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Volume No. 8, 27. März 1918

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue45.1918 (Public Domain)

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Sikung am 27. März 1918. 
nur bei der Bevölkerung hervorruft, sondern auch bei 
den Angestellten und Arbeitern der Stadt. Es mitsß 
einen üblen Eindruck machen, wenn sie erfahren, daß 
bei der Etatsberatung für sie nicht das geringste heraus- 
gefommen ist, wohl aber für die Magistrat5mitglieder. 
Wa3 nun den zweiten Antrag des Ausschusses anbe- 
trifft, Jo sind wir entschlossen, für diesen zweiten Antrag zu 
stimmen, besonders mit dem Zusaß, den wir eigentlich 
für selbsiverständlich halten, der sich darauf bezieht, daß 
auch vie Grundlöhne der Arbeiter erhöht werden sollen. 
Wenn mun demgegenüber Herr Geheimrat Cassel 
darauf hingewiesen hat, daß. diesex Antrag undurchführbar 
jei, weil es jeßt im Kriege nicht möglich sei, die Gohälter 
zu erhöhen, weil wir nicht gemng Uebersicht über die Ent- 
wicklung der Verhältnisse nach dem Kriege haben, jo 
meinen wir, daß es mit quiem Willen auch jekt schon 
möglich ist, diese Erhöhung der Gehälter eintreten 'zu 
sassen. Die ganze Art der Arbeit mit Tonerungszu- 
lagen halte ich nicht für richtig; mir scheint es weit- 
aus richtiger, die Gehälter jo sestzusezen, daß- wir von 
dem „System der Teuerungszulagen abgeben können. 
Wir haben den Beschluß des Ausschusses so verstanden, 
als ob die Gehälter so bomessen werden sollen, daß, wir, 
wenn irgend möglich, auf die Teuerungszulagen verzichten 
fönnen, jedenfall8, daß die Gehälter so festgesetzt „werden 
jolsen, daß sie allein schon eine ausreichende Entlohnung 
ver Arbeiter und Angestellten darstellen. J< halte c3 
auch nicht sür richtig, daß es unmöglich ist, die Gehälter 
schon jekt festzusezen. Das hat nicht einmal der Ma- 
gistrat erklärt, -dex doch in diesen Fragen eine größere 
Uebersicht hat als die Mitglieder dieser Versammlung. 
Wir baben ves8halb den Wunsch, daß der Antrag, wie 
er aus vem Ausschuß hervorgegangen ist, Amtahme 
findet. 
Nach ven Erklärungen des Herrn Geheimrats Cassel 
ist allervings zu besürchten, daß; dieser Antrag des Etats- 
ausschusses abgelehnt wird. Für diesen Fall werden 
meine Freunde sür den Antrag des Herrn Goheimrats 
Cassel stimmen. Wir habon aber den Wunsch, daß in 
diesem Antrage" das Wort „al5bald“ noch durch ein 
etwas bestimmteres Wort erset wird. Wenn wir "nur 
sagen „alsbald“, dann ist der Magistrat auch nicht ein 
wenig zeitlich gebunven. Wir möchten doShalb den Herrn 
Antragsteller bitten, statt des Wortes „alsbald“ in den 
Antrag einzufügen: „spätestens bis zum 1. Oktober 1918“. 
(Zurusf.) 
-- Herr Geheimrat, daß Sie es früher haben wollen, 
weiß ich ja. 
(Zuruf: Wirv auch geschehen!) 
Aber viese Auffassung ist doch für den Magistrat nicht 
entscheidend, und mir scheint,' wenn wir hineinschreiben: 
spätesten8 bis 1. Oktober 1918 =, daß dann wohl mehr 
zum Ausdruck kommt, was auch sein Wunsch . ist, daß 
nämlich diese Erhöhung möglichst sofort eintritt. 
Weiter möchte ich den Herrn Antragsteller bitten 
-- ex melvet sich ja jeht zum Wort -, noch eine Er- 
flärnng varitber abzugeben, ob diese Teuerungszulagen 
sich auch auf die Arbeiter erstrecken sollen. J< 
zweisle nicht daran, daß sie sich nicht, wie es nach dem 
Wortlaute des Antrages scheint, nur auf die städtischen 
Beamten und Angestellten beziehen sollen, sondern daß, 
vamit auch die Arbeiter bedacht werden sollen; für uns ist 
es entscheidend, daß die Arbeiter darunter fallen. Wenn 
alle diese Bedenken beseitigt sind, werden meine Freunde 
für den Antrag Cassel stimmen, falls der Antrag des 
Ausschusses abgelehnt werden jollte. Z<h möchte Sie 
aber vor allem bitten, die Erhöhung der Teuerung3- 
zulagen der Magistratsmitglieder abzulehnen, weil die 
Amtahme dieses Antrages Mißstimmung bei den Ange- 
stellten und Arbeitern der Stadt und in weitesten Kreisen 
ver Bürgerschaft hervorrufen wird 
(Bravo!) 
Stadtv. Mommsen: I< möchte zunächst darauf 
himweisen, daß die Frage der Arbeiterlöhne bei diejem 
Ctal gar nicht zur Debatte steht; es handelt sich um den 
Personalbesoldungsetat sür städtische Beamte und Ma- 
gistratsmitglieder. 
(Zuruf: Weiter soll niemand etwas bekommen!) 
= Entschuldigen - Sie, es gehört alles an seine richtige 
Stello! Sie hätten den Antrag au der richtigen Stelle 
stollon sollen; der Etatsansschuß hat das auch an der 
richtigen Stelle erörtert. 
Ich gestatte mix zunächst eine Bemerkung. Sie 
wissen, daß meine Freunde seit langem die Gehälter 
der Magistratsmitglieder sür diese verantwortlichen 
Aemter, auch sür die Friedensverhältnisse, für absolut 
unzureichend halten, wenn wir genügende Kräfte be- 
kommen wollen. Ich freue mich, daß die Herren Heimann 
unt Cassel das ebenso anerkannt haben. Wir werden 
in der Lage fein, dem anch ausreichend Rechnung zu 
tragen. Daß jeht anch meine Freunde, soweit fe für 
vine sosortige Gehaltserhöhung eingetreten sind, darauf 
verzichten, viesen Gedanken weiter zu verfolgen, ge- 
schieht ve8halb, weil man fich in diesein Dingen einigen 
muß. Der Etat8ausschuß hat viesen Antrag wegen der 
Tenerungszulagen gefaßt; wir werben, um nicht zu 
widersprechen, ihm jekt zum- Beschluß, erheben. 
Was vie zweite Nummer der Resolution betrifft, 
jo muß ich mich Herrn Catsel anschließen. Es ist für 
uns unmöglich, jet eine neue Gehaltsordnung. für die 
gesamten stäbtischen Beamten aufzustellen, micht darum, 
weil man es jeßt nicht machen könnte, sondern weil es 
unzwecmäßig ist, dieje Gehaltsordmung sür die Beamten- 
schaft vor Stadt Berlin zu machen, wenn wir wissen, 
vaß der Staat Preußen und das Reich gleichfalls mit 
einer Gehaltzerhöhung hervortreten müssen, die sreilich 
erst nach dem Kriege in Krajt treten kann. Wir leben 
voch schließlich im Staate Preußen und im Reiche, und 
wir können in Berlin nicht willfürlich umspringen. 
Wenn wir heute eine Gehalt8ordnung machen, d.e nach- 
her mit ver Gehaltsordiuumng in - Preußen nicht überein- 
simmt, so müssen wir sojort wieder flicken. 
Und nun noch etwas anderes. Nehmen Sie au, 
wir hätten vor Jahresjrist eine neux Gehalt5ordnung 
jo festgesebt, daß die Teuerungszulagen damit aus der 
Welt geschasst wären. Was wäre gekommen? Wir hätten 
entwever vie Gehälter jebt wieder erhöhen oder neue 
Teouerungs8zulagen bewilligen müssen. M. H., Sie 
jeho: in Zeiten, wie die sind, in denen wir jetzt leben, 
önnen wir nicht mit den normalen Berhältnissen bei 
Gehaltsordnungen rechnen; da scheinen mir Teuerungs- 
zulagen, vie von Fall zu Fall viel schneller solgen können, 
zweckmäßiger als die Gehaltserhöhungen und auch als 
dasjenige, was unsern Beamten und Angestellten am 
schnellsten zu dem verhilft, was sie brauchen, nämlich 
zu größeren Einnahmen. Wollen wir heute Gehalts- 
erhöhungen bewilligen, so wird der Magistrat in vielen 
Monaten damit nicht fertig und auch wir nicht. Darum 
ist ver Ausweg, den Herr Cassel gewählt hat, alsbald 
eine Erhöhung der Teuerungszulagein vorzunehmen, das 
einzig Zweckmäßige und dasjenige, das don Beamten 
gibt, was sie brauchen. Darum stimmen meine Freunde 
diesem Antrage vurchaus zu. Wir halten es für das
	        
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