.
Sitzung am 1 .58
tadiv . Ritter : Auch meine Freunde sind der
Auffassung, .daß es sich um eine sehr wichtige Vorlage
handelt, die der Magistrat unserer Beschlußfassmg un-
terbreitet . Es wäre sehr verlockend, zunächst theo-
retisch auf die Entwicklung des Arbeitsnachweiswesens in
.
Berlin einzugehen ; ich will es aber mterlassen und mich
lediglich darauf beschränken, zu sagen , daß wir in
Arbeitsnachtbeisbesen md seiner Kommunalisiermg eine
sozialpolitische Tat erblicken . Meine Parteifreunde ha-
den schon seit ,Jahren die Verstadtlichung der Arbeits
nachweites verlangt. Wir haben ms schon früher
wenn ich nicht irre, vor acht Jahren mit der Frage
--
der Verstadtlichnng des 'Arbeitsnachweites beschäftigt, als
es . sich um die Bergabe einer Subvention handelte, und
.
nir haben anrh vor zwei Jahren , im April 1915, bei
)
einer anderen Gelegenheit die Verstadtlichnug verlangl ,
soweit es sich um Handlungsgehilfen handelt .
(Zrnf 1913 .
1913 haben ' wir 51 Prozent der Stimmen bekommen
md damit einen Hatchteinsluß . auf die Verwaltung des
Zentralvereins, und 1915 haben wir über die Errichtung
eines . Arbeitsnachweites für Handlungsgehilfen verhandelt .
Nun muß ich mich dem Herrn Kollegen Sonnenfeld
durchaus anschließen . Er hat wesentliche Punkte , die
in der Vorlage enthalten sind, nur angedeutet ; ich
möchte aber bei dem anfangen, wo ich ' stehen geblieben
,
bin, nämlich bei der Frage ; was soll eigentlich bei dem
Arbeitsnachweiswesen in Berlin bezüglich der Handlungs-
,
gehilfen getan werden? In der Vorlage steht darüber
kein ,Wort. Im 'April 1915 . haben Sie sich, namentlich
auf dieser Seite, gegen die Errichtung eines Arbeits-
.
nachweites für Handlungsgehilfen erklärt . Herr Kollege
.
Dove hat gesagt, Handlungsgehsifen seien etwas ganz
anderes ; ..schon die Tatsache, daß das ' Handelsgese-izbuch
ihnen eine ganz andere gesetzliche Bestimmung gibt im
. Gegensatz zu der , Gewerbeordnung, sprechen dafür, daß
man die Handlungsgehilfen nicht über einen Kaum sche-
ren dürfe mit den gewerblichen rbeitern. In gewissem
Sinne hat er sicherlich recht . Ein - anderer Kollege hat
gesagt, man solle die Sache nicht schematisirren ; ein
dritter hat die Slinie ins Korn geworfen md - gesagt,
.er wolle von paritäsischen Arbeitsnachweisen über-
haupt nichts wissen ; praktische Ersahaugen hat er nicht
angegeben. Die Vorlage ist verschwunde ; aber dieser
angeblich nicht . ins Leben zu rufende Arbeitsnachweis
für Handlungsgehilfen ist einige Monate später in Berlin
ins Leben getreten, eingerichtet durch den Verband mär-
kischer Arbeitsnachweise . ir sind in Berlin rückständig
gewesen gegen die Provinz Branderburg ; ber Verband
,
märkischer Arbeitsnachweise bezieht eine erhebliche Sub-
-- .
venliou von dem Landesdirektor der .Provinz Branden-
.burg, unv mit dieser Subvention ist in Berlin ein
Arbeitsnachweis für Handlungsgehilfen eingerichtet wor-
den .
Meine Herren, das werden Sie in keiner Weise be-
1
streiten wollen, und di eser Arbeitsnachweis für H and-
lmigsgehilfen, ,Herr Kollege Dove, floriert sehr gut . E
)
hat zur Vermistlung nicht nur die Leute, die man als
schlechteste Sorte von jeder Kategorie nimmt , sogenannt
r
Bruch, ivie wir als rbeiter sagen würden , sondern e
,
hat auch, wie Sie sich aberzeugen können , Stellen zu
5000 M, 6000 M vermistelt, und nach meiner Kenntnis
)
werden heute zirka 90 der Vermistlungen im Stad t-
gebtet Berlin von ihm vermistelt und 10 oder etwa 150/a in
den Vororten und in der Provinz Branderburg . Hier ist eine
,
,
leinrichlung geschaffen worden durch .den Vorsitzenden- de: .
Februar 1917 .
Verbandes märkischen Arbeitachweise, durch denselbe
Herrn , der auch Vorsitzender des Zentralvereins s
Arbeitsnachweis ist . Das ist eine Tat, die wir ihm nic
übelnehmen von dem Standpunkt as, daß ' in dies
Beziehung etwas geschehen muß . Er hat nach dem Motl
,
gehandelt Frisch gewagt, ist halb gewonnen . Weh
wir das auch . getan hätten, hätten wir den Schwieri
keiten , die Sie nlle herausgegriffen haben ,- mn die Sar
abzulehnen, begegnen können . Heute schweigt sich d
Vorlage vollständig . aus : was soll daraus in Berl
werden ?
Ein anderes Gcbiet möchte ich hervorheben , d
die Vorlage auch nicht berührt . Wir haben in Berl
ca. 30 000 Lehrlinge, davon in Handwerksbetrieb
l2 000, in sogenannten Fabrikbetrieben 18 000.
.
durchschnittlich ' dreijährigen Lehrzeit scheidet ein- Dritt
der Lehrlinge alle Jahre aus . Die Vermistlung h
Handwerlslehrlinge ist auch eine Frage für sich ; . n
brauchen nicht nur gute junge Referendare, gute Met
ziuer, sondern für das Berliner H andwerk und t
Industrie eine gut entwickelte Nachkommenschaft an j
gendli chen Lehrkräften, Gesellen nsw . Auf dem (
biete der Lehrlingsveriittlung haben bis vor wenig
Jahren ' nur Wohltatsvereine gewirkt . Wie es mit d
Geschichte des Zentralvereins gegangen ist, so auch u
dieser Einrichtung : die Gaben werden so lange gespend
wie 'die Leute, die dafür ein sozialpolitisches Intere
haben, es aushalten können, dann muß die öffentli
lgemeinheit dafür eintreten, und nun haben wir a
eine Lehrstellenvermistlung für Großberlin . Die Z
len, was - an Lehrstellen in Berlin vermittelt wird , st
auch nicht unerheblich . Die Lehrstellenvermittlmg
.
.
für Berlin nicht eine Aulgabe außenstehender Krei
1
sondern nach den Wüchcm meiner Freunde eine An
legenheit, die die Stadt Berlin in die Hand nehmeri m
.
Heute liegt das Großberliner .Lehrlingsvermitllun
wesen auch in der Hand des Vorsitzenden der märkiscl
Arbeitsnachweise, und 1venn Sie diesen Dingen weiter l
den Grund gehen , finden Sie immer usjeder d ie
Vorsitzenden der märkischen Arbeitsnachweise, der Le
lingfstellewermittlmg, des Zentralvereins, der über
.w
auf diesem Gebiete die Hand im Spiele hat, in gu
und schlechter B eziehung, der also in gewissem Str
Berän an die Wand drückt . Ich habe schon an ei
anderen Stelle gesagt : was in den letzten Jahren
Verbandsdirektor Dr . Steiniger im Zweckverbandsa
schuß für Berlin gewesen ist, ist der Vorsitzende des M
.
kitchen Arbeitsnachtbeirverbandes in analoger Pezieh
auf dem Gebiete der rbeitsvermittlung für Großber
Berüu und seine Vororte geivesen
Wir werden deshalb die Vorlage prüfen . Wc
wir aus dem grundsätzlichen Standpunkt der komn
1
nalen Verwaltung dieser Sa che stehen, werden wir
Vorlage niclit ablehnen . Aber wir müssen bestim
Vorausselnmgeu erfüllt .sehen , md zwei dieser Vora
setzungen habe ich bereits genannt .
Die Vorlage ist auch viel zu sehr dnrchlränlt
dem sogenannten Kampfobjekt, welches die Arbeitsn<
weise angeblich sein sollen . Die Zeiten, da die Arbe
w--
nachtweise Kampfobjekt zwischen zwe Interessentengr
pen waren, Arbeitgebern und Arbeitnehmern , sind r
über - die Arbeiterschaft faßt die Frage des Arbe
1
. naclveises nicht meh r als eine sogenanntc Kampfpr
auf , weil wir in den Jahren zu der Ueberzeugug gela
sind, daß es ücl nicht mn die Errichtung eines Arbe
aclweisee - in einer konnumalen Verwaltung hant
sondern weil wir daran auch noch andere- Dinge hän