342 Schung am 11 Ottober 1917
Stadt bis über die Grenzen des Landes hinaus Brach-
tnig finden und größtes Interessie eerrecken , Wie alles,
was jetzt beraten, beschlossen und getan wird , Wert
und Geltung erst dadurch erhält, ob es uns den 'Srie-
den näher bringt oder nicht, so wird eine zustimmende
Antwort von Ihnen nisch eii Hauskein sein zu dem Werk,
das jetzt das einzig Erstrebenderte auf - Enden ist . die
Menschheit herauszufichren aus diesem Meer von Blut
und (Eicnd, Not und Verzweiflung, in dem, je länger,
je mehe, die gan europäische Kultur zu versinken
droht. Ich bitte Sie, meine Herren : lassen Sie unserm
Antrage eine gründliche Durchberatung zuteil werden, und
kommen Sie dann gemeinsam mit aus zu einem Beschluß ,
der auch diesen Anforderungen voll entspricht !
(Lebhafter Beifall .
Stavto. Cadel : Meine Herren, daß es unser aller
ernstliches Bestreben ist, die Grundlagen vorereiten,
welche nach dem Ende - dieses ungeheuren Krieges geeignet
sind , das deutsche Volk und insbesondere die deutschen
Städte in ' Freiheit und -Wohlfahrt gedeihet zu lassen,
däs wird niemand bestreiten . Inwiefern aber die heutige
Beratung geeignet . sein soll , d lesen Frieden jetzt schon
herbeizuführen, . ist mir um so weniger klar, als ich der
festen Ueberzeugung bin, daß gerade die Reform, um
. 1
die es sich her handelt, erst in genannter Zeit , wahr-
)
scheinlich erst nach dem Frieden, wird verwirHicht werden
können . l
(Sehr richtig ! )
Meine Herren, ich will nun, bevor ich die Haltung
meiner Freunde in dieser Angelegenheit begründet ' md
den Aussährungen des Herrn liegen Heimann oder
einem Teil derselben Stellung g nehme, Ihnen m itteilen,
daß ' die Herren Kollegen Mommsen, rte, Rosenow)
Liebenow und ich im Auftrage unserer beiden Frottionen
in bezug auf den vorliegenden Antrag folgenden t-
schließung zur Beschlußfassung empfehlen
)
Mit ' -cksicht darauf, daß d ie Stadtverordnetenver.
sammlung von rlin schon seit langer Zeit eine der
modernen twicklung un b gerichten Anforderungen
gemäße grundlegende Aenderung des Gemeindewahl-
rechts für e rforderlich erklärt hat ,
daß die innere Entwicklung Preußens amd diese
Aenderung im Wege der Gesegebung uird herbei -
führen müssen,
daß es zu diesem Zweck wünschenswert erscheint, daß
Magistrat md Stadtverordnetenversannulung von
.
Berlin ' eine begründete Vorstellung über die bei dieser
.
Aenderung zu bearchtenden Grucdsätze an die Köigliche
Staatsregierrmg und den Landtage richtet,
ersucht die Stadiverordnetenversunmanng den Ma-
gistrat, mit ih r in gemischter Deputation hierüber zu
beraten und überiveist dieser Deputation den Antrag
Heimanu imd Genosseri zur weiteren Beratung.
Meine Herren, zur Begründung dieses Antrages und
.
.
in Erwiderung auf die Rede, die Herr llege Hei-
1
manu gehalten hat, habe ich folgender anzufähren.
Gewiß stimme ich Herrn Kollegen Heimann darin
vollkommen zu, daß . dic großen Erfahrungen, die dieser
wcltumfassende Krieg, welcher die größte Opferwilligke it
unseres gesamten Volles hervorgerufen hat, guch geeignet
.
sind, .in dem - einzelnen die Anschauung über das , vas
.
in öffentlichem Nutzen notwendig ist, gegenüber Grund-
'--
sätzen und Einrichtungen sricherer Zeit vielfach u än t ,
und daß ste jedenfalls den Anlaß geen .müssen, daräber
nachzuden ken, auf welchen neuen Gestaltungen sich das-
jeui ge zu entwickeln hat, desse.n Grundlagen wir p
für veraltet erachten müssen . Ich betone, daß es an
richtig ist, wie Herr Kollege Heimaun ausgeführt hat
,
und dem gibt ja auch unser Antrag Ausdruck - ,
schon seit langer Zeit diese Stadtverordnetenversammlo
eine grundlegende Reform des Kommunalwahlrechts s
Preußen für notwendig erachtet hat . Herr Kollege c
mann hat richtig aus den baualtgen Verhandlung
itert, daß wir nach dem . Beschluß, den -- die große Meh
)
heit dieser Versammlung damalo gefaßt hat , ein geheinu
gleiches , an eine Steuerleistung und einen gewissen
enthalt in der Gemeinde gebundenes Wahlrecht geforde
haben . Und ich will Herrn Kollegen Heimann gegenüb
offen bekennen , daß mir persönlsch diese Resolution heu
nicht mehr ausreichend erscheint . Sie erscheint mir ni
ausreichend, weil wir, wenn wir ein Wahlrecht a
Grund solcher Grundlage aufbauen würden, die eü
1
gewisse Steuerleistung verlangt, einem großen Teil
.
Wähler, die heute wählen, das Wahlrecht nelnen würde
Wir haben nämlich die Eigentümlichkeit in Preußen, da
obwohl das klassenwahlrecht eine krasse V)chiedenhe
der Wahlrechtsbefugnis der einzelnen Klassen schaff
schließlich in der dritten asse mhezu ein fast allg
meines Wahlrecht vorhanden ist . Dieses - Wahlrecht-
.
das sie schon jetzt besitzen, Wählerkreise zu veraben dum
Einführung eines irgendwie gearteten Zensus oder am
--
nur durch die Bindung an eine Steuerleistung, wäre de
. .
heutigen Verhältnissen, wie ich offen zugebe, nicht ang
messen . J bemerke aber in dieser Beiehng, daß unsn
1
Resolution von einem Zensus nicht ausgeht, sondern da
ausdrücklich das Wort ,,steuerleistung" gewählt wordc
ist, daß wir also damit nicht eine bestimmte direb
Steuer, sondern eine jede Abgabe meinten, die einzgln
aus irgendeinem Grunde für die Stadtgemeinde zu ge
,
)vähren hätte . In diesek Detziehung ist unser Antra
also viel weitergehend gewesen als der von Her rn l
legen Heimaun gemeinte Zustand, in welchem ein Zensu
das Wahirecht fordert oder vielmehr bei gleichem Wa
recht für die Steuerzahler keinem andern, nicht in d
Zensus Gelangenden ein Wahlrecht gibt . Dieses Wahl
recht, das wir damals beantragten, war kein Zensus
wahlricht, sondern hatte einen andern Charakter ; aber iö
.
gebe zu und habe das .vorhin schon betont, daß ' auö
über diesen Punkt sich reden läßt, und daß mir pt
sönlich diese Grundlage heute nicht mehr. ausreichent
erscheint .
Meine Herren, venn Herr Kollege Heimann heut
eine Kritik geübt hat an den Worten, die ich im Jahu
1000 gesprochen haben soll, so wird Herr Kollege e
mann mir verzeihen , wenn ich meine Rede von l9()(
heute, narh 17 Jahren, nicht mehr im kopfe habe
ich bezweifle aber nicht, daß ich damals die Worte
gebraucht haben werde : wer mit raten will, soll auch
mit talen . Diese Worte sind aber auch heute keine
wegs ohne jeden Grund ; ja sie sind nicht ohne Berectd
.
gung für den Zustand, den Herr Kollege Heimann schaffell
will . Denn er hat ja selbst das Wahlrecht für die Nicht-
steuerzahler damit motiviert, daß er erklärte e talen mit,
in den sie an dem wirtschaftlichen Afbau mitarbeiten
(Sehr richtig ! )
Also die Richt igkeit dieses Satzes in seiner allgememev
Geltung kann gar n icht geleugnet werden ; es kommt
.
darauf an, weeiche praktischen Konsequenzen er im ein.
einen haben soll . Nun ver kenne ich nicht an sich
liegt in dem Gedanken, den Herr Kollege Heimann her
vorgehoben hat, daß in der Tat e in sosches Mittatal