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Volume No. 4, 14. Februar 1918

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue45.1918 (Public Domain)

Sthimg am 14. Februar 1918, 
Ji 
Berlin als Weltstadt bisher eingenommen hat. Wir 
jehen, wie ein Hotel nach dem andern geschlossen wird, 
un cine Kriegsgesellschait oder ein Reichsamt in sich aus= 
zunehmen. Wir sehen, wie 'schon heute im Kriege die 
Fremden, die nach Berlin kommen, von Tür zu Tür 
zichen müssen, um schließlich weit draußen in irgendeinem 
Vorort in ungeeigneten Räumen, fern vom Mittelpunkt 
des Berliner Verkehrs, ein Unterfommen zu finden. 
Wie soll das erst nach dem Kriege werden, wenn, wie 
wir voß alle hoffen, wie wir alle im ZJnteresse der 
Gesamtheit unserer Berliner Bürgerschaft wünschen 
müssen, ver Fremdenstrom sic< wieder in alter Weije 
nab Berlin ergießt, mum hier seinen wirtschajtlichen, 
jeine.t wissenfchaftlichen, seinen Ffünstlerischen Zwecken 
vodzugehen! Und hier ist toc Punkt, wo sich meines 
Erachtens die Interessen der Stadt Berlin mit denen 
des Deutschen Reiches berühren. 
(Sehr richtig!) ; 
Denn die Erhaltung der Stellung Berlins als Weltstadt 
ist nicht nur eine Berliner Angelegenheit, sondern eine 
veuts<e Angelegenheit, mud gerade bei demjenigen 
Amte, das jebt sein Auge auf diejes Hotel geworfen 
hat, beim Reichswirtschaftsamt, sollten wir besonderes 
Verständnis sür die Bedeutung Berlins und jeine Inter- 
esfen erwarten. 
(Sehr wahr!) 
Wir verkennen durchaus nicht die Schwierigkeiten, 
uit denen bei der Bej<räntimng der Bautätigkeit jetzt 
viejenigen Behörden zu kämpijen haben, die für sich neue 
Räume zu schaffen haben. Aber wir meinen, daß. es. 
voc; noch andere Baulichkeiten gibt als gerade Hotels, 
unv daß die UAmtsgebäude nicht gerade auf dem 
ienersten Boden und gerade in der besten Gegend immer 
zu liegen brauchen. 
-/ (Sehr richtig!) 
I< will auch nicht unerwähnt lajjen, daß doch auch 
ein steuerliches Interesse Berlins gegen dieses Abkommen 
jpricßt. Es ist gar kein Zweifel, taß eine ganz be- 
trächtliche Summe an Einkommensteuer, Gewerbesteuer 
inv Geundsteuer der Stadt. Berlin verloren geht, wenn 
vieses Hotel in ein amtliches Dienstgebäude verwandelt 
wirb. ; 
Meine Herren, das jind im wesentlichen die Gründe, 
die uns zu unserm Antrage bestimmt haben. I< möchte 
Sie. bitten, seine Amnahme nicht zu vertweigern. 
vauernde Inanspruchnahme bandeln. Das ist gerade 
beim Kaiserhof um so mehr zu bedauern, als es sich 
nicht nux um ein alte3 bekanntes Hotel von wohlbe- 
gründetem Ruf handelt, sondern weil gerade dieses Hotel 
jich an einer Stelle ver Stadt besindet, die ganz besonders 
für einen Hotelbetrieb geeignet ist. Die, Lage am Zieten- 
und Wilhelmplaß, das Vorüberführen der Untergrund- 
bahn, die sogar eine Haltestelle nach diesem Hotel benannt 
hat, die Nähe der Leipziger und der Friedrichstraße deuten 
varauf hin, daß gerade dieser Platz für einen Hotelbetrieb 
besonders günstig gelegen ist. Das Reichswirtschaftsamt 
könnte sc<ließlich auch an einer andern Stelle der Stadt 
sich niederlassen; es ist gar. nicht an der Gegend inter- 
essiert, zumal das Publikum verhältniSmäßig wenig Be- 
ziehungen zu diesem Wirtschaft3amt haben wird. 
Endlich, meine Herreit, müssen wir ja auch 'als 
Berliner Verwaltung ein Interesse an dem Fremden- 
verkehr "haben, und es wäre sehr zu bellagen, wenn durch 
vas Verschwinden alter bekannter Hotel3 dex Fremden- 
verfehr bei uns erschivert und behindert würde. 
Aus allen diesen Gründen beabsichtigt der Magistrat, 
eine Eingabe au den Reichstag zu machen 
(Bravo!) -- 
und zu bitten, daß die Genehmigung zum Ankauf des 
Hotels verjagt werde, und auch an die Behörden zu 
petitionieren, die etwa damit befaßt sind. Wir glauben, 
vaß wir damit in der Tat Erfolg haben wevden, zumal 
es sfi<;, wenn wir den Zeitungönachrichten Glauben 
j<enfen können, um einen sehr hohen Kaufpreis handelt. 
Es wird zweisellos in Berlin an anderer Stelle noch 
Häuser geben, die für billigeres Geld für das Reich8wirt- 
jhast3amt erworben werden können. . 
(Bravo!) 
Stadtv. Dove: Meine Herren, ich weiß nicht, ob 
ver Herr Antragsteller nach dieser Erklärung nicht eigent- 
lich Veranlassung hätte, seinen Antrag zurückzuziehen. 
Denn was sollte eigentlich der Magistrat anderes tun 
als pelitivitieren? 
(Stadtv. Mommsen: Jc< bin sehr gern bereit, den 
Antrag zurückzuziehen, wenn Sie aufhören wollen!) 
-- Sie hätten ihn sehr qu zurückziehen können, ehe ich das 
Wort ergriff. 
(Stadtv. Ladewig: Wir wollten Jhre Gründe hören!) 
-- Dann will ich sie zum besten geben. 
Meine Freunde haben, wie ich bemerke, keine Ge- 
legenheit gehabt, darüber zu beraten, wegen der Kürze der 
Zeit; ich kann also an fich nur für meine Verso sprechen. 
I< kann aber sagen, daß mir de: Antrag, wie er vor- 
liegt, doch einige Bedonken gegen jich zu haben scheint. 
Dom welc<e Schritte soll der Magistrat eigentlich tun? 
(Zuruf: Haben wir ja schon gehört!) ... 
Wein Sie weiter nichts wollen, als daß er sich petitio- 
nierend ai den Reichsötag wendet, fo habe ich das aller- 
biitgs nicht aus dem Wortlaut des Antrages, wie er 
gestellt war, entnommen. Denn, wenn er Schritte ium 
soll, und zwar schleunige Schritte, um diesen Abschluß 
zu verhindern, so wird das jedenfall3s durch eine Petition 
ait deit Reichstag nicht erzielt. Aber das Richtige aus 
ver Auntivort des Magistrats ist, daß der Reichstag in 
ver Tat die Instanz ist, die darüber zu entscheiden haben 
wird. 
I< will mich aus die Sache gar nicht einlassen. I< 
teile sehx. wohl die Bedenken, die gegen den Erwerb des 
Grundstücks hier vorgebracht sind. Gewiß, es hat sehr 
seine zwei Seiten, und die Stadt Berlin hat allex- 
dings Veranlassung, zu bedauern, wenn ein Hotel nach 
Stadtrat Dr. Franz: Meine Herren, der Magistrat 
ivürde es ebenso wie der Herr Vorredner sehr bedauern, 
weim in ver Tat das Hotel Kaiserhof an das Reichs- 
wirtschaft8amt verkauft würde, und zwar stüßt sich das 
Bedauern des Magistrats auf dieselben Gründe, die der 
Herwr Vorredner schon angeführt hat. 
"Es ist in erster Linie fehr zu beklagen, daß in immer 
größeren! Umfange Reich8- und Staatsbetriebe sich bei 
uns in Häujern festsezen, die bisher von steuerkrästigen 
Gewerbetreibenden und Einwohnern besekt gewesen sind. 
(Sehr richtig!) 
Jau ist ja nicht zu verkennen, daß die Reichshauptstadt 
die Aufgabe hat, derartige Staats- und Reichsbetriebe 
bei jich zu beherö-rgen, uad daß sie von dent Vorhanden- 
sein jolcher Betriebe Vorteile hat; aber das steuerliche 
Zuteresse darf doch auch nicht ganz unbeachtet dabei 
bleiben Wenn nun jeßt der Kaiserhof verkauft wird, 
19 ist ex das 23. Berliner Hotel, 
- hört, hört!) 
bas von den Kriegsgesells<asten i1 Anspruch genommen 
wird, und zwar würde es sich beim Kaiserhof um eine
	        
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