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Volume Sitzung 46, 18. Dezember 1924

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1924 (Public Domain)

Sitzung am 18. 
Was ist denn beabsichtigt? Sie entsinnen sich der 
Zapfstellen für Benzol in Berlin, die errichtet werden 
sollten. Die Stadtverordnetenversammlung hat diese 
Borlage nicht zur Verabschiedung gebracht. Gerade die 
Bolkspartei war die Hemmung. 
(Stadtv. Dr. Caspare: Sehr richtig! 
Wir rühmen uns dessen heute noch!) 
Na bitte, Sie gehen nämlich mit mir konform. Ich habe 
mich (damals sehr stark gegen die Errichtung 
der Benzin-- und Benzolzapfstellen durch 
eine (Gesellschaft -gewendet, weil diese Ueber* 
traguug an eine Erwerbsgesellschaft, die nicht unter 
öffentlicher Kontrolle steht, die Errichtung der 
Monopolisierung der Benzinversorgung 
für alle kleinen Fahrzeuge Berlins bedeuten würde. 
(Sehr richtig!) 
Wer die Geschichte der Standart Oil Comp, kennt, wer 
weiß, wie der Anfang bei den Krämern mit einfachen 
primitiven Anlagen war, um sich auf diese Weise das 
Monopol in Europa zu sichern, der muß dafür sorgen, 
daß die Versorgung mit einein so wichtigen Stoss tote 
Benzol an unsere Berliner Antos, an unsere Berliner 
Kraftwagen nicht in die Hand irgend einer Privat 
gesellschaft gelegt werden kann. 
(Stadtv. Dr. Caspari: Nicht einer, sondern vieler!) 
Es ist Aufgabe der Stadt Berliit, hier die öffentlichen 
Interessen zu schützen und wahrzunehmen. Hier diese 
Oleum A.-G. ist in ihrer Wirkung weiter nichts, als 
ein Versuch, die B e n zo l v e r so r g u n g Berlins 
zu monopolisieren. Wir wenden uns dagegen, 
weil keinerlei Garantie gegeben ist, daß diese Oleum 
A.-G. irgendwie die öffentlichen Interessen schützt, weil 
keine Garantie gegeben ist, daß die städtischen Körper 
schaften hier ihren entscheidenden Einfluß ausüben 
können. 
Aus diesem Grunde fragen wir: Will der ‘Ma 
gistrat diese Maßnahmen billigen, kirnt und will er das 
wirtschaftlich und rechtlich verhindern? Darüber wünschen 
wir zunächst Auskunft. Im kommunal-politischen In 
teresse wünschen wir, daß diese Neuerrichtung dieser 
Gesellschaft unterbleibt, weil sie nicht die kommunal- 
politischen Interessen der Stadt Berlin berücksichtigt. 
(Zustimmung und Bravorufe bei den Kommunisten.) 
| X 
Borst. Haß: Zur Beantwortung der Anfrage Herr 
Stadtrat Busch. 
Stadtrat Busch: Meine Damen und Herren! Ter 
Anfrage des Herrn Kollegen Stolt liegt ein grundsätzlicher 
Irrtum zugrunde. Es handelt sich nicht um eine Ge 
sellschaft, der der Handel mit Ocl oder Benzol über 
tragen wird, sondern die zu weiter nichts errichtet wird, 
als zur Lagerung und zur Beförderung von Ocl. Es 
handelt sich also um die Errichtung eines ganz einfachen 
Lagereigeschäfts. 
Meine Herrschaften, an dieser Gesellschaft, die mit 
100 000 M Kapital begründet werden soll, wird die 
Stadt Berlin qua Gaswerke A.-G. mit 40 pCt. be 
teiligt sein, und zwar, ohne, daß sie für die Aktien etwas 
zahlt. Sie bekommt sie für ihre drei Grundstücke, die 
der Gesellschaft nicht, wie Herr Stolt sagt, überlassen, 
sondern ihr lediglich verpachtet werden. Das ist das 
gute Recht der Gaswerke A.-G. Dafür bekommt sie einen 
! gewissen Prozentsatz. Ebenso hat die „Behala" 2 Grund 
tücke, die sie berechtigt ist, zu verpachten. Die werden 
auch der Gesellschaft weiter verpachtet. Dadurch werden 
5 geeignete Orte in Berlin, die für diese Lagerung ge 
eignet sind, unter einen Hut gebracht. Es ist also nur 
eine Zweckmäßigkeitsgesellschaft. ■ 
Sie wissen ja, meine Damen und Herren, daß loir an 
der „Behala" mit 25 pCt. beteiligt sind, und wenn wir 
hier 40 pCt. bekommen, so haben wir an dieser neuen 
Gesellschaft über 50 pCt. 
Nun möchte ich auf die einzelnen Fragen ein 
gehen: ' 
1. Warum wird der Stadtverordnetenversammlung 
keine Vorlage unterbreitet und ihre Zustimmung einge 
holt? — Ja, meine Herrschaften, weil die Gaswerke 
A.-G. einfach berechtigt ist, zu verpachten. Sie braucht 
Dezember 1924. 295 
die Stadtverordnetenversammlung dieserhalb nicht zu 
fragen. 
(Widerspruch rechts. — Zuruf links: Woraus 
geht das hervor?) 
Jawohl, zu diesem Geschäft ist die Gaswerkdirektion be 
rechtigt. Sie hat ihren Aufsichtsrat nur zu fragen. 
Dieser Wufsichtsrat hat sich damit einverstanden er 
klärt, und damit ist die Sache erledigt. 
Dann 3 Kairn die Berliner-Hafenlagerhaus-A.-G. 
eigenmächtig und im Gegensatz zu dem mit der Stadt 
Berlin getätigten Vertrage städtisches Gelände Dritten 
überlassen? — Meine Damen und Herren, nach Be 
fragung der Juristen und nach dem ganzen Statut kann 
die „Behala" das tun. 
(Hört, hört!) 
Also, diese Fragen sind mit „Ja" zu beantworten. 
Das ist alles, meine Herrschaften, was ich auf diese 
Fragen zu beantworten habe. 
Vorst. Hatz: Herr Dr. Caspar: beantragt die Be 
sprechung dieser Anfrage. Ich stelle die Unterstützungs 
frage. — Die Unterstützung reicht aus. Das Wort hat 
Herr Stadtv. Linke. 
(Zuruf: Ist nicht dä!) 
Herr Linke ist nicht dä. Das Wort hat Herr Stadtv. 
Dr. Caspari. 
Stadtv. <Dr. Caspari: Meine Damen iuttb 
Herren! Mit der, Beantwortung der Anfrage durch 
Herrn Stadtrat Busch können wir uns in keiner Weise 
einverstanden erklären. Sie widerspricht auch dem, was 
unsern Vertretern in der Tiefbau-Deputation gesagt 
worden ist, in der diese Frage nach der Mitteilung 
unserer Vertreter in der Tiefbau-Deputation zur Er 
örterung gekommen ist. 
Aus'die Frage, wie in Berlin Benzin gelagert werden 
soll, wie Benzm verteilt werden soll, ist uns ausdrück 
lich gesagt worden, wtr b kämen darüber eine Vorlage. 
Wir haben deshalb eine Anfrage, die wir an den Ma 
gistrat stellen wollten, zurückgestellt. 
Jetzt erklärt Herr Stadtrat Busch, eine Vorlage 
wird überhaupt nicht gemacht, sie ist gar nicht nötig, 
die „Behala" kann selbständig vorgehen, die Gasge 
sellschaft kann selbständig vorgehen. 
Meine Damen und Herren, die Gasgescllschaft kann 
in dieser Sache nicht selbständig vorgehen; es ist er 
forderlich, daß die städtischen Körperschaften ihre Ge 
nehmigung Heben. Die Gasgesellschaft ist dazu . ge 
gründet, die städtische Bevölkerung m't Gas zu versorgen 
und die Gasnebenprodukte zu vertreiben. Jetzt will 
man eine neue Ges.lischaft gründen und vollkommen neue 
Aufgaben übernehmen. 
(Zuruf: Kommunalisierung!) 
Es geht unmöglich an, daß über den Weg der städtischen 
Gesellschaften was gemacht wird, was Sie als Magistrat 
nicht ohne unsere Zustimmung machen düif.n. Das ist 
nicht der Zweck, dazu sind die städtischen Gesellschaften 
nicht gegründet worden. Wenn der ‘Magistrat auf b'escm 
Wege fortschreitet, werden wir die städ ischen Ges lisch f en 
auflösen und die Werke wieder in städtische Verwaltung 
übernehmen. 
Wir haben gegen das Projekt der „Behala" die 
schwersten Bedenken. Wir müssen es erst genauer kennen, 
genauer, als es heute nach den kurzen Ausführungen 
des Herrn Busch zu beurteilen ist, um im einzelnen dar 
über sprechen zu können. Ich unterlasse es deshalb 
heute. Aber das eine muß ich sagen, daß wir die 
schwersten Bedenken dagegm haben, daß der Geschäftskreis 
der „Behala" in Berlin noch weiter ausgedehnt wird, 
als es schon der Fall ist, daß wir mit dieser Gesellschaft 
in immer neue Verträge treten. Schließlich gehört ganz 
Berlin den Firmen Schenker und Busch, und das wollen 
wir nicht. 
Also, Meine DaMen und Herren, wir erwarten vom 
Magistrat, daß er uns über die Dinge, die hier von 
Herrn Stolt angeregt worden sind, eine Vorlage macht 
und nicht zur Gründung einer Gesellschaft schreitet)'ohne 
daß wir vorher unsere Zustimmung gegeben habest. 
(Stadtv. von Eynern: Sehr richtig!/!)
	        
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