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Verbandsdirektor nicht Gelegenheit gefunden, diese
Schiebergeschäfte 31t verhindern oder anzufechten, die
kurz vor der Nebergabe erfolgt sind. Genau so, wie in
letzter Minute ganz horrend hohe Bezüge festgelegt »vor-
den sind für die oberen Beamten der Straßenbahndiirek-
tion, die sich formell und juristisch durch Verträge weit
über das Jahr 1930 hinaus gesichert haben.
Nun, meine Damen ttttb Herren, bei der jetzigen
Direktion scheint der Geist, der dort am Leipziger Platz
herrschte, auch noch nicht verflogen zu sein, denn diese
Allüren der Selbstherrlichkeit scheinen auch heute noch
dort vorhanden zu sein. Was erleben wir? Wir alle
wissen, das; diese Betriebs-G. m. b. H. nur deshalb er
richtet werden sollte — so war die Argumentation und
deshalb stimmten die Sozialdemokraten glatt zu, weil
diese Umformung dazu dienen sollte —, um die Straßen
bahn beweglicher in ihrer Betriebssührung usw. zu
machen. Aber ich glaube, kein Mitglied dieser Ver
sammlung wird wollen, das; die Direktion unter Aus
schaltung des Aufsichtsrats, unter Ausschaltung der
städtischen Körperschaften fremde Bahnunternehmungen
stillschweigend erwirbt und Direktoren anstellt, — inan
weih gar nicht, was sie für Gehälter bekommen —, und
nun auf ihre Weise diese alte selbstherrliche Direktions
politik der Großen Berliner Straßenbahn, aus der Vor
kriegszeit fortsetzt. Weil wir das als unerhört finden,
haben wir diese Tatsache zu einem Antrage verdichtet
und wir erwarten von den anwesenden Mitgliedern der
Stadtverordnetenversammlung, wenn sie noch ein ge--
ringes Maß von Selbstachtung haben, daß sie im In
teresse ihres Vertreterrechtes nun auch dem Magistrat
klar machen, daß auch der Direktion gesagt wird: Bis
hierher und nicht weiter!
(Beifall auf der Tribüne.)
Nun noch eine Frage, die der Herr Verkehrsbaurat
zum besten gab. Ich habe ja die Absicht, ihm einige
Federn zu rupfen.
(Zuruf bei den Kommunisten: Dem Adler auch
noch Fedenr rupfen!)
(Zurufe von der Tribüne.)
— Langsam, langsam! — .Der Herr Kollege Dr. Adler
in seiner liebenswürdigen Art erklärte mit seiner ganzen
Naivität, die ihm eigen ist,
(Lachen)
bei ihm wären keine Federn mehr zu rupfen. Weil er
nicht mehr da ist und er aufgehört hat, ein Adler zu
sein, will ich ihn glimpflich behandeln. Ich möchte nur
die eine Frage, die der ü h m t e Bremsen-
frage, behandeln. Der Herr Kollege Dr. Adler sagte,
die elektrische Bremse fei gleichwertig der Luftdruck--
bremse. Ja, das sagt Herr Dr. Adler. Er ist der
verantwortliche Mann des Magistrats für die Stadt.
Er sagt das in seinem Bericht, der mir vorgelegt und
der 1922 gedruckt herausgegeben worden ist. Herr Dr.
Adler läßt sehr viel drucket;, was er redet, es wäre aber
manchmal besser, wenn er nicht soviel drucken ließe. Das
habe ich ihm wiederholt und öfters gesagt, vertraulich
und kollegial. Hier sagt er folgendes in einer fach
männischen Sitzung:
Bei der elektrische,; Bremse hingegen ist die Brems
wirkung eine rotierende, die auch selbsttätig aufhört,
sobald die Näder festgestellt werbet;
und nachdem er »veiler noch allerhand Ausführungen!
macht, kommt er zu dem Kernpunkt:
Weit überlegen ist bei Stratzenbahntvagen jedoch
die elektrische Bremse der Luftdruckbremse in wirt
schaftlicher Beziehung.
,(Hört, hört!)
Meine Damen und Herren! Das heißt in gut
deutsch übersetzt: Es sind nicht so hohe materielle Auf
wendungen notwendig, »vie bei der Unterhaltung der
Luftdruckbremse. Fragt man nun mal diejenigen, die
verantlvortlich mit diesen Sachen zu tun haben, dann
bekommt man zur Anttvort: Die enge Verbindung der
Berliner Straßenbahn mit der N. A. G. ist schuld daran,
daß die elektrischen Bremsen eingeführt und vorgehallten
»verdett und nicht die Luftdruckbremsen, »veil die N.A.G.
nicht in der Lage ist,
(Zuruf: Die A. E. G.!)
Ja, die N. A. G. ist deren Tochtergesellschaft.
(Stadtv. Dr. Wehl: Man nimmt doch die Mutter,
nicht die Tochter!)
Oktober 1924.
»veil der A. E. G.-Konzern »vohl zur Lieferung von
elektrischen Bremsen fähig ist, aber nicht zur Lieferung
von Luftdruckbremsen, und aus diesen; Grunde, »veil
diese engen kaufmännische»; Beziehungen bestehen, unter
bleibt in z»vciter Linie die Einführung der Luftdruck
bremse.
(Stadtv. Dr. Wehl: Hört, hört!)
Die Führer aber, mit denen man in; Laufe der
Zeit hat sprechen können, sind der Meinung, daß die
Luftdruckbremse vorteilhafter ist.
Dam; eit; Argument, das Herr Dr. Adler glaubte,
hier zun; besten geben zu können:
In der vorigen Sitzung hat mein Parteifreund iSelb
heim mit vollem Recht auf die Verkehrsverhältnisse in
den Großstädten Leningrad und Maskat; hingeiviesen.
Als die Herrschaften Maskat» hörtet;, wurden sie sehr
nervös. Heute glaubte Herr Dr. Adler, Moskau! für
sich als Argument benutzen zu können. Er erwähnte die
elektrische Bremse, die dort zur Einführung gelangt ist,
vergißt aber festzustellen und zu vergleichen, wie die
Arbeitszeit für die Straßenbahner in Moskau und »vie
sie in Berlin ist.
Herr Friesland — Verzeihung; Herr Reuter hat
zun; Ausdruck gebracht, das; seine Freunde im Hinter
gründe und manchmal auch im Vordergründe gestanden
hätten, um diese Gesundung und Sanierung herbeizu
führen.
(Zuruf links: Stehen »verden!)
Nein, er hat auch im Vordergrund gestanden. Er sagte,
es »väre notwendig, diese Sanierung durchzuführen, und
z»var wäre es nottvendig, auch die Angestellten und
Arbeiter zu berücksichtigen. Ich glaube nicht, fehlzu
gehen, »venn ich das Programm, das vorgeschrieben ist,
mitteile, das damals im Dezember 1922 seitens der
maßgebenden Jndustriegruppen Berlins verlangt und
zum Ausdmck gebracht wurde. Es ist sehr interessant,
wenn man das heute »nieder ausgräbt und die Oeffent-
lichkeit — und für die spreche ich — darauf hinweist,
ivas die maßgebenden Jndustrieherren Berlins von der
Straßenbahn verlangten. In der fraglichen Konferenz,
die auf Veranlassung des Herrn Verkehrsbaurats statt
fand, hat der Herr Direktor Waldschmidt die Ausfüh
rungen am Schlüsse der Sitzung zusammengefaßt. Herr
Direktor Waldschmidt vom Löwekonzern —
(Zuruf: Wird Knochenkarl genannt!)
führte aus — und nun bitte ich um Aufmerksamkeit.
„Es »väre eiirfältiig von seiten der Industrie, für
die Straßenbahn irgend »velche Mittel herzugeben.
Was morsch ist, muß fallen. Die Straßenbahn ist
reif, laßt sie fallen. Es muß erkannt »verden, daß
schreiende Mißstände innerhalb der Straßenbahn vor
handen sind. Die Verlängerung der Arbeitszeit muß
kommen, denn steter Tropfen höhlt den Stein,
(Hört, hört!)
und es tropft. Der allgemeine Zustand in der In
dustrie ist heute ein derartiger, das; die Ausgaben sich
zusammensetzen aus % für Löhne und V 3 für Mate
rialien. Vor dem Kriege war das Verhältnis
anders: zu % . Die Industrie hat es also fertig
gebracht, die Ausgaben in einer für sie günstigen Form
zu beeinflussen. Sie hat dies durchgesetzt trotz der
Sozialisterungsmaßnahmen, die von ihr abgewürgt
»norden sind. — Lassen Sie (sagt er zum Schlüsse) die
Straßenbahn in den Dreck fahren und helfen Sie ihr
»richt. Nur auf diese Weise »vird der Einfluß des
allgemeinen Wahlrechts auf die Industrie, der gott
verfluchter Unfug ist, gebrochen."
Hier haben Sie das Progrännn, das den; Magistrat als
Leitfajden diente: Verlängerung der Arbeitszeit, Ver
schlechterung der Lohn- und Arbeitsbedingungen.
(Zurufe von den Kommunisten.)
Herr Schüning trug hier die Lohn- u n d A r -
beitsverhältnisse vor, »vie sie bis zum 1. Ok
tober »varen und »vie sie jetzt ab 1. Oktober 1924 sind.
Da stellte Herr Schüning fest, daß die Löhne bis
1. Oktober 24 netto 26 M. für Schaffner und ab 1. Ok
tober 1924 wöchentlich netto 28,62 M. sind, für Fahrer
netto 33 M. Ich frage hier nicht den Stadtrat und
den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Berliner
Straßenbahn, Herrn Schüning, sondern ich frage