Sitzang am 19168
alles in Ordnung ist . Erst eine häufige Inspizieruug der-
Pflegestellen gibt den Eltern einige Garantie, daß ihre
Kleinen -nicht gefährdet werden . Großstadtltuber werden
so wie so nicht immer für landwirtschaftliche Arbeiten ge -
eignet sein ; besonders bei Kindern zwischen 6 und 10 Jahren
wird man ganz besonders vorsichtig sein müssen . Auch
die Landbewohner werden nicht immer für Aufnahme der
Großstadtltuber besonders geeignet sein. In der Deutschen
Tageszeitung , die in den Landkreisen besonders gelesen
wird, ist kürzlich ein Bericht über die Erfahrungen mit
Stadtkindern auf dem Lande erschienen . Da bemerkt ein
Landwirt : ,,ich habe meinen kleinen Berlinern im Anfang
verschiedentlichdankbarkeit handgreiflich deutlichgemacht . "
In diesen Worten zeigt sich eine Anschauung, die sicher-
lich in Großstadtlreisen wenig Bewunderer finden wird ,
und die uns zur Vorsicht mahnen sollte . Leider werden
gerade die Berli ner Kinder am ehesten befürchten müssen,
auf nicht genügendes Verständnis in den Kreisen der
Landbewohner zu stoßen . Ich erinnerne daran, daß, als
vor einiger Zeit darüber beraten wurde, wie die Hinder-
burgspende vertritt würde, einige Landbewohner die Bedin-
gung gestellt haben, daß ja nicht etwas nach Berlin käme .
Nach dieser Richtung wird der Magistrat besondere Vor-
sicht amwenden müssen . Aüch bezüglich der Pfl ege '. der
Kinder ist durchaus noch nicht sichergestellt , daß sie aus-
gezeichnet sein wird . Nach Mitteilungen , die ich aus
Gymnaslastenkreisen erhalten habe, sind diese Erfahrungen
sogar durchaus nicht gut bezüglich der Verpflegung a us
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dem Lande . Also Vorsicht ist durchaus an Platze, und
.
die gemischte Deputation ist doch wol der - geeignete Ort,
um eine allseitig befriedigende Regelung zu finden .
Hätten wir schon ein Jugenda mi , meine Herren.
dann wäre es sehr einfach ; dann könnten wir die Sache
. dem Jugendamt überweisen. Das wäre die geeignete
Stelle, und ich möchte bei der Gelegenheit an den Magi-
strat die Frage richten, ob wir bald mit dem Beginn der
--
Tätigkeit des Jugendamtes ' rechnen können . Dies - ist
eine Notwendigkeit, und es wäre wünschenswert, daß wir
es so bald wie möglich bekommen. Solange wir das
Jugendamt nicht haben , müssen wir eine gemischte Depu-
tation haben . Die Sache ist um so umfangreicher, als
man ssch nicht allein mit der Hinaussendung der jüngeren
Gemeindeschulkinder begnügen wird . In der Magistrats-
vorlage ist eine .weitere Vorlage angekündigt, die sich mit
den ältesten Kindern der Geineindeschulen und höheren
Lehranstalten beschäftigen soll, die aufs Land gebracht
.
werden sollen. Alle diese Angelegenheiten sind sicherlich
so umfangreich, daß es gerechtfertigt erscheint, eine gemischte
Deputation für alle diese Dinge einzusetzen .
Sie sehen also, meine Herren , daß mancherlei noch
gebetsert werden kann, und wir hoffen, daß der Ausschuß
diese Besserung schafft . Wir wünschen, daß uns ' der
Ausschuß etwas schafft , was dem Wohle der heranwachsen-
den Berliner Jugend dient.
Stadtv. Dr. Tropske : Meine Herren, meine Freunde
sind dankbar für die Vorlage, die uns der Magistrat
gebracht hat , Jeder Groschen , den wir nach dieser
Richtung hin aufgeben , fällt auf fruchtbaren Boden .
Wir hätten auch noch einige 'Wünsche vorzubringen und
bitten den Magistrat um ihre Erfüllung . Wir würden es
gern sehen, daß im Ausschuß des Vereins nicht nur
Stadträthe, sondern auch Stadtverordnete wären, die bei
der Durchführung der Vorlage helfen könnten . Dann
bitten wir um Auskunft über die Beteilignng höherer
Lehranstalten. Wir haben auf diesen Schu leu eine
größere Reihe ärmeren Knaben, die aus den Gemeinde-
April 1917.
schulen gekommen sind und Freischule haben ; diese
so, wie die Vorlage jetzt lautet, leer aus. Aber auch
viele der anderen Schüler höherer Lehranstalten köm
wie nötig sie es auch haben, nicht hinausgeschickt wert
die Eltern sind unter den - heutigen Verhältnissen ein
nicht in der Lage dazu . Wir bitten , auch für diese Sch
sorgen .zu
Wenn wir eine Reihe älterer Schüler zur Feldar
hinausgeschickt haben -- meh rere Gruppen arbeiten
unsern städtschen Gütern -- , so ist das etwas anbe
das sind gesunde kräftige Jungen ; sie entwickeln brau
einen solchen Appetit, daß die Verpflegung, die an
blicklich draußen .geboten wird, fast nicht ausreicht .
fehlt den Schüler z . B . der Fleischzusatz, der jetzt
Berliner Kindern überall gegeben wird . Das wird a
wie mir von zuständiger Stelle versichert ist , gere
.
werden .
Jedenfalls wünschen wir, daß die Vorlage, mit
wir uns hier beschäftigen, möglichst bald in Kraft t
(Bravo ! )
Stadtv. Dr. Isaac : Auch im Anscksiuß an
Worte meines Freundes Tropfke betone auch ich :
begrüßen die Vorlage mit großer Fremde und bitten
,
um ihre möglichste Beschleunigung . Wie Kollege Trc
gewisse Spezialwünsche geäußert hat, so gestalte ich
.auch einiges hinzuzufügen . Zum Beispiel , ob es
möglich wäre, städtische Güter auch zu diesem Z
heranzuziehen ; davon steht in der Vorlage noch ni
Ferner, ob es nicht möglich ist , die segensreiche Einrich
der Ferienkolonien noch weiter aufzubauen, etwa in
Richtung, daß wir das jetzt gewi ssermaßen ip ei
l
Dornröschenschlaf liegende Lanke für diese Zwecke
schließen . Unser hochverdienter Mitbürger Herr Dr . Je
Simon interessiert sich ganz außerordentlich für
Angelegenheit md sag; e mir, daß es in absehbarer
wenn uns der Friede erst beschert ist , möglich
würde, durch Errichtung von Baracken die Einrich
der Ferienkolonien bis tief in den Herbst hinein . asi
behren, weil erfahrungsgemäß der Aufenthalt in
gefunden frischen Herbstluft mindestens so wohltätig
die Gesundheit unserer Jugend wirkt wie der in der ht
Hochsommerzeit .
Wir hätten noch verschiedene Spezialwänsche ;
.
um Ihre Zeit nicht in Anspruch zu nehmen , besch
ich mich darguf, diese zu erwähnen, und behalte sie
für die Ausschußberatung vor, falls eine solche,
meine Freunde es allerdings nicht gern sähen, bechl
werden sollte .
Stadtschulrat I)r.Fischer : Meme Herren , mir
könnte es sehr recht sein, wenn in einem. Ausschu
Sache grsudlich . beraten würde und - durch eine gem
Deputation die schwere Verantwortung, die auf m
Schultern liegt, nir abgenommen würde. Aber wem
einen Ausschuß einsetzen , ber vielleicht erst in der nä
Sitzung gewählt wird, und eine gemischte Deputativ
schließen, dann kommt der Juni heran, und es sind
vier bis . sechs Wochen verloren gegangen, bis die K
hinauskommen . Wir sind jetzt so weit, daß wir de
Anfang Mai die ersten großen Züge hinausschick
können.
Es wird Sie interessieren, zu hören, wie we
Angelegenheit jetzt gediehen ist . In der Vorlage
schon, daß -einige Hundert Kinder bereits durch Ve
.
lung des Vaterländischen Frauendereins und dnrcl
,
Charitasverband hinausgeschickt sind .