Sitzung am 28.
Der Etatsausschuß ist veranlaßt worden, diesem
Beschlusse zuzustimmen, weil gesagt worden ist, daß
durch die anderweitige Veranlagung der Grundstücke
die Ungleichheit, die insofern bestand, als die unbe
bauten Grundstücke tatsächlich zu hoch veranlagt waren,
beseitigt sei. Nach den Informationen, die meine
Freunde eingezogen haben, trifft das nun nicht in
allen Fällen zu. Wir halten es deshalb, da ja heute
jeder Mensch nur darauf angewiesen ist, von der Hand
in den Mund zu leben, für erforderlich, die Besitzer von
unbebauten Grundstücken davor zu schützen, daß sie
größere Beträge nachzuschießen haben.
Ich habe, nachdem der Antrag gestellt war, mit
dem Magistrat selbst Fühlung genommen. Der Ma
gistrat hat erklärt, daß dann keine Bedenken gegen den
Antrag bestünden, wenn die „gewerblich benutzten"
Grundstücke auf der einen Seite ausgenommen
würden, bei denen diese Gründe an sich nicht vorlägen,
und wenn andererseits diejenigen Besitzer ausge
nommen werden, die aus der Herabsetzung des Wertes
des Grundstückes, soviel zurückbekommen, daß sie nichts
mehr zu zahlen hätten.
Ich habe infolgedessen meinen Antrag im Einver
ständnis meiner Freunde dahin eingeschränkt, daß ich
sage „bei unbebauten Grundstücken, soweit sie nicht
gewerblich benutzt werden" und daß ich am Schluß
weiter sage „Abstand zu nehmen, soweit diese Nach
forderung nicht durch die infolge der Veranlagungs
ermäßigung erfolgende Rückzahlung der Erundver-
mögenssteuer ausgeglichen wird.
Wenn ich den Antrag dahin einschränke, so besteht
also die Tendenz des Antrages lediglich dahin, daß für
die Zeit vom 1. April bis 1. Oktober keine Nach
zahlungen seitens der Besitzer unbebauter Grund
stücke zu erfolgen haben, wenn diese an sich nicht zu
gewerblichen Zwecken benutzt werden. Mit der Maß
gabe bitte ich Sie, diesen Antrag anzunehmen.
Vorst. Haß: Die Beratung ist eröffnet. Das Wort
hat der Herr Stadtv. Dethleffsen.
Sfabfo Dethleffsen: Ich möchte namens meiner
politischen Freunde nur die kurze Erklärung abgeben,
daß wir dem Antrage der Volkspartei in der Form,
in der jetzt gestellt worden ist seitens des Herrn
Kollegen Hallensleben, zustimmen werden. Dieser
Antrag bewegt sich durchaus in der Linie der Auf
fassung, die wir in dieser Angelegenheit von jeher
vertreten haben und die ich selbst schon vor einiger
Zeit Ihnen vorzutragen die Ehre hatte.
(Bravo!)
I • !
Stobst). Dr. Lohmann: Ich möchte namens meiner
Freunde nur die Erklärung abgeben, daß auch wir
entsprechend dem Standpunkte, den wir von jeher
vertreten, nicht in der Lage sind, den Besitzern un
bebauter Grundstücke auf diesem Wege ein neues
Geschenk zu machen und darum gegen den Antrag
stimmen werden.
Stobfo. Sfolf: Im Gegensatz zu den Antrag
stellern werden meine Freunde gegen diesen Antrag
stimmen. Wir sind nicht dafür, daß durch Nachlaß
den Eigentümern unbebauter Grundstücke irgend ein
Geschenk gemacht wird. Wir werden also gegen
diesen Antrag stimmen.
(Stadtv. Dr. Lohmann: Da konnten Sie doch ein
fach sagen: Wir schließen uns der Auffassung der
S.P.D. voll und ganz an!)
Dorff. Haß: Auf das Schlußwort wird verzichtet.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte, Platz zu
nehmen. Der Antrag lautet:
Die Versammlung wolle beschließen, den Ma
gistrat zu ersuchen, bei unbebauten, nicht gewerblich
benutzten Grundstücken von der Nachforderung der
durch den Umlagebeschluß eingeführten Erhöhung
der Zuschläge zur Grundvermögenssteuer für die
Zeit vom 1. April bis 1. Oktober 1924 Abstand zu
nehmen, soweit diese Nachforderungen nicht durch
Oktober 1924. 161
die infolge der Veranlagungsermäßigung erfol
gende Rückzahlung der erhobenen Grundvermögens
steuer ausgeglichen werden.
Wer für diesen Antrag ist, bitte ich, eine Hand
zu erheben.
(Geschieht.)
Ich bitte um die Gegenprobe.
(Geschieht.)
Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist ab
gelehnt.
Wir kommen zu Punkt 32 der Tagesordnung
Anträge
a) bet Stobst). Vierten unb parfeifreunbe —
Drucks. 460 —
b) ber Stobto. Dörr unb Genossen — Drucks. 461 —
best. Auflösung bet Sfabfoetotbnefenoer-
sammlung.
Zur Begründung des ersten Antrages hat der Herr
Stadtv. Dr. Michaelis das Wort.
(Stadtv. Dr. Lohmann: Lösen Sie sich auf, Herr
Doktor!)
(Stadtv. Flatau: Der Auslösungskommissar!)
ITP ! ; n -
Stobst). Dr. Michaelis: Meine Damen und
Herren!
(Stadtv. Flatau: Das ist das einzig Richtige
an der Rede!)
Ich darf Sie bitten, dem Antrage, daß die Stadt
verordnetenwahlen gleichzeitig mit den Wahlen zum
Reichstage und zum Preußischen Landtage stattfinden,
zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Wir nehmen, indem
wir diesen eigentlich selbstverständlichen Antrag heute
hier einbringen, Rücksicht einmal auf diese höchst ehren
werte Versammlung und wir nehmen ebenso Rücksicht
auch auf die Wähler. Diese Versammlung hat, man
kann wohl sagen recht mühsam, bisher ein Leben von
drei Jahren gefristet. Sie wird es wahrscheinlich auch
noch, wenn diesmal der Anschluß versäumt wird, ein
Jahr länger aushalten müssen. Aber ich muß sagen,
wenn das Lebenslicht dieser ehrenwerten Ver
sammlung bald ausgeblasen würde, dann würde ihr
wahrscheinlich niemand, weder auf der rechten noch auf
der linken Seite des Hauses, eine Träne nachweinen.
Diese Stadtverordnetenversammlung — das ist kein
unberechtigter Vorwurf — war nicht in der Lage, sich
diejenige Aktionsfähigkeit zu verschaffen, die man von
der Versammlung der Wähler einer Weltstadt erwar
ten darf.
(Stadtv. Urich: Jetzt kriegen sie sich!)
Wir haben gesehen, daß die Stadtverordnetenver
sammlung noch nicht einmal bei der Wahl ihres Prä
sidiums eine entscheidende Stellung einnehmen konnte,
sondern daß sie hin- und herschwankte.
(Stadtv. Flatau: Daran waren Sie doch Schuld!)
Wer daran schuld war, das brauchen wir doch heute
nicht alles zu untersuchen, Herr Kollege. Ich würde
natürlich auch sagen, daß es andere gewesen sind.
(Zuruf Flatau: Die haben ja nickt gewählt!)
Ich möchte ebenso darauf hinweisen und auch dabei die
Schuldfrage außer Betracht ziehen, daß es schon wie
derholt nicht möglich gewesen ist, den Haushalt recht
zeitig fertigzustellen.
(Stadtv. Flatau: Das ist auch Ihre Schuld!)
Herr Kollege Flatau, es ist ja sehr einfach, immer den
andern als das Karnickel hinzustellen. Ich könnte
dasselbe tun und sagen, daß die vollkommen unzu
verlässige Haltung der Sozialdemokratischen Partei
es gewesen ist,
(Lachen bei den Sozialdemokraten.)
die dazu geführt hat, daß die Stadtverordnetenver
sammlung so wenig leistungs- und aktionsfähig ge
worden ist. Ich will das aber auch nicht tun, ich will
ganz sachlich bleiben.
(Links: Sehr richtig!)
Soviel aber darf man sagen, daß nicht die Stadt
verordnetenversammlung gegenüber dem Magistrat
den Willen durchsetzen konnte in der Weise, wie es
notwendig gewesen wäre.
(Links: Sehr richtig!)