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Volume Sitzung 6., 12. Februar 1925

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1925 (Public Domain)

Sitzung am 12 
Und nun, meine Damen und Herren, Herr von 
Eynern hat ein außerordentlich richtiges Wort ge 
sprochen. 
(Stabtu. non Eynern: Mehrere!) 
Er sagt, eigenes Aktienkapital müssen die Gesell 
schaften haben. Ich sage: Jawohl, das stimmt, das 
müssen sie haben. Aber er sagt, sie brauchen nicht so 
oiel, wie sie hier gefordert haben, ich bewillige ihnen 
bloß die Hälfte. 
Meine Damen und Herren! Ich frage Sie, wer 
etzt denn schließlich die Höhe dieses Kapitalbetrages 
eft? Das sind doch Ihre Vertrauensleute, die Au f- 
ichtsräle, die Sie in die Gesellschaften geschickt 
haben, diese haben doch Ihr Vertrauen. 
(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Nein, schein 
bar nicht!) 
Es sieht so aus, als wenn sie es nicht haben. Diese 
Aufsichtsräte haben erklärt, wir brauchen zur regu 
lären Durchführung unserer Aufgabe dieses Kapital, 
und nun kommen jetzt die Herren, die gar nicht dabei 
gewesen sind, die sich wahrscheinlich in diese Dinge 
nicht mal hineingekniet haben und dekretieren ex ca- 
theora, 
(Stadtu. uon Eynern: cathedra?) 
es genügt, wenn Ihr die Hälfte davon erhaltet. Meine 
Damen und Herren, das ist doch eine vollkommen aus 
der Luft gegriffene Annahme. Ich verstehe nicht, was 
man damit erreichen soll und was damit irgend wie 
bezweckt werden könnte. Geben Sie doch endlich den 
Gesellschaften die Bewegungsfreiheit in die Hand, um 
leben zu können, versuchen Sie nicht, sie immer am 
Gängelbande der Parteipolitik zu führen. Ich ver 
lange ja gar nicht, daß sie etwa so selbständig werden, 
daß sie hier der Kritik entrückt werden. Das liegt mir 
fern, aber ein gewisses Vertrauen müssen wir ihren 
Vertrauensmännern, die es in den Gesellschaften doch 
sind, entgegenbringen. 
Ich bin der Meinung, wenn wir alle diese Gründe 
bedenken, dann müssen wir uns dazu entschließen, 
diese Vorlage so anzunehmen, wie sie aus dem Ma 
gistrat und aus den Gesellschaften hervorgegangen 
sind. 
Nun ist allerdings im Hauptausschuß eine ganz 
merkwürdige Unklarheit vorgekommen. Das erste Mal 
haben die Argumente des Herrn von Eynern noch 
etwas mehr Eindruck gemocht, da hat man von der 
Straßenbahn 5 Millionen Mark abgestrichen. 
(Stadtv. Reuter: Eindruck haben sie das erste 
Mal euch nicht gemacht, das Stimmverhältnis 
war anders!) 
Aber es sind jedenfalls die 5 Millionen von der Stra 
ßenbahn abgestrichen worden. In der zweiten 
Sitzung, als es sich um die Werke für Gas, Wasser 
und Elektrizität handelte, war man schon etwas 
klüger geworden, da ließ man es bei den Anträgen 
des Magistrats bewenden. So haben wir jetzt diese 
Unmöglichkeit, daß die Straßenbahn zwar um 5 Mil 
lionen gekürzt ist, aber die anderen Werke soviel er 
halten und behalten sollen, wie sie gefordert haben. 
Ich glaube, diese U n st i m m i g t e i t müssen wir doch 
hier im Plenum aus der Welt schaffen. Ich weiß ja, 
wenn einmal solch ein Beschluß gefaßt worden ist, 
ist es nicht ganz leicht, ihn wieder umzustoßen. Aber, 
meine Damen und Herren, jeder einzelne, der sich die 
Dinge überlegt, muß sagen: Ich bin entweder dafür 
oder dagegen, er kann aber nicht sagen: ich 
hinke nach der rechten Seite oder ich hinke 
nach der linken Seite. Und deswegen habe 
ich beantragt, daß bei der Straßenbahn auch das 
Kapital genau wie bei den andern drei Gesellschaften 
wieder auf den ursprünglichen Betrag, auf 15 M i l - 
lionen Mark erhöht wird. Ich bitte Sie, 
diesem unserem Antrage und damit den Magistrats 
anträgen überhaupt zuzustimmen und damit dabei zu 
helfen, daß unsere Gesellschaften lebensfähig gemacht 
werben in der Erwartung und in der bestimmten Aus 
sicht, daß sie nur, wenn sie kapitalkräftig arbeiten 
können, auch wirklich brauchbare Arbeit leisten und 
zum Segen der Gesamtheit ihre Tätigkeit weiter aus 
üben können. 
(Zustimmung und Bravorufe.) 
. Februar 1925. 109 
Sfabtv. Fabian: Meine Damen und Herren! Zu 
nächst möchte ich Verwahrung einlegen gegen die 
Ausführungen des Herrn von Eynern, die nach der 
Richtung hin gingen, als ob die Anträge der Deutsch 
nationalen bezüglich Steuerabbau nicht ernst gemeint 
wären. 
(Zuruf des Stadtv. von Eynern.) 
Weil wir diese Dinge lediglich von wirtschaft 
lichen Momenten beeinflussen lassen und betrachten, 
kommen wir dazu, den Anträgen des Magistrats — 
im übrigen handelt es sich ja um eine Vorlage zur 
Kenntnisnahme — 
(Stadtv. von Eynern: Nein!) 
zuzustimmen. 
Bezüglich der Straßenbahn sind wir bereit, dem 
Antrage des Herrn Dr. Michaelis zu folgen, der die 
Erhöhung auf 15 Millionen Mark will. 
(Zuruf: Bravo!) 
Meine. Damen und Herren! Ich habe bereits im 
Ausschuß Ausführungen gemocht, und ich bedaure, 
daß Herr von Eynern mich in einigen Punkten miß 
verstanden hat bezw. den Ausführungen nicht gefolgt 
ist. Ich muß sie daher zu meinem Bedauern wieder 
holen, obgleich im Ausschuß des langen und breiten 
über diese Dinge gesprochen wurde. 
Meine Damen und Herren! Klarheit war im 
Ausschuß darüber, daß die einzelnen Gesellschaften 
das genügende Betriebskapital haben müssen. Nun 
hat Herr von Eynern aus den Ausführungen des 
Herrn Direktor Kaufmann von den Elektrizitäts 
werken geschlossen, daß ein Betriebskapital nicht mehr 
notwendig wäre, weil die Werke bisher ausgekommen 
feien mit den Beträgen des Jahres. 
Ich habe bereits im Ausschuß darauf hingewiesen, 
daß wir die Inflationszeit zunächst mal wegstreichen 
muffen, daß wir aber doch berücksichtigen müssen, daß 
eine xalrulation sich nicht nur aufbaut auf den reinen 
Betriebskosten, das sind Löhne, Gehälter Kohlen und 
bergt. Auch eine Amortisationsquote muß in dem 
Preis vorhanden fein. Werden nun für diese Amorti 
sationsbetrüge keine Neubauten oder keine Erneue 
rungsbauten gemacht, so ist es natürlich, daß das Geld 
dafür einstweilen theoretisch in der Kasse bleibt. Man 
hat sich Ansang des vorigen Jahres, zu einer Zeit, 
wo man die Erweiterungs- und Verbefferungsar- 
betien noch nicht aufnehmen konnte, so geholfen, daß 
man bei den Werken die sämtlichen für den Erneue 
rungsfonds bestimmten Gelder für die laufende Zah 
lung der Kohlen, Löhne usw. benutzt hat. Es müßten 
aber, Herr von Eynern, am Ende des Jahres die für 
Amortisation in der Kalkulation eingestellten Beträge 
vorhanden sein, entweder in bar, ober in Neuanlagen 
bezw. Ergänzunasanlagen. 
Es ist also irrig, wenn Sie annehmen, daß zwi 
schen Herrn Direktor Kaufmann und mir ein Mißver 
ständnis Herrscht bezw. daß die Ausführungen nicht 
uverein stimmen. 
Meine Damen und Herren! Ich möchte nochmals 
darauf hinweisen, was ich schon im Ausschuß gesagt 
have: Betrachten müßte man eigentlich die Werte bei 
den einzelnen Werken, die sich ergeben, sagen wir mal, 
aus dem Nutzungswert, also aus dem Wert von un- 
fäbr loO—180 Millionen Ji beim Gas- und Elektri 
zitätswerk. Ich kann nicht übersehen, wie es bei der 
Straßenbahn ist, es genügt ja vielleicht auch das Bei 
spiel. Unter den heutigen Verhältnissen müßte bei 
allen technischen Anlagen eigentlich ein Betrag abge 
schrieben werden incl. Versicherung, Amortisation 
und dgl., der bei 15—20% liegt, denn unsere Schnell- 
lebigkeit gerade in dem Elektrizitätswesen läßt die 
Anlagen sehr schnell veralten. 
Meine Damen und Herren, wir f! nb leider auch 
bei vem heutigen Tarif nicht in der Lage, diese hohen 
Amortisationsfätze zu decken. 
Nun könnte aus den Ausführungen des Herrn 
von Eynern geschlossen werden, als ob diese Beträge 
im Kapital-Entwertungs-Konto eine Belastung der 
Bevölkerung bedeuten. Das ist grundfalsch. Das wäre 
nur dann richtig, wenn beim Kapitalentwertunas- 
Konto verlangt wird, daß Barbeträge hierüber geführt 
werden. Es ist aber sehr gut möglich, wie Herr von
	        
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