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Volume No. 25, 13. Dezember 1917

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue44.1917 (Public Domain)

tzung am le .44 gebrochen werden mußte'' , weil sonst eben Hunger tod eingetreten wäre . Und der Fachmann und Ge- lehrte weist darauf hin , daß , wenn wir nicht ei einem großeu Teil der Bevölkerung den . S chle ich hand el alshelf er hätten , es noch weit schlimmer aussehen würde , als es tatsächlich anssieht . Ein Beweis, daß die Rationierung nicht langt, liegt . auch darin, daß in geschlossenen Anstalten , wo kein e Nebenströmungen Nahrungsmittel zuführen, die Er- 1 krankungs- und Sterblichkeitsziffer weit größer ist als bei der frei lebenden Bevölkerung, (sehr richtig ! ) l währeud umgekehrt in den kleinen Städten und auf dem Lande, wo man ,,beziehungen'' hat , von jener schrecllichen ) Zunahme der Tuberkulose, unter der wir in den roß- städten jetzt burchweg leiden, nicht die Rede ist . . 11 Bald werden auch größeremFleischmangel inwtr Maße haben , als man zumeist ahnt . Denn alle Schweine werden bis zum 15 . Januar abgeschlachtet , wir Städter bekommen aber davon nicht ein Gramm , sondern es ist alles von der Heeresverwaltung beschlagnahmt . Die Rinder magern ab in einer e6chreckenden Weise. Wir haben wiederholt schon darauf hingewiesen, was für Vieh nns auf dem Schtachtviehhof angewiesen wird , daß man es schon vor Monaten als Garderobenständer bezeichnete, weil man an den Rippen des zugewiesenen Viehes die Kleider aufhängen könne . Kurz und gut, es ist soweit gekommeu, daß selbst G em ei nde n, weil sie ihrer Bevölkerung etwas schaffen wollten , sich dazu verstanden, im Schl ei ch han d el s- wege Nahrungsmittel zu beziehen, so daß dieser Tage Herr von Waldow ein Rundschreiben an die Gemeinden erlassen mußte , worin er darauf ausmerksarn macht, daß auch die Gemeinden unter dem Gesetz stehen , und ,daß man nicht, wie das beispielsweise in der Umgegend von .Berlin der Fall ist , billigen Zeitungsruhm, wie gut alles da vorgesehen sei , sich dadurch erwerben kann , daß man anf dem Wege des Schleichhandels sich Waren verschafft , die . Berlin , . das keinen Schleichhandel treibt, sich nicht be- schaffen konnte . Wenn ich noch darauf hinweise, daß ganz bedeutenbe Mengen nicht einmal im Schleichhandel , sondern im offenen Handel der Rüstu ng s in du strie zugewiese1 werden , daß die Rüstungsindustrie Speiseanstalten unter- hält, die mit außerordentlich großen Mengen Nahrungs- , mitteln , die ohne Karte hingegeben werden, auf Kosten der übrigen Bevölkerung ausgestattet werden , dann wer- den Sie meine Herren sehen , in . welcher schlimmen Not- lage wir Städter uns befinden, und daß wir darauf zu drängen haben , daß wenigstens die Möglichkeiten, die zur Ernährung der Bevölkerung noch da sind, voll .aus- genutzt werden und nicht durch eine Verschlechterung des bisherigen Systems noch neue Fährnisse für die siädtische Bevölkerung kommen . Meine Herren, die 860 Bundesratsverordnungen, die ' bis jetzt für Ernährungszwecke ergangen sind . bloß für Ernährungszwecke ; denn bis jetzt sind bereits 8400 Kriegsgesetze und 33 000 bundesstaatüche Verord- nungen, die sich auf 7000 Kriegsnotgesetzen aufbauen, er- gangen die 860 Bundesratsverordnungen allein für Eruä ngszwecke haben es nicht zuwege gebracht, daß wir wirklich auch das zu essen bekommen, uas im Lande tatsächlich vorhanden ist Und wenn es je ein tragi- komisches Bild gegeben h at, so ist es das, was uns jetzt bei den Mitteilungen über die Erhebungen der Ernte- fläche nnd Anbaufläche in Deutschlaud gezeigt wurde . dezember 19ll . ) Das Deutsche Reich ist nämlich im vorigen Jahle, ohm . daß es es gemerkr hat , um etwa 11 .pct. kleiner geworden (Hört, hört ! ) . Kein Engländer hat dieses Land okkupiert, lein fremde (oberer hat es uns weggenommen, sondern die Sta tistik weist eben nach , daß die gesamte Anbaufläche Deutsch lands gegen das Vorjahr um 11 pct. kleiner geworde ist nach den . Angaben der Herren Agrarier, d. h . , na ) . den Angaben der Herren Interessenten . Wo ist das Lan ' hin ? Die Wirtschaftskarte , die da eingeführt worden ist ist eben ein Stück Papier . Papier ist geduldig , . hat j schon Herr von Oldenburg-Januschau in bezug 'auf di .) Gesetze im vorigen Jahre gesagt, Auf das Papier werde diejeuigen Ziffern der Anbaufläche hineingeschrieben , vo denen der Landwirt sich sagt dabei bleibt mir .dann genu von der Ernte für Schleichhandel und audere Zweck übrig . Und so ist denn die Anbaufläche äußerst .verringer worden , so daß wir, wie gesagt, mit einer ziemliche Bundesstaatsgröße aus dem Kriege neiner hervorgehe mit Hilfe der Agrarier , als wir hineingegangen find Die Anbaufläche für Kartoffeln ist gegen - das Vor jahr sogar um mehr als 1/s zurückgegangen Jaut Sta tistik . Nun will ich nicht bestreiten , daß ein Teil Kar toffeln weniger angebaut wurde, und zwar ' trifft di Schuld die Reichsstelle, einmal deswegen , weil sie di Preise für die Rüben, für die Zuckerrüben wie ür di Futterrüben, so "' hoch gestellt hat, daß die Landwirte dort wo es nur möglich war, statt der Kartoffeln ,Rüben ge baut haben, weil sie dadurch einen größeren Gewim erzielten , und zweitens durch die Mißwirtschast mit der Saatkartoffeln . Als voriges Jahr die Kartoffelnot war da hat man den Landwirten alles beschlagnahmt, zun Teil auch die Saatkartoffeln , und hat ihnen4 für der Zentner gegeben. Niemand hat sich aber in der eichd, stelle darum gekümmert, nun - den Landwirten auch Saad kartoffeln zu liefern , sondern man überließ das dem reie Handel, so daß diejenigen , die mit 4M ihre Kartpffel hatten hergeben müssen , nun Saatkartoffesst mit l5 bi 20 M den Zentner und in bar zukaufen nnußten . Di Folge ist, daß ein Teil der Landwirte auf dieses Geschäf nicht einging und infolgedessen ein Teil Kartoffel weniger angebaut wurde. Aber, meine Herren , die Happtursache des Rückgang der Ernte liegt doch in den falschen - Angaben der Land wirte über die Erträge, die sie gehabt haben. Da ll es sehr interessant, daß in der Reichsstelle, wie .es in Preußischen Landtage von konservativer Seite bezei e wurde, "der Uebereifer eines Beamten , der von land- wirtschaftlichen Verhältnissen keine Ahnung hat' , sich übe diese falschen Angaben weidlich entrüstete und der Kay . die Schelle nnhing. ie Reichskartoffelstelle hat nämlich am 5. No- ) vember ein Telegranun an die Landtvirte erlassen, ba Herr von W aldow de- unb wehmütig vor den Konser- l vativen zu eutschuldigen suchle. Dieses Telegramm lautet Die Melduugen über das Ergebnis der Individual erhebung sind absolut unrichti g. Sie ergaben in Gegensatz zur wirllichen Lage das Gesamtbild eine ausgesprochenen Mißernte. Die falsche n - A n - gaben d er Landwirte, denen anscheinend jede Verständnis für den Ernst der Lage sehlt, sind u n , v erant w or tlich und könneu nicht scharf genut v rteilt werden. Gegen dtese im größten Stil ga . niebene Verheimlichung von Vorräten durch die zeuger muß durch strengste Na rüfung rücksichtslvi . vorgegangen werden.
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