184
Sikung aim 8. Mai 1918.
- (Die Versammlung beschließt nach dem Antrage der
Stadtv. Barenthin und Genossen, wie folgt:
- Die Stadtverordnetenversammlung ersucht den Ma-
gistrat, beim Kriegsernährung35amt dahin zu wirken,
daß die Brotration nicht verkürzt wird.)
Vorst. Michelet: I< darf wohl feststellen, m, H.,
daß diefer Beschluß einstimmig erfolgt ist.
(Zustimmung.)
Erlauben Sie, daß ich im Anschluß an die eben ab-
geschlossene Beratung ein Schreiben verlese, das der Herr
Oberbürgermeister am mich gerichtet hat; es lautet solgen-
dermaßen: |
Nachdem die Anfrage vom 28. April d. J3. wegen
der etwaigen Herabsehung der Brotration und der Ver-
sorgung mit Gemüse in ihrem ersten Teile dadurch über-
holt ist, daß dieselben Herren Antragsteller den dringlichen,
mutmaßlich schon am 8. d. Mts. zu verhandelnden Antrag
wegen Herabsezung der Brotkopfmenge angekündigt haben,
würde es zweckmäßig erscheinen, die verbleibende Anfrage
wegen der Gemüseversorgung nicht am Donnerstag, den
16. d. Mts., sondern exst in ver Sitzung nach Pfingsten
zu beantworten. Denn bis dahin werden über die in
gutem Laufe befindliche Gemüseversorgung noch weitere
Erfahrungen gesammelt sein.
M. H., ich möchte darauf aufmerksam machen, daß
für den Fall, daß die Beratung über die Gemüsever;or-
gung ausfällt, wir vielleicht in 'der nächsten Woche keine
Sikung zu halten brauchen, wenn wir heute mit unjerer
Tagesordnung zu Ende kommen sollten. Das wäre viel-
leicht auch ein kleiner Fingerzeig für die Herren, sich bei
den folgenden Vorlagen etwas kurz zu fassen.
Fünfter Gegenstand der Tages8ordnung:
Berichterstattung des Ausschusses zur Vorberatung
des Antrages der Stadtv. Barkowski und Ge-
nossen, betreffend die Unterstühung der Hinter-
bliebenen gefallener Kriegsteilinehmer. -- Vorlagen
630/17 und 223.
Summe dafür in Frage käme, so wurde von einem Aus-
schußmitgliede dex Antrag gestellt, die Ausjchußberatung
um 3 Monate zu vertagen, um Material zu jammeln-
aus dem man ersehen könne, ob das Reich auch nach
jeder Richtung hin in jedem Falle seine Pflicht erfüllt
habe, Dieser Antrag wurde mit 10 gegen 5 Stimmen
angenommen.
In der darauf folgenden Sißung vom 23, v. Mts.
überreichte der Herr Magistratsvertreter jedem Ausschuß-
mitgliede den Abzug - einer U bersicht über die vom
Generalfommando vom 1. Januar bis 30. April gewährten
einmaligen und laufenden Beihilfen. Aus dieser Ueber-
sicht ging hervor, daß in dem genaunten Zeitraum einmalig
53 990 16 an 713 Empfänger und laufend 28 709 46
an 395 Empfänger, überhaupt 82 699: 6 an 1108
Empfänger bewilligt worden.
Hiernach ergebe sich, so fuhr der Herr Magistratsver-
treter sort, daß der Ausgleich, den der Antrag bezwede,
tatsächlich schon erfolgt sei. Das Generalkommando habe
stet3 die Summe bewilligt, die städtischerseits vorgeprüft
und beantragt sei.
Der Herr Kämmerer warnte dringend vor einer
Verallgemeinerung, die auch Nichtbedürftige in den
Ausg eich einbeziehen würde, der -- prozentual ausge-
rechnet -- auf etwa 7 Millivnen Mark zu bezissern sein,
dürfte. Wenn man dem Antrage zustimmen würde
würde man dem Reiche eine Verpflichtung abnehmen und
auf die Stadt übertragen.
Hierauf wurde entgegnet, daß das vorgelegte Material
gerade für die Annahme des Antrages spreche, der Frauen
und Angehörigen gefallener KFriegsteilnehmer einen
kommunalen Ausgleich3zuschuß zu der staatlichen Hinter-
bliebenenrente zu gewähren beabsichtige. Es wurde ferner
angeführt, daß es äußerst gering sei, wenn von 7 729
Witwen mit 8 585 Kindern nur 713 einmalige und nur
395 laufende Beihilfen erhielten. Die dem Ausschuß
gegebene Uebersicht passe überhaupt wenig zu dem Antrage;
sie verquicke einmalige und laufende Beihilfen. Bei der
Nationalstiftung und der Kriegshinterbliebenenfürsorge der
Stadt handele es sich nicht um laufende Unterstüßungen-
Diese beiden Einrichtungen seien lediglich zu dem Zwece
geschaffen, die Hinterbliebenen wieder aufzuhelfen aus
schwierigen Verhältnissen, in die sie ohne eigene Schuld
geraten seien. Der Antrag scheide dagegen die Hinter-
bliebenen, die Verdienst hätten, von vornherein aus;
denn diese spürten den Unterschied zwischen Kriegsunter-
stüßung und Hinterbliebenenrente nicht. Ferner wurde
ausgeführt, daß die vom Herrn Kämmerer angegebene
Summe von 7 Millionen Mark viel zu hoch erscheine,
wenn man neben den Nichtbedürstigen noch alle Hinter-
bliebenen der Militärpersownen vom Feldwebel aufwärts
in. Abzug bringe. Den Antrag anzunehmen, jei um jo
wünschen3werter, als auch Fälle bekannt. geworden seien,
in denen das Generalkommando nicht so großzügig in
seinen Bewilligungen gewesen sei.
Dagegen wurde von anderer Seite Fus8geführt, daß
kein Fall bekannt geworden sei, in dem einer Kriegersrau
die nachgesuchte Unterstüßung abgelehnt worden wäre.
Die Stadt habe noch niemals eine Kriegerwitwe Not
leiden lassen und werde die8 auch in Zukunft niemals
tun. Der Antrag sei daher überflüssig.
Bei der Abstimmung wurde der Antrag mit 7 gegen
4 Stimmen abgelehnt, so daß der Versammlung vorge“
schlagen wird, wie folgt, zu beschließen:
Die Versammlung lehnt den modifizierten Antrag
der Stadtv. Baxkowski und Genossen:
Berichterstatter Stadtv, Spendig: M. H., in
der Sizung vom 3. Januar d. J3. haben Sie diese Vor-
lage einem Ausschuß von 15 Personen zur Berberatung
übergeben. Der Au3sschuß hat sich in der Sißung voin
8 Jänuaxr d. 53 mit ihr- bes läftigt.
Bei Begründung des Antrages brachten die Herren-
Afitragsteller folgenden Autrag ein:
Der Ausjschuß beschließt, den Magistrat zu ersuchen,
der Stadtverordnetenversammlung eine Vorlage zu
unterbreiten, wonach den Frauen und Angehörigen
gefallener Kriegsteilnehmer während der Dauner des
Krieges ein kommunaler Zuschuß zu der staatlichen
Hinterbliebenenrente gewährt werden kann.
Sämtliche Redner sprachen sich dahin aus, daß man
bestrebt fein müsse, den Unterschied zwischen den Bezügen
der Kriegerwitwen und der Kriegerfrauen möglichst aus-
zugleichen; sämtliche Redner betonten aber auch, daß das
in erster Linie Pflicht des Reiches sei, und daß die Stadt
dafür erst in zweiter Reihe in Frage käme.
Der Herr Magistratsvertreter führte aus, daß die
Stadt nach jeder Richtung das getan hätte, was überhaupt
hät'e geschehen können; sämtliche Gesuche der Krieger-
witwen seien anstandslo3 bewilligt worden. Auch hätte
das Generalfomniando jedes Gesuch dieser Art anstands-
lo3 bewilligt, welches vom Magistrat befürwortet worden
jeiz es sei kein Fall zu verzeichnen, daß ein Gesuch einer
Kriegerwitwe abgelehnt worden sei.
Da man im Ausschuß nicht übersehen konnte, welche