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Volume No 19, 14.09.1916

Full text: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin (Public Domain) Issue43.1916 (Public Domain)

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Sißung am 14. September 1916. 
für Viel) unb $leifdj §at bod) int Februar b. Qs. bereits 
eine Innbioirtfd)aftlid)e geitung aus ber Sdjule geplaubert 
unb gemeint, bei ber Viehhaltung berbiene ber Sanbmirf 
eine Stange Eolb! 3eßt finb bie Vießprcife fo bod},. baß 
bie ärmere Vebölterung fid) nießt einmal baS halbe ijSfunb 
tuödjentlidj laufen tarnt; bie SebeitSmittelbeputotion bat 
beSßalb bcfdjloffen — hoffentlich fdjließt fid) ber Klogiflrot 
bem an —, baß es geftattet fein foH, 3letfchIortcn gegen 
anbcre SebenSmitteltartcn umgutanfchen, bamit biejenigen 
fid) meiiigftcnS Vrot unb anbereS laufen tonnen, bie nicht 
in ber Soge finb, fid) IJleifd) gu taufen. 
®ie tjaben Vießprcife finb and) babnrd) bebingt, baff 
bie Hont VunbeSrat eingefaßten VieI)hanbeISüerbänbe gu 
bol)e ißrobifiott für bie Jjberbeifdjaffung beS VieljeS erbalten: 
bie fßtolnfiott p 7 % für Kinber, 10 % für SEälber ift 
biel gu bbdj, toie Sadjberftänbigc aller Seiten gugeben; 
fie muß ßerabgefeßt loetben. 
ferner tnüffen mir forbern, bafi nod) in berftorftcrem 
Kloße als bisher eine ftrenge Sontrolle ber flleifdjerläben 
ftattfinbet, ob fie and) bie tgödjftpreife innel)alten unb bie 
berfcbiebeneu Sorten gleifcß p ben borgefd)riebenen greifen 
führen. SBit merbeu ja jcjjt im Oftober enblid) bie 
Keidjsfleifdjtarte befommen, nadjbem bisher gemiffe lanb» 
mirtfd)aftlidje Vegirfe ol)ne Sleifdjfarten fobicl berbraudjen 
tonnten, bafj mir fdjließlicß auf eine berljältniSmäßig biel 
gu geringe Kation ßerabgefeßt finb. SSir rechnen ober nun 
barauf, bafj mir biefe Kation aud) mitflid) erhalten. Denn 
ber Qko.jftäbter braucht bei feiner inteufiben £ätigfeit 
fjfleifd) gur Kahrung; er ift aud) fel)r oft, befonberS bie» 
jenigen, bie fißenb ihre Strbeit ber richten, nidjt in ber 
Soge, gang allein bon pflanglidjen SebenSmitteln gu leben, 
meit bei fi^enber SebenSmeife biefe nicht genügettb oerbaut 
unb hoher nicht genügettb auSgemißt merbett tonnen. Um fo 
mehr tnüffen mir berlangen, bafj fobiel f^leifdCj mie möglid) 
ben Stabten geliefert mirb, meil mir ber Kalamität ent» 
gegengehen, bah ber Klildjbegug noch berringert mirb 
unb bie große Klaffe ber Vebölferung nur nod] Klager» 
mild) befommt; bie Votlmild) mirb für Sdjloangere, 
Sinber bis gu 6 faßten unb für Srante referbiert. 'Jiabet 
finb mir nun burdj bie Kloßnaßineii unb Slnorbmingen 
ber Sommiffion, ber bie Klildjberteilung uuterfteßt, in 
eine tragitomifdje Situation in begug auf bie Fronten 
gefommen. 
Kebettbei bemertt — es mar nicht feßr gefdjidt, 
mie man eS in 33erltu einridjtete, bafj bie Sraiifenfdjeitte 
für bie gange Stabt Verlin nur an einer Stelle, in 
unferem ftäbtifdjen ESefunbßeitSamt in ber 3ifcßerflraße, 
abguholcn maren; man hätte fiel) gur Verteilung bet 
Sd)eine aud) ber Vrotfommiffionen bebienen fallen, e§ fei 
benn, bafj man fid) fagte: je unbequemer man eS ben 
Seuten madjt, befto meniger loerben fie fid) Sdjetne holen. 
Stuf ben Sdjeitten finb nun eine Keitjc bon fragen burdj 
ben 2lrgt gu beantmorten, um gu begtünben, meSßalb ber 
Staute Klildj begießett muß. IBicfc Vcgutadjtuug hat aber 
einen unangenehmen metallifdjen Vcigefdjmact: ber SIrgt 
fanu eS nid)t umfonft inadjen, er muß fid) bie Slusfiollnttg beS 
KttefteS begahlen loffen. iEoS Stttefl mirb aber nicht auf tut- 
begrengte $eit auSgefteüt, fonbern auf 4, 8, höd)ftenS 13 
Söodjen. Der Staute muß alfo unter Untflänbeu alle hier 
Sßadjen, menn et nidjt burdj baS bißchen Klildj gefunb ge» 
morben ift, 3 M für baS Sttteft, im 3aßre alfo 36 M begahlen, 
eine Steuer, bie für ein Viertel Siter Klildj, bie er befommt, 
exorbitant ßodj ift. DoS trifft befonberS hart bie arbeitenbe 
Vebölterung, unb fie ift baburdj in eine redjt unangenehme 
Situation gefommen. Eigentlich müßte benjenigen, bie 
in bet Sranfenbetficherung finb, baS Sltteft burd) ben 
Saffenargt nnSgeftellt merbciuintb bie Sronfentaffen müßten 
bie Soften tragen Die Scmifeufaffeth finb ober nodj betn 
SBortlaut beS EefeßeS hießt berpflid)lct bagu nnb haben 
eS abgeleßnt, bie Soften gu übernehmen. So muß tum 
aud) ber armfte Arbeiter gnm Strgt gehen unb ißm 3 Ji 
für baS Sttteft begaßlen. 
Damit ift ber traute Klaitn aber nod) lange 
nidjt am fjicl — er ßat nod) feine Klildj; benn eine 
loeife Kegiertmg ßat borgefdjtieiett: nur 2 pEt. bet ®e» 
böltcrung bnrf traut fein. Von ben 2 KHIlionen Ein» 
moßttern bon Verlin finb baS 40000; mcßt VegugSfdjeine 
bürfen nießt gegeben loerben. Kun ßaben fiel) aber meit 
meßt Srante gemelbet, jeßt fd)on 70 000. Kun tnüffen 
bie Einträge auf Erteilung bon Klildj rebibiert merbett. 
Einige .fjerrett Slergte ßaben fiel) bereit gefunben, biefeS 
fdjmere Ehrenamt gu übernehmen unb bie Kntrngc gu 
rebibicren; aber mie? Entgegen allen fonftigeu Eepflogeu» 
ßeiten ber ülergtc, bie betanntlid) bie brieflüßc Vehoublutig 
ber Sranfen als Surpfufdjerei betradpen, bleibt bem 
rebibierenben Klitglieb ber ßeutrale nidjt 3 anbeteS übrig 
als aus ber Diagnofe ober bielleidjt auS ber Jganbfdjrift 
beS ÜIrgteS gu begutachten, ob ber Srante bie Klifd) 
befommen foll ober nidjt. 3d) halte biefeS Sßftem für 
gang unbrondjbar; eS tonnen loirtlid) Srhmertranfe bc» 
nodßteiligt merbett, nnb onbere, bie auS Eefälligfeit bom 
Krgte ein ültteft befommen ßaben, loerben beborgugt. DaS 
ift bod) unhaltbar. Vielmehr müßte ber VnnbeSrat, bet 
nur einen ffeberftridj bagu braudjt, anorbnen, baß bie 
Srantenfaffen bie SluSßeüung ber SIttefte gu tragen ßaben; 
bann finb mir fdjon ben größten Seil Oer Soften loS. 
ffür bie .triegerfamilien ßat bie Stabt Verlin bereits 
erflärt, bie Soften gu übernehmen. DaS ift eine Velaftnng 
beS EetneinbefädelS; aber bie Stabt mirb biefe Soften 
tragen, ba mir ben Sriegerfrauen nießt gumuten tonnen, baß 
fie and) nodj bie 3 M für ein ülttcft auf Kältß anSgeben. 
Sie moßlßobenbe Vebölterung mag gaßlett, bie fanu and) 
nod) onbere Soften tragen; baS ift nießt jo fdjlimm. 9lber 
baß bie große Ktaffe 3 M für baS Slttcft gu gaßlen ßat, 
baS ift ein unhaltbarer KUßftanb, ber geanbeit loerben 
muß, unb ber nur gefeßlicß geanbert loerben tonn. ®ic 
Stabt ift and) ßier madjttoS; fie ift mieber nur bet Ve» 
-auftragte, bet baS gu botlgießen ßat, maS bon oben herunter 
angeorbuet mirb. 
3m 3 lt faminenhang mit ber Käldjernährnttg fteßt, baß 
mir eine Vuttertnappßeit ßaben, bie immer bebroßlidjcr 
mirb, ba eS auch an anberem 3ät feßlt. Von ben ßier 
in Verlin gefcljladjletcn Kittbetn betommen mir nur bie 
Jgälfte beS XätgS, ber int Kinb borhanben ift, in fförin 
bon Ktargarine mieber, bie anbere §älfte aber mirb bon 
ber tgeereSbermaltnng bcfchlngnahmt. Stuf bem Sd)lad)lI)of 
mirb jebeS bißeßen fjted, baS an bem oßnehin feßon mageren 
Kinbbieß nod) bran ift, hirnntergenommen. ®aS 3'ü’ürß, 
baS gum 3-leifcßer tommt, ift feßon bom Saig befreit, unb, 
mie gejagt, nur bie Raffte befommen mir als SKorgatine 
gurüct! Unb maS für Klargatine! 28agen)d)miece ift mit» 
unter eine herrliche Sache gegenüber bem, maS man uttS 
als Klargarine borfeßt. SHan ßat ben Klargarinefabrifeu 
einen SBaffergufaß bis gu 20 % ertaubt. ISie Stabt Oe» 
tommt bie Klargaritte, muß fie anneßinen unb ßat aud) 
ßier fein Ked)t auf Verloeigcrung bet 'Jlnnaßme; fie ßat 
mieber nur baS Ked)t, gu flogen, ob bie Klargarine meniger 
loert ift. Vei Klargarine unb Vutter muß biefer Einfpru^ 
fogar innerhalb 24 Stunben erßoben loerben. Kun Oe» 
fontmen mit tägtid) 5000 Rentner. V5ie foll bie Stabt,
	        
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