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Volume No. 11, 8. Mai 1918

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue45.1918 (Public Domain)

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is 
Sißüng am 8. Mai 1918, 
Nun argumentiert man so: während hier 60 und 63pCt. 
zugelegt sind, besteht die Steigerung bei den Magistrat3- 
sekretären nur in 30 pCt. und bei den Herren Magistrats- 
räten sogar nur in 19 pCt. Das ist auch im Ausschuß 
gesagt worden. Aber, m. H., es ist auch sofort darauf 
erividert worden: es ist ganz jelbstverständlich, daß die Zu- 
lagen bei den unteren Stellen ganz gewaltig viel mehr 
betragen müssen als bei den oberen, denn es handelt sich 
doch bei den Zulagen nicht darum, den Inhabern der Ge- 
hälter ihre biSherige Friedensleben3weise über den Krieg 
hinaus zu erhalten, sondern es handelt sich nur darum, 
den Betreffenden die Existenz während des Krieges, so 
otdürftig sie sein kann, überhaupt zu ermöglichen. Das 
wird natürlich mit den geringen Zulagen bei den Magistrats- 
sekretären und den Magistratsräten viel leichter möglich 
sein als mit der 63 prozentigen Zulage bei den Hilfs8arbeitern 
und den unteren Angestellten. Dieses Argument kann also 
nicht verfangen. 
Aber wir haben etwas Neues gehört. E3 ist dann 
gesagt worden: es Handelt sich in der Mehrzahl um un- 
eingearbeitete Kräfte, und Herr Stadtrat Franz kam dann 
hierher und sagte: die Belastung würde eine ungeheure 
sein, denn es kämen zwei Drittel der Personen in Frage, die 
schon länger als ein Jahr bei der Stadt tätig sind. M. H., das 
ist doch ein ganz gewaltiger Widerspruch. Wenn Personen 
schon über ein Jahr im Betriebe der Stadt tätig sind -- 
und hauptsächlich werden sie ja doch auf einer und derselben 
Stelle mit in der Hauptsache schematischen Arbeiten be- 
schäftigt =, dann kann man nicht mehr von unau8ge- 
bildeten Personen reden, sondern dann muß man schon 
von Personen sprechen, die ihre Arbeit voll und ganz tun; 
denn täten sie das nicht, so könnten sie keinen Augenblick 
mehr beschäftigt werden. So liegen die Dinge in anderen 
Betrieben, und so dürsten sie beim Magistrat hoffentlich 
auch liegen. I< denke doch nicht, daß diese Personen 
beim Magistrat beschäftigt werden, weil es ihnen da so 
gut gefällt und man ihnen eine angenehme und gute Unter- 
funft verschaffen will, sondern weit man beim Magistrat 
auch. Arbeit verlangt. 
E3 ist gesagt worden, daß die Löhne zum Teil über 
die Löhne in der Industrie hinausgehen. Das ist nicht 
wahr. In der Industrie werden weit höhere Löhne ge- 
zahlt. Jeden Tag kann ich das feststellen; jeden Tag 
kommen die verschiedenen industriellen Etablissements und 
fündigen an, daß ihre Angestellten von der Versicherungs- 
pflicht befreit sind <= in der Hauptsache weibliche An- 
gestellte =-, weil ihre Entlohnung weit über 2500 4& 
hinausgeht. Die Fälle sind durchaus nicht einzeln, sondern 
sie sind jeden Tag festzustellen, und sie sind eine Folge 
der bestehenden Verhältnisse, die eine solche Entlöhnung 
nun einmal notwendig machen. Da kommt man nicht 
damit weg, daß man sagt: ein gut Teil wohnt zu Hause 
und hat es nicht nötig. Es ist ein gut Teil darunter, 
der erst eingearbeitet werden muß. Weil dieser Teil 
darunter ist, darum kann man die Masse der Bureauhilf8- 
arbeiter nicht darunter leiden lassen! 
Es ist auch nicht glücklich, immer wieder damit zu 
kommen, daß die Sache Geld kostet. Sie muß Geld kosten, 
das, bringt die Größe Berlins und die Zahl der Angestellten 
mit jich. Aber daraus kann man keinen Grund herleiten, 
schlechter zu bezahlen, als es anderwärt8 geschieht. Ich 
möchte Sie nochmals bitten, den Ausschußantrag anzunehmen. 
(Bravo) 
Kriegsbeginn die einberufenen Vollbeamten voll und ganz 
erfläre ich, vertreten. Es ist auch anerkannt worden, 
jelbst von den leitenden Magistrat3mitgliedern und von 
den Bureauvorstehern, daß die Hilfskräfte zum großen 
Teil die Einberufenen, auf deren Stelle sie gestellt sind, 
voll und ganz nach jeder Richtung hin vertreten. Aber, 
nm. H., wenn wir dann die Entschädigung vergleichen, die 
der Einberufene bezogen hat, und die nun die Hilfskraft 
befomint, so finden wir, daß oftmals die Entlohnung nur 
die Hälfte der Entlohnung der einberufenen Beamten 
darstellt, Wie hoch stellt sich denn die Sache bei einem 
Unverheirateten wirklich? Die Bezüge waren bisher 
3,9 X, sie sind im Oktober um 40 Z auf 4,393 H ver- 
bessert worden, das ist um 12 46; dazu tritt die Kriegs- 
zulage von 22 4 und jetzt die lehte Zulage des Magistrats 
von 15 4%; das ist zusammen eine Verbesserung um 
49 4. Das sind die gesamten Zulagen, die für diese 
unteren Stufen gewährt worden sind. Für die Ver- 
heirateten jind allerdings statt 22 4% 35 4 gewährt; 
das sind 13 4 mehr und in8gesamt für einen Ver- 
heirateten 62 4% mehr, als die geringe Entlohnung 
ursprünglich betragen hat. M. H., das sind Zulagen, die 
heute absolut nicht mehr auSreichen. Jn weiten Kreisen 
der Industrie, in Fabriken und Bureaus im allgemeinen 
betragen die Zulagen oft bis zu 100 pCt.. Auch der Ver- 
gleich mit den Beamten im allgemeinen hinkt ja ganz 
bedeutend. Wir haben auch dort die Zulagen neuerdings 
auf mindestens 900 46 gebracht. Auch bei unseren 
städtischen Arbeitern betragen die Zulagen im allgemeinen 
bis zu 100 pCt., während hier im günstigsten Fall nu 
60 pCt. herauskommen. Dieser Vergleich sollte uns schon 
zeigen, daß hier etwas neu geschehen muß. 
Der Hinweis, daß die Sache viel Geld kostet, darf 
uns doch nicht abhalten, unsere Pflicht gegen unsere 
Angestellten zu erfüllen. Es handelt sich um große 
Summen, das weiß ich, aber andererseit3 doch um 
7600 Personen. Wenn Sie die 2?/, Millionen ver- 
teilen, so kommen im günstigsten Falle die Säße heraus, 
die der Ausschuß vorschlägt, von 22,59 46 statt der biSher 
vom Magistrat gewährten 15 46. Es ist also eine weitere 
Erhöhung von 7,50 4 und für die, die länger als ein 
Jahr da sind, von 15 44; da nähern wir uns ja dem 
Antrage, den die beiden Fraktionen hier vorgelegt haben. 
I< möchte Sie bitten, im Interesse der Hilf3beamten 
dem Antrage des Ausschusses zuzustimmen. 
Stadtv. Loeser: I< möchte nur einen Jrrtun 
seststellen, in dem sich Herr Kollege Koblenzer befindet. 
Er sagte, die männlichen Hilfsarbeiter haben mit 117 4, 
mit 3,90 46 für den Tag, angefangen und wären dann 
nur um ungefähr 30 oder 40 pCt. gestiegen. Das ist 
ein Zrertum. Sie haben allerdings mit 3,90 46 für den 
Tag gleich 117 46 für den Monat angefangen und 
befommen heute 187 4. Das ist ein ganz bedeutender 
Zuschuß und zwar 60 pCt., den die Herren empfange 
haben. Aehnlich ist es bei den Damen. Da habe ich un den 
einzelnen Bureaus doch andere Auskunft bekommen als 
Herr Kollege Koblenzer. Erst heute ist mir von einen 
ersten Beamten gesagt worden, daß in den meisten Bureaus 
unsere wirklichen männlichen Kräfte gerade das Doppelte 
geleistet haben wie die weiblichen'Kräfte, und daß sie gert 
den Zeiten entgegensehen, wo unsere männlichen Kräfte 
wiederkommen. Das ist auch jelbstverständlich; viele 
dieser Damen sind ja gerade von der Schüle gekommen, 
haben früher nie eine Stellung gehabt und sind, wie 
man es im kaufmännischen Gewerbe nennt, doch eigentlich 
Stadtv. Hintze; Herr Stadtrat Franz erklärt wieder, 
daß es sich zum größten Teil um ungeschulte Kräfte 
handle, Die ungeschulten Kräfte haben nun schon seit
	        
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