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Volume Sitzung 37, 9. Oktober 1924

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1924 (Public Domain)

Sitzung am 9. 
heute kaum genug hat, um seinen Lebensunterhalt zu be 
streiten, davon getroffen wird und die alten Sätze in 
unverminderter Höhe zahlen muß, vielleicht sogar noch 
mehr zu zahlen hat als früher. Das ist unsozial ge 
handelt. Wir haben nichts dagegen, wenn die Werke 
großzügig aufgezogen werbe», wir haben nichts dagegen, 
wettn sie zu Gelde zu kommen suchen. Denn aas sollen 
sic auch, sie sollen der Stadt Ueberschüsse bringen. Aber 
die Ueberschüsse können und dürfen nicht daraus kommen, 
daß gerade die kleinsten Leute mit härtesten getroffen wer 
den. Das erregt großen Unwillen und schadet vielfach in 
anderer Beziehung. 
Meine Damen und Herren! Es luivb vielfach auch 
so liegen, daß der Gasmesser in manchen Betrieben über 
flüssig ist, weil er nicht in dem Umfange ge 
braucht lvird, da die Anzahl der Flammen, die zeitweise 
brennen, bei weitem nicht so groß ist als die Zahl der vor 
handenen Brennstellen. In einer Wohnung, sagen wir 
mal des Mittelstandes, wo vielleicht 20 Bren »stellen-sind 
und außerdem ein Gaskocher steht, ein Gasmesser für 
30 Flammen. Es brennen aber Abend für Abend viel 
leicht nur 2 bis 3 Flammen, daß alle 20 Flammen bren 
nen, kommt nur hin und wieder einmal vor, vielleicht bei 
ganz besonders festlichen Gelegenheiten, die ja aber heute 
auch nur in ganz beschränktem Maße stattfinden. Während 
also wenig Flammen brennen, Muß für den Gasmesser 
eine unverhältnismäßig hohe Gebühr gezahlt werden. 
Nun wird gesagt, der Gasmesser verursacht den 
Gasanstalten Kosten. Da nmß der Mann kommen und 
muß ablesen, da kommt ein anderer, der füllt nach, viel 
leicht in einem Zeitraum von vielen Jahren muß auch 
der Messer frisch geeicht werden. Ja, meine Dante» und 
Herren, das sind doch alles Dinge, die mt sich selbstver 
ständlich sind. Was würden Sie denn sagen, wenn der 
Milchhändler für das Litetmaß, das er benutzt, noch einen 
Extrapreis verlangt, weil er das Ding abnutzt? 
(Zuruf: Vielleicht für jede Kuh einen Extrazins!) 
Ich glaube, daß in den Gaspreis diese Kosten hincitt- 
kalkulicrt werden müssen und daß es deshalb unberech 
tigt ist, eine besondere Zählermiete zu erheben. Nun, 
meine Damen und Herren, wenn man gerade bei den 
Großabnehmern Rabattsätze bewilligt, warum geht es 
denn nicht, daß bei Anlage neuer Anschlüsse ein besonderer 
Kostenzuschuß erhoben lvird, södaß eine Zählermiete sich 
erübrigt? Warum kann man nicht einfach in 
jedem Betriebe bei Herstellung des Gasmessers, bei 
Einrichtung der Anlage einen Zuschuß verlangen, sodaß 
eine Miete, die eine dauernde Belastung bedeutet, sich 
erübrigt. Ich meine, auf diese Weise würde die Gas 
anstalt mich zu ihrem Recht kommen. 
Wir sind nun erfreut darüber, daß der Magistrat 
seinerseits bereits die Schäden des neuen Verfahrens er 
kannt hat 
(Stadtv. Dr. Wetzl: Das sind die Erfolge des Antrages!) 
und daß der Magistrat von sich aus, nicht bloß infolge 
dieses Antrages, 
(Stadtv. Dr. Wetzl: Kennen Sie den Magistrat?) 
sondern infolge des Unwillens der Bevölkerung, der sich 
geltend gemacht hat, 
(Stadtv. von Etznern: Sehr richtig!) 
die Sache einer Nachprüfung unterziehen läßt. Wir als 
Stadtverordnetenversammlung haben ja in diesen Din 
gen keinen Einfluß, 
(Stadtv. Dr. Wetzl: Leider!) 
weil die Gasanstalt und die Werke Aktiengesellschaft ge 
worden sind. Aber immerhin ist hier doch die Stätte, wo 
wir als Vertreter der Bürger dem Unwillen über das 
falsche Verfahren ruhig einmal Ausdruck geben können 
und sollen, und das haben wir damit tun wollen. Ich 
denke, daß die Werke es sich doch überlegen werden, ob sie 
nicht dem Volkswillen etwas mehr Rechnung tragen 
möchten. | 
(Stadtv. von Etznern: Sehr richtig!) 
Meine Damen und Herren! Was die ElekUizi- 
tätswerke und bett Zähler bei der Elektrizität anlangt, 
so liegen die Dinge dort ähnlich. Da steht meinet- 
wegen irgendwo ein Fahrstuhl. Er ist krank, funktio 
niert nicht, kann nicht repariert werden, weil man kein 
Geld hat. Aber cs ist der Zähler für ihn da, dessen 
Oktober 1924. 93 
Miete fortläuft und die von Monat zu Monat Kosten 
verursacht. Das sind Dinge, die nicht richtig sind. Meine 
Damen und Herren, wir sind der Meinung, daß auch auf 
diesem Gebiete in eine Nachprüfung eingetreten werden 
sollte. Wenn uns gesagt wird, daß die Reklamationen 
bei den Elektrizitätswerken erheblich nachgelassen haben, 
daß da schon manches geändert worden ist, dann machen 
wir dahinter ein Fragezeichen. Ich glaube, die Rekla 
mationen werden immer mehr kommen. Auch dort ist es 
im übrigen so, daß gerade der Kleinverbraucher hart ge 
troffen lvird, daß der, der nur wenig Elektrizität ab 
nimmt, durch die Zählermiete erheblich verteuert wird, daß 
also gerade wieder derjenige, der das wenigste Geld hat, 
der am bescheidensten auftreten muß, prozentual in ganz 
anderer Weise herangenommen wird als der Großver 
braucher, bei dem die Elektrizität, zumal wenn er sie 
als Kraft benutzt, werbend ist und Geld einbringt. 
Aus all diesen Gründen freuen wir uns, daß in eine 
Nachprüfung eingetreten werden soll, und wir erwarten, 
daß uns dann darüber im Ausschuß oder hier Bericht 
erstattet wird. 
Was nun die Straßenbeleuchtung anlangt, so will 
ich darüber auch noch einige Worte sagen: 
Meine Damen und Herren! Wir sind nicht in der 
Lage, nachzuprüfen, ob die Prozentsätze/ die uns ange 
geben werden, wirklich auch stimmen, denn das sind solch 
verfeinerte Berechnungen, die wir nicht so leicht kon 
trollieren können. 
Meine Damen und Herren! Wenn gesagt lvird, 
die Gasbeleuchtung in den Straßen beträgt 27 pCt. 
des Friedensstandes, dann ist mir von anderer Seite 
gesagt worden, cs wären nur 12 pCt. Ich weiß nicht, 
was richtig ist. Aber selbst angenommen, daß die uns 
angegebenen Zahlen richtig sind, so möchten wir auf ein 
zelne Schäden hinweise»: 
Wenn sich Adlershof beklagt, daß dort schon tun zehn 
Uhr die Flammen ausgelöscht werden ohne Rücksicht dar 
auf, ob es hell oder dunkel äst, so ist dies jedenfalls 
eine Klage, die begründet ist und der wohl abgeholfen 
werben kann.. 
Ich möchte ferner daraus hinweisen, daß es manche 
Straßen in Altberlin gibt, Seitenstraßen, die auch in der 
Nachtzeit einen großen, starken Verkehr aufweisen. Diese 
Straßen sind aber so dunkel, haß es tatsächlich gefährlich ist, 
sich dort aufzuhalten und sie zu passieren. Ich nenne aus 
meiner Nähe bloß die Weberstraße, eine Straße, die die 
Landsberger und Große Frankfurter Straße miteinander 
verbindet und die einen außerordentlich großen Durch 
gangsverkehr hat. Es wäre dringend notwendig, daß 
diese Straße ganz anders beleuchtet würde als heute, 
zumal sie den Vorzug hat, einen ganzen Teil derjenigen 
Elemente aufgenommen zu haben, die seinerzeit in dem 
Scheunenviertel hausten und, meine Damen und Herren, 
das erhöht die Sicherheit in dieser Straße zu Nachtzeiten 
nicht gerade. Ich glaube, solche Straßen müßten erst 
recht beleuchtet werden. 
Meine Damen und Herren! Dann möchte ich noch 
ans etwas anderes kommen: Der Antrag der Demokraten 
in bezug auf die Gasbeleuchtung als Dringlichkeits- 
antrag ist von uns zunächst nicht anerkannt worden. Wir 
haben der Dringlichkeit widersprochen und zwar ans 
rein formalen Gründen, weil es doch Usus ist, daß der 
artige Anträge erst einmal int Aellestenansschnß zur 
Sprache gebracht werden. Es ist also, da das nicht ge 
schehen war, aus rein formalen Gründen von uns Wider 
spruch erhoben worden. Dadurch ist nichts ver 
paßt worden in der Beleuchtung, denn wenn wir den An 
trag vor 8 Tagen behandelt hätten, würde die Straßen 
beleuchtung auch noch nicht anders aussehen. Nun, meine 
Herren, ein Schade ist nicht geschehen, aber natürlich hat 
es der B. Z. Spaß gemacht, die Volksparteiler als 
Dunkelmänner hinzustellen. 
(Sehr gut!) 
Dazu ist ja natürlich die B. Z. am berufensten. Sie 
ist das Organ, das am besten beurteilen kann,, was der 
Oberbürgermeister in Kyritz an der Knacker zu suchen hat, 
das am besten weiß, warum wir einem Antrage wider 
sprochen haben. Ich glaube, diesen Herrschaften ist der 
Stoff für ihr Blatt doch schon sehr, sehr knapp ge 
worden. 
(Sehr richtig!)
	        
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