Path:
Volume Sitzung 37, 9. Oktober 1924

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue1924 (Public Domain)

92 Sitzung am 9. 
Friedensbeleuchtung im allgemeine» beschlossen, sondern 
er hat darüber hinaus beschlossen, im Ganzen die Sunt nie 
von 2,5 Millionen zur Verfügung ztt stellen und zwar 
so, das; noch 200 000 M zur Verfügung stehen, die über 
2/z hinaus in denjenigen Teilet; des Stadtgebietes ver 
wendet werden können, in denen wir schon heute titeln' 
als Vs der Friedensbeleuchtung haben, in beiten aber ein 
Bedürfnis vorhanden ist, über diese 2 /a der Friedens 
beleuchtung noch wesentlich hinauszugehen. 
(Zuruf links: Was wollen Sic denn mit 200000 M 
anfangen?) 
(Stadtv. Ulrich: Am Wedding sind gar keine Laternen 
mehr vorhanden. Da sind sie alle verschoben!) 
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, ans 
folgenden Zahlen zu ersehen, wie weit die Verbesserung 
der Belenchtnitg wirken wird: 
In den alten Berliner Bezirken hatten wir bisher 
bei Gas nur noch 27 pCt der Beleuchtung der Vor 
kriegszeit und bei Elektrizität nur 52 pCt. Tie Ver 
besserung beträgt also mehr als das Doppelte, wenn 
wir jetzt ans 2/3 hinaufgehen bei Gas allein. Im Bezirk 
Eharlotteuburg haben wir nur 35 pCt. gehabt. Also 
auch hier gehen wir fast ans das Doppelte durch die 
jetzige Bewilligung im Sinne des Beschlusses der Stadt 
verordnetenversammlung. In einer ganzen Reihe von 
anderen Bezirken aber sind wir wesentlich über die 2 / 3 
hinausgegangen, z. B. Spandau 80 pCt., Steglitz 
70 pCt , Pankow 78 pCt., Trepiow 92 pCt., Tempelhof 
82 pCt., Zehlendorf 109 pCt. 
, (Zuruf links: Aha!) 
Aber auch in diesen Bezirken 
(andauernde Zwischenrufe. Glocke.) 
(Vorsteher: Ich bitte um Ruhe!) 
wird an Ort und Stelle geprüft werden, inwieweit ein 
Bedürfnis vorhanden ist, noch weiter zu gehen. Dann 
werden noch mehr Mittel zur Verfügung gestellt wer 
den, um die Beleuchtung zu verbessern. Ich glaube, 
mehr kann unter den heutigen Verhältnissen nicht ge 
schehen. 
(Zuruf links: warum nicht?) 
Stadtv. Kröpelin: Meine verehrten Damen und 
Herren! Es ist schon richtig betont worden, daß der 
Hauptanstoß genommen wird an der Aenderung der 
Preisberechnung, die für Gas jetzt bei der Zähler- 
miete stattgefunden bat. 
Meine Damen und Herren! Vom Reichsministe- 
rium ist eine Verbilligung, ein Preisabbau auch der 
Werktarise für die Städte verlangt worden und ich habe 
den Eindruck, das; die Aenderung, die nun eingetreten ist, 
dieser Forderung Rechnung tragen soll. Weite Kreise 
des Volkes aber, z. B. die kleinen Leute und der Mittel 
stand, sind der Ueberzeugung und werden es am eigenen 
Leibe spüren, das; eine Verbilligung tatsächlich nicht 
eingetreten ist. Die Einführung der Zählermiete ist 
nichts anderes als eine verkappte Aufrechterhaltung des 
alten Gaspreises. 
(Sehr richtig!) 
Meine Damen und Herren! Wenn wirklich eine 
Preisermäßgunig he; ausgerechnet werden sollte gegenüber 
dem früheren Zustand, dann wäre es doch vielleicht ein 
facher gewesen, den Preis für den Kubikmeter Gas an 
sich um eine Kleinigkeit, sagen wir 1 H, herunterzu- 
fetzen. Dann wüßte jeder, das; eine Verbilligung statt 
findet. Aber wenn man sich klar macht, wie es jetzt 
in den Blättern gestanden hat, daß bei einem fünft 
flammigen Gasmesser die Miete 40 H beträgt und das; 
bei einem Verbrauch von 10 Kubikmeter Gas nach dem 
neuen Satz 1,60 M hinzukommen, so sind das im Gan 
zen 2 M. Nach der bisherigen Berechnung hätte der 
selbe Verbraucher 10x19 T, = 1,90 M zu zahlen 
gehabt. Fetzt darf-er statt 1,90 M 2 ,1f> zahlen. Ich 
glaube nicht, das; das eine Verbilligung ist. 
(Stadtv. von Ehnern: Sehr richtig!) 
Meine 'Damen und Herren! Die Frage des Gas 
preises ist gerade für unsere Sozialrentner, für alte Leute 
und besonders die Armen von ganz eminenter Wichtig 
keit. Das weiss ich aus eigener Erfahrung. Oft genug 
kommen Leute zu uns und sagen: Ja, ich habe kein 
Geld, ich kann das Gas nicht bezahlen! Dann soll der 
Oktober 1924. 
Pfarrer helfen, der auch kein Geld hat. Das sind 'Dinge, 
die besonders in den Stadtteilen zur Geltung kommen, 
wo ich wohne, im Osten, ivol die Bevölkerung dicht bei 
sammen wohnt. Run ist gesagt worden, daß die Gaswerke 
nicht anders handeln können, weil die Gestehungskosten 
für das Kubikmeter Gas zu hoch sind. Sie betrügen 
17 ,S). Das ist, soviel ich weiß, von der Werksleitnug 
im Ausschuß behauptet worden. Meine Damen und 
Herren, ich kann diese Zahl nicht für richtig halten. 
(Sehr richtig !) 
Wenn wirklich die Gestehungskosten 17 pro Kubik 
meter betragen, wie ist dann die Gasbetriehs- 
gesellschaft in der Lage, mit einem Gaspreise von 19 H 
auszukommen? Sie hat 10 pEt. des Ertrages an die Stabt 
abzuliefern. Das sind ungefähr 2 T, pro Kubikmeter. 
Außerdem hat sie die Körperschafts- und Umsatzsteuer 
zu tragen,. was bei den Gaswerken noch nicht der Fall 
ist. Das macht ebenfalls pro Kubikmeter 2 bis 
3 „9, aus, mit anderen Wsorten, die Gasbetriebs 
gesellschaft hat von vornherein damit zu rechnen, das, 
von dem Gaspreise, den sie erhehlu 4 bis 5 als Ab 
gabe an die Stadt weggehen. Ziehen wir also von de» 
19 T, 4 T) ab, so bleiben 15 T#. Nun soll dis Gas- 
betriebsgesellschaft auch noch eine Dividende abloerfe», 
soll ihren Betrieb aufrecht erhalten, soll Verbesse 
rungen und dergleichen vornehmen. Wo ist dies alles 
möglich, wenn die Gestehungskosten 17 j, betragen, 
also 2 T# mehr als überhaupt einkommt. Liegt das etwa 
daran, daß die städtischen Werke schlechter arbeiten als 
die Gasbetriebsgesellschaft? Liegt das daran, das; die 
städtischen Gaswerke, trotzdem sie Aktiengesellschaft sind, 
immer noch im alten Trapp gehen und sich nicht kauft 
ntättttisch einzurichten verstehen? Wie wir orientiert 
sind, halten sie doch sonst ganz gut verstanden, sich kauft 
männisch und modern einzurichten. Denn, meine Dame» 
und Herren, wir können es auch hier einmal gut und 
gern aussprechen, daß, diese sogenannte Verbilligung bet' 
Gaspreise auf uns gar keinen Eindruck macht, solange 
die Gehälter der Herren Werksdirektoren nicht auch ver 
billigt werden. Denn, meine Damen und Herren, wettn 
die Herren Werksdirekstoren 48000 M, nämlich 36 000^ 
Gehalt und 12 000 M Tantieme beziehen, sol weiß ich nicht, 
ob die Tätigkeit der Herren wirklich für das Fortkom 
men und Gedeihen der Stadt soviel mehr bedeutet als 
meinetwegen die Tätigkeit des Herrn Oberbürgermeisters, 
der etwas mehr als die Hälfte davon erhält, oder als 
die Tätigkeit des Herrn Kämmerers, der noch nicht die 
Hälfte davon erhält. Meine Damen und Herren, ich 
glaube, daß hier doch manches nicht ganz richtig ist. 
Wenn nun der Gaspreis auf 16 T, festgesetzt wird, 
und die Zählermiete von 40 H bis 40 M differiert, 
so trifft das besonders den gewerblichen Mittelstand. Man 
soll doch beut Kinde den rechten Namen geben und soll 
nicht von einer Verbilligung reden, sondern soll ruhig 
sagen, daß das eine Art Verdunkelung, ein Oogenve» 
blennen ist, tute der Plattdeutsche sagt. Ich habe meine 
eigene letzte Gasrechnung nach den neuen Sätzen berechnet 
und mit der alten verglichen, da| kommt heraus, daß ich 
genau dasselbe zu zahlen hätte, wie ich jetzt gezahlt habe. 
Nun wird gesagt, die Zählermiete muß ein 
geführt werden, damit der Gaskonsum erhöht wird. Ich 
weiß nicht, ob das dadurch eintreten wird. Es ist doch 
in allen Städten Deutschlands so, daß die Großabnehmet 
besondere Verträge mit den betreffenden Werken schließen, 
die eine Herabsetzung bis zu 20 pCt. des Preises bringen. 
Den Weg muß Berlin auch beschreiteu und hat ihn wahr 
scheinlich längst befchrittcu. Ich glaube aber nicht, daß die 
Einführung der Zählermiete irgendeinen Einfluß auf die 
Erhöhung des Gasverbrauchs hat. Man könnte nun 
sagen, unsere städtischen Werke sind doch keine Sozial- 
versorgungsanstalt 
(Stadtv. von Ehnern: Sehr richtig!) 
und gerade in unseren Kreisen ist man davon 
überzeugt. Aber, meine Damen und Herren, es 
ist doch ein ganz anderes Ding, ob ich soziale 
Fürsorge treibe oder ob ich überhaupt unsozial 
wirtschafte, ob ich dem sozialen Bewußtfein das Volkes 
gar nicht Rechnung trage. Denn es bleibt dabei, die 
Leidtragenden, diejenigen, die relativ am meisten zah 
len, sind doch die kleinen Leute, nicht die Großabnehmer. 
Durch die Zählermiete wird gerade erreicht, daß bet 
kleine Mann, der seine Groschen dringend braucht, der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.