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Volume No. 7, 21. März 1918

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Ausgabe 45.1918 (Public Domain)

1225) 
Z 
FE 
Sizung äm 21. März 1918 
ersten mud zweiten Lesung im ganzen unverändert mm- 
genommnien, und ich bitte, jo zu beschließen. 4 
(Die Versammlung beschließt demgemäß.) : 
Kap. 1V Abt. 2, Realschulen, Abt. 3A, höhere 
Mädchenschulen, Abt. 3B, städtische Mittelschule für 
Mädchen. Alle drei Entwürse wurden im ganzen ange- 
nommen, un ich bitte, jo festzustellen. 
(Die Versammlung beschließt demgemäß.) 
Kap. 1V Abt. 4, Turnhallen. der städtischen höheren 
Lehranstalten, Spielpläge und Turnwesen im allge- 
meinen. Bei Titel 8, Nr. 5, sind für Honorare und 
Anschaffung zu Spielen auf dem Hofe der Gemeinde- 
schulen und den Außenspielpläßen während der Ferien 
wieder 170 000 6 angesebt. Es wird gewünscht, daß 
auch in ver Jungfernheide ein Außenspielplaß für die 
Kinder der dortigen Gegend errichtet werden möchte. Der 
Herr Stadtschulrat erklärt, daß im vorigen Jahre ein 
fseiner Plaz in der Jungfernheide zur Verfügung ge- 
stanven hätte, der sich jedoch nicht fix diese Zivecke eignete. 
Im Jugenvamt sei eine Kommission mit der Spielplaß- 
frage betrant worden, und dieser Plan soll geprüft wer- 
den. Auf eine Anfrage, ob es wahr sei, daß von 
Turngeräten die Belederung gestohlen wordeu- sei, er- 
flärte ver Herx Magistrat5vertretex, daß dies leider zu- 
treffe; als Ersaß werde Segeltuch verwandt. Der Ent- 
wurf gelangte in beiden Lesungen zur Annahme, und ich 
bitte, jo zu beschließen. 
(Die Versammlung beschließt demgemäß.) 
Kap. IV Abt. 5, verschiedene Einrichtungen für die 
städtischen höheren Lehranstalten. Der Entwurf gelangte 
in beiden Lesungen unverändert zur Annahme, und ich 
bitte, sv zu beschließen. 
(Die Versammlung beschließt demgemäß.) 
Kap. IV Abt. 6, Gemeindeschulen. Hier wurde be- 
merkt, daß nach zwei der Vorbemerkungen sich die Klassen- 
zahl gegen das Vorjahr wiederum um 59 vermindert 
habe. Das lege die Frage nahe, wie der Rückgang der 
Geburtenziffern sich auf die Frequenz äußern würde. 
Nach jeinex Nieinung sei jezt der Augenblick gekommen, 
eine Verbesserung ves Schulwesens durch Herabsetzung 
vor Schülerzahl in den Klassen herbeizuführen. Ferner 
wird bedauert, daß. die Ferien der höheren und der 
Gemeindeschulen noch immer verschieden seien. Der Ma- 
gistrat3vertreter entgegnete, daß die Ferien im wesent- 
lichen jeßt übereinstimmen; nur in den Oster- und 
Michaelisferien seien noch kleine Differenzen vorhanden. 
Mit der Frage des Geburtenrückganges habe man sich 
eisrig beschäftigt und darsiber eine Denkschrift ausge- 
arbeitet, die jeht dem Magistrat vorliege. Die Unter- 
juchungen hätten ergeben, daß der Geburtenrückgang auf 
dein Besuch der Gemeindeschulen sehr erheblich wirken 
werde, daß die Klassenzabhl sich im Jahre 1924 um 1340 
vermindern werde. Alle andern Fragen wurden zur Zu- 
jriedenheit beantwortet. Anträge wurden nicht gestellt 
unv das Kapitel in beiden Lesungen unverändert ange- 
nommen. I< beantrage, es nach dem Entwurf fest- 
zuseßen. 
Magistratsvertreter hören können, daß diese Klagen nicht 
in dem Maße begründet sind, wie es häufig scheint. 
Allerdings gibt es zu denken, daß die Kriminalität der 
Jugendlichen ständig steigt, und daß die Zahl der Für- 
svrgeerziehungsfälle sich ständig mehrt. Aber das ist kein 
Wunder in dieser Zeit des Krieges mit allen feinen üblen 
Bogleiterscheinungen. Es ist jo kürzlich erst auf einer 
Tagung des Vereins für Gesundheitspflege von Pro- 
fessor Hilbebrand ausgesprochen worden: das Fehlen des 
Vaters, das Arbeiten der Mutter wirken katastrophal, 
und das war auch die Beurteilung, die im Etatsausschuß 
die herrschende war. 
Besonders wurde über das Verhalten unfexer Jugend 
auf „der Straße außerhalb der Schule Klage geführt. 
Da war es vor allem die höhere Jugend, die höheren 
Töchter, die zur Kritik Anlaß gaben. Jch möchte aus dem 
gedruckten Berichte des Etatsausschusses insSbesondere her- 
vorheben, daß über die Schüler höherer Schulen viele 
Klagen gekommen sind. Der Herr Magistratsvertreter er- 
klärte, hier solle Einhalt getan werden durch Einführung 
von Schülerkarten und Sperrung bestimmter Straßen 
für Schüler höherer Lehranstalten, die sich nicht in Be- 
gleitung Erwachsener befinden. Es ist sehr bezeichnend, 
vaß selbst der Magistrat, der doch über den Parteien 
sicht und die Dinge objektiver beurteilt, in dieser Weise 
zu den Klagen Stellung nehmen mußte, die gerade über 
vie höheren Töchter gesührt wurden, und es gibt zu 
venfen Anlaß, daß der Herr Magistratsvertreter uns 
mitteilen mußte, daß ein Teil dieser Uebelstände daraus 
zurückzuführen sei, daß die Jugend durch die Werbetätig- 
keit auf den Straßen zu einem gewissen fecken Auftreten 
- ich will nicht sagen: erzogen =-- aber jedenfalls 
veranlaßt worden ist. Sie ist keer aufgetreten, als das 
wohl sonst bis dahin üblich war. - 
| (Hört, hört!) 
Wir sollten doch prüfen, ob wir nicht in Zukunft diese 
öffentliche Werbetätigkeit auf den Straßen einstellen. Sie 
wissen, daß wir schon immer gegen diese Werbungen 
Bedenken gehabt haben; aber es scheint doch, als ob 
viese Bedenken begründet sind, und ich möchte Sie 
bitten, bei der nächsten Gelegenheit, die sich bietet =- ich 
fürchte, fie wird sich bald bieten --, soxgfältig zu prüfen, 
vb es nicht im- Interesse unserer Schulen und unserer 
Jugend liegt, dieser öffentlichen Werbetätigkeit auf den 
Straßen ein für allemal ein Ende zu machen. anke 
M. H., der Etatsausschuß hat sich auch sonst mit der 
sittlichen und geistigen Hebung der Schüler beschäftigt, 
nd es wurde eingehend über die Notwendigkeit einer 
weiteren Ausgestältung, insbesondere der Volksschule, ge- 
sprochen, und diese Debatte bietet uns einen Hauptgrund, 
hier im Plenum auf die - Dinge zurüczufommen, weil 
wir dex Meinung sind, daß selten eine so günstige Ge- 
legenheit wie augenblicklich geboten ist, unsere Volksschule 
grundlegend auszugestalten. Der Grund, warum wir 
jebt besonders leicht durchgreifende Besserung schaffen 
können, ist die Tatsache, daß die Zahl unserer Schul- 
kinder rapide zurückgeht, und daß wir mit Leichtigkeit 
fleine Klassen, Klassen mit geringerer Frequenz ein- 
richten können. Nach den Mitteilungen des Statistischen 
Amts betrug hier die Geburtenzahl bis zum Jahre 1908 
etwa 48 000 bis 30.000; tie ist gefallen im- Jahre 
1914 auf rund 37000, 1915 auf rund. 31.000, 1916 
auf rund 22 000, und für 1917 wird sie auf 20000 
geschäbt; alfo ein Sturz von 40000 bis 50000 auf 
20 000 in knapp zehn Jahren. Die Zahl der jährlichen 
Einschulungen hängt natürlich aufs engste mit der Ge- 
burtenzahl zusammen, wenn diese auch nicht allein maß- 
7 Stadtv, Dr. Rosenfeld: M. H., der Etatsausschuß 
hat sich sehr eingehend mit den Verhältnissen an unsern 
Gemeindvdeschulen beschäftigt, und Gegenstand der 
Beratung war eine ganze Reihe von Fragen, die unsern 
Schuletat angehen. | 
Ganz besonders hat der Etatsausschuß, jeine Auf- 
merkjamfeit den zahlreichen Klagen gewidmet, die über 
eine Verwahrlosung unserer Jugend laut ge- 
worden sind, und wir haben zu unserer Freude vom Herrn
	        
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