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möchte ich.mich an die Herren tuenden, die mir im
Ausschuß immer entgegengehalten haben, wir hätten
unseren Standpunkt geändert: Meine Damen und
Herren, das ist nicht wahr. Wir haben immer gesagt,
diese Gesellschaften sollen nach kaufmännischen Ge
sichtspunkten verwaltet werden. Gut, in ihren eigent
lichen Geschäftskreisen, nämlich in der Lieferung von
Gas, in der Herstellung und Lieferung non Elektrizi-
» ., in der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser,
auch in der Art und Weise, wie der Verkehr geregelt
werden soll, soll alles kaufmännisch geschehen, aber
im Rahmen der eigentlichen Zwecke, nämlich einer Pacht
gesellschaft, die diese Betriebe führt. Betriebsführungs
gesellschaften sind es und nicht Eigentuntsgesellschaften,
die alle möglichen Dinge neu errichten, sondern diese
Neuerrichtungen müssen von einer anderen Stelle
ausgehen, und zwar von der Stadt. Sie müssen auch
mit andörem Gelde gemacht werden als mit dem Gelde
der sogenannten Ueberschüsse, was die Gesellschaften
vielleicht liefern.
(Zuruf: Ja, wo soll das herkommen?)
Ja, meine Damen und Herren, die Aufsichtsrats-
mitglieder und die Direktoren dieser Gesellschaften,
deren Wirken wir durchaus anerkennen, folgen hier
einem sehr gesunden Prinzip, das man auch in der
Privatwirtschaft gerade heute sehr viel findet, nämlich
dem Gedanken, die Werke aus sich gesund zu machen,
aus sich heraus, und zwar unter Ausschaltung des
Gesichtspunktes, daß der Aktionär Dividenden wünscht.
Gut, meine Damen und Herren, wenn eine Privat
gesellschaft das macht und der Aktionär sich das ge
altert läßt. Sie kann tatsächlich aus ihren Ueber-
chüssen soviel zurücklegen, daß sie sich damit gesund
macht, ganz neue Fabriken herstellt, sich modernisiert
nach jeder Richtung. Für eine Privatgesellschaft will
ich das sehr hoch anerkennen. Dann ist das eben ein
Zeichen dafür, daß sie eben in allererster Linie die
Werke über den Profit stellen. Aber, meine Damen
und Herren, bei einer Monopolgesellschaft und bei
den Monopolgesellschaften, wie wir sie hier haben, ist
dieses Verfahren doch bedenklich. Die Berliner Bürger
sind doch gezwungen, Gas zu beziehen, sie sind ge
zwungen, Elektrizität zu beziehen und das Wasser zu
trinken.
(Zuruf des Stadtv. Reuter.)
O ja, Herr Reuter, da kennen Sie die Verhältnisse
im kleinen Gewerbe nicht. Wer einmal seine Ma
schinen darauf eingerichtet hat, daß sie elektrisch be
trieben werden, ist davon abhängig, er muß Elek
trizität beziehen, einerlei, wie teuer sie ist. Meine
Damen und Herren, wir müssen mit der Elektrischen
fahren, das hilft alles nichts, und es ist sehr einfach,
durch eine Hochhaltung der Tarife sich dieses Geld zu
verdienen in der Zeit und bann diese Summen zu
rückzustellen. Meine Damen und Herren, wer be
zahlt denn das nun aber in letzter Linie? In letzter
Linie bezahlt das wieder einmal die Berliner Wirt
schaft, d. H. die große Allgemeinheit der Berliner
Bürger, die erwerbsmäßig tätig ist, sei es nun, daß
die Löhne steigen müssen, weil dem Einzelnen seine
Lebensbedürfnisse verteuert werden, sei es, daß sie
unmittelbar Strom oder Gas beziehen und mehr an
die Stadt abführen müssen. Also, meine Damen und
Herren, hier wird man zweifellos durch dieses Ver
fahren den Einzelnen in die Lage bringen, mehr
von feinem Verdienst opfern zu müssen für das Ganze
der Stadt.
Meine Damen und Herren! Aber noch auf eine
andere Weife wird erreicht, daß hier die Wirtschaft be
lastet wird. Denn, meine Damen und Herren, wenn
wir wirklich in den nächsten drei Jahren diese Beträge,
die wir jetzt eingesetzt haben, als Kapitalentwertungs
konto wieder aufbringen müssen, um den Gegenwert
zu lwaffen, dann bedeutet das doch, daß unsere Werke
nicht in der Lage sind, uns für die nächsten drei Jahre
irgendwelche wirklichen Ueberschüsse zu liefern. Das
können sie dann nicht und das dürfen sie sogar nicht.
Der größte Richter wird sdarauf achten und muß
darauf achten — die Verordnung schreibt das vor —,
daß alle möglichen Ueberschüsse zunächst einmal ver
wendet werden, um den Gegenwert für das Aktien
, Februar 1925.
kapital unter Fortfall des Kapitalentwertungskontos
zu schaffen.
Meine Damen und Herren, das bedeutet also, daß
praktisch die Wirtschaft entsprechend höher belastet
wird, und zwar wahrscheinlich auf dem Gebiete der
Gewerbesteuer. Denn schließlich, wenn man einmal
an die Aufstellung des Etats gehen wird, dann wer
den wir ja sehpn, daß wir auf diese Ueberschüsse der
Werke nur ungern verzichten können und daß dann
zur Deckung der Etatsbedllrfnisse andere Quellen her
angezogen werden müssen, und das wird wohl die
gute ,liebe Gewerbesteuer sein.
Meine Damen und Herren! Es ist sehr einfach,
Anträge zu stellen, die dahin gehen, man soll die Ge
werbesteuer herabsetzen. Die Herren von den Deutsch
nationalen haben ja kürzlich eine solche Anfrage an
den Magistrat gerichtet, ob denn nun der Magistrat
beabsichtigt, dem dankenswerten Vorgehen des Reiches
zu folgen auf dem Gebiete der Steuerermäßigung.
Die Antwort des Herrn Kämmerers Haben Sie gehört,
sie war im wesentlichen negativ. Ja, meine Herren
von der Deutschnationalen Partei, wenn es Ihnen
ernst mit solchen Anfragen ist, bann müssen Sie auch
dafür sorgen, daß hier nicht Ueberschüsse, die wir so
gut wie in der Tasche Haben, uns künstlich aus den
Taschen gezogen werden und festgelegt werden, damit
nun ja, wir, die böse Stadtverordnetenversammlung,
in den nächsten drei Jahren nicht herankommen, son
dern statt dessen Steuern ausschreiben müssen, und
Sie werden gezwungen sein, Steuern auszuschreiben,
weil Sie eben über die natürlichen Ueberschüsse der
Werke anderweitig verfügt Haben.
(Rechts: Sehr gut!)
Darüber kann gar kein Zweifel herrschen. Meine Da
men und Herren, es handelt sich hier gar nicht um
geringe Summen. Wir Haben einen Antrag gestellt,
diese Beträge nicht gänzlich zu streichen. Etwas Be
triebskapital sollen selbstverständlich die Werke Haben
und müssen sie haben, und sie müssen auch etwas mehr
Haben, als sie bisher Haben. Aber ich glaube, wenn
wir das Aktienkapital bei den großen Werken, bei
Gas, Elektrizität und Straßenbahn, auf 8 Millionen
festsetzen, und bei den Wasserwerken, die wir jetzt
mit 6 Millionen versehen, es auf 3 Millionen fest
setzen, dann bleibt immer noch ein Kapitalentwer
tungskonto bei den großen Werken von ungefähr vier
Millionen und bei den Wasserwerken von VA Mil
lionen. Aber, meine Damen und Herren, was darüber
hinausgeht, das bekommen wir doch frei für Ueber
schüsse und können darüber verfügen. Das sind also
bei den großen Werken je 8 Millionen und bei den
Wasserwerken 3 Millionen, zusammen also 27 Mil
lionen, immerhin eine ganz hübsche Summe, so daß
wir, wenn wir sie durch 3 dividieren, dann im Jahre
9 Millionen Haben, die wir auf diese Weise für die
laufende. Etatsgestaltung retten können.
Meine Damen und Herren! Jetzt wird man mir
sagen: Ja, woher sollen wir denn bloß das Geld be
kommen? Ich glaube, wir werden uns an den Ge
danken gewöhnen müssen, daß wir unsere Werke nicht
aus laufenden Einnahmen gesund machen können. Ich
bitte Sie, sich einmal die Gesamtheit unserer Wirtschaft
vor Augen zu halten. Wir sind nach dem verlorenen
Kriege in der jetzigen Zeit auf einem Tiefstand unserer
wirtschaftlichen Möglichkeiten angelangt, wie er viel
leicht nicht wieder übertroffen werden kann. Man
hat ausgerechnet, daß wir im letzten Jahre 2,7 Mil
liarden aus unserem Volksvermögen zugesetzt Haben.
Meine Damen und Herren! In einer solchen Zeit
müssen mir dafür sorgen, unsere Wirtschaft aufrecht
zu erhalten, und wir können unsere Wirtschaft nur
ausrecht d. h. konkurrenzfähig erhalten, wenn wir sie
möglichst wenig belasten, denn all diese Belastungen
unserer Wirtschaft, die hier auf dem Umwege den
Werken auferlegt werden sollen, wirken preisverteu
ernd und machen unsere Produkte schließlich dem Aus
lande gegenüber konkurrenzunfähig.
Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir
für die Instandsetzung unserer Werke, für die Neu
anlagen, die gemacht werden müssen, andere Mittel
heranzuschaffen gezwungen fein.