38 Sitzung am 18.
Stadtv. Panschow: Meine 'Damen und Herren!
Der Ausschuß zur Vorberatung der Vorlage, betreffend
die Etatisierung des Polizeivollzutzßdienstes der städti
schen Baupolizei beschäftigte sich zunächst mit der Frage,
weshalb 'die Baupolizei nicht der Verwaltung der Stadt,
sondern der des Oberbürgermeisters übertragen worden
wäre. Im Ausschluss, herrschte die Meinung, dass nur
im ersteren Falle die Uebernahme der Kosten für die
Bezüge jener Beamten von seiten der Stadt erfolgen
könnte. Man hielt es daher für richtiger, die Etati-
sieruug des Vollzugsdienstes heute abzulehnen, um dem
Oberbürgermeister dadurch die Möglichkeit zu geben,
aus die Nebertragung dieses Verwaltungszweiges auf
die Stadt dringen zu können. Von seiten des Magistrats
vertreters wurde darauf hingewiesen, daß diese Frage
den Magistrat wiederholt beschäftigt habe und daß alle
diesbezüglichen Anträge von der Aufsichtsbehörde im)
verneinenden Sinne beanwortct worden wären. Int vor
liegenden Falle wäre doch die Sache auch die, daß ver
schiedene aus früheren Vororten übernommene Polizei
beamte zwar im Dienste der heutigen städtischen Bau
polizei beschäftigt werden, daß die Bezüge ihrer Be
soldung aber in verschiedenen Kapiteln des Haushalts
planes zu Buche stehen. Mau beabsichtigt nun weiter,
alle Ausgaben für die Bezüge der Baupolizeibeamten
nunmehr in einem besonderen Kapitel des Haushalts
zu etatisieren und zusammenzufassen. Man ist zu dieser
Maßnahme gezwungen, weil sonst die Zwangsetatisierung
durch den Oberpräsidenten zu befürchten ist.
Im Ausschuß wurde dann die von dem Verband
der Banpolizeibeamten an verschiedene Ausschußmitglieder
gerichtete Eingabe zur Sprache gebracht. Der Vorsitzende
konnte den Standpunkt des Ausschusses dahin feststellen,
daß bei der Etatisierung des Volizeivollzugsdienstes der
städtischen Baupolizei die früher erworbenen und
die jetzigere Rechte der übernommenen Beamten bezüglich
ihrer Amtsbezeichnung und ihrer Eingruppierung nicht
geschmälert werden sollten. Es liegt demnach folgender
Ausschußantrag vor:
Die Versammlung stimmt der irr der Vorlage vom
9. Juli 1924, Drucks. 327 vorgeschlagenen Rege
lung des Polizeivollzugsdienstes der städtischen Bau
polizei sowie dessen Etatisierung mit der Maßgabe
zu, daß den übernommenen Beamten durch die Etati
sierung ihre früher erworbeneil und jetzigen Rechte
auf Amtsbezeichnung und Eingruppierung für ihre
Person erhalten bleiben. Die Versammlung ersucht
weiter den Magistrat, bei der Staatsbehörde darauf
hinzuwirken, daß die Baupolizei für die Stadt Berlin
der Verwaltung der Gemeinde unterstellt wird.
Ich bitte Sie namens des Ausschusses, der diesen
Beschluß einstimmig gefaßt hat, der Vorlage und dem
Ausschlußbeschluß zuzustimmen.
I
Vorst. Haß: Von der Bezirksgruppe der Polizei-
beamten Groß-Berlins ist eine Eingabe dazu hier
heute eingegangen. Ich werde sie bekannt machen:
Wie uns bekannt geworden ist, steht auf der Tages
ordnung der Stadtverordnetenversammlung! vom
19. August 1924 die Etatisierung des Polizeivvll-
zugsdienstes für die städtische Banpolizei. Wir er
lauben uns, ergebenst darauf hinzuweisen, daß die
Vorlage die Etatsverbessernngeu der staatlichen Polizei,
welche auch auf die kommunale Polizei nach dem
Ministerial-Erlaß. vom 28. April 1924 (Min.-Bl.
1924 S. 294) sinngemäße Anwendung finden muß.
Das Verhältnis iväre demnach folgendes:
Von den in der Vorlage aufgeführten 96 Plan
stellen würden demgemäß 1/3 in Besoldungsgruppe IV
— 32 Beamte in Besoldungsgruppe IV
— muß wohl heißen V —
einzugruppieren sein. Bon den restierendeu 64 Stellen
sind Vs in den Besoldungsgruppen V und VI also 43
in Gruppe V und 21 in Gruppe VI einzugruppieren.
Der Ausschuß der^ Stadtverordneten, der sich mit
dieser Vorlage beschäftigt hat, hat den obigen Mini-
sterialerlaß unberücksichtigt gelassen.
Wir bitten daher ergebenst, im Sinne obigen Er
lasses verfahren zu wollen. Die Etatsperbesserungen
für den Etat 1924, welche demnächst Gesetzeskraft
erlangen werden, sind bei der obigen Aufstellung von
uns unberücksichtigt geblieben.
September 1924.
Die Debatte ist eröffnet. Als erster Redner hat der
Herr Stadtv. Rintorf das Wort.
i ' M .M \ ! ! ] •
Stadtv. Rintorf: Meine Damen und Herren!
Namens meiner kommunistischen Freunde habe ich Ihnen
folgenden Antrag zu Unterbreiten:
Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen,
die Vorlage Drucks. 327 abzulehnen, aber die darin
vorgesehenen Maßnahmen gewerkschaftlich organisierten
Bauarbeitern zu übertragen.
Meine Damen und Herren! Ich kann dazu kurz
begründend sagen, daß sicherlich die Maßüahmen dann
auch besser Und billiger durchgeführt werden, als wenn
wir sie den Polizeilenlen überlassen.
i ! (
Stadtv. Dr. Michaelis: Meine Danken Und
Herren! Denk eben verlesenen Antrage des Herrn Kollegen
Rintorf könnte ich für meine politischen Freunde nicht
zustimmen. Wir sind umgekehrt der Meinung, daß
dazu doch schließlich Beamte notwendig sind, die im
Polizeidienste schon einige Erfahrungen haben und ich
möchte Sie deshalb bitten, diesen Antrag abzulehnen.
Ebensowenig sind wir in der Lage, noch einmal
auf die Eingabe der Beamten einzugehen. Diese Frage
ist doch im Ausschuß ausführlich erörtert worden und
der Ausschuß ist einstimmig zu denk vorhin von dem
Herrn Berichterstatter verlesenen Ergebnis gekommen.
Ich bitte Sie also, es dabei bewenden zu lassen.
Wenn ich hier das Wort nehme, so geschieht cs
wegen des letzten Absatzes des Antrages) der von dem
Ausschuß formuliert worden ist. Meine Damen und
Herren! Es handelt sich dabei unk eine sehr wichtige
Angelegenheit, nämlich um die Frage, in welcher Weise
künftig die Polizei organisiert werden soll. Die Bau
polizei befindet sich heute in einer gewissen Zwitter-
stellung. Sie ist nicht mehr staatlich, aber die Ver
waltung gehört auch nicht der Berliner Gemeinde, sondern
sie wurde bisher auftragsgemäß von dem Herrn Ober
bürgermeister geführt und seit einiger Zeit von den
Bezirksämtern. Die Stadtverordnetenversammlung aber,
die sich allerdings für diese Dinge gar nicht zu inter
essieren scheint, hatte bisher ans die städtische Baupolizei
nicht den geringsten Einfluß und es erscheint mir und
Meinen politischen Freunden als eine Unmöglichkeit,
diesen Zustand länger bestehen zu lassen. Wir' Müssen
unter allen Umständen eine Trennung zwischen den
verschiedenen Aufgaben und 'Arbeiten der Polizei Machen.
Selbst wenn der Minister des Innern darauf besteht,
daß die Polizei nicht kommunalisiert werden soll, kaun
es sich nicht darum handeln, die ganze Polizei, sowohl
die Sicherheitspolizei als auch die Wohlfahrtspolizei
dem kommunalen Einfluß zu entrücken, sondern die
Gemeinde muß versuchen, soviel wie möglich von der
Wv h l fa hlr t s p 0 l i z e i in ihre eigene Verwaltung
hineinzuziehen. Das gilt ganz besonders auch von der
Baupolizei. Der Ausschuß hat ja nun schon den
Antrag angenommen, daß die Baupolizei für die Stadt
Berlin der Verwaltung der Gemeinde unterstellt wird.
Ich möchte aber doch einmal hier unterstrichen haben,
daß wir Wert darauf legen, daß dieser Beschluß auch
nach außen hin bekannt wirb.
Vorst. Haß: Die Beratung ist geschlossen. Herr
Panschow, wünschen Sie als Verichterstattcr noch das
Wort?
(Stadtv. Panschow: Nein, danke!)
Der Herr Berichterstatter verzichtet auf das Schluß
wort. Wir kommen zur Abstimmung.
Zur Abstimmung steht der Antrag Rintorf, Dörr
und Genossen, dann der Ausschußbeschluß. Ich werde
erst den Antrag Rintorf noch einmal verlesen:
Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen,
die Vorlage Drucks. 327 abzulehnen, aber die darin
vorgesehenen Maßnahmen gewerkschaftlich organisierten
Bauarbeitern zu übertragen.
Wer für diesen Antrag Rintorf, Dörr und Genossen ist,
bitte ich, eine Hand zu erheben.
(Geschieht.)
Das ist die Minderheit. Ich bitte um die Gegenprobe.
(Geschieht.)
Der Antrag ist abgelehnt.