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Volume No. 11, 8. Mai 1918

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue45.1918 (Public Domain)

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Sikung aim 8. Mai 1918. 
- (Die Versammlung beschließt nach dem Antrage der 
Stadtv. Barenthin und Genossen, wie folgt: 
- Die Stadtverordnetenversammlung ersucht den Ma- 
gistrat, beim Kriegsernährung35amt dahin zu wirken, 
daß die Brotration nicht verkürzt wird.) 
Vorst. Michelet: I< darf wohl feststellen, m, H., 
daß diefer Beschluß einstimmig erfolgt ist. 
(Zustimmung.) 
Erlauben Sie, daß ich im Anschluß an die eben ab- 
geschlossene Beratung ein Schreiben verlese, das der Herr 
Oberbürgermeister am mich gerichtet hat; es lautet solgen- 
dermaßen: | 
Nachdem die Anfrage vom 28. April d. J3. wegen 
der etwaigen Herabsehung der Brotration und der Ver- 
sorgung mit Gemüse in ihrem ersten Teile dadurch über- 
holt ist, daß dieselben Herren Antragsteller den dringlichen, 
mutmaßlich schon am 8. d. Mts. zu verhandelnden Antrag 
wegen Herabsezung der Brotkopfmenge angekündigt haben, 
würde es zweckmäßig erscheinen, die verbleibende Anfrage 
wegen der Gemüseversorgung nicht am Donnerstag, den 
16. d. Mts., sondern exst in ver Sitzung nach Pfingsten 
zu beantworten. Denn bis dahin werden über die in 
gutem Laufe befindliche Gemüseversorgung noch weitere 
Erfahrungen gesammelt sein. 
M. H., ich möchte darauf aufmerksam machen, daß 
für den Fall, daß die Beratung über die Gemüsever;or- 
gung ausfällt, wir vielleicht in 'der nächsten Woche keine 
Sikung zu halten brauchen, wenn wir heute mit unjerer 
Tagesordnung zu Ende kommen sollten. Das wäre viel- 
leicht auch ein kleiner Fingerzeig für die Herren, sich bei 
den folgenden Vorlagen etwas kurz zu fassen. 
Fünfter Gegenstand der Tages8ordnung: 
Berichterstattung des Ausschusses zur Vorberatung 
des Antrages der Stadtv. Barkowski und Ge- 
nossen, betreffend die Unterstühung der Hinter- 
bliebenen gefallener Kriegsteilinehmer. -- Vorlagen 
630/17 und 223. 
Summe dafür in Frage käme, so wurde von einem Aus- 
schußmitgliede dex Antrag gestellt, die Ausjchußberatung 
um 3 Monate zu vertagen, um Material zu jammeln- 
aus dem man ersehen könne, ob das Reich auch nach 
jeder Richtung hin in jedem Falle seine Pflicht erfüllt 
habe, Dieser Antrag wurde mit 10 gegen 5 Stimmen 
angenommen. 
In der darauf folgenden Sißung vom 23, v. Mts. 
überreichte der Herr Magistratsvertreter jedem Ausschuß- 
mitgliede den Abzug - einer U bersicht über die vom 
Generalfommando vom 1. Januar bis 30. April gewährten 
einmaligen und laufenden Beihilfen. Aus dieser Ueber- 
sicht ging hervor, daß in dem genaunten Zeitraum einmalig 
53 990 16 an 713 Empfänger und laufend 28 709 46 
an 395 Empfänger, überhaupt 82 699: 6 an 1108 
Empfänger bewilligt worden. 
Hiernach ergebe sich, so fuhr der Herr Magistratsver- 
treter sort, daß der Ausgleich, den der Antrag bezwede, 
tatsächlich schon erfolgt sei. Das Generalkommando habe 
stet3 die Summe bewilligt, die städtischerseits vorgeprüft 
und beantragt sei. 
Der Herr Kämmerer warnte dringend vor einer 
Verallgemeinerung, die auch Nichtbedürftige in den 
Ausg eich einbeziehen würde, der -- prozentual ausge- 
rechnet -- auf etwa 7 Millivnen Mark zu bezissern sein, 
dürfte. Wenn man dem Antrage zustimmen würde 
würde man dem Reiche eine Verpflichtung abnehmen und 
auf die Stadt übertragen. 
Hierauf wurde entgegnet, daß das vorgelegte Material 
gerade für die Annahme des Antrages spreche, der Frauen 
und Angehörigen gefallener KFriegsteilnehmer einen 
kommunalen Ausgleich3zuschuß zu der staatlichen Hinter- 
bliebenenrente zu gewähren beabsichtige. Es wurde ferner 
angeführt, daß es äußerst gering sei, wenn von 7 729 
Witwen mit 8 585 Kindern nur 713 einmalige und nur 
395 laufende Beihilfen erhielten. Die dem Ausschuß 
gegebene Uebersicht passe überhaupt wenig zu dem Antrage; 
sie verquicke einmalige und laufende Beihilfen. Bei der 
Nationalstiftung und der Kriegshinterbliebenenfürsorge der 
Stadt handele es sich nicht um laufende Unterstüßungen- 
Diese beiden Einrichtungen seien lediglich zu dem Zwece 
geschaffen, die Hinterbliebenen wieder aufzuhelfen aus 
schwierigen Verhältnissen, in die sie ohne eigene Schuld 
geraten seien. Der Antrag scheide dagegen die Hinter- 
bliebenen, die Verdienst hätten, von vornherein aus; 
denn diese spürten den Unterschied zwischen Kriegsunter- 
stüßung und Hinterbliebenenrente nicht. Ferner wurde 
ausgeführt, daß die vom Herrn Kämmerer angegebene 
Summe von 7 Millionen Mark viel zu hoch erscheine, 
wenn man neben den Nichtbedürstigen noch alle Hinter- 
bliebenen der Militärpersownen vom Feldwebel aufwärts 
in. Abzug bringe. Den Antrag anzunehmen, jei um jo 
wünschen3werter, als auch Fälle bekannt. geworden seien, 
in denen das Generalkommando nicht so großzügig in 
seinen Bewilligungen gewesen sei. 
Dagegen wurde von anderer Seite Fus8geführt, daß 
kein Fall bekannt geworden sei, in dem einer Kriegersrau 
die nachgesuchte Unterstüßung abgelehnt worden wäre. 
Die Stadt habe noch niemals eine Kriegerwitwe Not 
leiden lassen und werde die8 auch in Zukunft niemals 
tun. Der Antrag sei daher überflüssig. 
Bei der Abstimmung wurde der Antrag mit 7 gegen 
4 Stimmen abgelehnt, so daß der Versammlung vorge“ 
schlagen wird, wie folgt, zu beschließen: 
Die Versammlung lehnt den modifizierten Antrag 
der Stadtv. Baxkowski und Genossen: 
Berichterstatter Stadtv, Spendig: M. H., in 
der Sizung vom 3. Januar d. J3. haben Sie diese Vor- 
lage einem Ausschuß von 15 Personen zur Berberatung 
übergeben. Der Au3sschuß hat sich in der Sißung voin 
8 Jänuaxr d. 53 mit ihr- bes läftigt. 
Bei Begründung des Antrages brachten die Herren- 
Afitragsteller folgenden Autrag ein: 
Der Ausjschuß beschließt, den Magistrat zu ersuchen, 
der Stadtverordnetenversammlung eine Vorlage zu 
unterbreiten, wonach den Frauen und Angehörigen 
gefallener Kriegsteilnehmer während der Dauner des 
Krieges ein kommunaler Zuschuß zu der staatlichen 
Hinterbliebenenrente gewährt werden kann. 
Sämtliche Redner sprachen sich dahin aus, daß man 
bestrebt fein müsse, den Unterschied zwischen den Bezügen 
der Kriegerwitwen und der Kriegerfrauen möglichst aus- 
zugleichen; sämtliche Redner betonten aber auch, daß das 
in erster Linie Pflicht des Reiches sei, und daß die Stadt 
dafür erst in zweiter Reihe in Frage käme. 
Der Herr Magistratsvertreter führte aus, daß die 
Stadt nach jeder Richtung das getan hätte, was überhaupt 
hät'e geschehen können; sämtliche Gesuche der Krieger- 
witwen seien anstandslo3 bewilligt worden. Auch hätte 
das Generalfomniando jedes Gesuch dieser Art anstands- 
lo3 bewilligt, welches vom Magistrat befürwortet worden 
jeiz es sei kein Fall zu verzeichnen, daß ein Gesuch einer 
Kriegerwitwe abgelehnt worden sei. 
Da man im Ausschuß nicht übersehen konnte, welche
	        
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