Sitzung <mt 9.
man Unkosten hat für die Entsendung eines Beamten
oder für die Aufstellung des Messers, sondern Unkosten
für die Amortisation und Verzinsung der Messer. Der
kleinste Messer kostet heute 36 M. Berechnen Sie die
Amortisation und Verzinsung mit 20 pCt., so sind das
7,20 M> pro Jahr, die allein für die kleinen Messer ent
stehen.
Nun wird gesagt, der Milchhändler und bergt, muß
auch seine Gefäße vorhalte». Meine Damen und Herren,
berücksichtigen Sie doch eins: Cs wird kein Kaufmann,
hem Privatwirttschaftler irgendein, Meßgefäß oder eilneWage
oder dergl. einem andern leihweise zur Verfügung stel
len, wenn er nicht weiß, daß er wenigstens einen Mindest
absatz vermittels dieses Messers oder dieser Wage hat.
(Stadtv. Reimann: Darum handelt es sich gar nicht,
sondern darum, daß wir unter dem Rubrum „Ver
billigung" den armen Leuten das Gas Verteuert haben!)
Herr Reimann! Das stimmt nicht!
(Zuruf des Stadtv. Dr. Weyl.)
Herr Dr. Weyl! Entschuldigen Sie, der Durchschnitt
dieser Verbraucher ist 20 Kubikmeter.
Zuruf.)
Ich sehen Sie Herr Dr. Weyl, Sie machen aus po
litischen Gründen nicht nach der Statistik der Werke die
Rechnung ans, sondern lote es Ihnen am besten paßt.
Wird der Gaspreis bei 15 Kubikmeter herabgesetzt,
dann kommen Sie mit 5 Kubikmeter oder einer der
artigen Grenze, wie sie Ihnen in den Kram paßt. So
kann man nicht arbeiten. Ich glaube, auch diejenigen
Herren, die aus Ihrer Partei im Aufsichtsrat sind,
werden Ihnen zur Genüge dargetan haben, daß die Ver
hältnisse hier anders liegen, als es im politischen Inter
esse hier ausgeschlachtet wird.
Ich habe im übrigen im Namen meiner Partei
freunde noch zu bitten, den Antrag betr. Verbesserung
des Gases anzunehmen. Diese Verbesserung des Gases
wird, wie ich' Ihnen verraten kann, seitens der Gesellschaft
selbst angestrebt. Im übrigen ist es naturgemäß die
Pflicht der Gaswerke, eine Verbesserung des Gases durch
zuführen.
Meine Damen und Herren! Im Auftrage meiner
Fraktion möchte ich erklären, daß meine Fraktion nicht
einheitlich auf dem Standpunkt steht, daß der Tarif
richtig ist, daß sie es aber für fehlerhaft erachten würde,
jetzt sofort beim ersten Mal, wo eine Tarifierung ein
geführt wird, dem Aufsichtsrat des jungen Unterneh
mens in die Arme zu fallen, da letzten Endes die ein
heitlichen Preisgrundsätze und die Berechnungsart der
allgemein nicht bekannt sind.
Stadtv. Ostrowski: Der Vertreter der Deutsch-
nationalen Volkspartei war in seiner Argumentation
und Rede äußerst schwach.
(Lachen.)
Was hat er denn eigentlich gesagt?
(Stadtv. Fabian: Ist das ein großes Anerkenntnis,
wenn Sie das sagen?)
Sie sind doch die Vertreter der Allgemeinheit, nicht
wahr? d. H. der größten Gasverbraucher und das ist
doch die minderbemittelte Bevölkerung.
(Zuruf rechts: Nein!)
Wie können Sie denn „nein" sagen?
(Lachen.)
Ich bin ein alter Praktiker, nicht nur als Verbraucher-
sage ich das: Es würde viel besser sein, Sie würden mal
hierher kommen und Ihre Keimtnisse zum Besten geben,
als daß Sie „nein" rufen.
Ich will nur mit allem Nachdruck betonen, Herr
Kollege Fabian, Was Sie heute hier vorgebracht haben
das sind Zahlen und Worte, die gänzlich ohne Bedeu
tung sind.
' (Lachen.)
Tie haben für die Gasverbraucher utitb im Wirtschafts
leben gar keine Bedeutring. Sie Hafen sich mit Ihrer
Rede vollständig von der gasverbrauchenden Bevölkerung
entfernt. Wen» Sie nachweisen, daß früher ein Kubik
meter Gas 21, 23 und 24 ^ gekostet hat und vielleicht
im nächsten Jahre, wenn wir .irgendwie eine Verbindung
mit dem Mars haben, billiger werden kann, so ist damit
gar nichts gesagt. Hier heißt es doch einfach für den
Oktober 1924. 95
praktischen Kenner: „Was ist notwendig, um die »otlei-
I erbende Bevölkerung Berlins so zu befriedigen, daß
sie auch in der Lage ist, in der gegenwärtigen Zeit einen
Preis zu bezahlen, den sie in der wirtschaftlichen Lage
erschwingen kann?"
Wenn gesagt wird, daß die Werke Ueberschüsse ab
werfen sollen, nun schön, so kaun dies aber doch nicht
geschehen auf Kosten derjenigen, die überhaupt das ganze
Staatsleben erhalten, sondern auf Kosten derjenigen, die
die Nießbraucher dieses Extrakts der Arbeit sind. Davon
hat der Herr Kollege Fabian und auch der Vertreter der
Deutschen Bolkspartei, Herr Kollege Kröpelin, gar nicht
gesprochen.
Wenn Einrichtungen geschaffen werden, die der All
gemeinheit zugänglich gemacht werden, so müssen dieselben
auch nutzbringend angewendet werden oder angebracht
werden. Dann kann man nicht denjenigen, die 8, 9
oder mehr Stunden im Dienste des Kapitalismus arbei
ten, eine solche allgemeine Einrichtung Verteuern oder
entzteyen, wie es in einigen Fällen vorgekommen ist.
Ich als Vertreter der Kommunistischen Stadtv erord-
netensraktion werde für den Antrag der Sozialldemokra-
ischeu Partei stimmen, indem wir zunächst die Anträge
auf Ermäßigung der Preise befürworten. Wir halten es
selbstverständlich für einen großen Unsinn, wenn man
von den Arbeitern verlangt, irgend welche Miete zu
zahlen für einen Gegenstand, der nutzbringend ist als
Konsumartikel. Man dürfte doch Per nicht zweierlei
Recht walten lassen. Cs trifft zu, daß der Staats
beamte keine Kaution zählt, keine Miete zahlt,, während
der Arbeiter die Miete zahlen soll und ich sage mit allem
Nachdruck, im neuen republikanischen Deutschland dürfte
dieser Unterschied nicht gemacht werfen. Gin Unterschied,
wer Gasverbraucher ist, Angestellter, Beamter oder Ar
beiter, darf nicht stattfinden, sondern derjenige, der Gas
konsumiert, muß den Zähler unentgeltlich ohne Miete
oder eine Erhöhung gestellt erhalten.
(Beifall von der Tribüne.),
Dies wirb stets der Grundsatz derjenigen bleiben, die
die allgemeinen Interessen und besonders die Arbeiter
interessen vertreten.
Nun haben sich aber demokratische Uebermcnschen an
gemaßt, besonders hervvrzUtun, daß man Arbeitern oder
Arbeiterinnen, die während der Tageszeit auf Arbeit
auf Arbeit sind — die Rjote Fahne hat darüber schon
sind — die Rote Fahne hat darüber schon berichtet —
fen Gasmesser, gesperrt hat. Diese Arbeiterin, die
regelmäßig das Gas bezahlt hat, die am Sonnabend
ihren Lohn erhielt und sofort zur Post ging, um den
Gaspreis, der fällig war, zu bezahlen, mußte es sich
gefallen lassen, daß der Gasmesser gesperrt wurde, weil
die Summe, die sie abgeschickt hatte, nicht mehr am Sonnl-
abend eintraf, sondern erst am Montag.
(Links: Hört, hört!)
Dies geschah, obschon sie Monat für Monat regelmäßig
ordnungsmäßig ihre Verpflichtungen erfüllt hatte und
nur, weil sie am Sonnabend ihr Geld erhielt und des
halb die Gasverwältung nicht rechtzeitig in den Besitz
des Geldes gelangte.
(Links: Hört, hört!)
Das sind Einrichtungen, die wir auf das allerschärsste
verurteilen. Solche allgemeinen Einrichtungen wie die
Gasanstalt sind da, um das Los der Minderbemittelten,
das Dos der Arbeiterklassen, das Los der Allgemeinheit
zu erleichtern. Diejenigen, die aus Bürokratismus, aus
llebermut den betreffenden Abnehmern Schwierigkeiten
entstehen lassen, müssen von ihren Posten entfernt werden.
Wir verlangen zunächst nichts weiteres als eine
Verbilligung des Preises und daß Mieten überhaupt nicht
erhoben Werben, wenn wir darüber hinaus noch ver
langen, daß eine bestimmte Staffelung des Gasverbrauchs
nach dem Einkommen stattfindet, so ist das ganz selbst
verständlich. Denn der Arbeiter müßte einen viel nie
drigeren Gaspreis bezahlen als derjenige, der luxuriös
im Westen wohnt und von dem! Extrakt unserer Hände
Arbeit lebt, der nicht arbeitet, und dennoch denselben
Gaspreis zahlt.
Im gegenwärtigen Moment werden wir für den
Antrag der Sozialdemokratischen Partei stimmen.
(Stadtv. Flatau: Das ist bitter!)