitäler haben: Fröbel 
straße, Pallisadenstraße, Buch. 
Buch kann aus demselben Grunde, nämlich wegen 
der Entfernung eben nicht endgültig belegt wer 
den, sondern Buch muß zunächst auch erst wieder be 
legt werden von den Hospitaliten, die in den andern 
Hospitälern erst gesammelt worden sind. Das sind die 
Gründe für die Verlegung. 
Wenn Herr Rintorf übrigens sagt — ich glaube 
wenigstens das verstanden zu haben, es geht auch aus 
dem Antrage, den Sie gestellt haben, hervor —, daß 
wiederholt Verlegungen derselben Person vorgekommen 
sind, d. h. also hin und zurück, dann bitte ich, mir die 
einzelnen Fälle zu nennen, ich bin gerne bereit, sie zu 
untersuchen. Daß aber aus den Gründen, die ich hier 
angeführt habe, Verlegungen vorgenommen werden, 
zunächst von der Fröbelstraße nach Buch, u. U. in die 
Provinz, das wäre möglich, das entspricht der Not 
wendigkeit. 
Vorst. haß: Eine Besprechung der Anfrage wird, 
nicht gewünscht. Dann ist Punkt 4 der Tagesordnung 
erledigt. 
Zur Geschäftsordnung hat das Wort Frau Stadtv. 
Rosenthal. 
Stadtv. Frau Rosenkhal (Zur Geschäftsordnung): 
Wie Ihnen allen bekannt fein dürfte, haben wir schon 
vor ungefähr vier Wochen in einer nichtöffentlichen 
Sitzung bei der Beantragung und Bewilligung von 
Unterstützungen an Witwen ehemaliger ehrenamt 
licher Mitglieder usw. einen Antrag eingebracht, der 
dahin ging, die Unterstützungen für sämtliche Renten 
empfänger so zu erhöhen, daß ein Auskommen möglich 
ist. 
Dieser unser Antrag steht auf jeder Tagesordnung 
so ziemlich am Schluß. Auch heute müssen wir bemer 
ken, daß er wieder als Punkt 32 auf der Tages 
ordnung steht. 
Nun trifft sich aber dieser unser Antrag mit einer 
Eingabe, die ja wohl allen Mitgliedern zugegangen ist, 
die der Zentralverband der Arbeitsinvaliden und 
Witwen eingebracht hat, die auch endlich einmal auf 
begehren und beweisen, daß sie mit den Unter 
stützungssätzen nicht mehr auskommen können. 
Ich beantrage deshalb, daß der Punkt 32 der Ta 
gesordnung wenigstens als erster oder zweiter Punkt 
jetzt verhandelt wird. 
Vorst. haß: Frau Stadtv. Rosenthal hätte von 
ihren Parteifreunden erfahren können, daß am 
Dienstag nächster Woche ein Schwerinstag stattfindet,, 
wo die Anträge behandelt werden sollen. Der Antrag 
ist aber ordnungsgemäß gestellt. Wir müssen also dar 
über abstimmen. 
Wer dem Antrage der Kommunisten stattgeben 
will, den Punkt 32 vorweg zu behandeln, bitte ich, 
eine Hand zu erheben. 
(Geschieht.) 
Das ist nicht die Zweidrittelmehrheit des Hauses. 
Wir kommen nunmehr zu Punkt 7 der Tages 
ordnung, 
II. Beratung der Vorlage, bekr. Bewilligung von 
190 500 cU zum Bau je eines Beamtenwohnhauses 
für die Erziehungsheime in Lichtender^ Struveshof 
und Lichkenrade — Drucks. 63 — 
Das Wort hat der Berichterstatter Herr Anton 
Schmidt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.