Sitzung am 12
Und nun, meine Damen und Herren, Herr von
Eynern hat ein außerordentlich richtiges Wort ge
sprochen.
(Stabtu. non Eynern: Mehrere!)
Er sagt, eigenes Aktienkapital müssen die Gesell
schaften haben. Ich sage: Jawohl, das stimmt, das
müssen sie haben. Aber er sagt, sie brauchen nicht so
oiel, wie sie hier gefordert haben, ich bewillige ihnen
bloß die Hälfte.
Meine Damen und Herren! Ich frage Sie, wer
etzt denn schließlich die Höhe dieses Kapitalbetrages
eft? Das sind doch Ihre Vertrauensleute, die Au f-
ichtsräle, die Sie in die Gesellschaften geschickt
haben, diese haben doch Ihr Vertrauen.
(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Nein, schein
bar nicht!)
Es sieht so aus, als wenn sie es nicht haben. Diese
Aufsichtsräte haben erklärt, wir brauchen zur regu
lären Durchführung unserer Aufgabe dieses Kapital,
und nun kommen jetzt die Herren, die gar nicht dabei
gewesen sind, die sich wahrscheinlich in diese Dinge
nicht mal hineingekniet haben und dekretieren ex ca-
theora,
(Stadtu. uon Eynern: cathedra?)
es genügt, wenn Ihr die Hälfte davon erhaltet. Meine
Damen und Herren, das ist doch eine vollkommen aus
der Luft gegriffene Annahme. Ich verstehe nicht, was
man damit erreichen soll und was damit irgend wie
bezweckt werden könnte. Geben Sie doch endlich den
Gesellschaften die Bewegungsfreiheit in die Hand, um
leben zu können, versuchen Sie nicht, sie immer am
Gängelbande der Parteipolitik zu führen. Ich ver
lange ja gar nicht, daß sie etwa so selbständig werden,
daß sie hier der Kritik entrückt werden. Das liegt mir
fern, aber ein gewisses Vertrauen müssen wir ihren
Vertrauensmännern, die es in den Gesellschaften doch
sind, entgegenbringen.
Ich bin der Meinung, wenn wir alle diese Gründe
bedenken, dann müssen wir uns dazu entschließen,
diese Vorlage so anzunehmen, wie sie aus dem Ma
gistrat und aus den Gesellschaften hervorgegangen
sind.
Nun ist allerdings im Hauptausschuß eine ganz
merkwürdige Unklarheit vorgekommen. Das erste Mal
haben die Argumente des Herrn von Eynern noch
etwas mehr Eindruck gemocht, da hat man von der
Straßenbahn 5 Millionen Mark abgestrichen.
(Stadtv. Reuter: Eindruck haben sie das erste
Mal euch nicht gemacht, das Stimmverhältnis
war anders!)
Aber es sind jedenfalls die 5 Millionen von der Stra
ßenbahn abgestrichen worden. In der zweiten
Sitzung, als es sich um die Werke für Gas, Wasser
und Elektrizität handelte, war man schon etwas
klüger geworden, da ließ man es bei den Anträgen
des Magistrats bewenden. So haben wir jetzt diese
Unmöglichkeit, daß die Straßenbahn zwar um 5 Mil
lionen gekürzt ist, aber die anderen Werke soviel er
halten und behalten sollen, wie sie gefordert haben.
Ich glaube, diese U n st i m m i g t e i t müssen wir doch
hier im Plenum aus der Welt schaffen. Ich weiß ja,
wenn einmal solch ein Beschluß gefaßt worden ist,
ist es nicht ganz leicht, ihn wieder umzustoßen. Aber,
meine Damen und Herren, jeder einzelne, der sich die
Dinge überlegt, muß sagen: Ich bin entweder dafür
oder dagegen, er kann aber nicht sagen: ich
hinke nach der rechten Seite oder ich hinke
nach der linken Seite. Und deswegen habe
ich beantragt, daß bei der Straßenbahn auch das
Kapital genau wie bei den andern drei Gesellschaften
wieder auf den ursprünglichen Betrag, auf 15 M i l -
lionen Mark erhöht wird. Ich bitte Sie,
diesem unserem Antrage und damit den Magistrats
anträgen überhaupt zuzustimmen und damit dabei zu
helfen, daß unsere Gesellschaften lebensfähig gemacht
werben in der Erwartung und in der bestimmten Aus
sicht, daß sie nur, wenn sie kapitalkräftig arbeiten
können, auch wirklich brauchbare Arbeit leisten und
zum Segen der Gesamtheit ihre Tätigkeit weiter aus
üben können.
(Zustimmung und Bravorufe.)
. Februar 1925. 109
Sfabtv. Fabian: Meine Damen und Herren! Zu
nächst möchte ich Verwahrung einlegen gegen die
Ausführungen des Herrn von Eynern, die nach der
Richtung hin gingen, als ob die Anträge der Deutsch
nationalen bezüglich Steuerabbau nicht ernst gemeint
wären.
(Zuruf des Stadtv. von Eynern.)
Weil wir diese Dinge lediglich von wirtschaft
lichen Momenten beeinflussen lassen und betrachten,
kommen wir dazu, den Anträgen des Magistrats —
im übrigen handelt es sich ja um eine Vorlage zur
Kenntnisnahme —
(Stadtv. von Eynern: Nein!)
zuzustimmen.
Bezüglich der Straßenbahn sind wir bereit, dem
Antrage des Herrn Dr. Michaelis zu folgen, der die
Erhöhung auf 15 Millionen Mark will.
(Zuruf: Bravo!)
Meine. Damen und Herren! Ich habe bereits im
Ausschuß Ausführungen gemocht, und ich bedaure,
daß Herr von Eynern mich in einigen Punkten miß
verstanden hat bezw. den Ausführungen nicht gefolgt
ist. Ich muß sie daher zu meinem Bedauern wieder
holen, obgleich im Ausschuß des langen und breiten
über diese Dinge gesprochen wurde.
Meine Damen und Herren! Klarheit war im
Ausschuß darüber, daß die einzelnen Gesellschaften
das genügende Betriebskapital haben müssen. Nun
hat Herr von Eynern aus den Ausführungen des
Herrn Direktor Kaufmann von den Elektrizitäts
werken geschlossen, daß ein Betriebskapital nicht mehr
notwendig wäre, weil die Werke bisher ausgekommen
feien mit den Beträgen des Jahres.
Ich habe bereits im Ausschuß darauf hingewiesen,
daß wir die Inflationszeit zunächst mal wegstreichen
muffen, daß wir aber doch berücksichtigen müssen, daß
eine xalrulation sich nicht nur aufbaut auf den reinen
Betriebskosten, das sind Löhne, Gehälter Kohlen und
bergt. Auch eine Amortisationsquote muß in dem
Preis vorhanden fein. Werden nun für diese Amorti
sationsbetrüge keine Neubauten oder keine Erneue
rungsbauten gemacht, so ist es natürlich, daß das Geld
dafür einstweilen theoretisch in der Kasse bleibt. Man
hat sich Ansang des vorigen Jahres, zu einer Zeit,
wo man die Erweiterungs- und Verbefferungsar-
betien noch nicht aufnehmen konnte, so geholfen, daß
man bei den Werken die sämtlichen für den Erneue
rungsfonds bestimmten Gelder für die laufende Zah
lung der Kohlen, Löhne usw. benutzt hat. Es müßten
aber, Herr von Eynern, am Ende des Jahres die für
Amortisation in der Kalkulation eingestellten Beträge
vorhanden sein, entweder in bar, ober in Neuanlagen
bezw. Ergänzunasanlagen.
Es ist also irrig, wenn Sie annehmen, daß zwi
schen Herrn Direktor Kaufmann und mir ein Mißver
ständnis Herrscht bezw. daß die Ausführungen nicht
uverein stimmen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte nochmals
darauf hinweisen, was ich schon im Ausschuß gesagt
have: Betrachten müßte man eigentlich die Werte bei
den einzelnen Werken, die sich ergeben, sagen wir mal,
aus dem Nutzungswert, also aus dem Wert von un-
fäbr loO—180 Millionen Ji beim Gas- und Elektri
zitätswerk. Ich kann nicht übersehen, wie es bei der
Straßenbahn ist, es genügt ja vielleicht auch das Bei
spiel. Unter den heutigen Verhältnissen müßte bei
allen technischen Anlagen eigentlich ein Betrag abge
schrieben werden incl. Versicherung, Amortisation
und dgl., der bei 15—20% liegt, denn unsere Schnell-
lebigkeit gerade in dem Elektrizitätswesen läßt die
Anlagen sehr schnell veralten.
Meine Damen und Herren, wir f! nb leider auch
bei vem heutigen Tarif nicht in der Lage, diese hohen
Amortisationsfätze zu decken.
Nun könnte aus den Ausführungen des Herrn
von Eynern geschlossen werden, als ob diese Beträge
im Kapital-Entwertungs-Konto eine Belastung der
Bevölkerung bedeuten. Das ist grundfalsch. Das wäre
nur dann richtig, wenn beim Kapitalentwertunas-
Konto verlangt wird, daß Barbeträge hierüber geführt
werden. Es ist aber sehr gut möglich, wie Herr von